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Im Test! Chocobo GP

TitelChocobo GP
Japan10. März 2022
Square Enix
Nordamerika10. März 2022
Square Enix
Europa10. März 2022
Square Enix
SystemNintendo Switch
Getestet fürNintendo Switch
EntwicklerARIKA
GenresRennspiel
Texte
Deutschland Nordamerika Japan
VertonungNordamerika Japan

Final Fantasy feiert dieses Jahr das 35. Jubiläum und wartet spielerisch diesen Monat mit zwei Titeln auf, um diesen Umstand zu zelebrieren. Einer davon ist Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin, eine Neuinterpretation des allerersten Final-Fantasy-Spiels. Den zweiten Titel hat Square Enix im September 2021 im Rahmen einer Nintendo-Direct-Präsentation angekündigt: Chocobo GP! Nach dem ursprünglichen Chocobo Racing, welches 1999 weltweit für PlayStation erschien, schickt das Unternehmen den putzigen gelben Vogel erneut ins Rennen und möchte uns mit einem weiteren Fun-Racer beglücken. Ob Chocobo GP das gelingt, ergründen wir in den folgenden Zeilen.

Durch die Kurven schlittern

Betrachten wir doch einmal zuerst die Grundlage eines Fun-Racers, die Rennmechanik. In Chocobo GP treten bis zu acht Charaktere in einem Rennen auf einer von neun Strecken an. Neun Strecken klingt erstmal wenig, aber wir spalten die Zahl später genauer auf. In den Rennen geht es natürlich darum, am Ende als Erste durch die Ziellinie zu fahren. Um das zu bewerkstelligen, stehen neben euren eigenen Fahrkünsten wie Lenken, Hüpfen und Driften auch Charakter-Fähigkeiten sowie magische Kräfte durch Maginiten zur Verfügung.

Bereits der Einstieg in das Spiel trübte den Spaß etwas – ich empfand das Fahrgefühl in keiner Weise vergleichbar mit Mario Kart. Lenkt man zur Seite, hatte ich mehr den Eindruck, dass sich der gesamte Charakter mit Fahrzeug zur Seite lehnt, anstelle in die Richtung einzubiegen. Viele der Strecken sind merkwürdig entworfen, sodass man auf viele Kurven durch zu hohes Tempo meist nicht schnell genug reagieren kann und dann in die Wände kracht.

Generell blieb das Gefühl, dass das Fahren etwas zu schlitterig ist. Etwas besser wurde es durch die Erkenntnis, dass manche Charaktere einfach eine bessere Verteilung der Fahrwerte Tempo, Haftung, Beschleunigung und Drift hatten und sich somit kontrollierter lenken ließen als andere. Immer noch nicht optimal, aber immerhin etwas. Man kann wohl davon ausgehen, dass man online auf viele gleiche Charaktere treffen wird, sobald sich herauskristallisiert, welche die besten Werte besitzen.

Während die Werte deutliche Vorteile bringen können, sind diese in einem Rennen natürlich nicht alles. Wie zuvor erwähnt, gibt es neben dem eigenen Geschick auch diverse Fähigkeiten der Charaktere und Magie, die das Renngeschehen von Chocobo GP bestimmen.

Fahr-Fähigkeiten

»Viele Zauber des Final-Fantasy-Franchise sind verwendet worden, womit man bekannte Sprüche wie Feuer, Eis und Blitz findet.«

In Rennen können bis zu drei Maginiten durch die Berührung von magischen Eiern eingesammelt werden. Diese Eier sind auf der Strecke verteilt und treten in den Abstufungen Gold, Silber und Kupfer auf. Kupferne Eier verleihen einen zufälligen Maginiten, goldene Eier zufällig zwei Maginiten derselben Art. Silberne Eier verleihen einen Maginiten einer Art, die ihr bereits besitzt. Praktisch, um mächtige Kräfte zu entfesseln, denn mehrere Maginiten einer Art wirken auch einen stärkeren Zauber. Viele Zauber des Final-Fantasy-Franchise sind hier als Vorlage verwendet worden, womit man hier bekannte Sprüche wie Feuer, Eis und Blitz findet.

Auch speziellere Fähigkeiten wie zum Beispiel Todesurteil oder Wechsel sind dabei, die das Spielgeschehen etwas dynamischer gestalten. Bei Ersterem wird ein kleiner Sensenmann zum nächsten Rennfahrer geschickt. Um diesen loszuwerden, muss der Betroffene in einem kurzen Intervall viel hüpfen, sonst wird man kurz ausgeknockt. Wechsel öffnet vor dem Fahrer ein blaues Portal, welches zu einem roten Portal führt, das euch etwas weiter vorne auf der Strecke ausspuckt. Ein zweischneidiges Schwert, denn aktive Portale können auch andere Spieler betreten. So erhalten auch andere Spieler einen Teleport nach vorne, doch Vorsicht vor roten Portalen – diese führen euch zurück und ihr verliert kostbare Zeit im Rennen.

Ist euch das Glück nicht hold und es schnappt immer wieder ein Kontrahent die magischen Eier vor euch weg, so könnt ihr euch ab und an durch die individuelle Fähigkeit des gewählten Charakters wehren. Dazu zählen Geschwindigkeitsschübe, Unsichtbarkeitsphasen, mächtige Angriffe und andere besondere Kräfte. Diese Fähigkeiten können per Knopfdruck aktiviert werden, sobald die entsprechende Leiste links unten im Bildschirm gefüllt wird. Doch auch das Einsammeln von Kristallen lässt diese Leiste ansteigen. Was uns zum nächsten Punkt führt.

Kristalle zum Sammeln, Item-Coupons zum Anpassen, Modi zum Ackern

»Es gibt insgesamt 21 Strecken in neun Arealen. Und insgesamt sind alle Rennstrecken nicht so ausgetüftelt entwickelt, wie sie es beispielsweise in Mario Kart 8 sind.«

Auf den Rennstrecken und in den magischen Eiern befinden sich auch Kristalle. Sammelt man zehn dieser Objekte, so erhält der Charakter im Rennen ein höheres Tempo. Doch auch außerhalb der Rennen haben sie einen Nutzen. Eine Leiste im Hauptmenü füllt sich immer weiter durch das Sammeln von Kristallen. Ist sie einmal voll, werden Item-Coupons vergeben und das Sammeln beginnt von vorne. Diese erspielbaren Coupons können im Spiel-Shop für manche Charaktere (sobald im Geschichtsmodus freigeschaltet), für weitere Fahrzeugtypen mit anderen Fahrwerten (sobald im Geschichtsmodus freigeschaltet) und für weitere Fahrzeugfarben, Sticker sowie Menühintergründe ausgegeben werden.

Im Hauptmenü erhält man bereits eine gute Übersicht darüber, was Chocobo GP für Spieler bereithält. Auf der rechten Seite sehen wir mit „Geschichte“, „Zeitfahren“, „Rennserie“ und „Angepasstes Rennen“ Modi für einen oder zwei Spieler. Zum Freischalten von Charakteren, Strecken und anderen Elementen sind wir angehalten, den Geschichtsmodus zu absolvieren. Dieser bietet eine sehr seichte Erzählung auf neun Kapitel verteilt mit vielen Albernheiten, aber enthält auch verschiedene Aufgaben, die euch neue Charaktere, Item-Coupons und anderes bescheren. Im Grunde kann man die Zwischensequenzen auch überspringen und man hat einen Missionsmodus – viel Wert geht dabei nicht verloren.

Zeitfahren erklärt sich ziemlich von selbst, „Angepasstes Rennen“ auch – hier stellt man für den persönlichen Rennspaß alle Schrauben selbst. Rennserie stellt euch vor diverse freischaltbare Grand Prix bestehend aus vier Rennen, die leider nicht allzu viel Abwechslung bieten, zumindest visueller Art. Wieso das so ist? Es gibt im Grunde nur neun Rennstrecken… nein, Renn-Areale. Jedes der neun Areale besitzt zwischen einer und vier Streckenvarianten, sodass es insgesamt 21 Varianten für die neun Areale sind. Und insgesamt sind alle Rennstrecken nicht so ausgetüftelt entwickelt, wie sie es beispielsweise in Mario Kart 8 sind.

Mehr Charme als Inhalt

In Sachen Streckenvielfalt kann Chocobo GP nicht brillieren, doch Charme hat es trotzdem. Chocobo, seine Freunde und Widersacher sehen putzig aus, ihre Karren (oder Rollerskates) sehen schick entworfen aus. Die Strecken sind durch ihre Anlehnung an Final-Fantasy-Ortschaften und dank der versteckten Details durchaus nett anzusehen. Musikalisch borgt sich Chocobo GP auch viele Tracks aus alten Final-Fantasy-Titeln und legt diese fürs Racing-Feeling neu auf. Der Song im Hauptmenü ist durch die Aufzählung vieler Charaktere niedlich anzuhören, doch geht ziemlich schnell auf die Nerven.

Insgesamt sind 24 Charaktere in Chocobo GP freispielbar und im Umfang des Spiels zu Release enthalten. Und zwei weitere sind ebenso freischaltbar, aber leider durch den Aufbau des Spiels als „game as a service“ vorerst nur zeitlich begrenzt verfügbar. Das führt uns nun zur linken Hälfte des Hauptmenüs. Wovon genau die Rede ist?

Chocobo-Geldpresse

Für gewöhnlich startet ein Spiel und man landet im Hauptmenü, wählt den Modus, den man gerne spielen würde, und los geht es. In Chocobo GP wird man hingegen mit einer netten Meldung zu zwei Charakteren begrüßt, die im Rahmen der ersten Spiel-Saison im Spiele-Shop für diverse Währungen zu erhalten sind. Cloud aus Final Fantasy VII und Squall aus Final Fantasy VIII sind bis Mitte Mai als Saisonbelohnungen erhältlich. Squall lässt sich theoretisch ohne weitere Geldausgabe erspielen, um Cloud überhaupt ergattern zu können muss man den Preispass für 800 Mithril erwerben. Danach muss man die Saisonstufe durch das Spielen des „Chocobo GP“-Online-Modus, in dem man sich in mehreren Turnierrunden gegen sieben weitere Racer beweist, erhöhen. Cloud schaltet man daraufhin mit Stufe 60 frei.

„Na und, andere Spiele machen das auch!“, werden vielleicht manche sagen. Aber diesen Umstand hat Square Enix erst vor wenigen Wochen im Februar kommuniziert und das zog auch mein Bild des Spiels vor Release deutlich runter. Zwar bekommt man die 800 Mithril, die Echtgeld-Währung des Spiels, für den ersten Preispass gestellt (und wöchentlich einen kleinen Obolus von 50 Mithril). Doch das Ganze lässt natürlich darauf schließen, dass man dieses Saison-Modell auch in Zukunft fortführen wird. Und das Modell ist in meinen Augen keineswegs verhältnismäßig.

Punkte, Gil, Mithril und Euro

»Im Kern des Spiels steckt teils dennoch etwas Gutes, allerdings kann ich durch die Umstände der Monetarisierung nicht empfehlen, für den vollen Preis mit dem gelben Vogel ins Rennen zu ziehen.«

Für neun Euro kann man 1000 Mithril erwerben, wodurch der Preispass dann 7,20 Euro kostet. Man zahlt (zusätzlich zu dem Nintendo-Switch-Online-Abonnement, welches ja für das Online-Gaming notwendig ist) also sieben Euro, um sich für Cloud abackern zu können. Denn GP-Punkte werden uns nun auch nicht hinterhergeworfen. Für verlorene Rennen erhält man circa 300, für gewonnene zwischen 500 und 600 Punkte. Etwa die Hälfte, wenn man keine Team-Sticker verwendet. Die Punktzahl, um die nächste Stufe zu erreichen, erhöht sich um 100 pro Stufe, sodass wahrscheinlich (wenn der Wert nicht irgendwann gedeckelt wird) insgesamt 236.000 Punkte benötigt werden, um Stufe 60 zu erreichen.

Bei optimistischen 600 Punkten pro gewonnenem Rennen wären das… 393 Rennen. Innerhalb von zwei Monaten, mag man sagen, sei das machbar, aber es macht das Spielen im Endeffekt zu einem Zwang, da man sein ausgegebenes Geld ja nicht verlieren, sondern Cloud als Belohnung haben möchte. Für Squall hingegen benötigt man 3000 Gil, die man bei Stufenaufstieg als Belohnungen erhält. Ohne den Preispass dürfte man diese Anzahl bei Stufe 89 erreichen, mit Preispass durch weitere Gil-Belohnungen bereits bei 17(!).

Möchte man Cloud unbedingt direkt freischalten, muss man 2400 Mithril blechen, also fast 22 Euro. 22 Euro für einen Charakter. Okay, theoretisch zwei, da man durch den „Premium-Preispass“ direkt auf Stufe 60 befördert wird, dadurch auch alle Gil-Belohnungen bis dahin erhält und Squall erwerben könnte. Für 25 Euro erhält man bei der Konkurrenz mit Bart einen Streckenpass, der in sechs Wellen bis ins nächste Jahr hinein insgesamt 48 Strecken beschert. Welches Schicksal Cloud und Squall eigentlich ereilt, sobald die Saison vorbei ist, ist derzeit ungewiss. Werden sie als normale DLC zum Kauf bereitgestellt? Man weiß es nicht.

„Fun“-Racer mit Charme und Zwang

Auch wenn ich mich sehr darauf gefreut habe, den niedlichen Racer mit Chocobo und Co. zu spielen, schwächte Square Enix mit der Ankündigung des Saison-Systems die Vorfreude und in meinen Augen auch das gesamte Potential des Spaßes, den man mit Chocobo GP haben könnte. Das Fahrgefühl ist zwar etwas mau, aber man hat irgendwann etwas den Dreh raus. Die Streckenvielfalt lässt zu wünschen übrig, aber erfüllt ihren Zweck, wenn man mal ein paar witzige Runden spielen möchte.

Die Präsentation des Spiels ist knuffig und passt zur Chocobo-Subreihe des Final-Fantasy-Franchise. Und doch möchte Square Enix den Spaß verderben und Spielern nach dem Kauf des Titels für Vollpreis mit beliebten Charakteren und anderen optischen und spielerischen Anpassungsmöglichkeiten weiter Geld aus den Taschen ziehen oder unverhältnismäßig viel Zeit abverlangen.

Ob ihr mit dem Fahrgefühl des Spiels zufrieden sein werdet, könnt ihr in der kostenlosen und abgespeckten Lite-Version des Spiels testen. Im Kern des Spiels steckt teils dennoch etwas Gutes, allerdings kann ich durch die Umstände der Monetarisierung nicht empfehlen, für den vollen Preis mit dem gelben Vogel ins Rennen zu ziehen.

 

Story

Ein Mogry wird von einer Gottheit besessen und ruft zum großen Grand Prix auf. Ziemlich albern und sich selbst nicht Ernst nehmend, sodass man durch das Überspringen der Story-Sequenzen aus dem Geschichtsmodus auch einen Missionsmodus machen kann.

Gameplay

Das Fahrgefühl ist nicht die Crème de la Crème, aber man gewöhnt sich an das eher rutschige Handling. Neun Rennareale mit insgesamt 21 Streckenvarianten warten auf 24 Charaktere und ihre Karren.

Grafik

Putzige Charaktermodelle und schicke Rennwägen. Die Umgebungen der Rennstrecken sind nett gestaltet, aber es kommt nicht an die Konkurrenz mit Bart ran.

Sound

Bekannte Final-Fantasy-Melodien in neuen Versionen aufgelegt.

Sonstiges

Saison-Modell und Monetarisierung stehen im starken Kontrast zu der kindgerechten Aufmachung des Spiels. Spielspaß etwas getrübt, wenn man weiß, dass manche Charaktere nur für echtes Geld und viel Zeitaufwand zu bekommen sind.

Bildmaterial: Chocobo GP, Square Enix, ARIKA