In dieser Woche stellte Nintendo den aktuellen Geschäftsbericht vor und vor allem zwei Zahlen machten die Runde. Die Nintendo Switch hat sich weltweit 122 Millionen Mal verkauft und damit jetzt auch den Game Boy und die PS4 überholt. Pokémon Karmesin und Purpur erreichte die astronomische Verkaufszahl von 20 Millionen und schickt sich an, Pokémon-Geschichte zu schreiben.
Diese blendenden Ergebnisse eignen sich hervorragend für Überschriften, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bergab geht bei Nintendo. Zugegeben, es ist der Mount Everest und bis ins Tal ist es ein sehr weiter Weg. Doch die Tendenz der Geschäftszahlen zeigt deutlich nach unten und die Switch wird ihr Momentum trotz aller lobenden Worte 2023 kaum halten können.
Die Nintendo Direct in dieser Woche mag für unsere LeserInnen ganz ergiebig gewesen sein, doch Remaster von Baten Kaitos und Ghost Trick interessieren die Familie nicht, die sich im Dezember eine Switch mit Nintendo Switch Sports gekauft hat und Decapolice und Professor Layton holen den gemeinen Blockbuster-Gamer auch nicht ab. „Füllmaterial“ und „eine Frechheit“ nennt man das in einer Kolumne bei der PC Games.
Dass Nintendo seine heißen Eisen auf einer Konsole verschießt, die dem baldigen Tode geweiht ist und kaum noch Wachstumspotential hat, geschweige denn zukunftssicher ist, davon war nicht auszugehen. Das nächste 3D-Mario, das neue Donkey Kong, die nächste neue Nintendo-IP – sie werden nicht mehr auf Nintendo Switch stattfinden, damit muss man rechnen.
Wie geht Nintendo also ins verflixte siebte Jahr?
„Wir sehen das als Neuland in der Geschichte unserer Videospielplattformen“, gesteht sogar Shuntaro Furukawa ein. Das klingt schon wie eine Entschuldigung. Beim Q&A zum aktuellen Investoren-Meeting spricht der Nintendo-Präsident ein wenig darüber, wie man durch das Jahr kommen möchte.
Für den Abwärtstrend, so unaufhaltsam er für eine sechs Jahre alte Konsole auch sein mag, begründet Furukawa mit einem schwächelnden Weihnachtsgeschäft, Problemen mit den Halbleitern bis in den Herbst hinein und externen Faktoren wie der Inflation und der Diversifizierung des Unterhaltungsangebots.
Das mag alles richtig sein. Richtig ist aber auch: Schon für das letzte Weihnachtsgeschäft hatte Nintendo keine hauseigenen Highlights parat. Das November-Dezember-Line-up von Nintendo: Bayonetta 3, das am 28. Oktober erschienen ist. Pokémon hat mal wieder ausgeholfen und mit Zahlen, die alles bisher dagewesene in den Schatten stellen, ein Gesamtergebnis erzielt, das über den Rest hinwegtäuscht.
Attraktivität bestehender Titel steigern
„Schwer vorstellbar“ nennt es Furukawa, dass die Hardware-Verkäufe in demselben Tempo wie bisher wachsen. „Es befinden sich jedoch Titel für Nintendo Switch in der Entwicklung“, so Shuntaro Furukawa, der in der Fragerunde außerdem natürlich auf die geplanten Veröffentlichungen von Zelda: Tears of the Kingdom und Pikmin 4 verweist. „Mehrere neue Titel“ nennt Furukawa das an anderer Stelle und es ist unklar, ob die Aufzählung aus Zelda und Pikmin hier schon abschließend ist.
Raum für Wachstum würde man bei der Nachfrage nach mehreren Systemen sehen, bei Zweitkonsolen in Familien also. Die Nachfrage wolle man „nicht nur durch die Veröffentlichung neuer Titel“ aufrechterhalten, sondern die Attraktivität bestehender Titel steigern. Das hat die Nintendo Direct mit Inhalten zu Erweiterungspässen für Splatoon 3, Fire Emblem Engage, Xenoblade Chronicles 3 und Mario Kart 8 Deluxe eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Darüber hinaus möchte Nintendo seine Evergreens in den Fokus rücken. Super Mario Odyssey ist immer noch spielenswert. „Wir glauben, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, den Verbrauchern, die erst kürzlich eine Hardware gekauft haben, die Attraktivität von in der Vergangenheit veröffentlichter Software [und nicht nur von neuen Titeln] zu vermitteln“, so Furukawa.
Keine Switch Pro – und auch keine Preissenkung
Neben Spielen, alten Spielen und neuen Inhalten für Spiele scheint Furukawa kaum weitere Möglichkeiten zu sehen. „Allein durch Hardware-Initiativen“ die „Verkaufszahlen zu steigern“, das könne schwierig werden. Analyst David Gibson liest hier eine Absage an neue Switch-Modelle. Das passt zu Medienberichten, nach denen die Switch Pro zwar lange geplant gewesen sei, aber dann verworfen wurde.
Eine Switch-Konsole, die im siebten Jahr endlich eine Preissenkung erfahren würde, das könnte doch die Zahlen wieder ankurbeln. Das dachte auch ein Investor und stellte eine ebensolche Frage. Man habe die Werte und Preise von Hardware und Software über die Jahre versucht, stabil zu halten. „Wir glauben nicht, dass diese Politik zu diesem Zeitpunkt geändert werden muss“, so Furukawa deutlich. Wahrscheinlich werdet ihr also auch im Weihnachtsgeschäft 2023 noch 300 Euro für eine sieben Jahre alte Konsole hinlegen müssen.
Stattdessen verfolgt man die bereits seit Jahren etablierte Strategie, auch außerhalb des Konsolen-Kosmos neue Fans zu gewinnen. Super Nintendo World und natürlich der Super Mario Bros. Film sollen in diesem Jahr dabei helfen. „Indem wir den Verbrauchern die Möglichkeit geben, Nintendo-Themen auch außerhalb der Videospielplattform zu erleben, wollen wir die Dynamik unseres Geschäfts insgesamt aufrechterhalten“, so Furukawa. Zu diesen Initiativen würden auch weiterhin Mobile-Apps zählen.
Switch-Fans müssen sich auf das Ende einstellen
Wir schreiben erst den Februar. Ein Zeitpunkt, zu dem wir noch nicht wissen, welche Nintendo-Spiele in diesem Jahr erscheinen. Das stimmt, natürlich. Aber dass Nintendo seine bekanntesten Marken noch einmal auf der Switch antreten lässt, wenn hochwertigste Produktionen doch inzwischen fast genauso viel Zeit fressen wie eine Konsolen-Generation lang ist, das können sich Switch-Fans wohl abschminken.
Stattdessen wird Nintendo die Fans mit weiteren Remastern bei Laune halten und profitiert von einer Hardware-Basis, bei der auch andere Entwickler und Publisher gerne einen Kuchen abhaben möchten. Darüber hinaus wird man Nintendo Switch Online verbessern und erweitern.
Das deutlich herausgestellte GoldenEye 007 und die neuen Game-Boy-Spiele sind hier bereits stellvertretend zu nennen. Die Switch-Online-Abos sind wichtig und Nintendo wird versuchen, noch mehr Menschen zum teureren Erweiterungspaket zu überreden und vor allem, diese Abos auch in der neuen Generation zu konservieren.
Forderungen nach Nachschub sind legitim
Gleichwohl: Sehr viele Menschen haben diese Konsole gekauft und sie möchten das Gerät auch in diesem Jahr einer Verwendung zuführen, zumal Nintendo aus einem Nachfolger (natürlich) noch ein Geheimnis macht. Die Forderungen nach Nachschub sind also legitim. Das wird den ein oder anderen auch verärgern.
Eine Cross-Gen-Veröffentlichung der nächsten First-Party-Spiele wäre denkbar, aber darauf kann man wohl nicht hoffen und vermutlich ist es auch besser so. Dass die Nintendo-Spiele der nächsten Generation von einer Konsole ausgebremst werden, die schon 2018 technisch veraltet war, kann sich wohl niemand wünschen.
Stellt euch mal lieber darauf ein, dass ein HD-Remaster zu Zelda: Twilight Princess 2023 möglicherweise noch das größte weitere Highlight sein wird. Es geht jetzt dem Ende zu, so ist das ganz einfach. Das verflixte siebte Jahr könnte das letzte sein.
Bildmaterial: Nintendo, Der Super Mario Bros. Film, Universal Pictures, Illumination Entertainment
Sehe ich prinzipiell ähnlich, bin eindeutig für lange Konsolenzyklen und man kann heute mit Fug und Recht behaupten, dass es für den Großteil der Gamerschaft kaum einen Unterschied gemacht hätte, wenn PS5 und XSX erst Ende 2022 und nicht Ende 2020 erscheinen wären.
Der Fall NSW ist allerdings speziell, da die Konsole schon zum Release im März 2017 technisch unter dem Niveau von PS4 und X1 lag. Gegen die Nachfolgeplattformen beider Hersteller sieht sie erst recht keinen Stich, so dass Multiplattformtitel heute mitunter schon sehr weit "downgedraded" werden müssen, um überhaupt noch auf der Switch zu laufen. Demzufolge muss spätestens nächstes Jahr eine Nachfolgeplattform her - es sei denn, Nintendo möchte sich vorzugsweise auf Eigenmarken und Indiegames beschränken, was ich mir aber schwer vorstellen kann.
Dazu kommt auch das Problem, dass die Zielgruppe der "Casuals" wegfällt. Oma Gutfriede denkt sich dann ja auch "aber meine Switch ist doch noch gut!" und versteht nicht, wozu die den Nachfolger holen soll.
Das ist ja eh das Problem, was Nintendo nach der Wii hatte. Die Idee war damals daher echt gut sich bei der Wii U auf die Hardcore Gamer zu stürzen, nur allein ging die Umsetzung in die Hose, so dass man irgendwo dazwischen vegetierte, weshalb sich weder die eine noch die andere Fraktion zur Konsole hingezogen fühlte
Bei der Switch hat man es nun geschafft beide Fraktionen mehr zu vereinen, doch eine wird bei der nächsten schon mal groß wegfallen. Und ob die andere das auffangen kann ist fraglich.
Nintendo ist eigentlich dazu gezwungen sich was einfallen zu lassen, um erneut eine neue Zielgruppe zu finden, die man dazu holen kann. Sonst wird das echt schwer werden.
Und irgendwas werden die sich auch einfallen lassen, wie immer. Wenns danach gehen würde, dass die beim Konzept bleiben was erfolgreich war, dann hätten wir nun keine Switch sondern eine Wii mit besserer Leistung gehabt, sowie noch immer nebenbei einen DS mit ebenfalls mehr Leistung
Ich habe meine Switch mittlerweile zur Konsole für die meisten Nintendo-Exklusivspiele und simpel aussehende Indies, die auch auf dem Hybriden mit Sicherheit flüssig und samt kurzen Ladezeiten laufen, „degradiert“. Den Großteil an neuer Software „schluckt“ die PS5; meine Series X übernimmt die Abwärtskompatibilität.
Mir persönlich ist es daher, offen gesagt, egal geworden, sollte es die Switch noch viele weitere Jahre geben; sofern die exklusiven Spiele auf gewohnt hohem Niveau bleiben (zumindest überwiegend) und der Games-Output weiterhin ebenso regelmäßig erfolgt. Ich kann jedoch auch absolut verstehen, wenn man sich als Switch-Main-Nutzer deutlich mehr Power unter der Haube wünscht. Manche Umsetzungen wirken mit verwaschenen Texturen, Auflösungen aus PS2-Zeiten und 20er-Framerates wie eine Zumutung. Beispiele gibt's genug.
Ich finde die Diskussion "interessant", ist die Situation doch sehr vergleichbar mit der PS4 Zeit. Dort kam im Weihnachtsgeschäft von Jahr 6 mit Spider-Man auch ein exklusiv Titel von einem 2nd/3rd Studio (wie bei Pokémon) und im Jahr drauf dann mit Last of Us 2 ein sehr erwarteter und mehrfach verschobener Nachfolger (wie bei Zelda).
Gab es damals wirklich Leute, die das Software Lineup in der Phase für "eine Frechheit" hielten?
Und ja, ich hätte auch gerne schnellere Hardware. Aber um welchen Preis? Sony und Microsoft haben ja in dieser Generation gezeigt, dass der Formfaktor quasi egal ist. Viel (Platz) hilft viel (Kühlung). Diesem Prinzip kann Nintendo nicht folgen und auch das Steam-Deck wird vermutlich noch schwer zu erreichen sein, weil Nintendo nicht 5-800€ aufrufen kann. Damit erreicht man die (auch große) Nische der Hardcore (Mobil) Spieler, aber nicht den Massenmarkt, der für Nintendo essentiell ist. Genauso wird Nintendo nicht mehr als das doppelte an Gewicht verbauen wollen (das ist für mich der Hauptgrund, warum ich, wenn ich die Wahl hab, lieber weiter auf der Switch statt auf meinem Deck spiele). Bei der Switch hat man damals wirklich den Sweet Spot aus Leistung, Gewicht, Akku und Preis getroffen. Wenn Nintendo noch ein Jahr braucht, um diesen Spot wieder zu erreichen, bin ich gerne bereit zu warten als bei einem (bzw. 2, der Preis wäre mir quasi egal, aber wie gesagt, dass dürfte der Massenmarkt leider anders sehen) große Abstriche zu machen.
Dran arbeiten werden sie fraglos ohnehin schon, das ist klar. Die Frage ist nur wann sie kommt