Nach Killer7 und No More Heroes kommt nun das dritte Bindeglied der inoffiziellen Killer-Saga von Suda 51 auf den Markt. Mit Killer is Dead kehrt der renommierte und einzigartig verrückte Goichi Suda zurück auf die Spielebildschirme und zeigt dem Mainstream, dass es auch mal ein bisschen anders sein darf.
Während sich der Videospielentwickler bei seinen letzten beiden Titel, Shadows of the Damned und Lollipop Chainsaw, seine Spielzeuge mit anderen kreativen Entwicklern teilen musste, durfte er sich bei diesem hier endlich wieder austoben. Das Ergebnis kann man nicht besser beschreiben als es der Mann ohnehin schon selbst tut. Ein Suda-51-Trip. Grandioser Style trifft auf abgedrehte Story und viel Dynamik. Lasst das Fest beginnen.
Um auf die selben Ideen bei einer Story zu kommen wie Goichi Suda zu kommen müsste man wohl drastische Maßnahmen wie eine Lobotomie vollführen, denn was in Killer is Dead an Charakteren, Dialogen und Wahnsinn drin steckt lässt sich kaum in Worte fassen. Gekochte-Eier-Diät, Villen auf dem Mond, ein bionischer Multifunktionsarm, der mit dem Blut seiner Feinde schießt und viele andere Absurditäten zieren die verschachtelte Story um den Auftragskiller Mondo Zappa.
Mit seinem Boss Bryan und seiner Assistentin Mika stehen ihm zwei reine Stereotypen zur Seite, die wohl bei vielen Kopfschütteln und Entsetzen auslösen. Mit Bryan zeichnet Suda hier das Klischee eines afroamerikanischen Managers und mit Mika, wie könnte es denn auch anders sein, das einer J-Pop-Göre. Hier wechseln groteske Dialoge im Dauertakt. Und als sei das alles noch nicht genug, schließen sich noch eine geldgeile Britin mit 16 Armen und eine halbnackte Krankenschwester mit einer überdimensional großen Spritze dem Cast an, um unter anderem Vampire zu töten.
Wer sich nun denkt: knallharter Killer, Sexismus, Splatter… der hat recht. Aber Suda zaubert mit seinem Pinsel auch in diese Wirren immer wieder Highlights hinein. Mondo Zapper ist nicht der gnadenlose Killer, der er zu sein scheint. In seiner Freizeit muss sich der gute Mann bei den Ladies behaupten und da stellt er sich nicht selten sehr tollpatschig und schüchtern an.
Auch wenn diese Charakterschwankungen sehr schizophren wirken, so schafft Mondo es dennoch einen eigenen Charakter zu entwickeln, denn wer kann in so einer Welt schon normal bleiben. Auch wenn dieses Spiel sehr sexistisch wirkt, so überzeichnet Suda dieses heikle Thema so extrem, sodass man es nur noch als eine Karikatur seiner selbst sehen kann.
Die Story von Killer is Dead bietet unglaublich viel. Für die meisten sicher zu viel. Manchmal fühlt sich die Erzählstruktur zu hektisch an. Nach grandiosen Dialogen folgen welche, die man kaum versteht. Der Ton wechselt teilweise im Sekundentakt und wird leider nicht immer getroffen. Aber wer hier einen Suda-51-Trip erwartet, der bekommt auf jeden Fall einen geliefert und wer sich auf den Wahnsinn einlassen kann, der wird zum Lachen und Staunen gebracht. Schade nur, dass einige Fragen am Ende offen bleiben, aber nicht umsonst schließt Mondo den Vorhang mit „You still have no idea what’s going on, do you?“.
Ach, und es gibt EINHÖRNER…
Auch grafisch erlebt man einen reinen Trip. Zu selten sieht man ein derart fantastisches Art Design auf dem Bildschirm flimmern und das dazu auch noch im einzigartigen Comic-Look. Ähnlich wie Killer7 und No More Heroes bietet auch Killer is Dead einen grandiosen Cel-Shading-Look, der einen immer wieder umhaut. Grelle Farben, starke Kontraste und scharfe Konturen hauchen der Welt und den Charakteren Leben ein. Dabei wechselt der Stil auch manchmal.
So muss man sich seinen Gegnern im simplen schwarz-weiß stellen, wo nur die Farbe des Blutes den Raum ziert. Hier erleben Fans das, was sie in Lollipop Chainsaw und Shadows of the Damned vermisst haben. Ein unglaubliches Bild geziert mit einem derart guten Charakterdesign, dass sich mögliche Ableger mit den Nebencharakteren in der Hauptrolle anbieten würden. Leider wird dieses Gesamtbild durch kleine technische Mängel, wie Kantenflimmern und gelegentliches Tearing, gestört, doch nichtsdestotrotz zaubert Suda hier zum Ende der Generation ein fantastisches Bild auf die Leinwand, das man sich nicht entgehen lassen darf.
Ähnlich wie das Visuelle schafft es auch der Ton mehr als nur zu überzeugen. Erneut arbeitete Suda mit einem der bekanntesten Videospielkomponisten zusammen. Mit Akira Yamaoka, dem Komponisten der Silent-Hill-Soundtracks. Hier schafft es Yamaoka immer den passenden Ton anzuschlagen. Von sanften Piano-Stücken über J-Pop bis hin zu Jazz und Metal. Der Komponist legt sich mächtig ins Zeug, um dem schizophrenen Stil von Killer is Dead gerecht zu werden – und das gelingt ihm mit Bravour. Jede Note unterstützt die dazu stets passenden Bilder und trägt somit zur einzigartigen Atmosphäre bei. Auch die englischen Sprecher, die es neben den wie gewohnt grandiosen Japanischen auf der Disk zu finden gibt, leisten sehr gute Arbeit.
Die Synchronisation eines Suda-51-Trips ist immer äußerst heikel. Wie soll man derart überzeichnete Figuren, die teilweise so klischeehaft und teilweise so schizophren sind überzeugend sprechen? Das ist eine schwere Aufgabe und so gut wie alle Sprecher haben diese Aufgabe gemeistert.
Am Sound ist bei diesem Spiel absolut gar nicht auszusetzen, was diesen Teil neben dem makellosen Art Design zum Highlight von Killer is Dead macht, doch auch hier sei man, wie bei der Story, gewarnt. Wer sich kaum mit japanischen Spielen, insbesondere denen von Suda 51, in der Vergangenheit auseinander gesetzt hat, der könnte sehr leicht abgeschreckt werden.
Das Gameplay ist wohl der Teil von dem Spiel, der am meisten als Mainstream bezeichnet werden könnte. Hier scheint es bei der Entwicklung eine Devise gegeben zu haben: Simpel aber ausgereift. Und genau das funktioniert bei Killer is Dead auch so gut. Sowohl mit seinem glänzenden Katana, als auch mit dem oben erwähnten bionischen Arm kann sich Mondo durch die Horden von Gegnern töten.
Dabei stehen dem Spieler nur wenige, dafür aber effektive Kombos zur Verfügung. Alles in allem erinnert das Kampfsystem an Bayonetta, Devil May Cry und God of War, jedoch ohne die Finesse dieser. Auch bei diesem Spiel geht es um Timing. Man muss genau auf seine Gegner achten, um im richtigen Moment auszuweichen und diese dann zu pulverisieren. Wer denkt, er komme hier mit simplem Button-Mashing weiter, der irrt sich. Timen, Blockern, Ausweichen und Kontern müssen gemeistert werden, um das Beste aus dem Kampfsystem zu holen und auch die härteren Schwierigkeitsgrade zu überstehen.
Selbstverständlich wird man auch belohnt. Wenn man erfolgreich ausgewichen ist, verwischt die Farbe und das Geschehen wird in Zeitlupe getaucht. Jetzt kann man den Gegner genüsslich in einzelne Teile zerhacken, während sich der farblose Bildschirm in ein nettes Rot kleidet. Auch wenn hier nicht so viele Moves zu lernen sind, wie etwa bei Bayonetta, so sorgen die Horden von abwechslungsreichen Gegner und die spektakulären Bosskämpfe dafür, dass nie Langeweile aufkommt.
Natürlich ist Mondos Kreuzzug gegen das Böse sowohl in Gameplay als auch während den Zwischensequenzen fabelhaft inszeniert und harmoniert stets mit dem ungewöhnlichen Art Design. Hier macht das Kämpfen wieder richtig Spaß – und das, obwohl die Kamera einen zur Weißglut treiben kann. Nicht selten muss man selbst nachjustieren oder bestimmte Feinde suchen, die man nur hört, aber nicht sieht. Dennoch bleibt das Kampfsystem fordernd und spaßig.
Ähnlich wie in seinen letzten Spielen wird auch bei Killer is Dead das Gameplay kurz aufgebrochen, um kleine Minispiele einzuführen. Ganz besonders die Gigolo-Missionen bleiben da im Kopf hängen. Hier ist Mondo mal abseits seiner normalen Tätigkeit und zeigt eine ganz andere Seite seiner Selbst. Hier muss er nämlich das Herz einer holden Bar-Maid für sich gewinnen, doch dies geht nicht so leicht, da der brutale Killer zu schüchtern ist. Hier muss sich erst einmal mit Blicken aufgewärmt werden. Guckt die nette Dame schüchtern weg oder ins Glas, so kann Mondo einen schnellen Blick auf die sekundären Geschlechtsmerkmale oder andere versaute Körperteile werfen.
Wird man dabei erwischt, ist natürlich wie im echten Leben Schluss mit Lustig. Doch wenn die Dame Mondo in die Augen sieht und alles stimmt, so kann man sie mit Geschenken glücklich machen. Natürlich haben diese Missionen auch einen Wert für das Gameplay. Durch erfolgreiches Bestehen kann Mondo seinen bionischen Arm aufrüsten. Typisch Suda. Mit einer Spielzeit von fünf bis acht Stunden ist Killer is Dead zwar schnell gegessen, aber das ausgereifte Kampfsystem, die wirre Story und die einzigartigen Charaktere schaffen es dennoch, immer wieder an die Konsole zu fesseln, außerdem gibt es natürlich auch viele kleine Boni zum Freischalten, wie zum Beispiel neue Klamotten für den illustren Cast. Hinzu kommen noch Nebenmissionen, die man erst freispielt, wenn man in der Hauptstory versteckte Orte findet. So kommt Sudas neuester Trip auf eine Spieldauer von mindestens 16 Stunden.
Der reinste Suda-51-Trip
Killer is Dead ist ein reiner Suda-51-Trip. Kein anderes Nomen, Verb oder Adjektiv könnte dieses Spiel besser beschreiben. Nach Shadows of the Damned und Lollipop Chainsaw legt Goichi Suda wieder selbst richtig Hand an und liefert eines der abgedrehtesten und verrücktesten Abenteuer der jetzigen Konsolengeneration.
Zwar kann man Killer is Dead nicht ohne Warnung weiterempfehlen, aber jeder Videospieler, der offen für etwas Ungewöhnliches ist, wird an diesem Spiel seinen Spaß haben. Trotzdem ist dieses Spiel nicht jedermanns Sache, daher ein gelbes Siegel. Aber dank der tollen Optik, dem überragenden Soundtrack und dem ausgereiften Gameplay kann man die kleinen Fehler übersehen und wer weiß, vielleicht schafft man es ja eine Antwort auf alle Fragen der Story zu finden… Wenn der Mond besiedelt wird und Einhörner die Welt übernehmen.
Story: Ein Auftragskiller, eine J-Pop-Göre, Vampire, Einhörner, Cyborgninjas. Eine Story, die all das und noch vieles mehr bietet kann nicht schlecht sein – aber auch nicht richtig erklärt werden. Hier scheiden sich die Geister, aber ist das bei großartiger Kunst nicht immer so?
Grafik: Suda-Design kombiniert mit einem grandiosen Cel-Shading-Look. So sieht das Metzeln stylisch aus. Wären da nicht das Kantenflimmern und das Tearing, gäbe es hier nichts auszusetzen.
Sound: Akira Yamaoka zaubert einen über alles erhabenen Soundtrack, der sich stets den absurden Bildern fast anzuschmiegen scheint. Vom Solo-Piano bis zum Industrial-Metal. Zum Ende des Konsolenzyklus noch so ein Fest für die Ohren. Vielen Dank.
Gameplay: Simpel aber ausgereift. Es macht höllisch viel Spaß sich mit dem Auftragskiller durch die bunten Horden und Bosskämpfe durchzuarbeiten, könnte man doch nur den Kameramann enthaupten und alles wäre perfekt.
Sonstiges: Sehr kurze Spieldauer. Die fünf bis acht Stunden sind leider sehr schnell abgehackt, doch dank tollem Gameplay und vielen Boni fesselt das Spiel noch mindestens doppelt so lange an der Konsole.
Getestet von Rygdea