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Im Test! Radiant Historia: Perfect Chronology

TitelRadiant Historia: Perfect Chronology
Japan29. Juni 2017
Atlus
Nordamerika13. Februar 2018
Atlus USA
Europa16. Februar 2018
Deep Silver
SystemNintendo 3DS
Getestet fürNintendo 3DS
EntwicklerAtlus
GenresJRPG
Texte
 Nordamerika 
Vertonung Nordamerika 

Obwohl Radiant Historia nie ein großer Kassenschlager war, wurde das Spiel seinerzeit sehr positiv von Fans und Kritikern aufgenommen und oft als eines der besten Rollenspiele des Nintendo-DS-Systems bezeichnet. Erweiterte Ports oder Remakes von Atlus-Spielen sind nichts Neues, doch die Ankündigung von Radiant Historia: Perfect Chronology dürfte insbesondere für Europäer ein Anlass zur Freude gewesen sein, denn hier ist die Urversion leider nie erschienen. Wie gut ist das Spiel gealtert? Können die neuen Inhalte von Perfect Chronology überzeugen? Diese Fragen wollen wir im Folgenden beantworten.

Flieg durch die Zeit

Zeitreisen sind kein neues Konzept, aber in Rollenspielen sind sie definitiv kein Thema, das oft im Mittelpunkt steht. In Radiant Historia sind Zeitreisen jedoch nicht nur für die Geschichte von zentraler Bedeutung, sondern wirken sich auch spielerisch aus.

Es beginnt alles damit, dass der Protagonist Stocke, der einem Militär-Geheimdienst angehört, ein magisches Buch von seinem Befehlshaber bekommt. Sein Land befindet sich im Krieg und als er während einer Mission in einen Hinterhalt gerät, in dem seine Kameraden umkommen, beginnt das Buch zu leuchten und Stocke landet in einer anderen Dimension. Von zwei mysteriösen Kindern erfährt er, dass er durch das Buch die Macht besitzt, an bestimmte Knotenpunkte in der Vergangenheit zurückzureisen, um den Lauf der Geschichte zu verändern.

Die Welt von Radiant Historia ist stark von Kriegen zerrüttet und von politischen Intrigen geprägt. Oft liegt es an Stocke, den Lauf des Schicksals in die eine oder andere Richtung zu lenken. Im Kern besteht das Spiel aber aus zwei parallelen Hauptsträngen: Der „normalen Geschichte“ und der „alternativen Geschichte“. Da sich die beiden Zeitlinien zudem gegenseitig beeinflussen, muss man als Spieler stetig zwischen ihnen wechseln, um die Geschichte voranzutreiben.

Zu jedem Zeitpunkt im Spiel steht es einem offen, beliebige bereits besuchte Knotenpunkte anzusteuern. Tatsächlich verläuft die Geschichte aber dennoch weitestgehend linear, denn meistens, wenn man eine Entscheidung treffen muss, führt diese entweder zum Fortschritt oder zu einem schlechten Ende. Die Entscheidungen des Spielers wiegen also nicht allzu schwer, denn man kann nichts „falsch machen“, zumal man ohnehin alle Entscheidungen revidieren kann. Allerdings gibt es eine Reihe optionaler Nebenaufgaben, die durchaus auch unvorhergesehen Änderungen in der Zukunft bewirken, darunter auch solche, die das Ende betreffen.

Wie bei den meisten Zeitreisegeschichten ist auch bei Radiant Historia ein wenig „Suspension of Disbelief“ erforderlich, denn nicht alle Mechaniken sind glaubwürdig in die Spielwelt integriert. So können parallele Zeitstränge einander beeinflussen, was befremdlich wirkt (auch wenn es später thematisiert wird) und obwohl nur der Protagonist durch die Zeit reist, werden Stärke und Ausrüstung aller Charaktere stets übernommen.

»Lob gebührt Radiant Historia für die Charaktere, die individuelle, erinnerungs-würdige Persönlichkeiten besitzen, ohne zu überzeichnet zu wirken.«

Lob gebührt Radiant Historia für die Charaktere, die individuelle, erinnerungswürdige Persönlichkeiten besitzen, ohne zu überzeichnet zu wirken wie in vielen japanischen Spielen mit Anime-Einflüssen. Auch sind alle Figuren von Anfang bis Ende gut in die Handlung integriert und werden nicht einfach „mitgeschleppt“. Die Interaktionen zwischen den Figuren beschränken sich zwar zumeist auf handlungsrelevante Entwicklungen, weshalb einem niemand allzu sehr ans Herz wächst, aber dem Spiel gelingt es trotzdem gut, alle Figuren sympathisch und glaubwürdig darzustellen. Wie in vielen älteren Rollenspielen werden auch nicht allzu sehr Beziehungen zwischen den Figuren direkt in den Mittelpunkt gestellt und dramatisch aufgebauscht, sondern teilweise subtil angedeutet, was ebenfalls eine schöne Abwechslung ist.

Wer also über ein paar Problemchen hinwegsehen kann, in denen Radiant Historia seine Glaubwürdigkeit etwas überstrapaziert, bekommt ein Spiel mit einem unverbrauchten Konzept und bodenständigen und solide ausgearbeiteten Figuren.

Mit Taktik zum Ziel

Das Kampfsystem von Radiant Historia ist zugbasiert wie etwa das von Final Fantasy X, allerdings gleichzeitig positionsbasiert. Gegner stehen in Kämpfen auf einem 3×3-Feld, das taktisch genutzt werden kann. Charaktere besitzen Fähigkeiten, mit denen sie Gegner vertikal oder horizontal über das Spielfeld bewegen können („Push Assault“, „Left Assault“ etc.) – auch auf dieselben Positionen wie andere Gegner –, was hilfreich ist, wenn man beispielsweise mehrere Gegner gleichzeitig mit einem Angriff angreifen möchte, der nur einen Wirkungsbereich von einem Feld hat.

Ein weiterer Kniff ist, dass man jederzeit Züge zwischen den Figuren und auch mit den Gegnern tauschen kann, um die Handlungsreihenfolge der Akteure im Kampf umzusortieren. Dieses System macht einen zwar verwundbarer für Gegnerangriffe, sollte aber dennoch ausgiebig genutzt werden, um effiziente Combos auszuführen, die nicht nur für mehr Schaden sorgen, sondern auch für EXP- und Geld-Boni am Ende des Kampfes.

Das System ist gut ausgearbeitet und bietet einige interessante strategische Möglichkeiten, allerdings gewinnt es im Spielverlauf nicht allzu sehr an Tiefe, da der Spieler seine eigene Kreativität nur begrenzt ausleben kann. Fähigkeiten werden nämlich größtenteils per Level-up erlernt – ein vom Spieler beeinflussbares Skill-System gibt es also nicht.

Auch Kämpfe gegen normale Gegner können durchaus gefährlich und leider auch manchmal etwas zäh werden, denn auch Konfrontationen mit schwachen Gegner benötigen einige Zeit, da es nur wenige Fähigkeiten mit größerem Wirkungsbereich gibt. Glänzen kann das Spiel mit einigen fordernden Bosskämpfen, die dem Spieler auf höheren Schwierigkeitsgraden einiges abfordern, aber auch auf „Normal“ eine angenehme Herausforderung bieten.

»Abgesehen von den Kämpfen hat Radiant Historia leider sehr wenig Gameplay.«

Abgesehen von den Kämpfen hat Radiant Historia leider sehr wenig Gameplay. Die Felder und Dungeons sind bis auf wenige Ausnahmen im späteren Spiel fast nur zum Durchlaufen da – man hangelt sich quasi von Szene zu Szene und bestreitet zwischendrin ein paar Kämpfe. Es gibt im Feld-Modus einige Mini-Rätsel, die jedoch alle sehr schnell zu lösen sind, aber zumindest motivieren, für neue Schätze in alte Gebiete zurückzukehren, sobald man eine neue Fähigkeit besitzt (z.B. Kisten verschieben oder verstecke Gegenstände aufdecken).

Nebenaufgaben gibt es zur Genüge im Spiel und viele davon sind mit kleinen Geschichten verknüpft, die sich auf die Zukunft auswirken. Da man auch oft gut mit Geld, Items oder neuen Fähigkeiten belohnt wird, hat man genug Anreize, um ein bisschen Zeit in die optionalen Teile des Spiels zu investieren.

Perfect Chronology

Das Remake – oder je nach Definition nur ein erweiterter Port – hat oberflächlich nicht allzu viel Neues zu bieten. Die Charaktere haben neue Portraits, die Dialoge sind vertont – und das durchaus gelungen –, das Kampfsystem wurde leicht angepasst und durch mehrere Schwierigkeitsgrade erweitert. Zudem gibt es einen Bonus-Dungeon, der zwar ziemlich uninspiriert ist, aber schon früh im Spiel eine gute Möglichkeit bietet, dem chronischen Geldmangel entgegenzuwirken und gute Ausrüstungen zu erwerben.

Was wirklich neu ist, offenbart sich erst nach dem Ende des Spiels (wobei man auf dem Titelbildschirm auch gleich zu dem neuen Teil springen kann): Eine ganz neue Zeitlinie mit dem Namen „Possible History“ wurde hinzugefügt, die ziemlich umfangreich ist – gemessen an der Zahl der Zeitknoten etwa so lang wie ein Drittel des Hauptspiels. Diese Zeitlinie demonstriert, an welchen Punkten die Geschichte hätte anders verlaufen können und lässt den Spieler das Mysterium der Zeitreisen näher erkunden.

Es gibt ein neues „True End“, was natürlich an sich vollkommen okay ist, allerdings ist es schade, dass Atlus beschlossen hat, das ursprüngliche Ende etwas unter den Teppich zu kehren, denn ohne Credits wird der Spieler am Spielende direkt auf die „Possible History“ aufmerksam gemacht und es geht direkt weiter, ohne dass ein Gefühl des Abschlusses einsetzen kann.

Der Soundtrack wurde für die „Possible History“ auch mit fünf neuen Stücken erweitert. Generell kann man von Yoko Shimomura immer erstklassige Arbeit erwarten und auch die Musik von Radiant Historia ist sehr gefällig und in einigen emotionalen Szenen durchaus auch stimmungsprägend. Trotzdem gehört die Musik nicht zu den Highlights von Shimomura und ist weniger einprägsam als beispielsweise ihre Werke für Kingdom Hearts oder Legend of Mana.

Die neuen Inhalte machen das Spiel zwar auch für Spieler interessant, die Radiant Historia schon kennen, doch trotzdem muss an dieser Stelle Atlus’ DLC-Politik kritisiert werden: Wer die alten Charakterportraits bevorzugt, muss sich extra einen DLC kaufen, der zudem noch recht lieblos ins Spiel integriert wird. Auch andere relevante Inhalte, die man von einem Vollpreis-Remake erwarten könnte, sind nur per DLC verfügbar, was einen faden Beigeschmack hinterlässt.

Einzigartiges Zeitreise-RPG

»Radiant Historia: Perfect Chronology ist ein gelungenes Port-Slash-Remake eines zu Unrecht übersehenen Rollenspiels, das ein unverbrauchtes Konzept mit bodenständigen Charakteren und klassischem RPG-Gameplay verbindet. Zwar sticht kein einzelner Aspekt des Spiels als besonders herausragend hervor, aber wer Zeitreisen nicht abgeneigt ist und gerne handlungsgetriebene Rollenspiele spielt, wird sehr viel Freude mit dem Spiel haben, denn Radiant Historia liefert ein sehr rundes Gesamtpaket.«

 

Wendungsreiche Zeitreise-Geschichte, die interessant, aber gelegentlich auch etwas zu bequem erzählt wird. Sympathische und angenehm bodenständige Charaktere.
Zugbasiertes Kampfsystem mit ordentlich strategischer Tiefe. Nette Nebenaufgaben, aber zumeist minimalistisches Dungeondesign und wenig spielerische Abwechslung.
Charaktermodelle im Pixelstil, Hintergründe in 3D. Weder übermäßig hübsch noch unansehnlich.
Gelungene englische Vertonung und ein schöner Shimomura-Soundtrack.
Unschöne DLC-Politik, keine deutsche Lokalisierung, keine japanische Sprachausgabe. Neue Inhalte für Fans des Originals durchaus von Interesse.