Mit Theatrhythm Final Fantasy für den Nintendo 3DS läutet Square Enix endlich das Jubiläumsjahr von Final Fantasy ein. Für viele Final Fantasy Fans könnte es die erste intensive Berührung mit dem Genre der Rhythmusspiele werden, zockt man doch sonst eher RPGs. Aber die Final Fantasy Soundtracks sind so beliebt, dass sich viele Fans selbst zum OST noch eine Limited Edition kaufen. Insofern fast schon verwunderlich, dass wir erst 2012 in den Genuss eines Spiels kommen, dass sich ganz dem Soundtrack der Serie widmet. Ob das Rhythmusspiel ein würdiges Geburtstagsgschenk ist, erfahrt ihr in unserem nachfolgenden Test!
Der Kristall ist aus dem Gleichgewicht!
Kaum habt ihr Theatrhythm gestartet, werdet ihr merken, dass auf eine motivierende Story verzichtet wird. Anders als in Dissidia: Final Fantasy startet man in Theatrhythm nicht einmal den Versuch, die vielen grundverschiedenen Hauptspiele der Serie unter einen Hut zu bringen. Stattdessen packt man alles unter den Deckmantel von Chaos und Cosmos, allerdings noch viel oberflächlicher, als es in Dissidia der Fall war. Chaos schickt böse Musiknoten, Cosmos will sie mit eurer Hilfe abwehren (so die Interpretation) und den Kristall, der die Welt im Gleichgewicht hält, wieder zum Leuchten bringen – das war es auch schon. Achja, ihr braucht Rhythmia-Punkte dafür. Sicher gibt es Rhythmusspiele, die eine tiefgründige Story bieten. Aber braucht ein Rhythmusspiel unbedingt eine tiefgreifende Story? Und muss man ein Final Fantasy Rhythmusspiel in eine Story zwängen, die irgendwie verzweifelt versucht, alle Spiele der Serie zu verbinden? Wenn auch ihr beide Fragen mit „nein“ beantworten könnt, sind wir uns einig.
Schauen wir uns stattdessen zunächst mal das Herzstück von Theatrhythm Final Fantasy an. Das rhythmische Drücken, Ziehen und Halten auf dem Touchscreen. In drei unterschiedlichen Spielmodi findet das in Theatrhythm statt – zumindest anfangs. Der „Series“-Modus ist so etwas wie der Story-Modus. Hier spielt ihr je drei Songs aus einem der dreizehn Hauptteile der Serie. Im „Challenge“-Modus spielt ihr alle freigespielten Songs noch einmal mit steigendem Schwierigkeitsgrad. Und im (zunächst nicht verfügbaren) „Chaos Shrine“-Modus wartet ein Mix aus Zufall und Herausforderung auf euch. Vier Dinge haben alle Modi gemeinsam: Musik und rhythmisches Drücken, Ziehen und Halten.
Nachdem ihr eure Party aus vier Hauptcharakteren der Serie gewählt habt (jederzeit wechselbar), beginnt ein recht ausführliches Tutorial. Denn neben „Musik spielen“ könnt ihr auch eure Party entwickeln. Die Party erhält Erfahrungspunkte (EXP), steigt im Level, bekommt mehr HP und kann Abilities lernen, die im Kampf tatsächlich hilfreich sind (insbesondere Heilzauber). Auch Items kann man auf die Charaktere verteilen, die dann im Kampf zum Einsatz kommen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Aber aufgepasst: Wer ohne Abilities und Items spielt, bekommt Boni.
Der Series-Modus
Im Series-Modus spielt ihr, wie gesagt, die dreizehn Hauptteile der Serie nach. Zunächst auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad „Basic Course“. Im Laufe des Spiels werdet ihr die dreizehn Hauptteile auch in weiteren Schwierigkeitsgraden spielen können, die ihr aber zunächst freischalten müsst. Habt ihr euch für ein Final Fantasy entschieden, werdet ihr es in fünf Songs aus dem jeweiligen Spiel durchspielen. Es gibt drei Music-Stages für jedes Final Fantasy und je einen Song zur Einleitung und am Ende, die aber nicht spielbar sind.
Die „Battle Music“ Stages (BMS) sind natürlich größtenteils die Battle-Themes der Spiele. Schnelle Musik, was insbesondere bei gesteigertem Schwierigkeitsgrad zum Verhängnis wird. Die Musiknoten kommen euch auf vier steifen Linien entgegen und ihr müsst die richtige Aktion durchführen, sobald die Note an der gekennzeichneten Marke ist. Die vier Linien haben keinen anderen Effekt als eine einzelne Linie. Ihr müsst nicht positionsversetzt auf dem Touchscreen agieren oder ähnliches.
In den „Field Music“ Stages (FMS) spielt ihr die unterschiedlichsten Songs der Serie. Hier spielt nur ein Charakter und es gibt demnach nur eine Notenlinie. Der Modus spielt sich bis auf kleine Variationen nicht viel anders als die „Battle Music“ Stages. In „Event Music“ Stages (EMS) spielt ihr meist emotionale Lieder der Serie nach. Hier gestaltet sich der Aufbau ein wenig anders. Im Hintergrund laufen teils wunderschöne FMV-Sequenzen aus den Spielen, auf die ihr aber kaum achten könnt. Denn im Vordergrund bauen sich nach und nach die Noten auf. Aufgereiht, wie auf einer Schnur. Und die Trigger-Marke bewegt sich über die Schnur, anders als in den anderen Modi, wie die Marke starr ist und die Noten auf sie zukommen.
Einige Besonderheiten haben alle Stages gemeinsam. So zum Beispiel die „Featured Zone“, in der ihr mehr Punkte sammeln könnt. Oder eine Zeit lang gelbe Noten mit einem Chocobo. Schneller, aber mehr Punkte. Verpasst ihr zu viele Noten, verlieren eure Charaktere HP und ihr seid schließlich Game Over. Am Ende jedes Kurses gibt es zudem eine ausführliche Auswertung. Ihr seht, in welchen Abschnitten ihr schlecht gewesen seid und erhaltet Boni, Items und natürlich Rhythmia-Punkte. Ihr erinnert euch, jene, mit denen ihr die Welt rettet. Damit sie auch noch eine essentiellere Bedeutung bekommen, gibt es für jeweils 500 gesammelte Rhythmia-Punkte weitere Boni.
Also, jeweils ein FMS, ein BMS und ein EMS pro Final Fantasy. Aber sprachen wir vorher nicht von fünf Songs pro Spiel? Ja, einen weiteren Song gibt es zur Einleitung. Hier fließen einige Zeilen über den Bildschirm, die euch den jeweiligen Teil der Serie näher bringen. Gleichzeitig könnt ihr durch rechtzeitiges Berühren des Touchscreen Rhythmia-Punkte sammeln, die sich auf den Weltenkristall zubewegen. Die wohl einfachste, aber auch zeitaufwendigste Art, Rhythmia-Punkte zu sammeln. Bei Bedarf könnt ihr die Einleitung auch skippen. Oder einfach nur den Song genießen und euch wünschen, er wäre spielbar gewesen. Mit dem fünften Song am Ende läuft es analog.
Nach höchstens drei bis vier Stunden werdet ihr den Series-Modus wohl durchgespielt haben.
Der Challenge-Modus
Schon während des Durchspielen des Series-Modus werdet ihr hin und wieder in den Challenge-Modus abdriften. Denn er ist die wahre Herausforderung von Theatrhythm Final Fantasy. Ihr könnt ihr alle Songs aus dem Series-Modus noch einmal (einzeln) spielen, vor allem aber den „Expert Score“ für jeden Song bestreiten. Die Noten laufen hier schneller und in schwierigeren Variationen. Meistert ihr den Expert-Score auf Rang A oder Rang S, schaltet ihr den „Ultimate Score“ frei. Hier wird es erst richtig lustig. Ohne Übung und Items werdet ihr nur wenige Songs im Ultimate Score knacken.
Hier geht das fröhliche Freischalten weiter. Ihr kassiert weiter fleißig Items und Belohnungen sowie Rhythmia-Punkte. Ihr schaltet Songs im Music Player frei, wo ihr nach Lust und Laune lauschen könnt. Oder ihr schaltet die FMV-Sequenzen im Theatre frei, wo ihr sie euch noch einmal ansehen könnt. Darüber hinaus gibt es CollectaCards, eben Karten zum Sammeln. Und wenn ihr die drei Songs eines Spiels alle im „Expert Score“ packt, dann könnt ihr sie auch als Serie im Series-Mode im Expert Score spielen. Das gleiche gilt natürlich für den Ultimate Score. Das klingt alles sehr unaufgeregt, wenn man es liest. Aber insgesamt ist Theatrhythm doch sehr motivierend. Ihr werdet euch dabei erwischen, wie ihr immer noch einen und noch einen Song spielt. Und dann gibt es da ja auch noch einen weiteren Modus…
Der Chaos Shrine Modus
Im Chaos Shrine warten dunkle Notenblätter auf euch, gemeistert zu werden. Vor allem aber könnt ihr hier auch ganz neue Songs spielen, die ihr im Series Modus noch nicht kennengelernt habt. Die Notenblätter beinhalten zufällige Kombinationen aus einem Field Music und einem Battle Music Stage. Neben den 39 Songs aus dem Series Modus gibt es hier eben auch neue Songs und seltene Schätze wie viele farbige Kristalle, um spielbare Nebencharaktere freizuschalten. Deshalb ist der Chaos Shrine Modus mit fortlaufender Spieldauer wohl der attraktivste Modus. Und auch der mit der größten Herausforderung! Den Chaos Shrine könnt ihr zudem sogar im Multiplayermodus spielen. Allerdings nur lokal und mit mehreren Modulen.
Und sonst so?
Via StreetPass tauscht ihr ansonsten noch Visitenkarten und dunkle Notenblätter. Und wie ihr wahrscheinlich schon an den vielen englischen Begrifflichkeiten gemerkt habt: Theatrhythm Final Fantasy ist nicht deutschsprachig lokalisiert. Das mag auf den ersten Blick bei einem Rhythmusspiel nicht schlimm sein. Allerdings ist das Tutorial zu Spielbeginn doch recht essentiell. Gut, Kinder spielen vermutlich sowieso lieber autodidaktisch. Aber es wäre kein großer Aufwand gewesen, die wenigen Zeilen im Spiel zu übersetzen.
Außerdem wird es auch hierzulande DLC geben. Für jeweils einen Euro könnt ihr euch Songs wie „Cosmo Canyon“ dazukaufen. Welche Songs zu Beginn zur Verfügung stehen, lest hier hier. Weitere Songs soll es jede Woche geben. Sehr wahrscheinlich, dass uns also auch hierzulande bald „Somnus“ aus Final Fantasy Versus XIII zur Verfügung steht!
Fazit: Ein würdiges Geburtstags-Spiel!
Theatrhythm Final Fantasy ist ein wenig schwierig zu bewerten. Die meisten Leser dieser Website haben womöglich noch nie ein Rhythmusspiel gespielt. Aber es macht Spaß! Und es ist motivierender, als es zunächst aussehen mag. Dafür sorgen nach dem Durchspielen des Series-Mode der Challenge Modus und vor allem der Chaos Shrine mit seinen 99 Levels. Es gilt, das Theatre mit Filmen zu füllen und den Music Player zu vervollständigen. Freischaltbare Charaktere locken ebenso wie eine ausführliche Statistik und sogar Trophys.
Einzig streiten lässt sich natürlich über die Auswahl der drei spielbaren Songs pro Spiel. Aber da werden Fans wohl in den wenigsten Fällen auf einen gemeinsamen Nenner kommen und absolute Perlen wie „One Winged Angel“ oder „Suteki Da Ne“ sowie „Terra’s Theme“ sind dabei. Wenn das denn auch eure Perlen sind. Mit letztlich um die 70 Songs, wenn ihr alles freischaltet und kauft, ist jedenfalls ein Großteil der Geschmäcker abgedeckt.
Ärgerlich ist, dass Square Enix den Jubiläumstitel nicht deutschsprachig lokalisiert hat. Der textliche Aufwand wäre nicht zu groß gewesen, der Service am Kunden dafür umso größer. Viele unserer Leser mag das nicht stören, aber im Namen der Allgemeinheit muss man hier Punkte abziehen. Ansonsten macht Theatrhythm vor allem eines: Viel Spaß! Hinzu kommen für viele Fans der Serie die vielen Erinnerungen. Nicht nur an die Spiele, sondern auch an alte Zeiten. Einige Songs wecken wirklich Emotionen. Nur eine Einschränkung gibt es wohl. Wer Rhythmusspiele nicht mag, wird Theatrhythm nicht mögen.
Grafik: Kaum 3D-Effekt, aber der würde die Augen bei fortgeschrittener Spieldauer wohl auch eher anstrengen als verwöhnen. Ansonsten ein schicker Mix aus 3D und 2D, süße Charaktere, klare Stukturen.
Sound: Das Herzstück des Spiels. Etwa 70 Songs, davon 39 von Beginn an spielbar. Weitere freischaltbar oder via DLC. Schöne Klänge, gute Auswahl. Und diesmal sogar spielbar. Nicht zu vernachlässigen: Viel Nostalgie und Emotion.
Story: Gibt es nicht. Und das ist wohl auch besser so!
Gameplay: Geht schnell in Fleisch und Blut über. Stimmig. Einige RPG-Elemente, die man aber auch links liegen lassen kann, wenn man will. Und noch ein Song, bitte! Hoher Wiederspielwert.