Titel | Langrisser 1&2 |
18. April 2019 | |
Kadokawa Games | |
10. März 2020 | |
NIS America | |
13. März 2020 | |
NIS America | |
System | PlayStation 4, Nintendo Switch, PCs (Steam) |
Getestet für | Nintendo Switch |
Entwickler | Chara-Ani, Extreme, Masaya |
Genres | SRPG |
Texte | |
Vertonung |
Langrisser? Was ist denn das schon wieder? Es ist definitiv legitim, diese Frage zu stellen, denn Langrisser wird nur den wenigsten hierzulande bekannt sein. In Japan hingegen genoss die SRPG-Reihe in den 90ern mit dem sicher bekannteren Fire Emblem durchaus einen recht hohen Stellenwert. Bis zum Ende des letzten Jahrtausends umfasste die Serie fünf Haupttitel mit zahlreichen Portierungen und Remakes für verschiedenste Plattformen.
Eines der herausstechenden Merkmale der Langrisser-Spiele sind neben dem taktischen SRPG-Gameplay sicherlich auch die Artworks von Kultkünstler Satoshi Urushihara, der zu seiner Zeit von seinen Fans den aussagekräftigen Spitznamen „Meister der Brüste“ erhielt. Die neue Umsetzung von Langrisser 1&2 bietet zwar gänzlich überarbeitete Charakter-Artworks, allerdings stehen die alten zum Glück zur Auswahl bereit. Visuell somit eine schöne Zeitreise in eine Zeit, in der 08/15-Designs noch nicht an der Tagesordnung waren.
Designs hin oder her, letztendlich dreht sich der Fokus um das Gameplay und die Geschichte – beides sollte dem Zahn der Zeit ausreichend entgegengewirkt haben, um heute noch Aufmerksamkeit erregen zu können. Da kaum ein Spiel den offiziellen Weg in unsere Regale gefunden haben wird, fallen Vergleiche diesmal eher in die Kategorie Recherche.
Eine Welt, wie sie mir gefällt
Das namensgebende Langrisser ist ein mystisches Schwert, welches ab einem bestimmten Zeitpunkt in den beiden Spielen immer zum Thema wird. Sowohl in Langrisser als auch im zweiten Teil wird der Held von der Göttin des Lichts auserwählt, diesem Schwert Herr zu werden und so das Gleichgewicht der Welt wiederherzustellen. Im Laufe der Geschichte wird man aber auch unter bestimmten Voraussetzungen vom linearen Pfad abkommen können.
Während man im ersten Teil noch im Großen und Ganzen einer linearen Geschichte folgt, die zum Ende hin in leichten Abweichungen enden kann, treibt Langrisser 2 die Verzweigungen der Story so auf die Spitze, dass man sein Schicksal quasi komplett ändern kann. Beide Spiele bieten aber somit einige verschiedene Enden, was den Wiederspielwert durchaus erhöht. Ein übersichtlicher Kapitelbaum zeigt zudem die einzelnen Wege an und sogar die Voraussetzungen, einen anderen Pfad einzuschlagen – sofern man das Kapitel abgeschlossen hat.
Langrisser 1&2 stellen jeweils einen festen Helden, jedoch gibt es dennoch eine Art Charaktererstellung zu Beginn. Die erwähnte Göttin empfängt den Spieler mit einigen Fragen, die letztendlich über Statuswerte oder Skills des Helden entscheiden. Leider hat man darauf keinen wirklichen Einfluss, außer einen Guide zu nutzen. Auf der anderen Seite kann man die Fragerunde so lange wiederholen, bis man zufrieden ist. In Teil 2 kann man hingegen auch schon darüber eine gewisse Story-Route favorisieren. Viel Spaß beim Ausprobieren.
Story aus der Vogelperspektive
Langrisser 1&2 sind klassische SRPGs und erzählen somit die Geschichte entweder zwischen den eigentlichen Kämpfen oder direkt auf dem Kampffeld durch typische Textboxen mit den dazugehörigen Artworks der Charaktere. Die Story selbst ist durchaus interessant und die Charaktere recht gut ausgearbeitet, bedenkt man das Alter der Originalspiele. Atmosphärisch wird aber dem ein oder anderen der letzte Feinschliff fehlen, zieht man die heutigen Fire-Emblem-Spiele zur Hand.
Im Gegensatz zu Fire Emblem legen die Langrisser-Spiele aber um einiges mehr Fokus auf die eigentliche Geschichte und natürliche Charakterentwicklung, ohne mit Charakter-Dating-Quests abzuschweifen. Für einige ein Pluspunkt, für andere vielleicht auch eher nicht. Dennoch konnten mich die Fantasy-Story und die Charaktere, die ebenfalls noch nicht so stark mit Stereotypen durchzogen sind, sehr überzeugen.
Im Laufe des Spiels werden sich zwangsläufig mehr Charaktere dem designierten Helden zur Seite stellen. Diese kommen dann als sogenannte Commanders ins Team und können nach Belieben ausgerüstet werden. Ebenso können sich NPC-Gruppen dem Spieler während der Kämpfe anschließen. Das A und O des taktischen Kampfsystems sind jedoch die Mercenaries, die individuell einem Commander unterstellt sind und vor den Kämpfen für hartes Geld angeheuert werden müssen.
Pay to win
Bevor nun Tische umgeworfen und die Fackeln rausgeholt werden, nein, natürlich reden wir hier nicht von Echtgeld. In Langrisser spielt hingegen die Währung Gold eine große Rolle. Je nach Klasse des Commanders lassen sich verschiedene Arten von Mercenaries anheuern, die tatkräftige Unterstützung in den Kämpfen leisten. Zwar haben diese nur ihre rohe Kampfkraft zu bieten, doch ist diese ziemlich spielentscheidend, wenn man sie taktisch einsetzt.
Die Söldner selbst haben ebenfalls fest zugeordnete Klassen, die in einer Art Schere-Stein-Papier-Abhängigkeit stehen. Planung vor den Kämpfen ist somit essenziell, um die Stärken richtig gegeneinander auszuspielen. Besiegen der Commander und seine Untertanen genügend Gegner, winken sogenannte Class Points (CP), die dafür sorgen, dass der Commander in der Klasse aufsteigen, somit mehr Skills erhält und Arten von Mercenaries anwerben kann.
Da sich Kapitel stets wiederholen lassen können und Erfahrungspunkte, Ausrüstung und CP mitgenommen werden, kann man sich, falls man grinden möchte, ein äußerst robustes Team zusammenstellen. Möchte man einfach nur einen entspannten Story-Durchgang machen, so bieten die Remakes noch die Option am Anfang des Spiels einen kleinen Geldbonus abzustauben. Planung und die Kämpfe insgesamt machen Spaß und sind obendrein kurzweilig genug, um auch unterwegs ein schnelles Ründchen zu starten.
Die Devolution des Designs
Auch wenn man bei den meisten Punkten den Originalen mehr oder weniger treu geblieben ist oder einfach sehr wenig verändert hat, so gibt es die größte Neuerung mit den Designs. Auf den ersten Blick wirken die neuen Designs… nett, nicht sonderlich hervorstechend oder interessant, jedoch durchaus ausreichend und sind ein Mittel zum Zweck. Ganz anders sieht es bei den klassischen Designs aus.
Wie bereits erwähnt setzte man damals auf die künstlerische Expertise von Mangaka Satoshi Urushihara und das sicherlich aus gutem Grund. Die Charakterzeichnungen von Urushihara sind das komplette Gegenteil der neuen, langweiligen Portraits. Nicht nur die ausgefallenen Kleidungsdesigns, sondern auch die Charaktere an sich sprühen nur so vor Attraktivität und Liebe zum Detail. Ein Glück, dass die Option, zwischen beiden Varianten zu wählen, ohne Restriktionen in der Europa-Version vorhanden ist.
Ebenso zur Auswahl stehen die alten Kartendesigns, die hier aber im Gegensatz zu den Charakterbildern schlecht gealtert sind. Seltsamerweise sehen die Maps im „neuen“ Stil aber auch nur minimal besser aus – zumindest wurden die pixeligen Kanten geglättet. Soundtechnisch kann man sich auch zwischen Stücken aus einer älteren Version und den überarbeiteten Songs entscheiden. Beide Versionen sind diesmal fast austauschbar, allerdings in einer recht ansprechenden Weise, auch wenn der Soundtrack einen unverwechselbaren 90er-Touch mit sich zieht.
Urushihara macht den Unterschied
Mit Langrisser 1&2 bekommt man zwei klassische, aber durchaus sehr gute SRPGs. Beide haben mit diesen Remakes nun nahezu identisches Gameplay, aber allein der zweite Teil wird mit fünf komplett unterschiedlichen Routen und zahlreichen Verzweigungen in der Story für unzählige Stunden fesseln können. Der Erzählung fehlt zwar etwas an Atmosphäre, aber das ist eher dem Genre geschuldet, denn Geschichte und Charaktere sind gut herausgearbeitet und interessant.
Das Gameplay ist stets taktisch und erfordert ein wenig Planung im Voraus. Beschäftigt man sich aber länger damit und wiederholt das ein oder andere Szenario, so kann man auch ziemlich schnell den Schwierigkeitsgrad herunterschrauben.
Der größte Pluspunkt sind für mich aber die klassischen Designs von Satoshi Urushihara. Allein deswegen kann und sollte man schon einen Blick riskieren. Leider werden die Remakes mit den recht nichtssagenden 08/15-Artworks beworben, womit man hier definitiv eine Chance vertan hat, Kunstliebhaber mit ins Boot zu holen.
Letztendlich muss man ein Faible für SRPGs haben, um Langrisser 1&2 wirklich etwas abverlangen zu können. Doch wenn dies vorhanden ist, sollte man sich die beiden Spiele auf jeden Fall zu Gemüte führen.
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Bildmaterial: Langrisser 1&2, NIS America / Chara-Ani, Masaya Games, Extreme