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Im Test! 13 Sentinels: Aegis Rim

Titel13 Sentinels: Aegis Rim
Japan28. November 2019
Atlus
Nordamerika22. September 2020
Atlus USA
Europa22. September 2020
Atlus
SystemPlayStation 4
Getestet fürPlayStation 4
EntwicklerVanillaware
GenresAdventure / Real-Time Strategy
Texte
Nordamerika Deutschland
VertonungNordamerika Japan

13 Sentinels: Aegis Rim ist Realität. Das nehmen wir nun als Fakt an, denn der Release für den Westen steht vor der Tür. Lange Zeit war dies aber nicht wirklich klar, denn die Zeit nach der Ankündigung und gelegentlicher Infos zwischen Perioden langer Stille, schafften es, einen geradezu mysteriösen Zustand um dieses Spiel aufzubauen. Ob das nun Schwierigkeiten in der Produktion, Zeitmanagement oder doch ein minutiös geplanter Schachzug war, sei einmal dahingestellt. Das Warten hat zumindest auch hier ein Ende!

Nach zahlreichen Verschiebungen und Kontroversen bezüglich der Prämisse des Spiels erschien 13 Sentinels: Aegis Rim bereits letztes Jahr in Japan. Auch danach blieb es weitestgehend ruhig und auch die Verkaufszahlen hielten sich in einem überschaubaren Rahmen. Vanillaware hat sich die Jahre zuvor einen internationalen Namen mit Spielen wie Odin Sphere oder Muramasa: The Demon Blade machen können, jedoch schlägt man mit 13 Sentinels: Aegis Rim eine komplett andere Richtung ein.

Das zuletzt erschienene Dragon’s Crown zeigte bereits, dass Vanillaware auch bereit ist, mit Spielgenres zu experimentieren. Nun wirft man alle etablierten Genre-Bindungen über Bord und bringt die ungewöhnliche Kombination aus Echtzeit-Strategie und Adventure mit starkem Storyfokus auf den Markt. Man darf gespannt sein.

Feuchte Sci-Fi-Träume

»Themen wie Zeitreisen, hochentwickelte Technologien oder aber auch die Philosophie des Menschseins«

Die Geschichte in 13 Sentinels: Aegis Rim ist schwer zusammenzufassen, ohne wirklich etwas vorwegzunehmen. Die Erzählstruktur durch ständige Wechsel zwischen den Protagonisten, Zeiten, Orten und Traumzuständen ist aber recht außergewöhnlich und etwas, was vor dem Spielen zu einem mulmigen Gefühl führen kann. Wie soll man eine gute, sinnvolle Geschichte erzählen, wenn man die Sichtweise dreizehn zufällig zusammengewürfelter Charaktere aufgetischt bekommt? Nun ja, 13 Sentinels: Aegis Rim macht dies möglich.

Die einzelnen Charaktere sind nämlich alle Teil eines großen Ganzen und jeder Aspekt, Gedanke oder Handlungsablauf des Einzelnen fügt ein weiteres Puzzleteil zu der großen umfassenden Erzählung hinzu. Schön ist ebenfalls, dass man nicht den einfachen Weg geht und alles vorkaut, sondern vielmehr schon früh an den Verstand der Spieler appelliert. Im Laufe der Geschichte wird man mit zahlreichen Themen aus dem Science-Fiction-Genre und japanischer Popkultur der 80er-/90er-Jahre konfrontiert. Nicht als Erwähnung nebenbei, sondern als starker Bestandteil der Story.

Der Aufbau der einzelnen Storyabschnitte eines jeden Charakters bietet meist verschiedene Abschlüsse, die durch bestimmte Entscheidungen beeinflusst werden. Jeder dieser Abschnitte besticht mit hervorragendem, spannendem Storytelling, sodass man kaum aufhören mag. Wichtig ist aber, dass man sich auf die Details in jenen Abschnitten konzentriert, ansonsten wird man es im späteren Verlauf schwer haben, die Geschehnisse richtig zeitlich einzuordnen. Hilfe schafft da aber eine praktische Event-Zeitlinie, die alle Story-Ereignisse auf einem Ablaufplan anordnet. Ebenso gibt es weitere Informationen zu bestimmten Gegenständen, Charakteren und Terminologien zum Nachlesen.

Das Spiel spielt dich!

Vom Gameplay-Standpunkt sammelt man durch Gespräche verschiedene Schlüsselwörter. Diese kann man nun dazu nutzen, die Gedanken des jeweiligen Protagonisten zu erfahren und dadurch ab und an mehr Schlüsselwörter freizuschalten. Ebenso kann man diese Wörter aktiv dazu nutzen, Gespräche in die gewünschte Richtung zu führen. Je nach Auswahl triggert man so neue Orte oder auch verschiedene Flashbacks.

»Jeder Aspekt, Gedanke oder Handlungsablauf des Einzelnen fügt ein weiteres Puzzleteil zu der großen umfassenden Erzählung hinzu.«

In der Theorie klingt das nach unglaublich viel Zeug, auf das man achten muss. Praktisch wird das Geschehen aber schon von der überlagerten Geschichte vorgeschrieben. Entscheidungen führen zwar temporär zu anderen Ereignissen, jedoch wird man zwangsläufig auch die anderen Wege miterleben. Das Spiel schafft also mit subtiler Erzählstruktur, die Illusion von freien Entscheidungen zu erzeugen, um die Spieler letztendlich mit befriedigenden Twists und Cliffhangern zu belohnen, ohne ein storytechnisches Chaos zu erzeugen.

Auch wenn man relativ frei entscheiden kann, welchem Protagonisten man seine Aufmerksamkeit schenken möchte, so kommt es an manchen Stellen im Spiel dazu, dass man gehindert wird, zu weit mit diesem in der Geschichte vorzudringen. Der Fortschritt ist dann blockiert, bis man bestimmte Voraussetzungen erfüllt hat. Zum einen können das bestimmte Events eines anderen Charakters sein, zum anderen aber auch den Fortschritt im Strategie-Part des Spiels betreffen. Letzterer ist, auch wenn ein komplett anderes Genre, ebenso ein integraler Teil der Geschichte.

Godzilla VS. King Kong

Ein großer Teil der Geschichte dreht sich um Themen wie Zeitreisen, hochentwickelte Technologien oder aber auch die Philosophie des Menschseins. Für den ungewöhnlichen Strategie-Teil des Spiels spricht man hingegen primär den popkulturellen Aspekt in Japan an. Auf groß angelegten Stadtkarten geht es darum, eine Invasion an roboterähnlichen Wesen aufzuhalten. Aktiv wird man hier selbst in Form eines bis auf die Zähne bewaffneten Mechs. Das Ziel ist für jeden Kampf recht simpel gehalten: Gelingt der „Alieninvasion“ die Zerstörung des zu beschützenden Turms, so heißt es Game Over.

Die Darstellung der Kämpfe ist hier recht simpel gehalten. Die Gegner und Mechs der Protagonisten sind lediglich als kleine pixelige Platzhalter auf der Karte unterwegs. Die Stadtkarte wirkt wie ein strategisches Netz mit verzweigten Wegen. Der zu beschützende Aegis-Turm dient dazu, den Stadtabschnitt zu schützen, jedoch braucht dieser eine gewisse Zeit zur Aktivierung. Bis dahin gilt es, in traditioneller „Tower Defense“-Manier die Wellen an Gegnern aufzuhalten. Gehen dann die Explosionen und Scharmützel los, so vergisst man aber recht schnell, wie detailarm man in Wirklichkeit unterwegs ist.

Auch wenn dieser Teil des Spiels recht einfach gehalten ist, auch vom Schwierigkeitsgrad her, so macht auch die Strategiekomponente gerade in puncto Vorbereitung, Aufwertung der Attacken und des Turmsystems, und die Aufstellung des Teams gut kurzweiligen Spaß. Die Kämpfe an sich sind nicht lang, aber aufregend genug, um einen positiven Nachgeschmack im Abgang zu bescheren. Nuancen, wie mehrere Angriffsketten hintereinander zu spielen, um mehr Punkte zu erlangen, bleiben allerdings eher eine Aufgabe für Strategie-Enthusiasten. Da auch dieser Teil des Spiels in die Story verwoben ist, hat man wohl absichtlich etwas am Schwierigkeitsgrad geschraubt, sodass man zum Schluss nicht ohne befriedigenden Story-Abschluss steht.

Atmosphärisch meisterhaft

»Vanillaware ist bekannt für malerische, fantastische Designs.«

Vanillaware ist bekannt für malerische, fantastische Designs und obwohl man auch in 13 Sentinels: Aegis Rim dem Stil treu bleibt, so hat sich das Setting gänzlich verändert. Von Fantasiewelten schafft man perfekt den Sprung zu realistischeren Orten und Zeitepochen. Vanillawares Stil ist immer eine buchstäbliche Augenweide und auch hier gelingt die atmosphärisch gute Darstellung der Welt durch wunderschöne Designs.

Interessant ist hier zu erwähnen, dass die Designs diesmal nicht von George Kamitani selbst übernommen wurden, sondern unter Direktion durch Yukiko Hirai und Emika Kida zum Leben erweckt wurden. Kamitani beschreibt dazu zahlreiche Einflüsse für die Designs in deren Entstehung, die wohl letztendlich zufriedenstellend vom Team umgesetzt werden konnten. Prädikat: Künstlerisch wertvoll. Visuell schafft man eine sehr gute Basis. Diese wird aber ebenso getragen und ergänzt durch die soundtechnische Arbeit.

Mit dem Soundtrack wählte man analog zu den zwei unterschiedlichen Gameplay-Modi ebenso distinktive musikalische Themen. Für den „Tower Defense“ -Teil wählt man passenderweise Techno-ähnliche Elektromusik, die je nach Fortschritt im Kampf gleichwohl die Atmosphäre anzuheizen vermag. Für den Adventure-Part entschied man sich im Gegensatz zu älteren Vanillaware-Spielen für themenbasierte Stücke, um den jeweiligen Storypart atmosphärisch gut einzuschließen. Auch das gelingt recht gut im Endprodukt. Wer noch größere Immersion durch deutsche Texte braucht, der bekommt auch das, allerdings nur, wenn man die Konsole auf Deutsch stellt.

Durch einen Day-One-Patch fügt man der genialen japanischen Synchronisation auch noch eine englische hinzu. Diese wirkt zwar solide, konnte aber nicht ausreichend in den Test hier mit einfließen. Nach gut 30 bis 40 Stunden wird man schließlich die Reise beendet haben. Nach dem Durchspielen wartet noch ein exklusiver Action-Abschnitt, falls man bis dahin immer noch nicht genug davon hatte. Auch in der Event-Datenbank kann man sich nun charakterspezifisch bestimmte Events noch einmal anschauen und der Adventure-Modus ist nun auch komplett frei zum wiederholten Durchspielen. Spielerisch bleibt also nicht wirklich viel für den Wiederspielwert, allerdings darf man durchaus einen zufriedenstellenden Blick auf eine exzellent erzählte Geschichte werfen.

Schöne neue Welt

Hervorragendes, spannendes Storytelling

13 Sentinels: Aegis Rim ist definitiv ein ambitioniertes Projekt und dürfte gerade bei der internationalen Community möglicherweise auf ein wenig Ablehnung stoßen. Auch wenn ältere Vanillaware-Titel ebenso experimentell waren, so ist 13 Sentinel: Aegis Rim weit von einem Odin Sphere entfernt. Das muss man zwangsläufig im Hinterkopf halten, wenn man mit dem Spiel liebäugelt.

Nichtsdestotrotz bietet das Spiel eine äußerst interessante Geschichte, die wunderbar spannend und bis zum Schluss fesselnd erzählt wird. Die Einbettung des ungewöhnlichen „Tower Defense“-/Strategie-Aspekts aus den Mech-Kämpfen in die allumfassende Geschichte finde ich ebenso gut gelungen. Als Sahnehäubchen obendrauf bekommt man noch eine glaubwürdige und geradezu fantastische audio-visuelle Untermalung der Story und Kämpfe, die eine sehr befriedigende Atmosphäre schafft und somit unabdingbar für das Gesamtbild ist.

Wer nicht vor „Visual Novel“-ähnlichen Erzählstrukturen zurückschreckt und sich auf ungewöhnliche Genremischungen einlassen kann, der wird durchaus mit 13 Sentinels: Aegis Rim seine Freude haben. Science Fiction ist das Thema durch und durch und obendrein lässt man auch kritische philosophische Problematiken nicht unerwähnt liegen. Die Welt ist schließlich dem Untergang geweiht! Wo würde das besser passen als im Jahr 2020.

 

Story

Science-Fiction-Novelle verpackt in einem Spiel. Durchgehend spannend erzählt.

Gameplay

Adventure-Teil mit interessanter Schlüsselwort-Mechanik, um die Story voranzutreiben. Echtzeit-Strategie-Teil wechselt das Genre komplett zu einem minimalistischen, aber gleichwohl atmosphärischen Tower-Defense-Minispiel.

Grafik

Malerische Designs im bekannten Vanillaware-Stil. Die besondere Herausforderung, bestimmte Zeitepochen in Japan einzufangen, gelingt hervorragend.

Sound

Soundtechnisch geht man eine geniale Symbiose von Geschichte und grafischer Darstellung ein, die atmosphärisch wunderbar daherkommt.

Sonstiges

Nach dem Spielen darf man zwar noch exklusive Kämpfe bestreiten. Zurück bleibt aber eher der Blick auf eine schöne Geschichte.

Bildmaterial: 13 Sentinels: Aegis Rim, Atlus, Vanillaware

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