Titel | CrossCode |
09.07.2020 (Konsolen) | |
Deck13 | |
09.07.2020 (Konsolen) | |
Deck13 | |
09.07.2020 (Konsolen) | |
Deck13 | |
System | PC, Nintendo Switch, PlayStation 4, Xbox One |
Getestet für | PS4 |
Entwickler | Radical Fish Games |
Genres | RPG, Action-Adventure |
Texte | |
Vertonung | Keine |
Das Action-Rollenspiel CrossCode von der deutschen Spieleschmiede Radical Fish Games zog bereits während der Crowdfunding- und Early-Access-Phase viele Blicke auf sich. Die opulent animierte 16-Bit-Grafik, die turbulenten Kämpfe und die Größe der Spielwelt machten deutlich, dass CrossCode neue Maßstäbe für Indie-Rollenspiele im japanischen Stil setzte. Nun ist das Spiel auch für alle modernen Konsolen verfügbar. Wir haben einen genauen Blick drauf geworfen!
Zwischen Realität und… virtueller Realität
In CrossCode schlüpft ihr in die Rolle von Lea, einem Avatar im MMORPG „CrossWorld“. Ganz klassisch hat Lea ihre Erinnerungen verloren. Sie weiß nichts über sich in der echten Welt und ebenfalls nicht, was sie in CrossWorld treibt. Zusammen mit ihr lernt der Spieler also die Welt und ihre Mechaniken kennen. Begleitet wird Lea im Spielverlauf von einer Handvoll anderer Spieler – Neulinge wie Veteranen.
CrossCode folgt einigen bewährten Ansätzen, verpasst ihnen jedoch kleine Twists. So ist CrossWorld zwar ein MMORPG. Es spielt aber auf einem realen Planeten, auf dem sich Virtuelles mit Echtem mischt. So sind die Avatare der Spieler digital, doch die Mitarbeiter von CrossWorld und Teile der Welt echt.
Lea kann nicht frei sprechen, da ihr Sprachmodul beschädigt zu sein scheint. Doch anders als die genretypischen stummen Protagonisten artikuliert sie sich durch ihre Mimik und Gestik. Zudem lernt sie im Laufe des Spiels eine Handvoll Worte, beginnend mit „Hi“ über „Lea“ bis hin zu Fragewörtern wie „Wie“ und „Warum“. Man nimmt sie also ganz eindeutig als Mensch mit Gefühlen wahr.
Eine Geschichte aus zwei Welten
Wie CrossWorld findet auch die Handlung selbst auf zwei Ebenen statt. Zum einen spielt man sich an der Seite der anderen Spieler durch die Geschichte des MMORPGs. Die ist klassisch und bewusst „gamey“ gehalten: Eine antike Zivilisation, Elementardungeons, diverse Rassen und eine Menge Quests sind hier an der Tagesordnung. Die eigentliche Handlung ist aber die Leas, ihrer verlorenen Erinnerungen und der Umstände, die zu ihrer Existenz als Anomalie in CrossWorld geführt haben.
Die Handlung beginnt gemächlich und die erste Spielhälfte konzentriert sich eher darauf, den Spieler die Welt erkunden und die Charaktere kennenlernen zu lassen. Die zahlreichen Dialoge mit den Nebencharakteren und NPCs sind dabei sehr charmant geschrieben. Die Figuren glänzen beispielsweise nicht nur durch markante Persönlichkeiten, sondern auch durch individuelle Sprechweisen. So verwendet Leas „beste Freundin“, Emilie, des Öfteren französische Worte, was auf ihre (nicht explizit genannte) Herkunft schließen lässt. Die alltäglichen und authentisch wirkenden Plaudereien reichen aus, damit einem Leas Online-Freunde ans Herz wachsen. Allerdings sind diese weniger in die Haupthandlung eingebunden, weshalb dramatische Momente zumeist ausbleiben.
Spheromancer Lea in Aktion
Ein Alleinstellungsmerkmal von CrossCode ist die zentrale Ballwurf-Mechanik. Lea kann Bälle abfeuern, die ihrerseits wiederum von Wänden abprallen und im Spiel auf vielerlei Art und Weise zum Einsatz kommen. So benötigt man sie zum Lösen der meisten Puzzles im Spiel. Auch im Kampf kommen die Bälle zum Einsatz und können als Alternative zu direkten Angriffen genutzt werden. Das Zielen ist dabei von Twin-Stick-Shootern inspiriert: Es dauert eine kurze Zeit, bis man sein Ziel erfasst hat, was es erschwert, Kämpfe durch eine simple Hit-and-Run-Taktik auszuhebeln.
Außerhalb der Kämpfe nutzt man die Bälle häufig, um Gegenstände zu zerstören, an die man sonst nicht herankommt. Oder um Schalter zu betätigen, oft über eine Kette von Reflexionen an Wänden. Die Mechanik ist ein gutes Beispiel für ein einfach verständliches Prinzip, das in der Umsetzung aber genug Tiefe besitzt, um auch herausfordernde Aufgaben zu ermöglichen.
Kämpfe zwischen Strategie, Geschicklichkeit und Micromanagement
Was man in vielen modernen JRPGs vergeblich sucht, findet man in CrossCode en masse: Herausforderung. Man könnte sogar sagen, dass man in CrossCode nichts geschenkt bekommt. Für alles muss man sich entsprechend anstrengen.
So hat beispielsweise jeder einzelne Gegner im Spiel ein eigenes Angriffsmuster. In den wenigsten Fällen kann man einfach drauflosprügeln und hoffen, dass man den Kampf übersteht. Stattdessen muss man je nach Feind zwischen Nah- und Fernangriffen wechseln, Momente der Verwundbarkeit herausfinden und lernen, wann man ausweichen sollte.
Besonders hervorzuheben sind die Bosse, die mehrere Phasen haben und zeldatypisch erst dann verletzt werden können, wenn man herausgefunden hat, wie. Selbst Zwischenbosse besiegt man häufig erst nach mehreren Versuchen. Doch CrossCode ist keineswegs unfair und wie bei guten Action-Spielen hat man mit jedem Versuch das Gefühl, ein wenig besser zu werden.
Wie viel RPG steckt in CrossCode?
Hinsichtlich des Balancing bewegt sich CrossCode zwischen RPG und Action-Adventure. Level-ups machen zwar einen gewissen Unterschied, können spielerisches Unvermögen aber nur geringfügig kompensieren. Skalierende EXP verhindern zudem, dass man überlevelt ist. Mehr Einfluss auf den Schaden hat die Ausrüstung, doch gute Ausrüstung bekommt man nicht gerade hinterhergeworfen. Entweder erhält man sie bei Nebenaufgaben oder in besonders knifflig versteckten Schatztruhen.
Oder aber man greift auf das Handelssystem in CrossCode zurück, bei dem man bei NPCs gefundene und von Monstern hinterlassene Items gegen alles Mögliche eintauschen kann. Dieses System bietet äußerst viele Möglichkeiten, erfordert aber auch, dass man sich gezielt damit auseinandersetzt. Denn auch hier gilt: CrossCode lässt den Spieler für mächtige Items arbeiten.
Mit jedem Level-up erhält man auch Skillpunkte, die man in einem sphärobrettartigen Skillbaum einsetzen kann, um Lea neue Attacken beizubringen, Statuswerte zu erhöhen oder permanente Kampfboni freizuschalten. Zunächst gibt es nur einen Skillbaum. Doch im Verlauf des Spiels erhält Lea insgesamt vier Elemente, die nicht nur mit einem eigenen Skillbaum daherkommen, sondern auch einen jeweils eigenen Kampfstil ermöglichen.
Im Kampf kann man nahtlos zwischen den Elementen hin- und herwechseln. Doch nutzt man sie in zu kurzer Zeit zu viel, gerät man in einen Overload-Zustand, der die Nutzung der Elemente für eine Weile unterbindet. Genauso besitzen Items im Kampf eine merkliche Abklingzeit. Auch hier sieht man: CrossCode hat ein exzellentes Balancing; man hat sich viele Gedanken über das Zusammenspiel der Mechaniken gemacht.
Knackige Rätsel, die ihresgleichen suchen
Noch mal eine ganz andere Hausnummer sind die Rätsel. Wer auf die selbsterklärenden „Schiebe Kiste A auf Schalter B, um Tür C zu öffnen“-Puzzles vieler RPGs konditioniert ist, wird mit CrossCode ernsthafte Probleme haben. Denn die Rätsel beginnen moderat fordernd und werden im Verlauf des Spiels teils so komplex, dass Games wie Golden Sun oder The Legend of Zelda nicht ansatzweise mithalten können. Eine kleine Kostprobe findet ihr im Video unten. Wie man sieht, ist nicht nur Grips, sondern auch Geschicklichkeit gefragt – und die Zeitfenster sind oft recht knapp bemessen.
Die Puzzles treten gestaffelt in den Elementartempeln auf, von denen man im Spiel einige besucht. Dort ist man dann gerne mal mehrere Stunden am Stück mit ihnen beschäftigt. Glücklicherweise wird es selten eintönig, denn das Spiel stellt einem stetig neue Mechaniken vor. Diese haben meist mit der Ballwurf-Mechanik zu tun, die auch in den Kämpfen zum Einsatz kommt.
Ein Großteil der Rätsel ist trotz der Komplexität sehr fair gestaltet. In einigen Fällen ist allerdings nicht ganz intuitiv erkennbar, was man tun muss. Ich persönlich hatte viel Spaß an den Puzzle-Einlagen, hätte sie aber lieber gleichmäßiger über das Spiel verteilt gesehen. Denn in den Tempeln wurde ich regelmäßig an meine Konzentrationsgrenze getrieben und musste öfter Pausen einlegen, als ich es mir eingestehen möchte. Ohne Zweifel gilt aber: Wer CrossCode ohne Online-Hilfestellungen durchspielt, darf sich zu Recht auf die Schulter klopfen.
Eine große Welt voller Geheimnisse
Jedes Gebiet, das man in CrossCode besucht, ist riesig. Wenn man nach der ersten Spielstunde in die Anfangsstadt und das erste offene Wildgebiet kommt, kann die Menge der Möglichkeiten schon erschlagend wirken. NPCs, Läden, Nebenaufgaben, versteckte Orte, Schätze, Höhleneingänge, Monster, Sehenswürdigkeiten. CrossCode hat viel zu bieten.
Die Maps sind schon visuell ein Hingucker. Ausgezeichnetes Pixel-Artwork mit viel animierten Pflanzen und Objekten trifft auf ein durchdachtes Map-Design. Damit einher geht auch, dass die Erkundung Zeit braucht. Denn um viele Orte der optionalen Gegenden zu erreichen, muss man sich erst durch komplexe Sprung-Passagen kämpfen.
Die Platformer-Elemente in CrossCode sind nicht allzu ausgeprägt, doch das Springen von Klippe zu Klippe ist in CrossWorld an der Tagesordnung. Da es sich um ein 2D-Spiel handelt, ist es jedoch manchmal schwer zu erkennen, wie hoch oder tief ein Vorsprung ist. Hier ist also etwas Trial-and-Error gefragt, was bei der Komplexität der Sprungpassagen gelegentlich ermüdend werden kann. Dennoch ist es immer ein tolles Erfolgserlebnis, wenn man nach langer Zeit des Umschauens und Herumprobierens einen neuen Ort erreicht oder eine Schatztruhe öffnen kann.
Vermutlich werden es nur die allerwenigsten Spieler schaffen, alle Schätze zu finden und Geheimnisse zu lüften. Denn CrossWorld ist voll davon und wer solcherlei Dinge in modernen Spielern vermisst, ist bei CrossCode genau an der richtigen Adresse.
Der Soundtrack von Deniz Akbulut ist übrigens auch eine Erwähnung wert. Besonders die verspielt-verträumten Stücke in den Dörfern und Wildnisgebieten haben es mir angetan. Sie kommen mit einer vertrauten Wärme, verpassen CrossCode aber dennoch eine ganz eigene Atmosphäre.
Viel Liebe zum Detail
Man merkt CrossCode aus allen Poren an, wie viel Mühe sich die Entwickler dabei gegeben haben, jedem Aspekt Feinschliff zu verpassen. Das wirkt sich massiv positiv auf das Spielerlebnis aus.
Die Welt ist prall gefüllt mit NPCs, die nicht nur herumstehen, sondern auch durch die Gegend rennen oder Konversationen führen. Als Spieler kann man also auch Dialoge mitverfolgen, in die Lea nicht involviert ist. Dabei lernt man eine Menge über die Spielwelt. Nach einem Boss kann man zum Beispiel von anderen Spielern aufschnappen, dass man ihn auch auf eine andere Weise hätte besiegen können, die weniger offensichtlich ist. Durch solche Details wird das MMO-Erlebnis glaubwürdig simuliert.
Auch das Interface ist äußerst ausgereift. Hintergrunddialoge werden kleiner angezeigt als Hauptdialoge, ein Shortcut-Menü ermöglicht nahtlosen Zugriff auf die häufig genutzten Funktionen und in einer Enzyklopädie kann man alles nachlesen, von der Lore bis zu Monsterdaten. Besonders beeindruckend ist das Statistikmenü, in dem über 100 Daten aufgeführt werden – von der Anzahl der besiegten Gegner bis zu der exakten Gesamtzeit, die man mit Blocken verbracht hat.
Das richtige Maß an Komfort
CrossCode mag optisch an SNES-Spiele erinnern. In Bewegung merkt man aber sofort, dass es sich deutlich flüssiger spielt als alles aus der 16-Bit-Zeit. Die Bewegungen sind flott, die Kämpfe dynamisch und butterweich wechselt man zwischen Nah- und Fernkampf.
Erfreulich ist, dass CrossCode fast immer einen exzellenten Mittelweg zwischen traditionellen und modernen Designentscheidungen findet. So gibt es eine Schnellreisefunktion, die einen jedoch nur an bestimmte Locations bringt. Nach jedem Kampf wird Lea geheilt, doch bessere Item-Drops durch Siegesserien geben Anreiz dazu, nicht ständig den Kampf zu beenden. Ein Tod sorgt nicht für einen Game-Over-Bildschirm, doch zumindest der auf der aktuellen Map erzielte Fortschritt geht verloren.
Für Nebenaufgaben muss man nicht ständig das Menü öffnen – stattdessen kann man per Knopfdruck die wichtigsten Informationen am oberen Bildschirmrand anheften. Derlei Komfortoptionen zeigen, wie viele Gedanken sich die Entwickler gemacht haben. Viele davon werde ich in größeren, teureren Spielen schmerzlich vermissen.
Ein Port, der Freude macht
Ich habe CrossCode in der PS4-Version getestet und konnte von Anfang an kaum Probleme feststellen. Die Portierung der Engine, die auf HTML5 basiert, erfolgt über einen Wrapper, da die Konsolen HTML5 nicht nativ unterstützen. Die anfänglich kleinen Lags beim Aufruf der Menüs wurden mit einem Patch behoben. Einmal ist mir das Spiel abgestürzt, aber durch die Autosave-Funktion ging kein Fortschritt verloren. Performance-Einbußen konnte ich nie feststellen, bei mir lief CrossCode stets flüssig. Auch die Steuerung per Controller funktioniert perfekt.
Spieler der Switch-Version klagten zunächst über Performance-Probleme. Doch auch hier dürfte ein Patch mittlerweile Abhilfe geschafft haben. Seltsam an der PS4-Version ist lediglich, dass die Trophäen rein den Story-Fortschritt abbilden, obwohl CrossCode bereits ein wesentlich komplexeres System an In-Game-Achievements besitzt.
Ein Werk, das seinesgleichen sucht
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Sonstiges
Bildmaterial: CrossCode, Deck13 / Radical Fish Games