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Wo geht die Reise hin, Square Enix?

Die heutige Ankündigung, dass sich Square Enix von einigen großen westlichen Studios wie Crystal Dynamics und Eidos Montréal, aber vor allem auch von großen Marken wie Tomb Raider, Deux Ex und Thief trennt, kam für die meisten überraschend. Für Branchenkenner nicht.

Analyst Daniel Ahmad nennt die Übernahme einen „steal“. Es sei keine Überraschung, dass Square Enix seine (westlichen) Studios verkaufe. Man sei schon seit längerer Zeit auf der Suche nach einem Abnehmer für die Studios. „Die Überraschung ist der Preis“, so Ahmad.

300 Millionen US-Dollar, das klingt in der Tat nicht nach viel Geld für so erfahrene Studios und so beliebte Marken. Letztes Jahr hat die Embracer Group das Doppelte für eine Mobile-Gaming-Firma namens Easybrain hingelegt. Das hat wohl kaum jemand mitbekommen.

Jetzt sollen Crystal Dynamics, Eidos Montréal, Tomb Raider und Deus Ex gerade mal 300 Millionen US-Dollar wert sein? Für Square Enix jedenfalls schon, sonst hätte man das vermeintliche Tafelsilber wohl nicht für diesen Preis verscherbelt. Ganz offensichtlich stimmen die Gewinnmargen nicht mehr.

Und es ist tatsächlich so, dass Crystal Dynamics und Co. schon lange nicht mehr die großen Goldesel waren. Crystal Dynamics schloss das Geschäftsjahr 2021 mit einem Umsatz von 92 Millionen US-Dollar und Netto-Einnahmen von 3,6 Millionen US-Dollar ab. Bei Eidos standen am Ende sogar nur 647.000 US-Dollar Netto-Einnahmen.

Nicht genug Ertrag

Square Enix zeigte sich zuletzt immer wieder unzufrieden mit den Ergebnissen, die vermeintliche Blockbuster einfuhren. „Let’s see if the new owners can also be disappointed by great games that sell well“, untertitelt Kotaku spitz. Die Spiele waren gut, sie verkauften sich gut, aber nie gut genug für Square Enix. Sie kosten eben auch viel – das ist der Punkt.

Vor allem bei den Marvel-Spielen hat man sich wohl verkalkuliert. War Marvel’s Avengers noch durchwachsen, bekam Guardians of the Galaxy von Fans und Presse eigentlich allerhand Lob. Die Verkaufszahlen waren trotzdem nicht zufriedenstellend. 200 Millionen US-Dollar hat man an den Marvel-Games verpulvert, schätzt Analyst David Gibson.

Am Ende war es für Square Enix also wohl eine einfache Rechnung. Und man nimmt die 300 Millionen US-Dollar gerne. Und nein, es ist auch nicht so, als hätte Square Enix das Geld dringend gebraucht. Trotz rückläufiger Umsatzzahlen im HD-Segment wird man das Geschäftsjahr 2021 voraussichtlich mit einem Rekordgewinn abschließen. Die großen japanischen Marken laufen gut, die japanischen Mobile-Games und Final Fantasy XIV als MMO sowieso.

Sagen wir also: Square Enix braucht das Geld nicht, hat es aber auch nicht ablehnen können, weil die Studios und Marken teuer waren und nicht ertragreich genug. Eine wirtschaftliche Entscheidung also. Dann stellt sich jetzt natürlich die Frage, was Square Enix mit diesen 300 Millionen US-Dollar macht und wo die Reise hingeht.

Die unsichere Variable

Das ist die unsichere Variable, die vielen Fans heute Sorgen bereitet. In den letzten Jahren hat man leider mehr als einmal gezeigt, dass man immer wieder aufs falsche Pferd setzte. Neben sang- und klanglos untergegangenen Veröffentlichungen wie Left Alive oder The Quiet Man gab es Entscheidungen wie jene bei Chocobo GP, einen Vollpreistitel mit unsäglichen Monetarisierungen vollzustopfen. Oder Babylon’s Fall, als man mit PlatinumGames ein Live-Service-Game durchboxen wollte. Bei Balan Wonderworld ist offensichtlich alles schiefgegangen. Das ist schon eine ziemlich solide Totalflop-Ausbeute.

Setzt Square Enix hier an? Nicht, wenn man der heutigen PR-Mitteilung zur Akquirierung glaubt. Unter „Zweck der Transaktion“ erläutert Square Enix, dass der Verkauf helfen soll, „sich an die Veränderungen im globalen Geschäftsumfeld anzupassen“. Man wolle dadurch ein beschleunigtes Wachstum im Kerngeschäft der Gesellschaft erreichen. Eine Konzentration auf das Kerngeschäft, das klingt erstmal gut.

Gleich im nächsten Satz eröffnet man aber, dass die Transaktion „darüber hinaus […] den Start neuer Geschäftsfelder durch Investitionen in Bereiche wie Blockchain, KI und Cloud vorantreiben“ würde. Nun muss man auch nicht den Teufel an die Wand malen. Aber das Thema ist sicher auch nicht mehr nur als Buzzword-Feuerwerk abzutun.

Schon im Neujahrsbrief brachte Square-Enix-CEO Yosuke Matsuda seine große Begeisterung für Blockchain-Games, NFT und das Metaverse zum Ausdruck. Die Aktie stieg um 8 Prozent, das kann man schon mal machen. Aber man kann ja nicht ewig nur versprechen.

Sicherlich wird Square Enix, wie auch andere Firmen (Bandai Namco lässt grüßen) in diese Geschäftsfelder investieren. Das heißt nicht gleich, dass es NFT-Items in Final Fantasy XVI gibt. Aber eben Investitionen in diese Bereiche. Nicht nur, aber auch.

Und dann ist da natürlich auch noch ein anderes Szenario. Immer wieder, wenn Microsoft und Sony auf Einkaufstour gehen, fällt auch ein Name: Square Enix. Ohne westliche Marken und Studios ist der japanische Publisher gewiss nicht teurer geworden. Packt Sony bald zu?

Mal schauen, wo die Reise hingeht.

Bildmaterial: Final Fantasy XIV, Square Enix

17 Kommentare

  1. Ich kann mir gut vorstellen, dass SE keinen großen Bock mehr auf westliche Marken hat. Die momentanen Schwerpunkte neben jeder Menge Mobilspiele (von denen hierzulande nur die bekanntesten aufschlagen wie Mobilspiele von Nier oder Octopath Traveler), liegen deutlich bei Final Fantasy XIV Online, FF XVI (was irgendwann bald mal kommen sollte), Kingdom Hearts 4 (was vielleicht nächstes Jahr erscheint) oder auch die Bravely Default Serie, wo jetzt diverse Spiele für alle möglichen Plattformen noch kommen sollen.

    Ich wage jetzt mal einen Einwurf hierzu. Vielleicht haben sie einfach auch bemerkt, dass sie für gute Profite nicht zwingend viel Geld verheizen müssen. Große AAA-Spiele für den westlichen Markt sind schon in der Entwicklung massivst teurer als Spiele wie Bravely, Triangle oder Voice of Cards, mit welchen man aber ebenfalls gute Gewinne machen kann. Bei den ganzen Remastern und Ports sogar noch mehr. Wenn sich Square-Enix auf diesen Bereich konzentrieren würde, ebenfalls mit einem breiten Multi-Plattform-Angebot, könnten sie wirklich ihre Rolle im Markt wiederfinden, wo ich ihnen zumindest auch langfristig ein Überleben einräumen könnte.


    Hoffentlich rennen sie aber nicht vom Western Games Debakel nun ins Metaverse-Debakel. Ich glaube nach wie vor an keinen Durchbruch von NFTs und Meta. Dieser Markt ist vielmehr maßlos überschätzt. Wenn sogar Spekulanten oder ehem. Nintendo Präsident "Reggie" drauf schwören, welche zuvor noch Wirecard in den Himmel gelobt haben, ist es bloß eine Frage der Zeit bis auch dieser Sektor mit einem lauten Knall untergeht. Hoffentlich ist Square-Enix genug bei Sinnen, da nicht mehr als die 300 Millionen rein zu pusten.

  2. Ich wage jetzt mal einen Einwurf hierzu. Vielleicht haben sie einfach auch bemerkt, dass sie für gute Profite nicht zwingend viel Geld verheizen müssen. Große AAA-Spiele für den westlichen Markt sind schon in der Entwicklung massivst teurer als Spiele wie Bravely, Triangle oder Voice of Cards, mit welchen man aber ebenfalls gute Gewinne machen kann. Bei den ganzen Remastern und Ports sogar noch mehr. Wenn sich Square-Enix auf diesen Bereich konzentrieren würde, ebenfalls mit einem breiten Multi-Plattform-Angebot, könnten sie wirklich ihre Rolle im Markt wiederfinden, wo ich ihnen zumindest auch langfristig ein Überleben einräumen könnte.
    Hoffentlich rennen sie aber nicht vom Western Games Debakel nun ins Metaverse-Debakel. Ich glaube nach wie vor an keinen Durchbruch von NFTs und Meta. Dieser Markt ist vielmehr maßlos überschätzt. Wenn sogar Spekulanten oder ehem. Nintendo Präsident "Reggie" drauf schwören, welche zuvor noch Wirecard in den Himmel gelobt haben, ist es bloß eine Frage der Zeit bis auch dieser Sektor mit einem lauten Knall untergeht. Hoffentlich ist Square-Enix genug bei Sinnen, da nicht mehr als die 300 Millionen rein zu pusten.


    Das sage ich ja, ein großes AAA Spiel verkauft 6 bis 10 Millionen Einheiten (zum Vollpreis), kostet aber 100 Millionen. Einmal ist das Risiko enorm, dann das Geld was man vorschießen muss, gerade wenn man mehrere AAA Titel gleichzeitig entwickelt, muss man auch erst mal haben und zuletzt, warum sollte man das, wenn man mit Mobile-Games und Billigspielen für einen Bruchteil der Ausgaben genauso viel einnehmen kann.


    SE fährt da also schon die relativ sichere Schiene mit einer großen Mischung, ob die jetzt bzw. in Zukunft gut ist, keine Ahnung, wird sich zeigen.


    Und was NFTs etc. angeht, das kostet die Publisher ja nichts, sie können also nur gewinnen, denn selbst wenn es floppt machen sie keinen Verlust. Wie gesagt, sie hoffen da einfach auf eine Wiederholung von Bitcoin, denn der Zug ist ja nun lange abgefahren.

  3. Ich hoffe es geht in Richtung haus-eigene IP's. So katastrophal scheiße fand ich vieles ihrer Spiele im Gegensatz zu dem lauten Internet-Echo nicht. Square ist eine Firma die immer noch viele fähige Visionäre beherbergt und die lassen es sich nicht nehmen auch mit großen Titeln was neues zu wagen. Nochmal: zu sowas wie ein Lightning Returns gibt es immer noch keine Alternativen. Schlichtweg deswegen weil das Konzept einzigartig ist und das Zeitalter der Industriestandards Kreativität nicht mit finanziellem Erfolg krönt. Mit NEO: The World Ends with You hätten sie es auch ruhig angehen und einfach das Konzept des ersten Teils snatchen können. Dabei wollte es aber niemand lassen und wir haben wieder einmal ein Spielprinzip den man in der Art nicht wieder findet. Das Final Fantasy VII Remake war auch nicht ein JRPG/Hack'n Slash wie wir sie immer im Markt sehen. Von Kingdom Hearts 3 kann man auch halten was man will (mir persönlich ist das ein zu großes Durcheinander), aber die Fans haben es sich nicht nehmen lassen mehr damit zu experimentieren und verschiedene Spielansätze zu entwerfen (falls jemand ein Beispiel als Referenz braucht). Und das kann man nicht mit jedem x-beliebigen Spiel machen.


    Das einzige Problem das ich hier gerade sehe ist, dass sie in letzter Zeit viel zu wenig genau darauf gesetzt haben. Und sehr viel ihrer Ressourcen in Nostalgie Smart Phone Games, Final Fantasy VII Fanservice, Remasters und Outsourcing sickert. Bzw.: in save bets. Und das finde ich schon sehr schade, weil ich nicht will, dass diese Firma die Lust an der Experimentierfreudigkeit verliert. Solange Spiele wie Final Fantasy XVI und Valkyrie Elysium teil des Programms sind bin ich wunschlos glücklich mit Square. Aber die Arten von Spiele lassen sich mittlerweile auch seltener blicken. Ich hoffe einfach mal die Firma muss sich in Zukunft nicht umnennen zu "Final Fantasy VII Multiverse Corporation + some Remasters and Smart Phone games Ltd". Oder falls Sony sie wirklich aufkauft ihre Spiele sich dann nicht plötzlich Sony's Standard anpassen müssen. Denn auch deren AAA Titeln sind ganz klar auf eine bestimmte Formel angesetzt (den man auch Stückweit im FFVII Remake wiedererkennt: ein von Sony ziemlich stark beworbenes Spiel).


    Ergo: Mehr Business Division Games bitte. Danke

  4. Bei Square ist es halt so eine Berg- und Talfahrt.
    Das Avengers Game hat ja z.b. viel Schelte kassiert. Da bin ich noch nicht durch, aber scheint mir bisher ganz ok zu sein. Da haben sie mit ihrem Service Gelaber wohl auch viel selbst kaputt gemacht.
    Guardians of the Galaxy war auch laut Presse gut.
    Das Chocobo Racing war dann wieder so ein Vollpreis F2P Ding wo sie zu Recht voll aufs Maul bekommen haben.
    Bei Sachen wie Triangle Strategy fehlt jeglicher DLC-Versuch (was ja positiv ist).


    DLCs und so sind ja auch nicht per se etwas Schlechtes, kommt immer auf das "wie" an.

  5. Bei dem, was man momentan so liest, dass Square Enix massivst in NFT und Blockchain investiert, wünsche ich Ihnen schon fast sehnlichst, dass sie genauso massivst auf die Fresse damit fallen, endlich mal aufwachen und mal wieder anfangen, sich auf ihre Stärken zu konzentrieren.


    Sich erst dem Westen anbiedern, indem man westliche Marken kauft, diese dann wieder abstoßen, weil sie ihre völlig weltfremden und utopischen Verkaufsvorstellungen nicht erfüllen und dann die beleidigte Leberwurst spielen und in etwas investieren, das Spieler noch mehr gängelt und einschränkt. Ganz großes Kino.

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