Die Nominierten für die Keighley-Show 2023 sind da – und werden fleißig diskutiert. Dabei wird auch viel Kritik laut. The Game Awards werden eigentlich jedes Jahr kritisiert, nicht nur für die Nominierten, auch für die Show an sich. Doch die Kritik wird lauter und ist immer breiter. Und damit sind nicht Xbox-Fans gemeint, die Starfield gerne als „Best Game“ nominiert gesehen hätten.
Vielleicht der offensichtlichste Punkt: Die Nominierung von Dave the Diver als „Best Independent Game“. Nun schreibt man bei The Game Awards „Indie“ sogar aus und macht noch deutlicher, dass Dave the Diver hier eigentlich fehl am Platz ist.
Hier dem (tollen) Spiel steckt Mintrocket. Nicht etwa ein kleines Studio, das sich über einen potenten Geldgeber freut – so etwas rutscht ja heutzutage absolut als „Indie“ durch. Mintrocket ist eine Tochterfirma von Nexon und wurde auch nicht etwa vom koreanischen Riesen-Publisher gekauft, sondern gegründet. Dave the Diver ist also selbst nach dehnbarster Definition der Kategorie nicht „Indie“.
Wer oder was ist eigentlich Indie?
Man kann gerne darüber streiten, was denn jetzt „Indie“ ist, aber die meisten sind sich wahrscheinlich einig, dass es nicht nur genügen kann, einfach nur „Indie“ auszusehen. Dave the Diver ist gewiss ein Spiel, das Auszeichnungen verdient hat, aber nicht in dieser Kategorie. Das sehen witzigerweise sogar die Macher selbst so.
Die Kritik richtet sich deshalb an die Veranstalter, die diese Award-Kategorie zwar eigentlich ausreichend genau („For outstanding creative and technical achievement in a game made outside the traditional publisher system“) beschreiben, aber diese Vorgabe selbst wohl genauso wenig ernst nehmen wie die über 100 Medien, die für die Nominierungen gestimmt haben.
TheVerge-Journalistin Ash Parrish bringt es auf den Punkt: Man brauche entweder eine strengere Definition oder eine neue Kategorie, denn die Spiele allein auf „Vibes und Pixel-Art“-Basis zu nominieren, geht offensichtlich am Ziel vorbei. Oder anders: Es kann nicht reichen, einfach nur nach „Indie“ auszusehen, um Indie-Preise zu gewinnen.
Futter zum Nachdenken: Cyberpunk 2077
Mindestens Futter zum Nachdenken: Die Nominierung von Cyberpunk 2077 als „Best Ongoing“-Game. Schon die Gesellschaft macht hellhörig: Apex Legends, Final Fantasy XIV, Fortnite und Genshin Impact sind mit nominiert. Aber ganz gewiss, Cyberpunk 2077 erfüllt alle harten Kriterien dieser Kategorie. Vor allem: „outstanding development of ongoing content that evolves the player experience over time“.
Aber ist es nicht genau die Spielerfahrung, die Cyberpunk 2077 zum Launch nicht nur hätte bieten sollen, sondern wahrscheinlich auch bieten wollte, wenn es nach denen geht, die wirklich am Spiel gearbeitet haben? Muss es dafür ausgezeichnet werden, dass man monatelang daran gewerkelt hat, einen Teppich zu flicken, der einst nicht unfallfrei zu begehen war? Bekommt es vielleicht auch noch den Award für den „Best Community Support“ von einer Community, die man anfangs im Regen hat stehen lassen? Na ja.
Natürlich ist Phantom Liberty gut und Cyberpunk 2077 heute ein anderes Spiel als 2020. Alle, die daran gearbeitet haben, haben jede Auszeichnung verdient, denn sie sind nicht schuld an den Umständen, die 2020 zum großen Launch-Knall geführt haben. Man kann gerne darüber nachdenken, ob Cyberpunk 2077 heute auszeichnungswürdig ist. Aber man muss es ja nicht kritiklos tun.
Die Sache mit den Fristen
Das Dilemma mit den Fristen war schon im letzten Jahr hier ein Thema, läuft aber eher unter Radar. In diesem Jahr bekommt es aber ein bisschen mehr Aufmerksamkeit, unter anderem äußerte sich Josh Sawyer, Studio Design Director bei Obsidian Entertainment dazu.
„Ich finde es lustig, dass die Game Awards zwei Jahre hintereinander einen Stichtag für die Einreichungen festlegen und die Nominierten eine Woche vor diesem Stichtag bekannt geben“, so Sawyer. Letztes Jahr war Obsidian mit Pentiment konkret betroffen. Das Spiel hatte im Prinzip keine Chance auf einen Award – weder im letzten, noch in diesem Jahr. Die Stichtage sind schuld und ausführlich habe ich das 2022 schon erläutert.
Die Veranstalter änderten nichts am Prozedere: Spiele müssen am oder vor dem 17. November 2023 erschienen sein, um für die Verleihung 2023 berücksichtigt zu werden. Spiele, die danach erscheinen, kommen für das nächste Jahr infrage. Theoretisch. Denn ein Spiel, das am 18. November 2023 erscheint, bekommt im Dezember 2024 ganz sicher nicht die gleiche Aufmerksamkeit – und ist so für beide Jahre de facto ausgeschlossen. Heute erscheint zum Beispiel Super Crazy Rhythm Castle von Konami. Theoretisch kann es für 2023 berücksichtigt werden, aber selbst für die Presse mit frühem Zugang käme das wohl zu spät. Für 2024 ist es fristgerecht ausgeschlossen. Sicher, es hätte schlimmer kommen können.
Ein bisschen mehr Distanz wäre gesund
Astrein zu lösen wäre das mit einer Verleihung im Januar, aber die ist natürlich (nachvollziehbar) gar keine Option für Keighley. Denn The Game Awards ist nicht nur für ihn, sondern vor allem für die Firmen, von denen er abhängt, eine große Werbeshow. Und da sind wir beim letzten Punkt.
Ich will euch sicher nicht den Spaß an der Show nehmen, ich schaue sie mir sicher auch an. Aber ein bisschen gesunde Distanz täte schon gut. Haltet euch vor Augen, dass The Game Awards eben genau das ist: Eine ganz große Werbeveranstaltung. Die Awards sind vorher und danach ein Thema, aber innerhalb der Show eine Randnotiz. Eigentlich geht es darum, euch eine Aneinanderreihung von Werbespots zu präsentieren.
Dass das aufregend wird, daran haben nicht nur viele Fans, sondern natürlich auch Keighley ein großes Interesse. Schließlich bezahlt er von den Erlösen aus der Show seine Rechnungen und seine MitarbeiterInnen. Und so ist er abhängig von denen, die er eigentlich „bewerten“ möchte. Ein paar kritische Worte hat dazu Riley McLeod bei Aftermath parat.
Ein Teufelskreis, der natürlich alles andere als neu in der Videospielbranche ist und an dem auch nicht nur Keighley schuld hat. Kaum vorstellbar aber, dass sich Keighley kritisch zu Entlassungen oder anderen brisanten Themen äußert. Schon 2021 (Activision Blizzard) blieb er vage und positionierte sich nur so, wie bestenfalls mindestens nötig. Aber vielleicht werden wir auch überrascht.
Zum Abschluss, fürs gute Gefühl, ein paar nette Nachrichten. Baldur’s Gate 3 hat acht Nominierungen erhalten, Hi-Fi Rush ist für „Best Art Direction“ nominiert, Masayoshi Soken mit Final Fantasy XVI für den besten Soundtrack. Sea of Stars immerhin für den besten Indie, wenn schon nicht Chained Echoes. Und drei von fünf „Most Anticipated Games“ kommen aus Japan, namentlich Final Fantasy VII Rebirth, Like a Dragon: Infinite Wealth und Tekken 8.
Bildmaterial: The Game Awards
Bin da auch eher auf der seite von @ElPsy und @Somnium
Natürlich find ichs schade wenn mein spiel nicht nominiert wird (wie hier jetzt auch Star Ocean 2 was nirgends zu sehen ist), trotzdem ist die Show einfach nur ein Belustigungsprogramm was man sich mal geben kann.
Jeder weiß das der großteil diese show nur für die neuankündigungen anschaut und nicht wirklich für die Awards selbst.
Ob Cyberpunk und Dave the diver ihren platz in ihren Kategorien verdient haben will ich auch garnicht verneinen.
Man sollte das ganze aber auch nicht größer machen als es ist. Letztlich ist es nur ein Titel mit denen sich diese Spiele in Zukunft bewerben können.
Wie immer werde ich nicht wach bleiben und am nächsten Tag hier die Ergebnisse, aber vor allem die Neuankündigungen hier lesen, die interessieren mich eher 😅
Eigentlich sollten mich die Awards, die Nominierungen und der ganze Rummel auch nicht jucken, aber ich hab trotzdem eine seltsame Bindung dazu, wenn ein Nischentitel, den ich mag, nominiert ist und vielleicht sogar gewinnt.
Ist einfach die Möglichkeit für kleinere Titel, mal wenigens ETWAS Aufmerksamkeit vom Mainstream zu bekommen.
Ist aber wohl ein Fehler, denke ich. Ich werd einfach auf ein paar nette Neuankündigungen und Updates zu Spielen hoffen und es dabei belassen.
Awards und Bestenlisten sind ja prinzipiell immer falsch und alle diskutieren darüber
Mich interessiert nur ob Genshin Impact gewinnt, lol Primogems xD, gibt dann wieder wahrscheinlich so ne tolle Schlammschlacht, wie letztes Mal mit der Sonic Community xDD