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Im Test! Oninaki

TitelOninaki
Japan22. August 2019
Square Enix
Nordamerika22. August 2019
Square Enix
Europa22. August 2019
Square Enix
SystemPlayStation 4, Nintendo Switch, PC
Getestet fürNintendo Switch
EntwicklerTokyo RPG Factory
GenresJRPG
Texte
Deutschland Nordamerika Japan
Vertonung Japan

Bildmaterial: Oninaki, Square Enix / Tokyo RPG Factory

Was wäre, wenn das Jenseits ohne jeden Zweifel existieren würde? Wenn ein besserer Ort auf diejenigen warten würde, die mit ihrem Tod Frieden geschlossen haben? Würde das den Verlust eines geliebten Menschen leichter machen? Würde das Leben im Diesseits dadurch leichter werden? Oder wäre es womöglich unmöglich hier ein normales Leben zu führen, wenn die Zeit zusammen begrenzt und das Leid groß ist?

Das sind die Fragen, mit denen sich die Menschheit in Oninaki konfrontiert sieht. Mit seinem dritten Spiel geht das Team von Tokyo RPG Factory in eine neue Richtung. Sowohl inhaltlich als auch gameplaytechnisch. Überzeugen das düstere Setting und das actionreiche Kampfsystem? Hier findet ihr es heraus!

Kagachi verliert bereits in seiner Kindheit seine Eltern

OninakiKagachi verliert bereits in seiner Kindheit seine Eltern. Doch anstatt zu trauern soll er diese Tatsache akzeptieren und weiterziehen, damit ihre Seelen nicht im Jenseits verweilen und bereuen.

So erzogen wird Kagachi Teil der Schleierwache, deren Aufgabe es ist, ebensolchen fehlgeleiteten Seelen den Frieden zu bringen und ihnen die letzte Reise zu ermöglichen. In der neuen Welt werden sie dann in neuer Form wiedergeboren. Dieser ewige Kreislauf muss unter allen Umständen aufrechterhalten werden.

Doch ein mysteriöser Krieger hat es sich zur Aufgabe gemacht eben dieses Gleichgewicht aus der Balance zu bringen: der Nachtteufel. Ein dunkler Geist, der Kagachis Weg, ebenso wie ein kleines Moosglöckchen, mehr als nur einmal kreuzt.

Bitter in vielerlei Hinsicht

Die Geschichte von Oninaki lockt mit ernsten und bitteren Themen, die nur in wenigen Werken wirklich im Vordergrund stehen. Hier vergehen kaum Tage, an denen die Hauptcharaktere nicht mit Mord und Selbstmord konfrontiert werden.

Der Schleierwache bei ihrer Arbeit zuzusehen ist sehr interessant, doch leider gibt es viele kleine Fettnäpfchen, in welche die Entwickler getreten sind, sodass die Geschichte über die ungewöhnliche Thematik des Todes und der Wiedergeburt nicht hinauswachsen kann.

Dadurch, dass der Tod praktisch an der Tagesordnung steht und das Jenseits gewiss ist, verliert er seinen Impakt, seine Finalität. Das ist selbstverständlich so gewollt, doch emotionale Abschiede fallen so schwer.

Generell geht man mit den einzigartigen Themen nicht weit genug. Zu oft werden Ideen angerissen, gestreift, aber nie richtig aufgegriffen und aufgearbeitet. Die Ideen, mit dem Tod und der anderen Seite richtig reich zu werden, ehemaligen Seelen ihre Menschlichkeit abzusprechen und ihre Erinnerung zu suchen, sind nur wenige Beispiele dafür.

Oft wünscht man sich mehr als ein simples Gut gegen Böse. Doch die meiste Zeit läuft es eben darauf hinaus. Auch wenn sich in der zweiten Hälfte von Oninaki Wendungen auftun, mit denen man wahrlich nicht rechnen konnte, so wäre hier unendlich mehr Potenzial da gewesen.

Selbiges gilt auch für die Hauptcharaktere. Besonders Kagachi beweist als typisch stoischer Protagonist, dass solche Stereotypen mehr brauchen als eine harte Schale und einen weichen Kern. Auch die wenigen Nebencharaktere, die mehr als eine Handvoll Szenen besitzen, bleiben auf diesem Niveau stecken.

Nichtsdestotrotz kann die Geschichte, vor allem dank der interessanten Welt und ihrer Regeln, über die gesamte Dauer von etwa 13 Stunden packen. Die ungewöhnlichen Wendungen helfen ebenfalls dabei. Leider ist man auch beim Ende nicht die nötige Meile gegangen. Oninaki wartet gleich mit mehreren Enden auf. Aber einige davon sind absolut enttäuschend, sodass nach wenigen Sekunden bereits die Credits über den Bildschirm laufen. Dabei bietet keines der Enden einen wirklich befriedigenden Abschluss.

Grafisch hingegen wissen die Entwickler durchaus zu befriedigen. Der bunte und doch kalte Artstyle überzeugt und malt ein passendes und doch kontrastierendes Bild zur düsteren Thematik. Erstmals haben sich die Entwickler außerhalb des Retro-Stiles gewagt und obgleich keine realistische Welt gezeichnet wurde, haben sie interessante Umgebungen geschaffen, die man gerne durchstreift

Zwei Tapeten zum Preis von einer

»Dadurch, dass der Tod praktisch an der Tagesordnung steht und das Jenseits gewiss ist, verliert er seinen Impakt, seine Finalität.«

Die einzelnen Areale wissen dabei durch ihre Atmosphäre zu überzeugen anstatt durch ihre Details oder Vielfalt. Dank der einzigartigen Fähigkeit, zwischen dem Diesseits und dem Jenseits zu reisen, ist es der Schleierwache sogar möglich die Umgebungen in zwei Arten der Existenz zu erkunden.

Mehr als ein Tapetenwechsel sollte man hier jedoch nicht erwarten. Die Chance, mit den beiden Welten spannende Rätsel oder Herausforderungen zu kreieren, hat sich den Entwicklern auf dem Silbertablett serviert und wurde dennoch abgelehnt.

Die detaillierten Charaktermodelle sind schön anzusehen, aber ein großes AAA-Budget stand den Entwicklern nicht zur Verfügung. Daher darf man eine solche Optik auch nicht erwarten. Nichtsdestotrotz ist ein schönes, konsistentes und organisches Bild entstanden, welches von den einfachen, aber guten Monsterdesigns und den gigantischen Boss-Monstern erst abgerundet wird. Einzig der Unschärfe-Effekt am Bildschirmrand kann einem sehr negativ auffallen, jedoch gilt das nur für den Anfang des Spieles.

Auch der, leider nur selten genutzte, Soundtrack überzeugt auf ganzer Linie. Von der melancholischen Menü-Melodie bis zu den fetzigen Boss-Battletracks: Alles ist dabei und alles hört sich fantastisch an. Ein kleiner Tipp: Im Menü sollte die Musik mindestens um 20 Punkte lauter eingestellt werden als die Effekte und die Sprachausgabe. Ansonsten geht vieles im Tumult der Kämpfe und der Story unter.

Da die Stille jedoch weitaus mehr zur düsteren Thematik passt, wird diese auch am häufigsten genutzt. Viele Szenen laufen komplett ohne Musik ab. Oft ist das auch passend, obwohl man sich manchmal wünscht etwas mehr aus dem Soundtrack zu hören.

Texte sagen mehr als Sprache

Ähnlich wie bei den ersten beiden Spielen von Tokyo RPG Factory kommt die ausschließlich japanische Synchronisation nicht dauerhaft zum Einsatz. Nur in den sehr raren vorgerenderten Zwischensequenzen werden alle Dialogzeilen vertont. Ansonsten gibt jeder Charakter ein bis drei Worte zu Beginn eines jeden Satzes von sich. So kann man die Gefühlslage gut einschätzen und weiß genau, wer aktuell spricht.

Natürlich wäre es schöner gewesen die talentierten Sprecher in jedem Dialog richtig zu hören, doch anscheinend hat auch hier das Budget nicht mehr ausgereicht. Schnell gewöhnt man sich aber an diese Art der Vertonung, sodass es nach kurzer Zeit nicht mehr so negativ auffällt.

Während das Team von Tokyo RPG Factory hier kein Risiko eingegangen ist, hat man nicht nur mit der Grafik neue Wege eingeschlagen. Dem alten rundenbasierten Kampfsystem hat man den Rücken gekehrt und sich der Echtzeit-Action zugewandt. Was sich während der Demo als größte Sorge herauskristallisierte, hat sich schließlich zur größten Stärke von Oninaki entwickelt.

Kagachi wird agiler

Am Anfang wirken alle Bewegungen und Angriffe noch klobig und steif. Dynamik und Abwechslung scheinen komplett zu fehlen. Hat man jedoch einigen Gegnern den Garaus gemacht und sowohl Erfahrungspunkte als auch Fähigkeitenpunkte gesammelt, wird Kagachi immer agiler und das Kampfsystem dadurch immer spaßiger.

In seinen Grundzügen ist das System sehr simpel, obwohl sich die Entwickler alle Mühe gegeben haben diesen Fakt zu verschleiern. Im Grunde hat der Spieler die Grund-Kombination und vier Spezialattacken zur Verfügung. Mehr nicht. Alleine wird aber nicht gekämpft.

Jeder Soldat der Schleierwache zieht mit sogenannten Daemonen an seiner Seite in den Kampf. Dabei handelt es sich um gefallene Seelen, die ihre Erinnerung verloren haben und nie weiterziehen konnten.

Der ausgerüstete Daemon entscheidet darüber, welche Waffe ausgerüstet wird und welche Sekundärfähigkeit genutzt werden kann. Von einfachen Schwertern über gigantische Sicheln bis hin zur Doppelarmbrust ist alles mit dabei, was man sich vorstellen kann. Das Besondere: Obgleich sich das Kampfsystem dadurch so gut wie gar nicht ändert, fühlt sich jeder Daemon-Wechsel frisch und spannend an.

Das Spielgefühl und die Strategien ändern sich dadurch grundlegend. So hat man viel Freiraum für Experimente. Da jeder Daemon einen eigenen Fertigkeitenbaum und eigene Ausrüstungsgegenstände besitzt, muss man mit jedem Partner eine Zeit lang kämpfen, um das Beste aus ihm herauszuholen.

Zeig dich, du Daemon!

Die einzelnen Bäume brauchen individuelle Steine, die nur durch das Nutzen des jeweiligen Daemons erlangt werden können. Dadurch wird jeder Daemon-Wechsel belohnt. Auf die Schnelle kann Kagachi bis zu vier Daemonen ausrüsten und im Kampf wechseln. Mit einem ausgewogenen Team kann so jede Herausforderung gemeistert werden.

Die Entwickler haben hier sehr viel richtig gemacht. Durch das grundlegend simple System war es ihnen möglich sich darauf zu konzentrieren, was beim Gameplay sonst am wichtigsten ist: Motivation und Fortschritt.

Man levelt schnell auf und fühlt mit jeder kommenden Auseinandersetzung, dass man stärker geworden ist. Nutzt man die Spezialangriffe eines Daemons, so werden diese mit der Zeit auch stärker. Zudem lassen Feinde oft Waffen und Waffensteine fallen, die einzigartige Effekte beim Ausrüsten haben.

Hinzu kommen die individuellen Steine für die Fertigkeitenbäume. Durch all diese Elemente fühlt sich jeder Kampf lohnend an, sodass man aus purem Spaß und Motivation einige Areale mehrmals durchstreift oder sowohl im Diesseits als auch im Jenseits alle Gegner bekämpft.

Und aufgrund der vielen Daemonen bleibt dieses Gefühl unzählige Stunden vorhanden. Die unterschiedlichen Strategien, die man bei den Gegnertypen einsetzen muss, die Abwägung von Angriff und Verteidigung im Besessen-Zustand und die massiven Bosskämpfe sind da nur das Tüpfelchen auf dem i.

Leider lassen sich viele Angriffe nicht abbrechen, wenn man erst einmal angefangen hat. So ist man nicht immer in der Lage Feinden auszuweichen. Dadurch fühlt sich das Kämpfen auch bis zum Ende nicht so responsiv an, wie man es sich gewünscht hätte.

Alles in der Balance

»Die Entwickler haben sehr viel richtig gemacht. Das grundlegend simple Kampfsystem bietet Motivation und Fortschritt.«

Überraschenderweise ist, obwohl der Spieler dauerhaft belohnt wird, das Balancing sehr gelungen. Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad kommt man ohne Game-Over durch, doch muss man die meiste Zeit wachsam bleiben. Erst ganz am Ende scheint man etwas zu stark zu sein. Auf dem schweren Schwierigkeitsgrad hat man anfangs große Probleme, aber über die gesamte Spieldauer ist das die beste Entscheidung für Kenner des Genres.

In der leider einzigen großen Stadt von Oninaki gibt es auch die Möglichkeit Waffen zu verstärken. Einmal kann man die erwähnten Waffensteine hier ausrüsten, aber auch generell Waffen verstärken und neu synthetisieren.

Außerdem findet man hier, und seltener unterwegs, viele kleine Nebenmissionen. Diese beinhalten Seelen, die es noch nicht geschafft haben weiterzuziehen. Kagachi hört sich ihre kurzen Geschichten an und bringt sie dorthin, wo sie hin wollen, oder besiegt ein Monster, das sie besiegt haben wollen. Mehr bieten diese Missionen auch nicht.

Sie sind eine Ablenkung, die immer dieselbe Belohnung bietet: ein Universalstein. Diesen Stein kann man in jedem Fertigkeitenbaum einsetzen. Auch hier wäre das Potenzial so viel größer gewesen. Keine Nebenmission dauert länger als drei Minuten oder hat einen stärkeren Impakt auf den Spieler oder das Spiel.

Ende gut, nicht alles gut

Am Ende bleibt noch zu sagen, dass die Menüs angenehm gestaltet und einfach zu navigieren sind. Keine Selbstverständlichkeit für das Genre. Doch hier muss auch eine der größten Schwächen von Oninaki genannt werden. Die Ladezeiten sind viel zu lang und viel zu häufig. Besonders im späteren Verlauf der Geschichte fällt dies frustrierend auf. Teilweise wird nur ein Satz gesagt und dann folgen wieder viele Sekunden Wartezeit.

Diese Tatsache wiegt umso schwerer, wenn man einfach nur weiterkämpfen möchte. Hoffentlich helfen weitere Patches hier aus. Die restliche technische Seite gibt sich kaum Blöße. Nur ganz selten ruckelt es ein wenig, doch generell läuft die getestete Switch-Version sehr flüssig. Im Docked-Modus sieht das Bild, wie zu erwarten war, noch etwas schärfer und die Farben knackiger aus.

Ein kleiner Pluspunkt für beide Versionen: Die Steuerung lässt sich komplett individualisieren. Die vorgegebene Steuerung funktioniert aber einwandfrei. Hat man die Story abgeschlossen, so werden neue Areale freigeschaltet, die neue Herausforderungen für den Spieler bieten. Hier kommen noch einmal viele Stunden Spielspaß und Experimentierfreude hinzu.

Sea of RPGs

Mit Oninaki hat das Team von Tokyo RPG Factory einen großen Sprung gewagt. Vergangen sind die Retro-Zeiten von I am Setsuna und Lost Sphear. Das Spiel überzeugt mit seiner düsteren Thematik, seiner im Kontrast dazu bunten Welt und einem simplen, aber unheimlich motivierenden Kampfsystem. Besonders bei Letzterem haben die Entwickler vieles richtig gemacht. Leider ist man über die interessante Welt und ihre Regeln nicht hinausgegangen. Viele Ideen werden nur angerissen und nicht zu Ende gedacht. Die Charaktere sind uninteressant und gegen Ende wird die Logik auch sehr dünn.

Dennoch packt die Geschichte über die gesamte Spieldauer und hält einige Wendungen bereit. Grafik und Soundtrack überzeugen, obgleich die Dungeons an sich nicht sehr vielfältig sind und die tollen Melodien nur selten zum Einsatz kommen. Nichtsdestotrotz reißt das Kampfsystem dank der vielen Daemonen mit und lädt zum Experimentieren ein. Auch wenn viel Potenzial verschenkt wird, ist Oninaki genau der richtige Schritt für ein junges Studio mit einer großen Zukunft.

 

Story

Der Tod ist nicht das Ende. Lohnt sich dann die Existenz hier? Werden wir unsere Lieben im Jenseits wiedersehen? Düster, spannend und leider nicht zu Ende gedacht.

Gameplay

Echtzeit-Action mit Freiraum für Strategie und Experimente. Motivation pur, obwohl nicht ganz responsiv.

Grafik

Keine AAA-Optik, aber schöne bunte und doch kalte Welt. Atmosphärisch, aber mehr Vielfalt und Details wären wünschenswert gewesen.

Sound

Fantastischer, aber wenig genutzter Soundtrack. Gute, ausschließlich japanische Synchronisation, die nur selten komplett zum Einsatz kommt.

Sonstiges

Drei Schwierigkeitsgrade, wobei der schwerste zu empfehlen ist. Optionale Dungeons nach Beenden des Spieles. Kurze, unbefriedigende Nebenmissionen. Bis zu 15 Stunden Story.

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