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Warum Nintendo und die Switch das Steam Deck nicht fürchten müssen

In dieser Woche präsentierte Valve endlich das Steam Deck, das schon eine ganze Weile in den Gerüchteküchen köchelte. Ein Switch-ähnliches Gerät, nur mit deutlich mehr Power. Da muss man kein Prophet sein. Die entsprechenden Memes überfluteten quasi noch mit der Ankündigung die sozialen Netzwerke.

Die Häme hat sich Nintendo sicher verdient, das darf man zunächst festhalten. Valve beweist mit dem Steam Deck, dass man starke Technik zu einem guten Preis in einen Handheld verbauen kann. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft – da kann niemand etwas dagegen haben.

Steam Deck bedient Hoffnungen vieler Switch-Fans

AAA-Games flüssig auf einem Handheld spielen, das ist sicher sexy. Das ist auch tatsächlich etwas, was viele Switch-Fans vermissen. Nicht umsonst hatten viele Fans große Hoffnung in die Nintendo Switch Pro gesetzt, die nun mit dem OLED-Modell einfach nur einen schöneren Bildschirm bietet.

Trotzdem müssen Nintendo und die Switch das Steam Deck nicht fürchten.

Das Steam Deck steht nur auf dem Papier in einer echten Konkurrenz zur Nintendo Switch. Beide Geräte können als Handheld genutzt werden. Die Switch ist mit einem Einstiegspreis von etwa 200 Euro für das Lite-Modell zunächst mal um Längen günstiger. Sie ist auch eine klassische Konsole. Man muss sich um nichts kümmern.

Natürlich feiert die Core-Szene es außerdem, dass das Steam Deck offen ist. Das ist auch wirklich grandios. Aber das ist für den Großteil der SpielerInnen schlicht kein Argument. Es ist den meisten egal. In den Kommentarspalten steht vielleicht das Gegenteil, weil sich hier auch die Leute tummeln, die es wirklich interessiert. Aber wenn ich heute meine Freunde frage, ob sie sich Windows auf das Steam Deck spielen würden, werden sie erstmal fragen, was denn das Steam Deck ist.

Dass das Steam Deck offen ist, interessiert die Massen nicht

Das Steam Deck ist ein PC in Handheldform und eben wirklich genau das. Es gibt einen Grund, warum sich Menschen für eine Konsole und gegen einen PC entscheiden – und natürlich auch umgekehrt. Aus dem Grund werden keineswegs massenhaft Switch-SpielerInnen zum Steam Deck abwandern.

Es besteht auch nicht die Gefahr, dass der potenzielle nächste Weihnachtseinkauf statt zur Nintendo Switch lieber zum Steam Deck greift. Dafür sorgt der Einstiegspreis, der für uns mit 419 Euro erstmal cool klingt, aber für den spontanen Weihnachtskauf weniger. Aber dafür sorgt auch schlicht die Zugänglichkeit. Bisher ist das Steam Deck nur im Steam-Store vorbestellbar. Die Sichtbarkeit im Handel (dazu zählt neben dem stationären Handel auch mal schlicht der Media-Markt-Newsletter) ist quasi nicht gegeben. Und ob Valve klassische TV-Werbung schaltet, das muss sich mal zeigen.

Aber nehmen wir mal an, jemand spielt sehr gerne seine Switch im Handheldmodus und vermisst wirklich sehr die hochwertigen AAA-Games auf der Switch. Der perfekte Steam-Deck-Kunde eigentlich. Aber auch dann muss der Sprung erstmal gelingen. Ich möchte behaupten, die meisten Switch-SpielerInnen stehen der klassischen Konsole näher und haben ohnehin eine Xbox oder PlayStation zu Hause. Dann ist der 549-Euro-Sprung auf das deutlich attraktivere Steam-Deck-Modell mit NVMe-SSD-Speicher auch schon gar nicht mehr so leicht.

Und wenn man (wie übrigens ich) wirklich über den Kauf eines Steam Deck nachdenkt, dann merkt man ziemlich schnell, dass eigentlich auch das 549-Euro-Modell nicht das Gelbe vom Ei ist. Wenn man schon nur Handheld spielt, will man eigentlich auch den entspiegelten Bildschirm. Und dann ist man bei 679 Euro. Und das ist dann schon wieder eine nicht so spontane Hausnummer. Ich habe das Gefühl, das 419-Euro-Modell ist nur für den konkurrenzfähigen Kampfpreis gemacht.

Die Nintendo-Spiele sind ein großes Switch-Argument

Dann sind da natürlich auch noch die Nintendo-Spiele. Da verdrehen vielleicht viele die Augen, aber Nintendo-Spiele sind immer noch ein Kaufgrund für Nintendo-Hardware, das lässt sich einfach nicht von der Hand weisen. Und die Switch beweist es mehr denn je, da muss man sich einfach nur die Attach-Rates der Nintendo-Spiele anschauen.

Zu guter Letzt ist da ganz einfach auch noch das Design des Steam Deck. Das Steam Deck wiegt stolze 669 Gramm. Das neue OLED-Modell der Switch wird 421 Gramm wiegen und die OG-Switch wiegt nur 399 Gramm. Etwa 250 Gramm Unterschied liegen also zwischen der Switch (OLED) und dem Steam Deck. Das ist ja nicht so viel, sagt ihr vielleicht. Die Switch Lite wiegt 280 Gramm und damit nur etwa 120 Gramm weniger als die OG-Switch. Und wer die normale Switch und die Switch Lite in den Händen gehalten hat, der weiß, dass diese 120 Gramm einen riesigen Unterschied machen.

Gewicht und Ergonomie überzeugen mich nicht

Statt 120 Gramm weniger sind es also 250 Gramm mehr – ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass das auf Dauer gemütlich ist. Und ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe beide Switch-Modelle intensiv im Handheldmodus genutzt, sozusagen in allen Lagen. Neben dem Gewicht spielt aber auch die Ergonomie natürlich eine große Rolle. Und auch da kann das Steam Deck bei mir nicht punkten. Das sieht auf den ersten Blick einfach anstrengend aus.

Wenn ich mir ein Steam Deck kaufe – und ich habe als Handheldspieler wirklich Interesse daran – dann würde ich es gerne vorab in den Händen halten. Das ist aber quasi unmöglich. Auch hier kann die Switch beim Massenpublikum punkten. Neben dem Handel steht das Gerät eben auch schon bei vielen Freunden.

Das Steam Deck hat ganz sicher eine Zielgruppe, aber es ist nicht die des typischen Switch-Käufers. Deshalb muss die Switch das Steam Deck nicht fürchten. Und das sage ich als jemand, der schon am Abend der Vorstellung überlegt hat, das Steam Deck vorzubestellen und dann herausfand, dass es am nächsten Tag gehen würde. Ich glaube auch nicht, dass Valve auf die Switch-SpielerInnen abzielt, davon mal abgesehen.

Und dann ist da noch der Punkt, dass es eine Valve-Hardware ist. Valve hat oft gute Hardware-Ideen, aber irgendwie läuft das alles nebenher. Es wäre nicht die erste Valve-Hardware, die floppt. Ich bin sehr gespannt, welche Anstrengungen Valve in Marketing und PR rund um das Steam Deck steckt. Denn eines ist halt auch klar: Bisher kennt das Gerät außer uns kaum jemand. Ja, wir sind viele. Aber nicht der Massenmarkt.

Ich bin aktuell zuversichtlich, dass sich das Steam Deck millionenfach verkaufen wird. Aber ich kann mir derzeit nicht vorstellen, dass das Gerät zur Nintendo Switch auch nur ansatzweise aufschließen kann. Aber hey, es ist ein Tag nach der Ankündigung. Ich bin sehr gespannt, was sich bis zum Verkaufsstart im Dezember noch tut!

Update, 18. Juli 2021, 20:00 Uhr: Der Autor hat sich am Abend nach diesem Text übrigens die Premium-Variante des Steam Deck reserviert. Am selben Tag, als Zelda: Skyward Sword HD im Briefkasten lag!

Bildmaterial: Steam Deck, Valve