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14.01.2016 |
Atlus | |
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07.06.2016 |
Atlus | |
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24.06.2016 |
NIS America | |
System | PS3, PS4, Vita |
Getestet für | PS4 |
Entwickler | Vanillaware |
Genres | Action-RPG Sidescroller |
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Als im Jahr 2007 das Sidescroller-Action-RPG Odin Sphere erstmals für PlayStation 2 erschien, wurden viele Spieler zum ersten Mal auf den japanischen Entwickler Vanillaware und das Talent von George Kamitani aufmerksam. Dass Odin Sphere: Leifthrasir nun so viel Aufmerksamkeit erfährt, liegt sicherlich daran, dass das Originalspiel im Laufe der Jahre eine beträchtliche Fankultur um sich versammelt hat – aber auch daran, dass es sich bei Leifthrasir nicht nur um ein simples Remaster, sondern ein richtiges Remake handelt.
Ein Spiel wie ein Bilderbuch
Es beginnt im Königreich Ragnival. Odin, der Dämonenkönig, kämpf eine Schlacht gegen die Feen. Als seine älteste Tochter, die Walküre Griselda, im Kampf fällt, muss ihre Schwester Gwendolyn, die sich verzweifelt nach der Anerkennung ihres Vaters sehnt, ihre Rolle übernehmen. Ausgestattet mit einem magischen Speer begibt sie sich in den Kampf, um König Odin stolz zu machen. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihr…
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Die Geschichte von Odin Sphere fühlt sich ein bisschen wie ein Shakespeare-Drama an: Die Handlung ist recht komplex und wird aus der Perspektive vieler Charaktere erzählt. Es gibt einen reichen mythologischen Hintergrund – die nordische Mythologie dient quasi als Basis für die Erzählung –, wenig Alltag, viel Tragik und Drama. Obwohl man zu den Charakteren wie bei einem Theaterstück ein etwas distanziertes Verhältnis hat, hat die Handlung ihre emotionalen Momente.
Der Spieler schlüpft in die Rollen von insgesamt fünf Charakteren: der Walküre Gwendolyn, des verwandelten Prinzen Cornelius, der Feenprinzessin Mercedes, des Dunkelritters Oswald und der valentinischen Königstochter Velvet. In dieser Reihenfolge spielt man die Charaktere auch, doch die einzelnen Handlungen finden teilweise parallel zueinander statt, sodass man dieselben Ereignisse aus mehreren Blickwinkeln betrachtet. In einem fünfspaltigen Zeitstrahl wird übersichtlich dargestellt, wie die Ereignisse chronologisch zueinander stehen.
Trotz teilweise paralleler Handlungsstränge ist jeder Blickwinkel einzigartig und es kommt nicht zu Wiederholungen derselben Szenen. Viele Textstücke, die man im Spiel findet, vermitteln weitere Hintergrundinformationen zur Spielwelt. Nach und nach fügen sich die Puzzlestücke zusammen, und im Finale des Spiels steuert man alle fünf Protagonisten.
Die Handlung ist ausgesprochen märchenhaft, was zweifelsohne auch dem wunderschönen und fantasiereichen Bilderbuch-Stil des Spiels zuzuschreiben ist. Obwohl sich die Geschichte aus vielen bekannten Elementen wie Krieg, Liebe, Verrat und Intrigen zusammensetzt, fühlt sich Odin Sphere absolut einzigartig an. Die Charaktere sind alle keine Helden, man sieht ihre schwachen Momente, und man bekommt – ähnlich Persona 4 – einen direkten Einblick in ihre Psyche, ihre unterdrückten Seiten.
Das alles macht Odin Sphere auf erzählerischer Ebene zu einem interessanten und gelegentlich auch berührenden Spiel.
Gerade aus audiovisueller Sicht ist Odin Sphere zweifelsohne ein Juwel. Die farbenfrohe und unverkennbare Vanillaware-Optik ist im Gegensatz zu den 3D-Spielen der PS2-Generation exzellent gealtert und sieht in hoher Auflösung noch viel schöner aus als damals.
Am Soundtrack wirkte unter anderem Hitoshi Sakimoto (Final Fantasy XII, Valkyria Chronicles) mit, der nicht nur ein wunderschönes Hauptthema komponierte, sondern zusammen mit einigen anderen Komponisten auch eine große Zahl weiterer stimmungsvoller und atmosphärischer Stücke – alle in märchenhaftem Stil. Für Leifthrasir wurden zudem fast dreißig Stücke neu komponiert oder arrangiert.
Vieles neu macht Leifthrasir
Während die Handlung unangetastet blieb, wurde das Gameplay von Odin Sphere für Odin Sphere: Leifthrasir komplett überarbeitet und spielerisch an die neueren Vanillaware-Titel Muramasa und Dragon’s Crown angeglichen.
Odin Sphere ist ein Sidescroller-Action-RPG. Es gibt, anders als in den ähnlich aufgebauten Valkyrie-Profile-Spielen, keinen separaten Kampfbildschirm. Auf einer Weltkarte wählt man einen Ort aus, den man besuchen will, und die meisten Orte sind zugleich Kampfgebiete. Jedes Gebiet besteht aus einer Reihe einzelner, auf verschiedene Weise miteinander verbundener Abschnitten, auf denen man kämpft oder Schätze sammelt.
Jedes Gebiet hat bietet einige normale Kämpfe, zwei bis drei Zwischenbosse und einen Story-Boss, nach dem man das Gebiet automatisch verlässt. Normale Kämpfe und Kämpfe gegen Zwischenbosse werden anhand verschiedener Kriterien mit einem Rang von D bis S bewertet, nach denen sich auch die Belohnung richtet.
Die meisten Gebiete können beliebig oft besucht werden, wobei die Gegner mit dem Voranschreiten der Geschichte stärker werden. Auch Schätze und Belohnungen werden entsprechend besser. Lediglich die Story-Bosse kann man nur einmal bekämpfen. Neu sind einige versteckte Abschnitte, in denen man oftmals Fähigkeiten findet.
EXP erhält man nicht durch Kämpfe, sondern durchs Essen. Man kann Essen in der Umgebung finden, Früchte züchten, Rezepte entdecken und in Restaurants speisen. Gegner hinterlassen Items, Geld und sogenannte Phosonen – die Essenz der Magie in Odin Sphere. Phosonen können genutzt werden, um Früchte heranwachsen zu lassen und – dieser Punkt ist neu in Leifthrasir – Skills zu verbessern.
Dabei stehen jedem Charakter einer Vielzahl individueller Fähigkeiten zur Verfügung. Neben aktiven gibt es auch passive Fähigkeiten und Boni (z.B. „20% mehr EXP durch Essen“, „Konterangriff bei erfolgreichem Blocken“), die man in einer Art Skillbaum durch Level Ups freischalten kann.
Odin Sphere hat außerdem ein Alchemiesystem: Man kann verschiedene Gegenstände kombinieren, um sie stärker zu machen oder neue Gegenstände zu schaffen. So kann man die Wirkung eines Heiltranks, der 100 HP wiederherstellt, um ein Vielfaches verstärken, oder explosive Gemische zusammenmixen. Das System ist sehr simpel gehalten. Bereits zu Beginn kann man theoretisch alles herstellen; im Spiel findet man zudem Rezepte, die genau verraten, wie man einen Gegenstand herstellt.
Abseits der Haupthandlung gibt es fast keine Orte zu bereisen, doch ist es jedem Spieler selbst überlassen, wie gründlich er die Gebiete erkundet. Wer nur schnell zum Boss will, wird die Gebiete möglicherweise lediglich zur Hälfte erkunden. Im späteren Spielverlauf werden die Gebiete zunehmend komplexer.
Mit jedem der fünf Charaktere besucht man, mit kleinen Abweichungen, dieselben Gebiete, die jedoch jedes Mal anders aufgebaut sind. Übernommen werden Rezepte und Schriftrollen, die zusätzliche Informationen über die Welt enthalten; abgesehen davon startet man jedes Mal bei null.
Die Kämpfe spielen sich ausgesprochen flott und dynamisch. Man kann unzählige verschiedene Angriffe nutzen und miteinander verketten, sodass es kaum Leerlaufzeit gibt. Das ist eine große Verbesserung gegenüber der PS2-Version. Auch Items kann man offensiv Nutzen, was Gegner ebenfalls tun. Die Kämpfe sind nun durchgehend sehr kurzweilig und motivierend.
Durch die Überarbeitungen leidet allerdings ein wenig der Schwierigkeitsgrad: Selbst, wenn man auf „Schwer“ spielt, bieten Kämpfe bestenfalls eine moderate Herausforderung, da es selbst ohne viel Grinding durchs Essen problemlos möglich ist, überlevelt zu sein. Wer gezielt die Herausforderung sucht, kann sich aber auch bewusst einschränken. Odin Sphere zwingt niemanden, aufzuleveln, und der Schwierigkeitsgrad („Leicht“, „Normal“, „Schwer“) kann jederzeit geändert werden. Gegen Ende werden die Gegner etwas stärker, und eine besondere Extra-Herausforderung für Hardcore-Spieler bietet der „Hell“-Modus, der nach dem Durchspielen ausgewählt werden kann. Bei dem ist man auf 200 HP limitiert ist, wohingegen man normalerweise im späteren Verlauf mehrere tausend HP hat.
Das Skillsystem ist größer angelegt, als es notwendig gewesen wäre. Das stört nicht, aber man wird vermutlich mit jedem Charakter nur wenige Fähigkeiten intensiv nutzen und viele nur einmal ausprobieren. Wer alle Skills auf die höchste Stufe bringen will, wird sehr viel Zeit investieren müssen.
Pro Charakter benötigt man je nach Spielweise etwa zwischen sechs und zwölf Stunden. Obwohl jeder Charakter einen ganz eigenen Kampfstil hat und eine neue Sicht auf die Geschichte bietet, ist es etwas schade, dass man dieselben Gebiete vier- oder fünfmal sieht, da jeder Charakter in der Handlung fast alle Orte besuchen muss.
Die sind zwar erfreulicherweise jedes Mal anders aufgebaut, aber irgendwann stellen sich dennoch Abnutzungserscheinungen ein, zumal es abseits vom Kämpfen, Sammeln von Schätzen und Zubereiten von Essen wenig anderes zu tun gibt. Motivierend bleibt Odin Sphere dennoch. Obwohl das Gameplay stets gleichartig ist, hat Leifthrasir einige gelungene Komfortfunktionen integriert und die Kämpfe so spaßig gestaltet, dass dieser Kritikpunkt deutlich weniger ins Gewicht fällt als noch bei der PS2-Version.
Wer dennoch das Original bevorzugt: Das kann man im integrierten „Classic“-Modus ebenfalls auswählen.
Die englische Lokalisierung ist ausgezeichnet und überträgt das Shakespeare-Gefühl sehr gut. Die Sprecher passen gut zu ihren Rollen und sprechen lebendig. Lediglich die Lippensynchronität ist manchmal sehr schlecht. Die deutsche Textausgabe ist zwar nicht ganz so stilsicher wie die englische, kann sich aber ebenfalls sehen lassen.
The Good and the Bad
wunderschöne Bilderbuchoptik
einzigartig erzählte Geschichte
märchenhafte Musik
schnelle, kurzweilige Kämpfe
viele Komfortfunktionen
vorbildliche Collector’s Edition
ansehnliche Lokalisierung
zahlreiche gelungene Neuerungen
repetitive Spielstruktur
Schwierigkeit zu gering
Ein Drama in fünf Akten
Die Storybook Edition
Wer Wert auf schöne Sammlereditionen legt, sollte unbedingt zur Storybook Edition greifen. Die ist teilweise für 69,99€ zu bekommen und bietet somit ein extrem gutes Preis-Leistungsverhältnis. Zwar besteht der Außenkarton leider nur aus dünner Pappe. Abgesehen davon ist die Storybook Edition aber nur zu loben. Besonders hervorzuheben ist das 64-seitige Artbook in A4-Format, das voll von wunderschönen Bildern, teils mit Entwicklerkommentaren, ist.
Wer Odin Sphere: Leifthrasir mag, mag wahrscheinlich auch:
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Muramasa: Rebirth | Dragon’s Crown | Valkyrie Profile: Silmeria | Child of Light |