Titel | Ghost Trick: Phantom-Detektiv |
30. Juni 2023 | |
Capcom | |
30. Juni 2023 | |
Capcom | |
30. Juni 2023 | |
Capcom | |
System | PlayStation 4, Xbox One, Switch, Windows |
Getestet für | PlayStation 4 |
Entwickler | Capcom |
Genres | Adventure |
Texte | |
Vertonung | – |
Ob Tactics Ogre, Katamari oder NieR: In den letzten Jahren kam es immer wieder vor, dass Geheimtipps als Port oder Remaster ein Comeback feierten und einer größeren Zielgruppe zugänglich wurden. Auch Ghost Trick konnte seinerzeit ausgesprochen gute Wertungen einheimsen – nur gespielt hat es kaum jemand. Wird das Adventure von Phoenix-Wright-Schöpfer Shu Takumi seinem Ruf gerecht?
Das Leben nach dem Tod
Alles beginnt damit, dass Protagonist Sissel sich zu Beginn des Spiels als Geist neben einer Leiche auf einem Schrottplatz wiederfindet – jedoch gänzlich ohne Erinnerungen an sein vorheriges Leben. Ebenfalls vor Ort ist eine rothaarige Frau namens Lynne. Als diese kurz darauf das Opfer eines Mordes wird, entdeckt Sissel, dass er als Geist eine besondere Fähigkeit besitzt: Er kann die letzten vier Minuten vor dem Tod einer Person rekonstruieren und in die Ereignisse eingreifen, um die Gegenwart zu verändern.
Ghost Trick ist in waschechter Krimimanier ein Spiel vieler Fragen und Geheimnisse. Zugleich ist es auch ausgesprochen Japanisch. Ein treudoofer Hund, ein kleines Mädchen, der Justizminister, eine Gruppe Ganoven, ein Verrückter im Park, Detektive und Gefängnisinsassen: In der ersten Spielhälfte werden am laufenden Band neue Figuren eingeführt, die alle auf irgendeine Weise mit dem Fall um Sissels Tod in Verbindung zu stehen scheinen. Als Spieler hangelt ihr euch von Gerücht zu Gerücht, von Fall zu Fall und von Person zu Person, um dem Geheimnis um euren Tod auf die Spur zu kommen. Natürlich wird schnell klar, dass dieser Tod nur die Spitze des Eisbergs ist.
Als Geist durch die Zeit
Ghost Trick ist eine Mischung aus Visual Novel und Puzzlespiel. Am Anfang und Ende jedes Kapitels warten längere Dialogsequenzen, während man dazwischen als Geist ein oder mehrere Puzzles erledigt. Die basieren darauf, dass man als Geist von Gegenstand zu Gegenstand huscht und die Umgebung manipuliert, um beispielsweise einen Mord zu verhindern. Sissel hat allerdings nur einen geringen Bewegungsradius. Sind zwei Gegenstände zu weit voneinander entfernt, kann man sich nicht zwischen ihnen bewegen.
Während es relativ simpel losgeht, werden die Rätsel im Spielverlauf komplexer. Manchmal ist die Lösung relativ schnell ersichtlich, manchmal jedoch ist auch einiges an Trial & Error notwendig. Scheitert man, so muss man eine Passage wiederholen, wobei Checkpoints recht großzügig gesetzt werden.
Wenn es darum geht, Tode zu verhindern, ist einem zudem ein Zeitlimit gesetzt. Mit fortschreitender Zeit verändert sich auch der Schauplatz und in einigen Situationen muss man ein Zeitfenster sehr präzise nutzen, um erfolgreich zu sein. Jedoch kann man stets die Zeit anhalten und sich einen Überblick verschaffen.
Gelegentlich führt einen das Spiel absichtlich in die Irre. Manchmal muss man sich beispielsweise entscheiden, ob man über die Telefonleitung als Geist an einen anderen Standort wechseln will. Dabei ist nicht immer abzusehen, ob dies die richtige Entscheidung ist. Doch selbst wenn diese Entscheidungen zu einem Game Over führen, bekommt man auf diese Weise Facetten der Handlung zu sehen, die einem sonst verschlossen geblieben wären.
Im Großen und Ganzen sind die Rätsel überaus kreativ und machen in den meisten Fällen auch Spaß. Hin und wieder kommt es vor, dass man beim besten Willen nicht weiß, was man falsch macht. Wenn der Aha-Moment dann doch kommt, ist es aber umso befriedigender.
Ein farbenfrohes Aufgebot seltsamer Gestalten
Ghost Trick glänzt einerseits durch seine vielen grundverschiedenen Figuren, vor allem aber auch durch die visuelle Präsentation. Schrullige Polizisten beginnen vor Nervosität zu tanzen, ein Hähnchenkoch trällert am laufenden Band Lieder und ein süßer Hund tapst durch die Gegend. Diese comichafte Überzeichnung gehört zu den größten Stärken des Spiels. Sie verleiht den Figuren Persönlichkeit, sorgt für viele Lacher und lockert die Handlung voller Mord und Verschwörungen gehörig auf.
Oft wird es albern oder gar grotesk, doch gerade das macht Ghost Trick so effektiv: Würde sich das Spiel bierernst nehmen, würden viele der Enthüllungen nicht so gut funktionieren. Die überzeichnete Präsentation sorgt dafür, dass man als Spieler auch die absurderen Enthüllungen akzeptiert und dass die emotionalen Momente umso mehr überraschen.
Und das tun sie durchaus: Während aufmerksame Spieler manche Entwicklungen der Geschichte durchaus erahnen können, sieht man andere überhaupt nicht kommen. Gerade zum Ende hin wartet das Spiel mit mehreren spannenden Wendungen auf, die das Gesamterlebnis definieren. Hierbei ist lobend hervorzuheben, dass das Spiel von Anfang an Foreshadowing betreibt. Die Wendungen kommen also nicht aus dem Vakuum.
Während man die Plausibilität mancher Ereignisse oder Motivationen der Figuren durchaus infrage stellen kann, ergibt sich letzten Endes trotzdem ein überaus rundes Gesamtbild. Fast schon unscheinbar wachsen einem die Figuren über die 10–15 Stunden, die man zum Durchspielen benötigt, ans Herz – auch die, die zunächst unsympathisch oder eindimensional erscheinen. Wenn dann schließlich der Abspann über den Bildschirm rollt, findet man sich mit Emotionen wieder, die man dem Spiel zu Beginn gar nicht zugetraut hätte.
Ghost Trick heute
In seiner Ursprungsfassung konnte Ghost Trick mit seinen charmanten Animationen beeindrucken. Die Charaktermodelle waren in Bewegung so lebendig wie in nur wenigen anderen Spielen für Nintendo DS. Mit dem Upgrade auf HD-Grafik gehört der pixelige Look der Figuren der Vergangenheit an, doch an Lebendigkeit hat die Grafik nichts eingebüßt: Es ist immer noch eine große Freude, die Figuren ihre Pirouetten drehen oder übertrieben gestikulieren zu sehen. Seltsamerweise gibt es Momente, in denen Ghost Trick nicht ganz flüssig läuft: Wenn während Bewegungen Text eingeblendet wird, sinkt die Framerate manchmal kurzzeitig merklich. Da Ghost Trick kein Actionspiel ist, behindert das den Spielfluss nicht, aber es fällt auf.
Man merkt, dass das Spiel ursprünglich für Nintendo DS erschien. Mit dem Stylus war die Steuerung sicher noch ein bisschen komfortabler. Doch da sie nicht sonderlich komplex ist und es keinen Zeitdruck gibt, spielt sich Ghost Trick auch mit Controller gut. Im Spielverlauf schaltet man Musik und Artworks frei, die man sich vom Titelmenü aus anhören bzw. ansehen kann.
Besonders spannend sind dabei die Konzeptzeichnungen, in denen die Figuren oft ganz anders aussahen. Einige erkennt man kaum wieder. Außerdem kann man im Hauptmenü eine Reihe von Schiebepuzzles in verschiedenen Schwierigkeitsstufen spielen, die Szenen des Spiels abbilden – allerdings in Bewegung, was die Sache deutlich herausfordernder macht.
Nach wie vor ein absoluter Geheimtipp
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Sonstiges
Bildmaterial: Ghost Trick: Phantom-Detektiv, Capcom