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Übersetzen ist nicht schwer, aber lokalisieren sehr: So kam „Animal Crossing“ in den Westen

Animal Crossing kennen wir heute alle. Das knuffige Spiel über Deko und Tierfreundschaften hat in seiner letzten Version, Animal Crossing: New Horizons, die Switch im Sturm erobert. Dabei wären wir außerhalb Japans fast gar nicht in den Genuss des Spiels gekommen, das 2001 sein Debüt auf dem N64 feierte. Erst die erweiterte GameCube-Version schaffte es 2002 nach Nordamerika.

Der damalige Nintendo-Präsident Satoru Iwata bekam schon bei der Idee einen Lachkrampf, wie die Lokalisations-Managerin Leslie Swann in einem (auch darüber hinaus) interessanten Interview mit Time Extension verriet.

Der Hund liegt bei der Lokalisierung begraben: Ein Spiel zu lokalisieren ist mehr, als es nur Wort für Wort zu übersetzen. Die Inhalte sollen für alle in ihrer Kultur verständlich sein, deswegen werden Lokalisierer oft kreativ und benennen kurzerhand einfach mal Charaktere um – so heißt der bei uns als Ash bekannte Pokémon-Trainer in Japan eigentlich Satoshi und Yugi aus Yu-Gi-Oh! hat nur Freunde mit englischen Namen.

Zu Japanisch für den Westen?

Auch Animal Crossing war in der Namensgebung von Gegenständen und Charakteren so Ur-Japanisch, dass man die (kulturelle) Übersetzung für den Westen kaum gewagt hatte. Obendrein hat jedes Tier in Animal Crossing noch ein Motto, das ebenfalls für den westlichen Markt angepasst werden musste.

Angefangen schon beim Namen. Animal Crossing heißt in Japan „Doobutsu no Mori“ – Wald der Tiere. Die direkte Übersetzung „Animal Forest“ wurde jedoch verworfen. Oder die niedliche Ameisenbärin Zoe. In Japan heißt sie Bifun – das ist eine Art Nudel aus Reismehl. Im Deutschen wäre der Name für uns nur ein Buch mit sieben Siegeln.

„Wir kannten Animal Forest, hatten uns aber noch nicht wirklich damit beschäftigt – normalerweise holten wir uns die japanischen Versionen der Spiele und spielten sie durch“, erinnert sich Swann. „Aber mit diesem Spiel hatten wir uns noch nicht wirklich beschäftigt. Jedenfalls sagte [Takashi Tezuka, Geschäftsführer von Nintendo] zu mir: ‚Wir möchten, dass Sie es lokalisieren‘, und ich antwortete: ‚Klar.‘ Aber dann sagte er: ‚Nein, Leslie, ich bin mir nicht sicher, ob Sie das verstehen, es wird schwierig werden.‘ Und ich musste ihm immer wieder versichern, dass wir es schaffen würden.“

Ein Feuerwerk kennt zum Glück jeder

Was wäre Animal Crossing ohne die Events, auch die musste Swan damals anpassen. Da viele Länder ihre Übersetzung von der amerikanischen Version abhängig machen, so auch Deutschland, musste sie auch das noch im Auge behalten. So entschied sie sich, das in Japan im Sommer übliche Feuerwerk nicht als den amerikanischen Unabhängigkeitstag zu benennen, sondern das einfach mit „Fireworks Day“, also Feuerwerkstag, zu übersetzen. Das ist zwar kein Feiertag an sich, mit einem Feuerwerk können aber alle Nationen etwas anfangen.

Ein oder zwei Monate nach dem ersten Treffen mit Takashi Tezuka habe sie eine Besprechung mit Iwata und anderen Führungskräften gehabt. Sie präsentierte die aktuellen Arbeiten, darunter „Animal Forest“. Swann erinnert sich: „[…] Und ich sagte nur: ‚Nun, Herr Tezuka bittet uns, an Animal Forest zu arbeiten‘, und [Satoru Iwata] brach einfach in Gelächter aus. Er lachte nur und sagte: ‚Ich weiß nicht, wie Sie das machen wollen.‘ Und es stimmt, einfach alles in diesem Spiel war so spezifisch für Japan.“

Hut ab also an Leslie Swan, die mit ihrem Team fast ein ganzes Jahr am Übersetzen und Tüfteln war, bis endlich alles lokalisiert war. Ihr könnt in Animal Crossing: New Horizons und dessen Erweiterung, Happy Home Paradise, auf der Switch alleine spielen oder Online mit Freunden.

via IGN, Bildmaterial: Animal Crossing: New Horizons, Nintendo

6 Kommentare

  1. Der Hund liegt bei der Lokalisierung begraben: Ein Spiel zu lokalisieren ist mehr, als es nur Wort für Wort zu übersetzen. Die Inhalte sollen für alle in ihrer Kultur verständlich sein, deswegen werden Lokalisierer oft kreativ und benennen kurzerhand einfach mal Charaktere um – so heißt der bei uns als Ash bekannte Pokémon-Trainer in Japan eigentlich Satoshi und Yugi aus Yu-Gi-Oh! hat nur Freunde mit englischen Namen.

    So ist es und ich bin froh, dass es hier so klar beschrieben wird. Namen sind da wohl noch die kleinste Schwierigkeit. Sobald auch noch kulturelle Hintergründe stark mit eingebunden sind, ist es besonders knifflig diese zu respektieren und zu erhalten, dabei aber gleichzeitig ein völlig anderes Publikum ansprechen zu wollen. Hochachtung vor solchen Leistungen!

    Ja, und das ist eine Arbeit, die KI nie sinnvoll übernehmen kann. Gerade wenn unterschiedliche, kulturelle Aspekte Berücksichtigung finden müssen.

    Sehe ich genauso. Und einfach mal die KI einen ersten Versuch machen lassen und später nur "Korrekturlesen" ist eben auch nicht drin. Da muss das Lokalisationsteam von Anfang an gänzlich involviert sein, um eine in sich stimmige Arbeit abliefern zu können.

  2. Die Anpassung der Namen (gut, der Zug ist jetzt abgefahren) sehe ich aber kritisch.
    New Horizons auf deutsch zu spielen war daher für mich damals eigentlich unmöglich. Wir hatten eine Discord Gruppe und hatten paar Leute aus USA, Thailand, etc. Wenn dann die Bewohner unterschiedliche Namen haben - doof.
    Und als Sahnehäubchen kann man es nicht im Spiel ändern, sondern darf die Konsolensprache ändern.

    Mir ist schon klar, dass das etwas speziell ist: Aber die Spielsprache sollte IMMER im Spiel änderbar sein. Punkt.


    Ansonsten sind die kleinen Texte in Animal Crossing wirklich gut und machen Spaß. Das ist definitiv eine Stärke des Spiels. Und auch wenn es das natürlich nicht gratis geben kann würde ich behaupten, dass Texte und Lokalisierung unterm Strich nicht soo teuer sein können (Synchro fällt hier ja auch weg. Zudem das Spiel ja einigermaßen erfolgreich war :D

  3. @Desotho

    Es ging auch damals gar nicht darum, dass es teuer war oder heute ist, sondern dass es aufgrund unterschiedlicher kultureller Hintergründe, die hier bei Animal Crossing stark mit eingebunden sind, es schwierig ist, dies einem anderen Publikum, hier z.B. USA und verschiedene europäische Länder, sinnvoll rüber zu bringen.

    Wir hier als Fans von JRPG sind ja die Meisten von uns sicher auch recht Japan begeistert und haben uns, sei es nun über die Spiele oder anderweitig mit Japan und seiner Kultur, Gebräuchen und Eigenheiten sicher mehr oder weniger mal auseinander gesetzt. Aber vom Großteil des potenziellen Publikums im Westen, kann man das wohl (auch gerade vor 20 Jahren, seit einigen Jahren ist ja auch hier ein Japan-Boom - also Interesse dran und als Urlaubwunschort zu spüren) nicht sagen. Und für die wäre halt vieles unverständlich oder komisch.

    Ob nun beim oben genannten Beispiel Zoe Bifun heißen muss oder nicht, aber viele hätten das schon als komischen Namen hier im Westen gefunden, und die Bedeutung dahinter sowieso nicht gekannt.

  4. Ich fand die Idee damals auch sehr amüsant - ich war einer davon, der dem Spiel im Westen nichts zugetraut hat. Dazu muss man aber auch sagen, dass das Spiel auf dem N64 sehr barebones und die japanische Kultur wirklich überall verankert war. Selbst mit dem Wunschbrunnen statt dem Gebetsschrein und weiteren westlichen Änderungen im Spiel fühlte sich das Spiel auf dem Gamecube nicht richtig an.

    Auf dem DS dagegen hat man sich noch mal hingesetzt und das Spiel noch mal neu gedacht, z.T. auch bei den Spielmechaniken.

  5. Ich bin generell nicht wirklich ein Freund davon, wenn besonders Namen umgeändert werden. Wenn jemand in ein anderes Land reist hat er da auch nicht plötzlich einen anderen Namen. Das ist so ein Unfug xD
    Ansonsten gibt es sicherlich einige Dinge, die angepasst werden müssen bzw sinn machen, gerade wenn es um Dinge geht, die 1:1 übersetzt null Sinn ergeben würden, weil da irgendein Wortwitz oder Sprichwort hinter steckt. Bei vielen Sachen finde ich es aber unsinnig den Ursprung zu verfälschen, nur ums für eine andere Kultur anzupassen. Allerdings verstehe ich zumindest, dass es aus geschäftlicher Sichtweise nicht zu verhindern ist, da man nur so den maximalen Erfolg herausholen kann. (und natürlich schätze ich auch einige kreative Ideen, die bei manchen Lokalisierungen ihren Weg hineinfinden.)

    Es ist aber schon verrückt, wie sehr sich diese Arbeit ausgezahlt hat letzten Endes. Es ist eh witzig, wie Animal Crossing schon eher ein Cross Gen Titel damals war, weil die Gamecube Version ja nur wenige Monate später in Japan rauskam^^

    Die Gamecube Version müsste ich mir damals gar auch aus der Videothek ausgeliehen haben und dort habe ich mich dann ziemlich dran festgesuchtet. Es war fast unmöglich den Controller aus der Hand zu legen, da der Gameplay Loop einem so gefangen nahm. Kann sogar sein, dass ich es öfters ausgeliehen hatte.
    So im Nachhinein betrachtet ist es mir echt ein Rätsel, wieso ich die Reihe bis zum 3DS Ableger komplett aus den Augen verlor und es dann selbst bei dem nie schaffte es zu kaufen. Erst mit der Switch nun wieder, wobei mich der Gamecube Ableger damals mehr fesselte. Aber das lag wohl auch daran, dass es neu war und ich mich damals noch mehr auf so Endlosspiele einlassen konnte^^

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