Bildmaterial: Final Fantasy X HD, Square Enix
Videospiele haben eine unzählbare Menge an Charakteren hervorgebracht. Von der toughen Lara Croft bis hin zum flinken Igel Sonic: Die Bandbreite an Spielfiguren ist riesig und vor allem abwechslungsreich. Wir haben grundböse Typen, quirlige Teenager, mit sich hadernde Antihelden und furchtlose Krieger – klar, dass unter dieser schieren Fülle an Protagonisten ein paar echte Perlen dabei sind. Figuren, die das Potential dazu haben, den Spieler zu inspirieren, die einen dazu bringen nachzudenken und sich selbst zu reflektieren.
In dieser Serie geht es um Videospiel-Charaktere, die auf die ein oder andere Weise einen Eindruck hinterlassen haben. Die dank ihrer Taten, Charaktereigenschaften und Hintergrundgeschichte nicht nur unterhaltsame Pixel- und Polygonhaufen sind, sondern auch so manches Spielerherz berührt haben. Hier sollen Protagonisten beleuchtet werden, die inspirieren, polarisieren und faszinieren.
Die 17-jährige Yuna aus dem Fischerdörfchen Besaid
Ab hier folgen Spoiler zum Spiel!
Yuna aus Final Fantasy X ist eine junge Frau, die die meiste Zeit ihres 17-jährigen Lebens im Fischerdörfchen Besaid verbracht hat. Als Tochter des hohen Mediums Braska beschloss sie in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten, ein Medium zu werden und das immer wiederkehrende Monster Sin zu besiegen. Ihr ist dabei sehr wohl bewusst, dass sie dafür ihr Leben lassen muss und doch sieht sie es als ihre Pflicht an.
Mit dieser Entscheidung meißelt Yuna ihr eigenes Schicksal in Stein und lebt gleichzeitig im Schatten ihres berühmten Vaters und unter dem daher rührenden Druck, seinem Vermächtnis gerecht zu werden. Gleichzeitig ist sie in einer hochreligiösen Gesellschaft aufgewachsen, die die Verwendung von Technologie streng untersagt.
Angeblich sei der menschliche Fortschritt Auslöser dafür, dass das Monster Sin einst erschien und die Bewohner Spiras mit Verwüstung und Tod bestraft. Eines Tages jedoch wird das Biest nicht mehr wiederkehren, eines Tages wird Sin von einem Medium besiegt und es folgt die langersehnte „Eternal Calm“. Wie nahezu jeder andere lebt sie diesen Glauben treu aus, ohne Fragen zu stellen.
Ihr Opfer zeugt von großem Mut und Selbstlosigkeit
Das große Opfer, das Yuna trotz ihres jungen Alters bringen möchte, ist bereits eine beeindruckende Entscheidung, die von großem Mut und Selbstlosigkeit zeugt. Zudem geht es ihr verständlicherweise während ihrer Reise in den Tod miserabel und doch lässt sie sich kaum etwas anmerken. Im Gegenteil: Sie lächelt und spielt die Rolle der Hoffnungsträgerin, damit jeder andere sich gut fühlen kann.
Gleichzeitig ist Yunas Schicksal unglaublich tragisch und furchtbar. Sie gibt ihr Leben auf um eine scheinbar endlose Todesspirale weiterzuführen, um einer Religion zu folgen, die keine echten Antworten gibt und um dem sozialen Druck gerecht zu werden, wie ihr Vater ein paar Monate Frieden zu bringen.
Doch genau aus diesen Umständen erwacht das inspirierende Potential dieses Videospiel-Charakters: Ab einem bestimmten Punkt im Spiel erfährt sie, dass sie noch jemanden außer sich selbst opfern müsste, um den kurzen Frieden zu bringen. Zudem erfährt sie, dass die „Eternal Calm“ eine Lüge ist, die dem Volk erzählt wird, damit die Hoffnung nie stirbt.
Es ist dieser Moment, an dem sie sich nicht dafür entscheidet, die Lüge weiterzuleben oder ihre Reise abzubrechen und nach Hause zurückzukehren. Sie entschließt sich dazu, sich gegen ihre treu gelebte Religion zu stellen und eine echte Lösung für das Problem zu finden. Dabei büßt sie ihren guten Ruf ein und wird von aller Welt als Ketzerin geächtet. Unbeirrt und stark wie nie stellt sie sich Sin und befreit Spira von seinem vermeintlichen Schicksal.
Ihre Gefährten stärken ihr den Rücken
Natürlich darf man hier den Einfluss guter Freunde nicht unterschätzen. Ihre Gefährten stärkten ihr zu jederzeit den Rücken und gaben ihr den Halt und die Unterstützung, die nötig waren, um alles aufzugeben, woran sie glaubte. Man könnte sogar argumentieren, dass besonders einer ihrer Gefährten die Revolution in ihrem Kopf ausgelöst hat, ihr Ideen vermittelt hat, die ihr eine andere Perspektive ermöglicht haben.
Sie wird der Videospielwelt als Paradebeispiel für Mut, Selbstlosigkeit und eisernen Willen in Erinnerung bleiben. Wenn man sich einen virtuellen Charakter vorknöpft, muss man sich aber natürlich immer vor Augen halten, dass sie in einer konstruierten Welt mit einer konstruierten Geschichte lebt.
Ihr epischer Plan, die Menschheit von Sin zu befreien, ist spannend für den Spieler. Und am Ende funktioniert der Plan natürlich, denn unser JRPG braucht einen dicken Endboss. Wenn sich jedoch herausgestellt hätte, dass die Todesspirale tatsächlich nicht durchbrochen werden kann, hätte die Truppe Spira die Möglichkeit genommen, wenigstens den temporären Frieden vor Sin einzuleiten (denn dafür wird auch das Medium Yunalesca benötigt – aber hey, sie hat zuerst angegriffen!). Hier öffnet sich sowieso das moralische Dilemma um das Leben weniger für das Leben vieler – aber so tief soll der Text gar nicht gehen.
Yuna fordert unsere Moralvorstellungen in Final Fantasy X aber nicht heraus
Gleichzeitig macht das Spiel es wahnsinnig einfach, mit Yuna und ihren Gefährten zu sympathisieren. Sie ist sanftmütig, überaus freundlich und höflich und ist nebenbei auch so mutig und kompetent. Es gibt außerdem auch nie wirklich Anlass, unsere Helden zu kritisieren, denn meist lässt der Gegner ihnen keine Wahl als Notwehr.
Auf der anderen Seite, gibt sich Final Fantasy X große Mühe die Religion dieser Welt in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken und gibt ihr noch ein paar zwielichtige Repräsentanten. Das soll jetzt nicht das inspirierende Potential und die guten Eigenschaften unseres jungen Mediums untergraben, nur aufzeigen, dass Yuna ein vergleichsweise einfaches Positivbeispiel ist, das unsere Moralvorstellungen nicht herausfordert.
Final Fantasy X ist ursprünglich für PlayStation 2 erschienen. Eine HD-Neuauflage gibt es in Form von Final Fantasy X / X-2 HD Remaster für PlayStation 4*, PlayStation 3, PS Vita und PCs. Die HD-Neuauflage wird in diesem Jahr auch für Nintendo Switch und Xbox One erscheinen.
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