Silent Hill in Japan – irgendwie längst überfällig. Wahrscheinlich werden da nicht alle hartgesottenen „Silent Hill“-Fans zustimmen, aber ich begrüße das neue Setting. Es könnte der Reihe nach dem doch etwas abgegriffenen US-Kleinstadt-Horror neues Leben einhauchen.
Diesmal in Nebel gehüllt: Das kleine japanische Dorf Ebisugaoka, das abgelegen in einem Gebirgspass liegt. Man möchte meinen, an ein Dorf im Japan der 1960er-Jahre lässt man am besten japanische Entwickler. Umso interessanter, dass Konami die Entwicklung an NeoBards Entertainment mit Sitz in Hongkong ausgelagert hat.
Dort hatte man die Finger zwar schon an einigen japanischen Marken wie Dead Rising, Mega Man, Resident Evil und Final Fantasy, aber vor allem als Co-Developer. Silent Hill f ist also nicht nur für die „Silent Hill“-Serie, sondern auch für NeoBards Entertainment eine große Chance. Spannende Zutaten. Umso erfreuter war ich, dass Konami die Gelegenheit einräumte, Silent Hill f bei der Gamescom stolze vier Stunden zu spielen.
So lange bekommt man ein Spiel selbst bei den aufwändigsten Preview-Veranstaltungen selten vor die Augen. Spielen durfte ich das Spiel von Anfang an und nahegelegt wurde, dafür den Schwierigkeitsgrad „Geschichte“ zu wählen. Man hat die Möglichkeit, sowohl den Schwierigkeitsgrad der Rätsel als auch der Kämpfe einzustellen. Da die Entwickler es wohl am besten wissen müssen, wählte ich jeweils „Geschichte“ als Option.
Der Einstieg ist kryptisch und innerhalb der ersten vier Stunden gibt es nur wenig, was zur Auflösung der seltsamen Ereignisse in Ebisugaoka beiträgt. Ganz im Gegenteil. Ich habe bis dahin einige interessante Charaktere kennengelernt, manche nur durch das Tagebuch von Protagonistin Shimizu Hinako, aber wer nun eigentlich der „Bösewicht“ ist – falls es ihn überhaupt gibt – zeichnet sich noch nicht ab. Als ich ausschalten muss, könnte es spannender kaum sein.
Hinako, ihre Freunde und Familie
Die Gruppe um Shimizu Hinako ist höchst interessant. Iwai Shu ist offenbar der Einzige, der Hinako wirklich freundlich gesinnt ist. Oder? Auch auf zwei gemeinsame Freundinnen treffen wir – die Konstellationen unter den Charakteren sind schon am Anfang interessant und ich erwische mich, wie ich die Tagebucheinträge von Hinako lese, um vielleicht doch noch etwas mehr zu erfahren, was über die Dialoge hinausgeht.
Hinakos Familie spielt ebenfalls eine tragende Rolle – sie stammt aus einem schwierigen Elternhaus und scheint das „schwarze Schaf“ der Familie. Eine gute Beziehung hat sie nur zu ihrer Schwester, aber mit der wiederum scheint auch etwas nicht … zu stimmen. Was die thematische Achse dieser Ansammlung interessanter Charaktere ist, hat sich mir nach vier Stunden natürlich noch nicht offenbart. Ich bin aber sehr gespannt darauf, mehr zu erfahren.
Die Charaktere passen für mich – wie sieht es mit dem Setting aus? Ohne das typische japanische Dorf aus den 1960er-Jahren aus erster Hand zu kennen: Das sieht stimmig aus, atmosphärisch und ästhetisch. Der Nebel wirkt dank Bergdorf-Umgebung natürlich und die groteske Parallelwelt – natürlich gibt es die – steht Ebisugaoka in nichts nach.
Wenn ich an dieser Stelle überhaupt den Hauch einer Kritik platzieren möchte, dann dass das Environmental Gating nicht in absolut jedem Fall funktioniert. Bei so vielen Gassen sind natürliche Barrieren natürlich das naheliegende Designelement, aber mir ist eine Szene etwas außerhalb des Dorfes hängengeblieben, in der ich dem Weg nicht folgen konnte, weil ein Auto ihn „versperrte“ – links und rechts davon gab es aber nur einen kleinen Graben und ein gewässertes Reisfeld. Selbst die schmächtige Hinako hätte in dieser adrenalingeladenen Szene wohl eine Möglichkeit gefunden, das Auto zu überwinden. Das hat mich ein wenig herausgerissen. Aber alles in allem fühlt sich das für mich nach Silent Hill an – falls das jemand so hören möchte.
Ist das schon soulslike?
Das „Silent Hill“-Gefühl mag hingegen in Sachen Kämpfen nicht bei jedermann aufkommen, wie man liest. Die Soulslike-Vergleiche sind für mich aber zu weit hergeholt und führen zu falschen Befürchtungen. Wenn es schon „soulslike“ ist, auf ein mögliches Angriffsmuster bei Bossen aufmerksam zu werden und eine Ausweichmechanik zu nutzen, dann müssen wir wahrscheinlich auch darüber reden, ob Silent Hill f „soulslike“ ist.
Aber ich würde diese Diskussion nicht führen wollen. Phantom Blade Zero setzt sich ja bekanntlich auch gegen „Soulslike“-Vergleiche zur Wehr und witzigerweise habe ich am Vormittag vor Silent Hill f auch eine Stunde Phantom Blade Zero gespielt. Dieser Titel hat es weitaus schwerer – und ich meine damit auf einem Soulslike-Level schwieriger – diese Eindrücke zu entkräften.
Das sind meine zwei Cent zu dieser Debatte, die eine seltsame Dynamik angenommen hat, wie ich finde. Deshalb versuche ich es ganz losgelöst davon: Die Kämpfe sind intuitiv, manchmal hektisch, man haut auch mal daneben. Mehr als ein Rohr, eine Sichel und ein Naginata (eine japanische Stangenwaffe) hatte ich in den ersten vier Stunden nicht zur Verfügung. Die Waffen nutzen sich ab und der sparsame Einsatz ist ratsam; sie können auch repariert werden. Hinako kann mit den Waffen bestenfalls lebensrettend umgehen, sie ist stets körperlich unterlegen und technisch wenig versiert. Das passt also alles.
Hinakos Ausdauer ist begrenzt, das scheint nur natürlich. Immersiv ist Hinakos „Verstand“ – eine Extraleiste zeigt an, wie es um diesen bestellt ist. Er wird für fokussierte Angriffe und Konter genutzt, auf Letztere hätte Silent Hill f vielleicht verzichten können. Ja, es gibt diese Prise mehr „Action“ in den Kämpfen, das würde ich gar nicht wegdiskutieren wollen. Aber bis auf die Konter fühlt sich das für mich noch alles stimmig an.
Das gilt eigentlich auch für die Puzzles und Rätsel, die gut in die Umgebung eingebaut sind und deren Schwierigkeitsgrad gut ausbalanciert war. Ich möchte da gar nicht so viel vorwegnehmen, ihr wollt die ersten vier Stunden schließlich auch noch spielen. Man muss jedenfalls sehr genau seine Umgebung beachten und manchmal auch sehr subtile Hinweise verarbeiten. Im Vorbeigehen macht man das nicht und erst recht nicht, wenn mir die Monster im Nacken sitzen. Hat sich diese Vogelscheuche gerade bewegt, als sie nicht in meinem Blickfeld war? Mhhh? Nein, ich glaube nicht. Klang aber so. Klingt jetzt schon wieder so. Was zur Hölle? Sie ist doch jetzt näher an mir?
Charakterentwicklung
Heutzutage entwickeln Charaktere sich ja nicht nur im Laufe der Geschichte, sondern auch ihre Werte und Fähigkeiten. Das geschieht an stilsicheren Schreinen, die gleichzeitig als Speicherpunkt dienen und an denen, je nach Schwierigkeitsgrad, auch die Ausdauer wiederhergestellt wird.
Dort kann man auch Opfergaben vollbringen, für die man „Glaube“ erhält. Eine sehr wertvolle Ressource, die man entweder für Omamori (einen Talisman) ausgeben kann oder um Gesundheit und Ausdauer zu verbessern. Das ist beides ziemlich nützlich und der Einsatz will gut überlegt sein. Der Haken: Glaube erhält man für seltene, gefundene Gegenstände. Aber auch für Items, die heilende Funktionen haben. Zudem ist die Traglast von Hinako begrenzt. Heilitems aufheben oder opfern und wenn ja, wofür? Keine leichte Entscheidung.
Das alles ist nicht überbordend umfangreich; in den ersten vier Stunden konnte ich, wenn ich mich recht erinnere, zwei Omamori bekommen (ich hatte ohnehin nur einen Slot bisher) und einmal meine Gesundheit verbessern. Die Omamori haben nützliche Effekte, wenn man sie ausrüstet: Eines erhöht die Ausdauer, ein anderes reduziert die Sichtweite von Gegnern.
Apropos Sichtweite von Gegnern: Ich habe Kritiken gelesen, die bedauern, dass man Gegnern kaum ausweichen kann. Dem würde ich nicht zustimmen und dass der Sichtweite von Gegnern auch eines der ersten Omamori gewidmet ist, unterstützt das wohl. Natürlich gibt es enge Gassen, in denen Hinako keine Wahl hat. Aber oft genug reicht es, kurz zurückzulaufen und zu warten, bis das Monster in eine andere Richtung geht. Ich bin jedenfalls oft Gegnern ausgewichen, schon allein, um meine Waffen zu schonen. Und genau genommen hat man auch nichts davon, Monster zu töten.
Der Nebel hat sich gelüftet
Ob Silent Hill f nun ein „Silent Hill“ wird, so wie ein „Silent Hill“ eben sein muss, das ist eine Diskussion, die schon bei Final Fantasy äußerst ermüdend ist. Das kann am Ende gern jeder Fan für sich selbst entscheiden, das will ich gar nicht beurteilen. Ich für meinen Teil hatte jedenfalls äußerst vielversprechende vier Stunden mit Silent Hill f und hätte auch nach dieser langen Session am liebsten direkt weitergespielt. Ich mag das Setting um Ebisugaoka sehr. Das Bergdorf ist äußerst atmosphärisch und die grotesken Monster und der dichte Nebel ergänzen sich prima.
Die Handlung finde ich sehr spannend und ich bin tierisch gespannt, welches Leitmotiv mich zum Ende führt. Da wurden einige grundverschiedene Brotkrumen in den ersten vier Stunden gelegt. Auch die Charaktere finde ich interessant geschrieben. Ich habe Hinakos Journal, zu dem auch eine tolle, handgezeichnete Map gehört, immer aufgeschlagen, wenn es dort neue Einträge gab, um mehr zu erfahren.
Die Soundkulisse ist hervorragend. Vielleicht werden die Kämpfe am Ende wirklich das Zünglein an der Waage und die große Geschmacksfrage. Ich fand sie persönlich nicht zu Action-reich. Aber wenn es dann nur das ist, dann hat Silent Hill f ja ansonsten alles richtig gemacht. Danach sieht es bisher aus und das sind doch für ein neues Silent Hill nach all den Jahren auch ganz gute Nachrichten.
Bildmaterial: Silent Hill f, Konami, NeoBards Entertainment









Mich interessiert besonders, wie schwierig die "Action" ist und wie umfangreich das Spiel ausfällt. Schließlich muss ich mir ja ein Bild machen können, für welchen Preis ich es dann kaufen kann, schließlich werden das garantiert keine 50 Spielstunden. Daher sind mir 80€ viel zu viel.