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Behind the Polygons: Kratos aus God of War

Bildmaterial: God of War, SIE Santa Monica Studio / Sony

Videospiele haben eine unzählbare Menge an Charakteren hervorgebracht. Von der toughen Lara Croft bis hin zum flinken Igel Sonic: Die Bandbreite an Spielfiguren ist riesig und vor allem abwechslungsreich. Wir haben grundböse Typen, quirlige Teenager, mit sich hadernde Antihelden und furchtlose Krieger – klar, dass unter dieser schieren Fülle an Protagonisten ein paar echte Perlen dabei sind. Figuren, die das Potential dazu haben, den Spieler zu inspirieren, die einen dazu bringen nachzudenken und sich selbst zu reflektieren.

In dieser Serie geht es um Videospiel-Charaktere, die auf die ein oder andere Weise einen Eindruck hinterlassen haben. Die dank ihrer Taten, Charaktereigenschaften und Hintergrundgeschichte nicht nur unterhaltsame Pixel- und Polygonhaufen sind, sondern auch so manches Spielerherz berührt haben. Hier sollen Protagonisten beleuchtet werden, die inspirieren, polarisieren und faszinieren.

Lest die bisherigen Episoden „Behind the Polygons“:

…und nun an der Reihe: Kratos aus God of War.

Ab hier folgen Spoiler zum Spiel!

God of WarVon den Göttern verraten, von Hass und Wut zerfressen – Kratos blickt auf ein wildes Leben voller Kämpfe, Tod und Leid zurück. Die Abwärtsspirale, in die der Spartaner gezogen wurde, begann, als er Ares seine Seele versprach. Im Gegenzug gewann er dafür die Schlacht gegen die Barbaren. Doch zu welchem Preis? Danach wurde er ein Werkzeug für den Gott des Krieges, für den er fortan knietief im Blut seiner Feinde stand; die Arme gebrandmarkt, damit er seinen Sklavenstatus nie vergisst.

Nach dem Pakt mit Ares verwandelte er sich mehr und mehr in eine kampfhungrige Bestie. Getrieben von seiner neu gefundenen Stärke und wachsenden Macht, verkommen Gnade und der Wert des Lebens für ihn zu bedeutungslosen Begriffen. Die letzte Verbindung zu seiner Menschlichkeit bilden seine Frau und Tochter und diese Verbindung gilt es für Ares zu kappen. Mit einer List gelingt es dem Gott des Krieges, Kratos in eine Schlacht zu verwickeln, in der er seine Liebsten eigenhändig auslöscht.

„Do not deny me my revenge!“

Sein Leben beginnt zu wanken, auseinanderzufallen. Betäubt von Hass schwört er Rache, bricht den Pakt und setzt alles daran, Ares für seine Taten bezahlen zu lassen. Alles während die Bürde seiner eigenen Taten, die Schuld, der Selbsthass und die Scham auf seinen Schultern lasten und ihn Tag für Tag schier erdrücken. Verflucht dazu, die Asche seiner Ehefrau und seines Kindes am Leibe zu tragen, wird er der Geist von Sparta.

Es folgen einige Jahre, in denen Kratos alles daran setzt, Rache zu üben und die schmerzlichen Erinnerungen jenes schicksalhaften Tages zu begraben. Dafür stellt er sich in den Dienst anderer Götter des Olymps und tut sich sogar mit Titanen zusammen – nur um abermals belogen, benutzt, verraten und in die Irre geführt zu werden.

Selbst als er seine heiß ersehnte Rache an Ares erhält und seinen Platz als Kriegsgott einnimmt, wird schnell klar, für ihn hat sich nichts geändert. Als eben diese Götter ihm auch noch seine totgeglaubte Mutter und seinen ebenfalls totgeglaubten Bruder nehmen, gibt es für Kratos kein Halten mehr. Nach und nach löscht er die olympischen Götter aus und stürzt Griechenland ins Chaos. Anschließend begeht er Selbstmord… so scheint es zumindest.

„My vengeance… ends now.“

Es ist viel Zeit vergangen, die Erzählungen vom Geist Spartas sind verstummt und der Niedergang des Olymps wirkt wie eine ferne Erinnerung, die langsam verblasst. Inmitten eines abgelegenen Waldes irgendwo im hohen Norden steht ein beschauliches Holzhaus. Hier lebt Kratos mit seiner Frau und seinem Sohn Atreus. Ein neuer Anfang mit einem kleinen, friedvollen, unauffälligen Leben, fernab von Schlachten und göttlichen Intrigen.

Schon das ist eine nennenswerte Veränderung, die der Spartaner durchgemacht hat. Wie tief die Weiterentwicklung dieses Charakters geht, wird dem Spieler aber erst im Verlauf von God of War 4 klar werden: Als Kratos Frau stirbt, macht sich dieser mit seinem Sohn auf die Reise, um ihre Asche auf dem höchsten Berg des Reiches zu verstreuen. Hier beginnt die Geschichte des neuesten Ablegers der Reihe, der Teil der Serie, der Kratos’ wohl größte Entwicklung markiert.

„You must be better than me… understand? Say it.“

Anfangs verhält er sich Atreus gegenüber eher kühl und reserviert. Er formt aber schnell eine Verbindung zu dem Jungen und zeigt sich ungewohnt sanft und geduldig. Etwas wortkarg zwar und stellenweise ziemlich grummelig, jedoch kein Vergleich zu seinem jüngeren, hitzköpfigen Selbst, das stets die Konfrontation suchte.

Kratos ist dabei immer bemüht, seinem Sohn wichtige Lebensweisheiten zu vermitteln, die absolut gegenläufig zu seinem früheren Leben sind. Er möchte, dass Atreus ein besserer Mann wird, als er es einst war. Er will nicht, dass sein Junge die gleichen Fehler wiederholt. Gleichzeitig lässt er ihm Raum, um sich zu entwickeln, will wissen, was er denkt und fühlt und akzeptiert ihn, wie er ist. Bei seinem Vater darf der Junge emotional und manchmal auch schwach und ängstlich sein.

„I may be a monster, but I am your monster no longer.“

Schnell wird klar, Kratos hat das Kämpfen nicht verlernt und ist ohne Frage noch immer ein unheimlich mächtiger Krieger. Es ist jedoch die Art, wie er seine Fähigkeiten einsetzt: Er benutzt seine Kräfte, um sich zu verteidigen, zu beschützen, um voranzukommen, wenn es nicht anders geht.

Er missbraucht seine überlegene Stärke nicht als Werkzeug für seine Rache, er schlachtet keine Wehrlosen ab. Gewalt ist ein nötiges Übel geworden, kein Ventil für Wut und Hass. Vor allem ist es ihm aber wichtig, dass Atreus lernt, sich zu verteidigen, um gegen die vielen Gefahren seiner eisigen Heimat bestehen zu können.

Mehr und mehr wird deutlich, dass der Spartaner größeren Respekt vor dem Leben hat als damals. Er lehrt beispielsweise seinem Sohn seine Jagdbeute schnell zu töten, um unnötiges Leid zu verhindern. Trotz seiner abweisenden Art hat er immer wieder mal ein offenes Ohr für die Belange anderer, auch wenn er daraus nicht immer einen direkten Nutzen ziehen kann. Vor allem aber lebt er die Weisheit „leben und leben lassen“.

“Even good leaders make poor choices. The best take responsibility for them. Remember this.”

Man steuert Kratos in God of War als Protagonisten durch diese wunderschöne, fiktive Welt und sieht ihn als knallharten Helden mit einem Herz aus Gold und einem insgeheim weichen Kern. Doch das wirft interessante Fragen auf: Kann man ihm diverse Gräueltaten aus vergangenen Tagen verzeihen? Gibt es jemals eine Zeit oder Grenze, zu der man sagen kann „jetzt hat er seine Schuld beglichen“? Kann man sich wirklich gänzlich ändern, oder ist man tief im Inneren immer noch der Gleiche?

Es scheint zumindest so, als hätten tiefgreifende Veränderungen in ihm stattgefunden. Während er früher von Wut und Hass angetrieben wurde, ist hiervon jetzt nicht mehr viel zu erkennen. Vielleicht hat er diese Gefühle tief in sich eingesperrt, vielleicht sind sie vollständig Trauer und Scham gewichen. Niemand ist mehr übrig, dem er die Schuld geben kann. Alle hat er beseitigt. Nur er ist noch übrig und vielleicht, zum ersten Mal wirklich, hat er sich gefragt, ob er nicht der Hauptschuldige in seinem eigenen Dilemma war.

Kratos ist ein Paradebeispiel für einen interessanten Helden, gerade weil er so eine starke Entwicklung hinter sich hat. Er bietet dem Spieler die Möglichkeit, seine Handlungen in Frage zu stellen und über ganz grundlegende moralische Werte zu sinnieren. Kratos ist komplex, kein Protagonist, den man lieben oder hassen soll. Er hat aufgehört zu polarisieren und ist zu etwas geworden, das unsere Moralvorstellungen herausfordert und uns zwingt, nachzudenken.

Der neueste Teil der Reihe, God of War*, ist exklusiv für PlayStation 4 erschienen. Der Vorgänger, God of War III*, wurde in einer überarbeiteten Fassung neu für PlayStation 4 aufgelegt. Ihre Anfänge nahm die Reihe 2005 mit God of War für PlayStation 2. Den Serienerstling gibt es gemeinsam mit God of War II (ursprünglich ebenfalls PS2) in einer Collection, die sowohl physisch als auch digital später noch einmal für PlayStation 3 und PS Vita erschienen ist.

7 Kommentare

  1. Ich habe noch kein God of War gespielt :D Trotzdem war das ein sehr unterhaltsamer Artikel. Danke @Sprinkles!

    Dann mal nachholen, mindestens der neue Teil ist doch Pflicht. ;)

    Schöner Artikel, kann mich dem anschliessen, Kratos wurde für mich aber auch erst mit dem neuen Teil so interessant. Sein Hauptgimmick auf der PS3 war halt nur Zorn und Hass, das wurde dann doch irgendwann langweilig, also als Charakter, die Spiele waren alles andere als langweilig.
    Fand dieses emotionale Zögern im neuen Teil atemberaubend, man hat das hervorragend inszeniert wie er sich versucht unter Kontrolle zu halten.
    Hätte das so nicht von einem Stargate Schauspieler erwartet :D

  2. Fand auch das der neue Teil großartig war obwohl ich nie was für die anderen Teile übrig hatte da sie mir zu herzlos und Brutal waren.

  3. Fand auch das der neue Teil großartig war obwohl ich nie was für die anderen Teile übrig hatte da sie mir zu herzlos und Brutal waren.

    Und ich weiß immer noch nicht, auch nach diversen Gameplay Videos, ob mir der neue Teil so zusagt. Es sieht alles ein wenig Standardmäßig aus, wenn natürlich auch die Grafik wieder hübsch ist. Wäre es kein GoW, dann würde es mir sicher zusagen , aber heißt nun mal GoW und für mich ist Teil 3 einfach so mit das epischte Spiel, das mir je untergekommen ist und das fehlt dem PS4 Teil einfach.

  4. Und ich weiß immer noch nicht, auch nach diversen Gameplay Videos, ob mir der neue Teil so zusagt. Es sieht alles ein wenig Standardmäßig aus, wenn natürlich auch die Grafik wieder hübsch ist. Wäre es kein GoW, dann würde es mir sicher zusagen , aber heißt nun mal GoW und für mich ist Teil 3 einfach so mit das epischte Spiel, das mir je untergekommen ist und das fehlt dem PS4 Teil einfach.

    Also wenn du GoW als klassische Fortsetzung siehst, dann ja, dann könntest du tatsächlich etwas enttäuscht werden. Aber während GoW 3 die logische Konsequenz aus Teil 1 und 2 ist, ist das neue God of War die andere Seite der Medaille die ihren Fokus auf andere Elemente legt. (Obgleich es natürlich auch epische Momente gibt. Der Endkampf z.B. braucht sich von der Inszenierung her vor keiner Szene aus Teil 3 verstecken)

    Das Spiel kostet ja nicht mehr die Welt und neben einem tollen God of War bekommt man auch noch eines der besten Titel dieser Generation.

  5. Also wenn du GoW als klassische Fortsetzung siehst, dann ja, dann könntest du tatsächlich etwas enttäuscht werden. Aber während GoW 3 die logische Konsequenz aus Teil 1 und 2 ist, ist das neue God of War die andere Seite der Medaille die ihren Fokus auf andere Elemente legt. (Obgleich es natürlich auch epische Momente gibt. Der Endkampf z.B. braucht sich von der Inszenierung her vor keiner Szene aus Teil 3 verstecken)
    Das Spiel kostet ja nicht mehr die Welt und neben einem tollen God of War bekommt man auch noch eines der besten Titel dieser Generation.

    Vorweg, ohne PS4 (ja, leider immer noch) wird es schwierig ... ^^

    Ich denke schon auch, dass God of War (PS4) ein tolles Spiel ist, aber es ist eben, wie gesagt, etwas völlig anderes als die Vorgänger. Und da weine ich jetzt halt mit einem Auge der Kolossalität der Vorgänger nach, weil ich sowas durchaus mal gerne wieder gehabt hätte.
    Ich mag halt einfach diese völlige Abgefahrenheit von Titeln wie GoW 1 - 3 und Ableger, Bayonetta oder Devil May Cry. Und das neue GoW wirkt halt vom realistischen Stil her schon sehr "bodenständig".

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