Titel | Snack World: Die Schatzjagd – Gold |
21. April 2019 | |
Level-5 | |
14. Februar 2020 | |
Level-5 | |
14. Februar 2020 | |
Level-5 | |
System | Nintendo Switch |
Getestet für | Nintendo Switch |
Entwickler | Level-5 |
Genres | JRPG |
Texte | |
Vertonung |
Wenn eine renommierte Firma wie Level-5 auf die Bühne steigt und ein neues Projekt ankündigt, dann schlägt das Japano-Herz gleich höher. Handelt es sich bei dem Projekt um ein Multimedia-Franchise, welches bereits mit Videospielen, Serien und Spielzeugen durchgeplant wurde, dann gibt es die Freudensprünge eher nur in den Brieftaschen der Aktienhalter.
Nichtsdestotrotz war man 2015 noch guter Dinge und hat das „Snack World“-Franchise mit offenen Armen begrüßt. Mit Yo-kai Watch hat Level-5 bereits beweisen, dass Videospielumsetzungen trotz großer Marke, die hauptsächlich für Kinder gedacht ist, sehr angenehm, aber ohne Biss sein können. Auf diesen metaphorischen Happen musste der Westen fünf Jahre lang warten.
Scheint das Leben auch ohne Zweck…
Snack World: Die Schatzjagd – Gold erscheint exklusiv für Nintendo Switch. Dabei handelt es sich um die Umsetzung des nur in Japan erschienenen 3DS-Ablegers. Ob das Spiel nun ein wahrer Leckerbissen ist oder ob Level-5 den Mund zu voll genommen haben, erfahrt ihr hier!
Wie nach einem außergewöhnlichen Fresskoma wacht auch hier der Hauptcharakter, den man im begrenzten Charakter-Editor erstellen kann, ohne jegliche Erinnerungen auf. Da er auch noch stumm zu sein scheint, zwingen ihn, wie es üblich ist, die Gegebenheiten in der kleinen Stadt Croquette den König aufzusuchen und der Prinzessin jeden Wunsch zu erfüllen. Das geht so weiter, bis der große Bösewicht seinen Auftritt hat und kurz darauf vermöbelt wird.
Nach dieser kurzen Zusammenfassung sollte klar sein, dass die Main-Storyline nicht gerade eine Stärke von Snack World: Die Schatzjagd – Gold darstellt. Voller Klischees, einer verwöhnten Prinzessin und ihrem ausgenutzten Fußvolk, welches sie trotz der Demütigungen anbetet und als Sex(less)-Symbol verehrt.
…so wie der Müll dort am Straßenrand
Ein äußerst fragwürdiges Geschlechterbild zeichnet sich hier ab. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sich das Spiel an Kinder richtet und man die Unterwäsche eben jener Prinzessin zu einem horrenden Preis erstehen kann.
Aber lieber nicht abdriften. Warum hier dennoch der größte Spaß am Spiel zu finden ist, liegt an den Dialogen. Mit herrlichen Akronymen, zu wenigen, aber witzigen Anspielungen auf Nahrung und spaßigen Blicken über die vierte Wand hinaus.
Dadurch und durch die ganzen Absurditäten wird der Spieler oft zum Lachen gebracht, trotz Vorhersehbarkeit. So wird man bis zum Schluss bei Laune gehalten.
Optisch schreit jedes Detail: „KAUF MICH!“. Von den Charakteren über das Hauptgimmick (das Pixie-Phone) bis hin zu den Jaras (Waffen) und Snacks (Monster). Jedes Element wirkt wie eine in Plastik gegossene und in ein Überraschungsei gesteckte Miniatur.
Für die Nacht holn wir uns Rippchen…
Das erinnert natürlich nicht unwesentlich an Yo-kai Watch. Auch dort hat man sich für ein solches Artdesign entschieden. Grund ist natürlich, dass man eben den Verkauf dieser ganzen Objekte im Sinn hat.
Nichtsdestotrotz ist das Design durchdacht, charmant und wirkt wie aus einem (Zucker)Guss. Die grafische Qualität an sich reicht über solide kaum hinaus. Die 3DS-Wurzeln fallen am Bild selbst kaum auf, eher durch die Größe und Komplexität der Areale.
Besonders die zufällig generierten Dungeons enttäuschen maßlos. Bei diesen handelt es sich bei jedem einzelnen der vielen tausend Dungeons um einen engen und verzweigten Korridor, der ab und zu von rechteckigen Räumen unterbrochen wird.
…und nehmen es gelassen
In den verschiedenen Arealen werden ausschließlich die Tapete und wenige Objekte verändert. Das nimmt ein wenig die Motivation, zumal jeder Dungeon zwei Stockwerke besitzt, die identisch aussehen.
Das Design der Charaktere und Snacks ist hingegen sehr gut gelungen und passt zum humorvollen Oberton der Erzählung. Die kleinen Figuren haben nicht viel Werkzeug zur Verfügung, um Emotionen zu zeigen, aber durch den Humor und die überzogene Gestik erreichen sie dies trotzdem.
Zumal sie noch ihre ganz eigene deutsche Stimme haben. An sich ist die Vertonung fantastisch gelungen. Jeder Synchronsprecher ist mit vollem Einsatz dabei und verleiht den Charakteren etwas ganz Eigenes.
Für die Nacht holn wir uns Rippchen…
Speziell die Sänger haben sich bei den grandios lokalisierten Liedern sicher ständig zurückhalten müssen, um nicht in Gelächter auszubrechen. Daher ist es umso schmerzhafter, dass das Snackbudget anscheinend nicht für eine volle Synchronisation gereicht hat.
Jeder Charakter hat nur eine Handvoll Phrasen, die wieder und wieder genutzt werden. Durch die Vielzahl an Personen und Snacks ist die Masse zwar beachtlich, aber die lustigen Dialoge hätten zweifelsohne von einer kompletten Synchronisation profitiert.
Neben den wenigen vokalen Stücken, die wirklich ein Hochgenuss sind, machen die anderen Kompositionen ebenfalls viel Spaß, wenngleich sie sich etwas zu oft wiederholen. Die positive Energie, die sich durch das Design und die Dialoge zieht, ist auch im Soundtrack deutlich zu spüren.
…essen auf und gewinnen alle zusammen
Da die Häppchen nun abgefrühstückt sind, geht es an den Hauptgang. Serviert wird ein Gameplay, welches sich wie Yo-kai Watch anfühlt: simpel, aber zahnlos. Dabei sind es nicht die Kämpfe selbst, die dem Spiel die Würze nehmen, sondern das ganze Drumherum.
Das Kampfsystem ist an sich einfach zu verstehen, aber zu Beginn sehr abwechslungsreich. In Echtzeit kämpft man gegen die unzähligen Snacks. Jede Jara hat dabei drei Angriffe zur Auswahl. Ein normaler, ein starker und ein ultimativer, der nur im Notfall eingesetzt werden sollte.
Die Abwechslung kommt durch die Vielzahl. Ein Schwert-Jara spielt sich ganz anders als ein Bogen- oder Zauberstab-Jara. Zudem hat nicht jedes Schwert dieselben Zweit- beziehungsweise Drittangriffe.
Für die Nacht holn wir uns Rippchen…
So wird man dazu angespornt, im Kampf mit den Jaras zu experimentieren. Insgesamt zwölf Felder stehen dabei zur Auswahl. Zwischen diesen sechs ausgerüsteten Waffen kann und muss man in den Dungeons wechseln, denn jede Jara kann nur für eine bestimmte Anzahl an Angriffen genutzt werden, bevor sie sich wieder regenerieren muss.
Ein weiterer Grund, die Waffen zu wechseln, sind die verschiedenen Gegnertypen. Ob Drache oder Geist, jeder Feind gehört einer Gruppe an, die besonders sensibel auf bestimmte Waffen reagiert. Glücklicherweise geschieht die Auswahl der passenden Waffen für jede Mission auf Wunsch automatisch.
Doch auch wenn so einiges an Abwechslung geboten wird, so hat man nach einigen Stunden bereits alles gesehen und verfällt in einen Automatikmodus, dem der Reiz ein wenig fehlt.
…denn wir wollen sie vernichten
Alleine muss man sich den Feinden jedoch nicht stellen. Nach bestimmten Missionen oder zufällig nach einem niedergestreckten Gegner erhält man einen passenden Snack-Chip. Darin sind die Monster oder Charaktere verewigt. Zum Ende können dann drei Gruppen- und sechs Taschensnacks in die Dungeons mitgenommen werden.
Die Gruppensnacks stehen dem Hauptcharakter dauerhaft zur Seite und kämpfen ständig mit. Je nach Snack können diese auch unterstützende Zauber bereithalten. Die Taschensnacks hingegen sind nur kurzzeitig einsetzbar. Hat man sich für einen entschieden, so verwandelt sich der Hauptcharakter in diesen Snack und kann dessen Fähigkeiten nutzen.
Wie zu erwarten war, gilt es auch hier, die Snacks mit Essen glücklich und stark zu halten. Sie müssen also trainiert und gefüttert werden. Dieses System ist jedoch nicht sehr komplex und kann komplett vernachlässigt werden, sofern man sich nicht an den Endgame-Inhalten versucht.
Wer nur die Hauptmissionen im Blick hat, braucht also keine Zeit darin zu investieren. Vor allem weil die KI von Freunden und Feinden nicht besonders anspruchsvoll ist.
Komm lass uns jetzt…
Nicht selten gesellen sich zusätzlich noch weitere NPCs zur Gruppe, sodass man mit einer kleinen Mannschaft von vier Charakteren unterwegs ist.
Die wohl größte Schwäche von Snack World: Die Schatzjagd – Gold sind die zuvor genannten zufällig generierten Dungeons. Langweilig anzusehen, nur aus bestimmten Winkeln sichtbar und unnötig lang stellen sie sich dar.
Es fällt schwer, hier auch nach Stunden noch motiviert zu bleiben. Die wenigen richtig designten Gebiete besitzen wesentlich mehr Charakter und Spaß. Auch wenn diese selbst nur das Nötigste beinhalten.
…Rippchen essen!
Die Gameplay-Schleife hilft ebenfalls nicht, die Langzeitmotivation aufrechtzuerhalten. Ausgangspunkt aller Missionen sind drei äußerst überschaubare Städte. Diese bieten neben einigen NPCs und Shops keine großen Überraschungen und Inhalte.
Das Design an sich ist eine gelungene Kombination aus Fantasy und Realität, was jedoch bei weitem nicht ausreicht. Hier erhält man alle Haupt- und Nebenmissionen.
Per Menü sucht man dann die gewünschte Mission aus. Dabei werden Schwierigkeitsgrad, mögliche Widersacher und Belohnungen angezeigt. Es folgt eine kleine Aufbruch-Sequenz und nach einem kurzen Ladebildschirm befindet man sich auf dem Missionsgelände. Hat man dort das Ziel erreicht, wird man gleich wieder in die Stadt zurückteleportiert.
Ich mag ja lieber Steak
Dieses sich ständig wiederholende Schema wird auf Dauer sehr eintönig. Zudem gilt für die Hauptbelohnungen das Gesetz der Wahrscheinlichkeit, ebenso wie für viele andere Aspekte. Lotterielose, Glückskisten und Roulette. Wer kein Glück hat, wird nicht glücklich. Erneut ein sehr fragwürdiges Konzept, betrachtet man die Zielgruppe.
Ein weiterer Aspekt, der anders hätte angegangen werden müssen, sind die Menüs. Diese sind optisch extrem überladen. Zudem sind es viel zu viele und alle sind zu komplex designt.
Mit wenigen Handgriffen hätten die Entwickler das zeitintensive Micromanagement reduzieren können. Ein Level-System, eine Synthese-Option und die Möglichkeit, Jaras zu verstärken, gibt es auch. Aber alle kommen nur langsam voran und setzen einiges an Grinding in bekannten Gebieten voraus.
Zum Abschluss soll noch der Online-Modus erwähnt werden. Aufgrund der aktuell geringen Reichweite können weder der lokale, noch der Online-Multiplayer ausführlich getestet werden. Aufgrund des Spieldesigns und der Grindlast kann aber davon ausgegangen werden, dass hierauf ein großes Augenmerk gelegt wurde.
Guter Snack – schlechte Mahlzeit
Snack World: Die Schatzjagd – Gold ist genau das, was der Titel verspricht. Ein kleiner Videospiel-Snack für zwischendurch ohne Kraft oder Würze. Grund dafür ist, dass so viele Spielergruppen wie möglich angesprochen werden sollen. Zweifelsohne kann man mit dem kleinen Dungeon-Crawler Spaß haben, die Frage ist nur – wie lange? Wie lange dauert es, bis die repetitive Natur den lustigen Dialogen und Charakteren ihren Biss nimmt? Wie lange dauert es, bis das träge Gameplay die Abwechslung verschlingt? Wie lange dauert es, bis die vielen, auf Glück basierenden Belohnungen und langweiligen Dungeons den Charme des Spieles aussaugen?
Für einige wird dieser Zeitpunkt früher, für andere später kommen, je nachdem wie die eigene Affinität zu Grinding, Gacha und Humor ist. Beim Spielen wird mehr als deutlich, dass Snack World mehr eine Marke als ein einzigartiges Abenteuer ist.
Vielleicht werden es zukünftige Ableger schaffen, die noch offensichtlichen Fehler zu beheben. Den Appetit auf mehr anregen tut die Schatzjagd jedoch allemal.
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Sonstiges
Bildmaterial: Snack World: Die Schatzjagd – Gold, Level-5