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Final Fantasy XVI: „Das ist nicht mehr mein Final Fantasy!“

„Das ist nicht mehr mein Final Fantasy!“

… ist ein Satz, den ich zur Veröffentlichung von Final Fantasy XVI mehrfach auf Social Media lesen durfte. Während die Fachpresse Traumwertungen verteilte, schien mein Twitter-Feed voll von Fans zu sein, bei denen das Gameplay des neuen Square-Enix-Titels scheinbar nicht so gut ankam. Action-Combat? Blut? Politik? So ginge es nicht. Das war nicht mehr das Final Fantasy der Serien-Veteranen.

Und so ganz konnte ich die Problematik nicht nachvollziehen. Mich selbst hatte der Titel erst nicht wirklich interessiert, da ich ohnehin mit anderen Spielen alle Hände voll zu tun hatte. Der Diskurs um den Genre-Wechsel von Final Fantasy XVI und die vermeintliche Abkehr von dem, was eigentlich einen Titel dieser Reihe ausmacht, hat mich aber hellhörig werden lassen.

Und vielleicht ist es vorweg wichtig zu sagen, dass ich durchaus glaube, dass ein neues Spiel einer renommierten Serie einem absolut nicht taugen darf. Ich selbst habe Street Fighter V nur so viel Aufmerksamkeit gegeben, wie nötig war. Erst mit der Veröffentlichung von Street Fighter 6 konnte mich Capcom wieder einfangen und begeistern. Das ist in meinen Augen auch total fair. Was mich in diesem Kontext mehr interessiert hatte: Ist Final Fantasy XVI wirklich nicht seines Franchise-Titels würdig?

„Das ist ja gar nicht rundenbasiert!“

Einen der häufigsten Takes, die ich lesen durfte, war die Problematik um das Kampfsystem von Final Fantasy XVI. Hier hat sich Square Enix etwas mehr von den früheren JRPG-Wurzeln entfernt und setzt auf Character-Action im Stil von Devil May Cry oder Bayonetta. Unverkennbar ein harter Bruch zu den Titeln, die zuvor kamen. Aber wurde hier wirklich eine Tradition gebrochen?

Final Fantasy XVI bietet Kombo-basierte Action wie in Devil May Cry (Bildmaterial: Capcom)

Ich bin aufgrund mangelnder Hardware erst sehr spät in die Spielreihe eingetaucht. Mein erstes Final Fantasy war der achte Teil als PC-Version. Und alle nachfolgenden Teile der Serie, die ich gespielt habe, hatten ein komplett anderes Kampfsystem und Gameplay-Elemente:

  • Final Fantasy VIII: ATB-Kampfsystem
  • Final Fantasy X: Strikt rundenbasiert
  • Final Fantasy XII: Action-basiertes Auto-Attack mit programmierbaren NPCs
  • Final Fantasy XIV: Tab-Targeting
  • Final Fantasy XV: Open-World mit Action-Kampfsystem

Rückblickend wurde innerhalb der Zeit immer wieder mit neuen Mechaniken experimentiert. Es ist korrekt, dass der Ursprung der Spiele in rundenbasierten Kämpfen lag, welche sich später zu einem ATB-Kampfsystem entwickelt hatten. Aber speziell die letzten Veröffentlichungen spielten sich allesamt unterschiedlich. Das letzte Mal, dass ein Final-Fantasy-Titel dasselbe Kampfsystem hatte, wie sein Vorgänger, war im Jahr 2000, mit dem Erscheinen von Final Fantasy IX.

Ich – als Fan von rundenbasierten JRPGs – verstehe ich vollkommen den Wunsch, mehr Spiele mit dieser Mechanik spielen zu können. Allerdings war die Chance, dass Final Fantasy XVI zu diesem System zurückkehrt, von Anfang an sehr unwahrscheinlich. Doch Turn-Based-Fans müssen ja nicht traurig sein. Es gibt mit Dragon Quest XI, Chained Echoes oder Octopath Traveler II ja ein paar großartige Spiele, welche diese Art von Kampfsystem bieten.

Final Fantasy IX bot wie sein Vorgänger ein ATB-System (Bildmaterial: Square Enix)

Warum ist das Spiel so düster?

Da ich mir im Vorfeld nicht viele Trailer zu Final Fantasy XVI angesehen hatte, um potenziellen Spoilern zu entgehen, war auch ich von der Tonalität des Titels überrascht. Zwar hatte ich bereits zuvor von einem „Game of Thrones“-Flair gelesen, aber so richtig konnte ich mir darunter nichts vorstellen. Es wird einem allerdings schnell klar, was das bedeutet: Gewalt, Sex, Politik und tiefes World Building mit einigem an Lore.

Was mir nicht ganz klar ist, ist der Nachteil dieses Umstands. Und noch viel weniger, warum das Final Fantasy XVI weniger zu einem Final Fantasy macht als seine Vorgänger. Denn genau das, was mich an Teil 16 so fesselt, sind dieselben Aspekte, die mich auch an die vorhergehenden Spiele gebunden haben: die Welt, ihre Charaktere und die spannende Entfaltung derer Schicksale.

Wer nun sagt, dass die Materie heftiger ist als zuvor, der muss bei ein paar anderen Titeln die Augen und Ohren verschlossen haben: Mord, politische Intrigen, Fremdenhass, Klimawandel … alles Themen, vor denen sich Final Fantasy auch in der Vergangenheit nicht verschlossen hat.

Die dunklen Intrigen des Lalafells Lolorito sind ein wichtiger Plotpunkt in FF XIV. (Bildmaterial: Square Enix)

Dabei bietet Final Fantasy XVI auch alle Elemente, die man von einem Titel der Reihe erwartet: Kristalle, Chocobos und die mittlerweile ikonischen Summons sind ein essenzieller Bestandteil der Welt und zentraler Punkt der Geschichte.

Was ist überhaupt „dein“ Final Fantasy?

Und damit kommen wir wieder zu der Aussage zurück, die überhaupt mein Interesse an Final Fantasy XVI geweckt hatte: „Es ist nicht mehr mein Final Fantasy.“ Ich könnte nachvollziehen, wenn man sagt, dass man keine Action-Games mag, und der Titel einem darum nicht zusagt. Etwas, das die Entwickler absolut im Hinterkopf hatten. Immerhin bietet das Spiel zahlreiche (optionale) Stützräder für Spieler, die primär die Welt und Story erleben wollen.

Was mir persönlich wirklich etwas fehlt, ist eine ausgedehnte Charakter-Anpassung. Natürlich ist es möglich, neue Gegenstände auszurüsten und Fähigkeiten zu erlernen, dies ist aber leider etwas flach. Allerdings macht auch dieser Aspekt den 16. Teil nicht weniger zu einem Final Fantasy. Die letzte offene Charakter-Entwicklung hatten wir vermutlich in Final Fantasy X.

Das Sphärobrett von FF X bot viele Möglichkeiten, Charaktere zu entwickeln. (Bildmaterial Square Enix)

Letztendlich fühlte ich mich zu keinem Zeitpunkt so, als würde ich hier ein Spiel erleben, welches nicht dem Label „Final Fantasy“ würdig wäre. Dieselben treibenden Aspekte, welche auch schon mein jüngeres Ich vor die Bildschirme gefesselt haben, sind hier immer noch vorhanden: Eine mitreißende Geschichte, in der Probleme der echten Welt gespiegelt werden, mit Charakteren, deren Schicksal einen wirklich interessiert, umhüllt von einem bombastischen Soundtrack.

Vielleicht ist eher „Das ist nicht das Final Fantasy, was ich am liebsten mochte“, die korrekte Aussage. Und das wird auch keines der Spiele in der Zukunft sein.

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