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Im Test! Octopath Traveler 0 ist ein gelungenes JRPG, das sich trotz seiner Wurzeln gut einfügt

Titel Octopath Traveler 0
Japan 04. Dezember 2025
Square Enix
Nordamerika 04. Dezember 2025
Square Enix
Europa 04. Dezember 2025
Square Enix
System PlayStation 4/5, Xbox Series, Nintendo Switch 1/2, PC
Getestet für PC (Steam)
Entwickler Square Enix, DOKIDOKI GROOVE WORKS
Genres JRPG
Texte
Nordamerika Japan
Vertonung Nordamerika Japan

Am 13. Juli 2018 wurde mit der Veröffentlichung des ersten Octopath Traveler der Begriff HD-2D etabliert. Sowohl Fans als auch Presse lobten diesen mittlerweile patentierten Grafikstil in den höchsten Tönen, da er klassisch basierte Pixelkunst mit modernen Effekten harmonisch kombinierte.

Für einen Entwickler, der eine schier endlose Bibliothek an 8- bis 16-Bit-Spielen besitzt, ist das natürlich die optimale Methode, diese Spiele einem neuen Publikum zugänglich zu machen und dabei ordentlich Geld zu verdienen.

Neben einem Sequel zu Octopath Traveler profitierten besonders Marken wie Star Ocean und vor allem Dragon Quest von diesem Remake-Stil. Es sollte also nicht zu lange dauern, bis der erste Ableger für Smartphones erscheint. Mit Octopath Traveler: Champions of the Continent war es im Herbst 2020 schließlich so weit. Während das mobile Spiel in Japan von Square Enix betrieben wird, kümmert sich im Westen NetEase um diese Singleplayer-App.

Es ist aber kein Geheimnis, dass Square Enix sich mit mobilen Titeln schwertut und der Markt nicht gerade für große, epische Rollenspiele ausgelegt ist. Die Lösung? Octopath Traveler 0! Eine überarbeitete Version der App für Konsolen und PCs. Ob man merkt, dass dieses Prequel seine Wurzeln im App Store hat und ob der Vollpreis dafür gerechtfertigt ist, findet ihr im Folgenden heraus.

Ein Ring, sie zu knechten

Im kleinen Dorf Wishvale herrscht heile Welt: Hier begrüßt man sich noch freundlich auf der Straße, hilft bei der Ernte und treibt Unfug mit seinen Freunden. Alles scheint perfekt. Doch wenn ein JRPG so beginnt, lässt die Katastrophe nicht lange auf sich warten – so auch hier.

Nach dem Erscheinen eines mysteriösen Ringes bricht buchstäblich die Hölle über das kleine Dorf herein und alles, was bleibt, sind Asche und die grausamen Erinnerungen an die Hilfeschreie der Bewohner. Darunter auch die Eltern unseres Helden, der sich dem Ring annimmt und im Verlauf – titelgebend – mit sieben Kameraden in die Welt zieht, um Rache an den Verantwortlichen zu nehmen, sein Schicksal zu erfüllen und Wishvale neu aufzubauen.

Ziemlich klassisches Material für ein Oldschool-JRPG – doch noch vor der ersten Zwischensequenz gibt es einen drastischen Unterschied. Der Protagonist muss nämlich zuerst im Charaktereditor erstellt werden. Im HD-2D-Look sollte man dabei keine ausufernden Optionen erwarten, aber es reicht, um Aussehen und Stimme einen persönlichen Hauch zu verleihen.

Interessanter wird es danach, wenn es darum geht, den Job und das Leibgericht des Helden auszuwählen. Während Letzteres einen eher geringen Nutzen hat, wählt man mit dem Job die Rolle, die man im Kampf in den ersten Stunden einnehmen wird. Später können sowohl optische als auch spielerische Entscheidungen wieder geändert werden.

Ein Ring, sie alle zu finden

Der Charaktereditor erlaubt so einen individuellen Hauptcharakter. Der stumme Held rückt in der Story jedoch deutlich in den Hintergrund und trotz diverser Entscheidungen bleibt er ein passiver Ja-Sager, was ihn zu einem der uninteressantesten Charaktere von Octopath Traveler 0 macht. Die Story an sich hat mich jedoch äußerst positiv überrascht.

Da die Basis ein Mobile-Spiel war, hatte ich keine großartigen Erwartungen an die Erzählung. Was dann jedoch geliefert wurde, sind multiple Kapitel, die sich über mehrere Stunden ziehen, mit teils ausgearbeiteten Nebencharakteren, tragischen Schicksalen und bittersüßen Enden. Und jedes Mal wenn ich dachte, das war’s, wurde die Story nur noch größer.

Während in den ersten Kapiteln der Wiederaufbau von Wishvale sowie die Rachegeschichte im Vordergrund stehen, entwickelt sich daraus ein Kampf um das Schicksal der Welt. Selbst nach den Credits, die bei mir nach ca. 30 Stunden über den Bildschirm liefen, kamen noch weitere Story-Kapitel hinzu. Hut ab!

Positiv sind der erwachsene Ton der einzelnen Geschichten zu erwähnen, ebenso wie die vielen dramatischen, gut inszenierten und exzellent vertonten Zwischensequenzen. Hier wird oft effektiv auf die Tränendrüse gedrückt.

Ein Ring, sie ins dunkel zu treiben

Traurigerweise passt das Erzähltempo so gar nicht dazu. Jede Zwischensequenz ist zwei- bis dreimal so lang, wie sie eigentlich sein sollte, was es nach dutzenden Stunden schwer macht, aufmerksam am Ball zu bleiben. Jede Animation lässt sich unglaublich viel Zeit und zwischen einzelnen Dialogzeilen vergeht viel zu viel Zeit. Ein Punkt, der mir auch bei anderen HD-2D-Spielen negativ aufgefallen ist.

Hinzu kommt, dass nicht alle Sequenzen vertont sind und die Qualität der Quests selbst stark variiert. Dabei fällt auch auf, wie fragmentiert die Geschichte eigentlich ist, da die Kapitel nur selten tiefen Bezug zueinander haben und oft isoliert betrachtet werden können.

Die Kritik am ersten Octopath Traveler findet man also auch hier. Des Weiteren haben die rekrutierbaren Charaktere kleine Quests zur Vorstellung, doch verschwinden danach – ebenso wie der Hauptcharakter – im Team und haben, anders als dieser, keinen Bezug mehr zur Haupthandlung. So bleibt das eigene Team ebenfalls ein ausgesprochen uninteressanter Teil der gesamten Erzählung – sehr schade.

Ein Ring, sie ewig zu binden

Audiovisuell würde man jedoch ohne Vorkenntnisse nie auf die Idee kommen, dass es sich hier einmal um ein Spiel aus dem App Store handelte. Der HD-2D-Look besticht einmal mehr mit wunderschönen Pixel-Designs und dazu passenden 3D-Effekten. Die kleinen Gebiete und die vielen kurzen Ladezeiten deuten jedoch auf einen anderen Ursprung hin.

Im direkten Vergleich mit Octopath Traveler II oder den neuen Dragon-Quest-Remakes fällt ein grafischer Qualitätsunterschied auf. Die Gebiete bieten weniger Details, die teilweise auch weniger gut ausgearbeitet sind als in den oben genannten Spielen. Nichtsdestotrotz überzeugt das optische Gesamtpaket, bei dem die Charakter-Designs als besonders stark hervorstechen.

Musikalisch befindet sich Octopath Traveler 0 auf höchstem Niveau. Der Soundtrack besteht aus mitreißenden orchestralen und choralen Stücken, die sehr präzise eingesetzt werden und stets aufgrund ihrer Qualität in den Vordergrund rücken – darunter auch beliebte Titel aus anderen Ablegern der JRPG-Reihe.

Auch spielerisch unterscheidet sich Octopath Traveler 0 nicht drastisch von seinen Vorgängern. Neben den Zufallsbegegnungen und rundenbasierten Kämpfen erhält auch das Break-&-Boost-System ein erneutes Revival. Hier kann man Angriffe aufsparen und zum richtigen Zeitpunkt – etwa wenn man die Verteidigung des Gegners mit passenden Waffen oder Effekten gebrochen hat – bis zu viermal auf einmal einsetzen.

Mit Macht, Ruhm und Reichtum

Das macht nach wie vor Spaß und muss bei den vielen, serientypisch anspruchsvollen Bosskämpfen tatsächlich richtig genutzt werden, ebenso wie die erstmals spielbaren acht Charaktere. Diese teilen sich in eine vordere und hintere Reihe mit jeweils vier Kämpfern auf, bei denen man in einer Spalte zu jeder Zeit die Charaktere wechseln kann. Während die vordere Reihe angreifen kann, regeneriert die hintere Reihe HP und SP.

Besonders in den späteren Bosskämpfen muss man sich auf alle acht Charaktere im Team konzentrieren. Jeder von ihnen kann nämlich zwei verschiedene Waffen tragen sowie diverse Fähigkeiten und magische Angriffe einsetzen. Man benötigt ein komplexes Team, um die diversen Schwächen der Gegner ausnutzen zu können. Tut man dies nicht, wird man im späteren Verlauf des Spiels nicht weiterkommen.

Für Gelegenheitsspieler kann diese Form des Micromanagements zugegeben zu viel werden – darauf muss man also gefasst sein. Wer sich auf dieses System nicht einlassen kann, sollte eher die Finger von Octopath Traveler 0 lassen, denn erneut gibt es keine auswählbaren Schwierigkeitsgrade.

… und sieben guten Verbündeten

Doch selbst für diejenigen, die sich gut um ihr Team kümmern und sogar ein wenig grinden, bleiben die Bosse bis zum Ende ein Drahtseilakt. Das gilt leider nicht für die normalen Auseinandersetzungen. Diese werden nach kurzer Zeit bereits trivial und nehmen nur noch zu viel Zeit in Anspruch für eine eher geringe Belohnung.

Nun aber zum Punkt, der in den Trailern womöglich am prominentesten beworben wurde: dem Wiederaufbau von Wishvale. Hier wurde ich tatsächlich enttäuscht. Der Aufbau ist in den ersten Stunden wesentlich linearer, als ich es mir vorgestellt hatte. Man springt eigentlich nur von einem Auftrag zum nächsten und kann nur die wenigen Gebäude bauen, die in diesen Aufträgen angegeben werden. Ja, man kann in kleinen Gebieten die einzelnen Gebäude verteilen und entscheiden, welche Bewohner darin leben, aber wirkliche Freiheit beim Städtebau ist das nicht.

Der Ablauf ist zu simpel: Man erhält eine Quest, um eine Taverne zu bauen, baut diese und erhält danach die nächste Quest, in der man zum Beispiel eine Farm errichten soll. Man macht die Nebenquests für den dazugehörigen Charakter und erhält dann die Farm. Es folgt die nächste Quest und so weiter. Erst spät kommt ein wenig mehr Flexibilität ins System, aber das ist zu wenig und zu spät. Hier hätte ich mir eine bessere Symbiose aus Städtebau, Story und Erkundung der Spielwelt gewünscht.

Octopath Traveler 0

Die Rekrutierung der Bewohner erfolgt auf dreierlei Arten: So gibt es fixe Story-Charaktere, Charaktere aus optionalen Nebenquests und NPCs, die man auf der Straße ansprechen kann, die sich nach einem kleinen Geschenk dem Dorf anschließen.

Alle Quests, die man in Octopath Traveler 0 bestreitet, ordnen sich in ein System aus drei Teilen ein: Reichtum, Macht und Ruhm. Je nachdem, wie viele Punkte man in diesen Kategorien hat, wird es einfacher, diverse Charaktere zu überzeugen, sich anzuschließen, einem Items zu schenken oder die Preise ihrer Items zu verhandeln. Auch dieses System ist bereits aus anderen Teilen bekannt.

Technisch gibt es an Octopath Traveler 0 nichts zu bemängeln. Das Spiel läuft selbst auf dem schwächsten Gerät in stabilen 60 fps und bietet so stets ein flüssiges Spielerlebnis – ein Traum für alle Steam-Deck-Liebhaber wie mich. Als kleine Randnotiz: Leider bietet Octopath Traveler 0 keine deutsche Lokalisierung. Text und Sprache sind vornehmlich Englisch und Japanisch – für deutsche Spieler ein schwerer Schlag.

Was tun mit der Zeit, die einem bleibt?

Octopath Traveler 0 hat mich sowohl positiv als auch negativ überrascht. Mit seinen Wurzeln im App Store habe ich keine derart ausufernde, dramatische und ernste Geschichte erwartet, die oft emotional gepackt hat. Die fantastische Vertonung und der hochkarätige Soundtrack waren dabei das Sahnehäubchen. Großen Respekt an die Entwickler für diese Arbeit.

In der fragmentierten Erzählung, den storytechnisch in den Hintergrund rückenden spielbaren Charakteren und den kleinen Gebieten spiegeln sich jedoch die Wurzeln wider. Besonders das Erzähltempo macht es schwer, die epische Geschichte bis zum Ende zu verfolgen. Octopath Traveler 0 ist ein langes, aber auch extrem langsames Spiel, das mit seinem starken und taktischen Kampfsystem bei Laune hält, auch wenn das Balancing in Sachen Boss- und normalen Kämpfen deutlich besser hätte sein können.

Trotz der Kritik ist Octopath Traveler 0 ein gutes JRPG mit einem erwachsenen Ton, das sich gut in die beliebte Reihe einordnet. Dennoch muss der Preispunkt von 59,99 Euro für ein „überarbeitetes Smartphone-Spiel“ als kritisch gewertet werden.

 

Story

Lange und epische Erzählung, die mit vielen erwachsenen Themen und Herz überzeugt. Das langsame Tempo, die isolierten Quests und die in den Hintergrund rückenden Protagonisten zählen jedoch nicht zu den Stärken.

Gameplay

Rundenbasiertes Kampfsystem mit acht Kämpfern. Hier stehen Taktik und Micromanagement deutlich im Vordergrund. RPG-Liebhaber werden ihren Spaß haben, Gelegenheitsspieler sich jedoch die Zähne ausbeißen.

Grafik

Wunderbarer HD-2D-Look mit all seinen bekannten Stärken und der fantastischen Atmosphäre. Die kleinen Gebiete und schwächer ausgearbeiteten Details verraten jedoch die Wurzeln dieses Spiels.

Sound

Fantastischer und gut eingesetzter orchestraler Soundtrack mit teils bekannten Stücken. Dazu kommt eine unglaublich starke englische und japanische Synchronisation – leider nicht für jede Zwischensequenz.

Sonstiges

Sehr lange Hauptstory mit vielen rekrutierbaren Charakteren und einem wenig ausgearbeiteten Städtebausystem. Leider ohne deutsche Lokalisierung.

Bildmaterial: Octopath Traveler 0, Square Enix, DokiDoki Groove Works

7 Kommentare

  1. Danke für euren Test!

    Ok, einen erwachsenen Ton der einzelnen Geschichten und insgesamt eine gute Story hatte ich gar nicht erwartet ^^"

    Dass die Kapitel aber nur selten tiefen Bezug zueinander haben und oft isoliert betrachtet werden können, also das, was mich schon im ersten Octopath Traveler nervte, schreckt mich dann doch wieder ab...Genauso das langsame Erzähltempo ...das hatte mich bei den Vorgängern auch schon etwas genervt.

    War durch die positiven Reviews, die ich sonst so mitbekommen hatte schon ganz positiv gestimmt, aber jetzt wird es doch eher ein Sales Titel.

  2. Ich habe beide Octos durchgespielt und bis auf die optionalen Superbosse alles gemacht. Pro Spiel hab ich da ca. 105-115std. gebraucht.

    Als zu schwer habe ich die Spiele nie empfunden. Es gab immer irgendwo eine Möglichkeit zu grinden oder zu überleveln. Dann hatte ich immer schnell raus, mit welchen Taktiken ich immer schnellen Damage gemacht habe.
    Nur bei den Endgame Bossen, fehlte mir der Elan. Die sind dann unnatürlich schwer.

    Was mich hier jetzt abhält sind die 30Stunden.
    ich werde es mir definitiv später kaufen. 60€ sind mir einfach zu viel.

  3. Schöner Test, vielen Dank dafür! Eigentlich wollte ich Octopath Traveler 0 wegen des stummen Hauptcharakters nicht spielen, aber nachdem der Rest des Spiels storytechnisch überraschend umfangreich ausfällt, werde ich wohl auch irgendwann bei 'nem Sale zuschlagen. Das die Optik hinter Octopath Traveler 2 zurückbleibt verwundert mich schon. Der Erstling war ein toller Testlauf mit der HD-2D-Grafik und im Nachfolger haben sie wirklich zauberhafte Effekte und Details eingebaut, die einen staunen ließen. Statt noch einen Schritt voranzugehen, gehen sie hier einen zurück, schade. Zumindest der Soundtrack scheint wie schon in den Vorgängern hervorragend zu sein.

  4. Gibt ja auch hier eine Demo. Problem ist eher die Zeit. In den letzten Sales habe ich gut zugeschlagen und jede Menge Kram auf Halde.
    Und vorher würde ich auch eigentlich nochmal an Teil 2 mit einem frischen Blick rangehen wollen.

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