Titel | Voice of Cards: The Beasts of Burden |
13. September 2022 | |
Square Enix | |
13. September 2022 | |
Square Enix | |
13. September 2022 | |
Square Enix | |
System | PS4, Switch, PC |
Getestet für | PC (Steam) |
Entwickler | Alim |
Genres | JRPG |
Texte | |
Vertonung |
Ich denke, so langsam können wir uns darauf einstellen, dass die Voice-of-Cards-Reihe, die im November 2021 ihren Anfang nahm, hier ist, um zu bleiben! Keine sonderlich große Überraschung, da der Aufwand, diese kleinen JRPG-Snacks zu produzieren und finanzieren, sich sicher in Grenzen hält. Und wer greift schon nicht ab und an zu einem kleinen Snack, um sich was zu gönnen?
Aber eine ausgewogene Ernährung ist wichtig und zu viele Snacks in zu kurzer Zeit können schon alsbald zu einer wahren Qual für die inneren Organe werden. Also stellt sich logischerweise die Frage: Ist der dritte Ableger in weniger als zehn Monaten zu viel des Guten oder genau das Richtige?
Sieben Gänge +
Zunächst einmal muss ich feststellen, dass der Release-Zeitraum für Voice of Cards: The Beasts of Burden nicht ganz optimal gewählt wurde. Auch wenn die Überraschung zur Ankündigung durchaus gelungen war, so steht nach dem Sommerloch einfach zu viel Großes an. Bei Square Enix allein hat man nicht nur den Output aufgedreht, man hat den Dreher abgerissen, die Konsole in Brand gesetzt und das umliegende Gebäude in die Luft gejagt. Ein Snack mag gut sein. Ein Snack vor einem Sieben-Gänge-Menü ist es garantiert nicht.
Wenige Tage nach dem Release von Voice of Cards: The Beasts of Burden warten bereits The DioField Chronicles, die Switch-Portierung des allseits beliebten NieR: Automata und überraschenderweise das neue Valkyrie Elysium auf Fans östlicher Rollenspiele. Als wäre das nicht genug, erscheinen wenige Wochen danach noch Harvestella und Star Ocean: The Divine Force. Mit Dragon Quest Treasures und Crisis Core: Final Fantasy VII Reunion endet 2022 dann mit einem gigantischen Knall.
Natürlich könnte man all diese Titel zum Release spielen, aber mal ehrlich, wer hat heutzutage noch die Zeit dafür, mal abgesehen von der finanziellen Belastung. Da sich diese Spiele, wie oben bereits angedeutet, an eine ziemlich ähnliche Zielgruppe richten, ist dieses Release-Fenster kurz vor solchen Schwergewichten für den kleinen Snack nicht von Vorteil. Generell habe ich die Befürchtung, dass keines der Spiele von diesem Marathon profitieren wird. Zumal man noch weitere Namen diesen Herbst in den Ring werfen kann. Eins ist jedoch sicher, trotz dieser großen Namen braucht sich Voice of Cards: The Beasts of Burden definitiv nicht zu verstecken.
Neues Spiel, neuer Leiter
Da ich in kürzester Zeit bereits zweimal die Prinzipien und Fundamente der Voice-of-Cards-Reihe erläutert habe, wage ich es dieses Mal, darauf zu verzichten und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren: nämlich die elementaren Unterschiede zwischen diesem Ableger und Voice of Cards: The Isle Dragon Roars sowie Voice of Cards: The Forsaken Maiden.
Wie bereits zuvor stellt sich zu Beginn der Spielleiter vor und erklärt in kurzen Worten seine Rolle im Spiel. Und anscheinend können wir uns darauf einrichten, dass zu jedem neuen Kapitel ein neuer Spielleiter in den Ring geworfen wird, denn auch dieses Mal gibt es eine neue Stimme. Dieses Mal eine weibliche, die es, genau wie die beiden Herren zuvor, wunderbar schafft, eine mysteriöse Atmosphäre zu erzeugen.
Doch nach wie vor bleibt der Spielleiter des ersten Kapitels mein Favorit, was nicht unbedingt an der Stimme selbst liegt, sondern an dem Material, mit dem sie arbeiten durfte. Wie bereits bei Voice of Cards: The Forsaken Maiden, wird auch dieses Mal zugunsten einer ersten, geradlinigen Erzählung auf den starken Humor und die augenzwinkernde Performance verzichtet. Sehr schade, da das ein starkes Alleinstellungsmerkmal für diese Reihe hätte werden können.
Meine Schande, deine Schuld
Die Geschichte beginnt mit einer jungen Kriegerin, die womöglich bald einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde für die schnellste tragische Hintergrundgeschichte erhält. In wenigen Augenblicken wird aus der tapferen Kriegerin, die glücklich mit ihrer liebenden Mutter in einer warmen Dorfgemeinde lebt, eine nach Rache dürstende Waise. Während dieser Hochgeschwindigkeits-Charakterentwicklung treffen wir auch auf unseren ersten Party-Kameraden.
Was danach folgt, ist das typische Einsammeln der Heldentruppe, allesamt ebenfalls mit tragischen Hintergrundgeschichten, die sich am Ende irgendwie zu einem Ball aus Charaktermotivationen entwickeln. Aufgrund der kurzen Spielzeit und den rar gesäten Charakterinteraktionen entsteht jedoch keine richtige Bindung zu der Heldentruppe und so treffen die emotionalen Schläge gegen Ende der Geschichte nicht so ganz ihr Ziel.
Generell bleiben die Charaktere eher blass und halten sich an die Genre-typischen Vorgaben. Zu meiner Schande muss ich zudem zugeben, dass ich mich selbst nach dem Durchspielen nicht an alle Namen der Hauptcharaktere erinnern kann und vor allem nicht daran, wie man diese schreibt. Eine wohl sehr passende Zusammenfassung, wie stark die Bindung zu diesen Charakteren ist. Nichtsdestotrotz habe ich meine Zeit mit der Truppe genossen, auch wenn sie viel zu kurz war.
Twister
An sich gefällt mir die Party-Aufstellung in diesem Ableger am besten. Im Verlauf der Story wächst die Gruppe auf vier Kernmitglieder, die bis zum Ende zusammenbleiben. Bei einer so kurzen Spieldauer ist das essentiell. Weder in den Kämpfen noch in den Zwischensequenzen bleibt jemand außen vor wie noch bei Voice of Cards: The Isle Dragon Roars und keine Gastcharaktere springen nach Belieben rein und raus wie in Voice of Cards: The Forsaken Maiden. Aber der erste Teil bleibt, was Charakterisierung und Dialoge angeht, weiterhin auf Platz 1. Was zum großen Teil am oben genannten Humor und der weniger ernsten Erzählweise liegt.
Gegen Ende wartet dann noch ein mehr oder weniger vorhersehbarer Twist auf den Spieler, der an sich viele interessante Fragen aufwirft und moralische Implikationen mit sich trägt. Leider bleibt in den wenigen Minuten nach der Enthüllung keine Zeit dafür, was eine absolute Schande ist. Hier hätte man etwas sehr Interessantes und Diskussionswürdiges schaffen können.
Grafisch weiß die Kartenformel weiterhin auf ganzer Linie zu überzeugen. Hier hat sich ganz nach der Devise „never change a winning team“ in den kurzen zehn Monaten nichts geändert. Das gilt leider auch für die Charakter- und Monsterdesigns. Alle paar Monate komplett neue Design zu kreieren ist sicher nicht leicht, aber die bekannten Assets zum dritten Mal zu sehen, ist schon traurig, besonders da sich das Design weiterhin auf einem qualitativ sehr hohen Level befindet. So geht natürlich auch die Chance flöten, die einzelnen Kapitel noch stärker voneinander abzugrenzen.
Ein Ohrenfest
Zum Glück weiß ein Mann genau, wie man niemanden enttäuscht. Die Rede ist von Keiichi Okabe, dem mittlerweile legendären Komponisten der NieR-Saga. Im Vergleich zu Voice of Cards: The Isle Dragon Roars konnte das zweite Kapitel nicht ganz mithalten. Die Kompositionen waren zweifelsohne schön, aber es ist nicht so viel nach dem Spielen hängen geblieben.
Dieses Mal bleiben viele der fantastisch komponierten und arrangierten Tracks noch lange im Ohr. An die beiden grandiosen Hauptthemen des ersten Kapitels kommt zwar immer noch nichts heran, aber mit Voice of Cards: The Beasts of Burden geht es in Sachen Musik definitiv wieder in die richtige Richtung.
Nächste wichtige Frage: Was hat sich nun am Gameplay geändert? Zur Überraschung von niemanden, nicht viel. Man bewegt seine Spielfigur durch die Areale und deckt eine Umgebungskarte nach der anderen auf. Ich bezweifle, dass dieses Aufdecken der Karten jemals an Befriedigung verliert. Alle paar Karten wartet dann eine Zufallsbegegnung, die mit einem klassischen rundenbasierten Kampf bestritten wird.
Monster, the Gathering
Anders als bei den letzten beiden Ablegern gibt es in Voice of Cards: The Beasts of Burden keine Magie, weil sie nicht in die Story passt. Spezialangriffe müssen also im Kontext der Story eingefügt werden. Das geschieht mit sogenannten Monster-Karten. Besiegte Monstern können in Karten versiegelt werden und dann während der nächsten Auseinandersetzung als Fähigkeit eingesetzt werden.
Damit man diese Karten jedoch erhält, müssen sie aus den gelegentlich auftretenden, zufällig generierten Truhen nach Kämpfen gezogen werden, was im Kontext der Story wiederum keinen Sinn ergibt. Die Effekte dieser Karten rangieren von starken Angriffen über elementare Zauber bis hin zu Buffs, Debuffs und Heilungen.
Das gesamte System fügt sich wunderbar in das Spiel und die Geschichte ein und erhöht die Motivation, sich den Zufallsbegegnungen zu stellen. Hat man ein Monster versiegelt, ist aber noch lange nicht Schluss. Fast jede Fähigkeit kommt in verschiedenen Leveln. Fängt man identische Monster zu Beginn und gegen Ende, so erhält man höhere Level, welche die Kosten der Fähigkeit reduzieren und/oder den Effekt verstärken. Jede Karte kann man jedoch nur einmal im Inventar haben. Diese wird nur automatisch verstärkt, wenn man ein höheres Level dieser Karte erhält. So verlieren auch die ersten Karten im Verlauf nie an Relevanz.
Hoffen und beten
Woran scheitert dieses interessante System nun? Gehen wir es einmal zusammen durch. Angenommen man ist auf der Suche nach einer bestimmten Monster-Karte mit dem Level 2 oder höher, entweder für ihren Wert in den zukünftigen Kämpfen oder für eine der wenigen Nebenmissionen. Zunächst durchwandert man das Gebiet, in dem dieses Monster zu Hause ist und hofft, dass es bei den unzähligen Zufallsbegegnungen dabei ist. Das kann durchaus mal zehn Kämpfe lang dauern. Hat man diese Hürde genommen, hofft man auf sein Glück, dass der Kampf verdeckte Truhen als Belohnung bereithält, was auch in nur so 40 % der Auseinandersetzungen der Fall ist.
Dann betet man zum RNG-Gott, dass die Monster-Karte dieses speziellen Monsters sich in einer der Truhen versteckt und im Anschluss opfert man eine Ziege, um die Chance zu erhöhen, irgendwie die richtige der drei Truhen auszuwählen. Hat man alle Hürden genommen und erhält dann die Monster-Karte mit dem Level 1, dann kann man sich in die Ecke stellen und leise weinen. Zugegeben, den zweiten Schritt kann man mit einem Item überspringen, aber aufmerksame Leser erkennen das Problem.
Viel zu viel ist vom Zufall abhängig, was unweigerlich dazu führt, dass man sich neben dem Spiel noch einen Beißriemen in den Einkaufswagen packt.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass das Random in RNG nicht ganz so zufällig ist, wie man es gerne hätte. Zu oft habe ich aus den meist drei Truhen die „schlechteste“ Option ausgewählt. Laut Wahrscheinlichkeitsrechnung dürfte das nur 33,3 % der Zeit passieren.
Angenehmer Rush
Bis zum Ende ist mir das aber so oft passiert, dass sich das mit normaler Wahrscheinlichkeit nicht mehr richtig erklären ließ. Klar, ich kann nicht ausschließen, dass ich einfach nur Pech hatte, aber nachdem ich bei einigen Angriffen die Würfelanzahl erraten konnte, noch bevor gerollt wurde, war mir klar, dass ein bestimmter Algorithmus dahintersteckt. Einerseits verstehe ich das, da man das Balancing nicht komplett dem Zufall überlassen kann, aber andererseits ist so viel von der Tabletop-Magie verloren gegangen.
Nach dem Durchspielen gibt es das obligatorische New Game+ und einige kleine Extras, die einen zweiten Durchgang noch interessanter machen. Leider hat sich in Sachen Geschwindigkeit nicht viel getan. Die Menüs und Kämpfe sich weiterhin viel zu umständlich zu navigieren und ziehen jede Spielsession unnötig in die Länge. Daher kann ich erneut jedem nur ans Herz legen, die Geschwindigkeit im Menü hochzudrehen und das Spiel, sofern möglich, komplett auf einem Touchscreen zu spielen. Das erleichtert die Navigation und sorgt für ein authentischeres Tabletop-Erlebnis.
Zum Schluss gibt es noch ein großes Lob an die Entwickler beziehungsweise Valve, die trotz fehlendem offiziellen Support das Spiel für Steam Deck optimiert haben. Das größere Lob gilt jedoch den Entwicklern, die für den Schwierigkeitsgrad des Endkampfes verantwortlich waren.
Denn sie haben nach Voice of Cards: The Forsaken Maiden erkannt, dass langgezogene Endkämpfe mit Sequenzen, die nicht zu überspringen sind und ohne die Möglichkeit, zwischendurch zu speichern, auf einem frustrierend hohen Schwierigkeitsgrad die pure Hölle für die Spieler sein können. So befindet sich das dritte Kapitel zwar weiter unten auf der Schwierigkeitsskala, aber so kommt keine Frustration auf und man kann das Spiel entspannt genießen.
The Burden of Rygdea
Voice of Cards: The Beasts of Burden ist der dritte Ableger der Voice-of-Cards-Reihe, die gerade einmal vor zehn Monaten ihren Anfang nahm. Und als jemand, der alle drei Teile zum Release gespielt hat, kann ich sagen, dass ich auch dieses Mal sehr viel Spaß hatte. Der zeitliche Abstand der einzelnen Kapitel ist gerade so groß, dass man Design, System und die fantastische Präsentation vermisst.
Wäre der Zeitraum kürzer, dann würde die repetitive Natur der Geschichten wesentlich präsenter sein, denn spielerisch ändern sich immer nur Kleinigkeiten. Die erzählerischen und musikalischen Höhen von Voice of Cards: The Isle Dragon Roars werden zwar ein weiteres Mal nicht erreicht, aber für mich ist es nach Voice of Cards: The Forsaken Maiden wieder ein Schritt in die bessere Richtung.
Die größte Änderung mit den Monster-Karten ist an sich unglaublich interessant und im Story-Kontext passend, die Umsetzung lässt jedoch zu wünschen übrig und stellt den größten Kritikpunkt dar. Und trotzdem kann man wunderbare Stunden mit diesem Titel verbringen, der als wunderbarer Einstand in den vielversprechenden JRPG-Herbst dient.
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Sonstiges
Bildmaterial: Voice of Cards: The Beasts of Burden, Square Enix, Alim