Meine Sommerferien 1998 und 1999 waren ziemlich eintönig, aber nur auf dem Papier. Wochenlang habe ich mit meinen besten Freunden Super Mario 64, Mario Kart 64, Banjo-Kazooie und ein Spiel, dessen Name man inzwischen nennen darf, gespielt. Und es war grandios.
Es war die beste Videospielzeit meines Lebens.
Damals habe ich Videospiele noch gespielt. Heute mache ich das nur noch ganz selten. Die meiste Zeit über bearbeite ich Videospiele, weil meine Bubble sagt, dass man sie mal gespielt haben müsste. Manchmal versuche zum Veröffentlichungstag dabei zu sein, weil es nur dann auch viele andere Leute interessiert und ich mitreden kann. Dabei weiß ich das meiste über diese Spiele sowieso schon.
Wie lange dauert es? Wie gut ist es?
Am Ende finde ich das Spiel auch sehr gut, denn eigentlich spiele ich sowieso nur sehr gute Spiele. Die meisten haben einen OpenCritic-Score jenseits der 80 und ihre Güte ist allgemein anerkannt. Für Experimente oder für Spiele, die nicht so gut sind, habe ich auch keine Zeit.
Wenn ich einen Boss dreimal nicht gepackt habe, schaue ich mir ein YouTube-Video an. Es hält meinen Spielfortschritt auf, das nervt mich. In der Zeit hätte ich schon viel mehr Progression haben können.
Überhaupt: Progression, das muss sein. Spiele durchspielen und sie am besten auch zählen. Und dann wieder vergessen. War wirklich alles ganz gut, aber nichts, woran ich in Jahren noch denken würde. Zumindest Trophäen bin ich zum Glück noch nicht verfallen.
Viele dieser Dinge sind hausgemacht. Ich bin natürlich frei in meiner Spiele-Auswahl, ich kann schlechte oder gute Spiele spielen, ich kann lange oder kurze Spiele spielen. Wenn ich möchte, schaue ich mir keine Trailer an und keine Komplettlösungen.
Aber am Ende bin ich doch wieder auf HowLongToBeat, um zu checken, wie lange Metroid Dread mich „in Anspruch nehmen“ wird. Dabei wollte doch ich Metroid Dread in Anspruch nehmen.
Früher war das anders…
Früher war das anders. Das hat natürlich eine Reihe von Gründen. Die kindliche Naivität gehört sicher dazu. Der Faktor Zeit war noch kein echter Faktor und das Internet war noch lange nicht das, als was wir es heute kennen. Der technische Fortschritt zwischen und während den Hardware-Generationen war immens. Ich war uninformiert und ohne Erfahrungen.
Als ich das erste Mal Super Mario 64 gespielt habe, holte ich vollkommen aufgelöst meinen Vater vor die Mattscheibe. Die Bewegung im 3D-Raum war mir völlig neu und ich urteilte damals lautstark, das Spiel würde „wie echt“ aussehen.
Ich habe in Banjo-Kazooie die Welten erkundet, ohne zu wissen, wo ich eigentlich hinmusste. Und das hat mich nicht gestört. Ich habe danach auch nicht versucht, Banjo-Kazooie mit anderen Spielen zu vergleichen. Oder Spielzeit gegen Kaufpreise aufzuwiegen.
Mit dem Game Boy im Gepäck
Ganze Vormittage lang habe ich mit drei Freunden immer und immer wieder Mario Kart 64 gespielt. Heute würde ich versuchen, so viele Spiele wie möglich in diesen Stunden unterzubringen. Ein oder zwei Sommerferien früher bin ich mit meinem Game Boy und Link’s Awakening im Gepäck auf dem Fahrrad zu meinem älteren Cousin gefahren, weil ich nicht mehr weitergekommen bin. Das weiß ich heute noch. Wie sehr werdet ihr euch in 25 Jahren daran erinnern, welches YouTube-Video ihr geschaut habt, um den ersten E.M.M.I. zu besiegen?
Ich will gar nicht nörgeln, ich bin nur ein bisschen melancholisch. Dieses Spielgefühl von damals werde ich in dieser Intensität wohl nie wieder erleben. In Ansätzen hatte ich es mit Spielen wie Bloodborne oder Breath of the Wild. Bloodborne war so intensiv und befriedigend, dass ich gut verstehen kann, weshalb Souls-Fans darauf beharren, um Himmels willen keinen Easy-Mode zu bekommen.
Und Breath of the Wild schickte mich auf eine Entdeckungsreise, wie sie mir kein Open-World-Spiel bisher bieten konnte. Das kommt schon am ehesten an meine kindlichen Entdeckungsreisen heran.
Eine solche erlebe ich aktuell mit The Elder Scrolls V: Skyrim, das ich zum ersten Mal überhaupt spiele. Die offene Spielwelt lädt zum Entdecken ein und bietet unheimlich viel Inhalt, besonders unter dem Augenmerk des Alters des Spiels. Ich habe zwei Stunden lang eine wirklich gute Zeit mit Skyrim und denke nicht viel darüber nach.
Dann schalte ich ab und lasse Revue passieren, wie viel Fortschritt ich hatte. Und wenn ich keinen Fortschritt hatte, denke ich daran, wie viel Fortschritt ich in dieser Spielzeit mit Hades hätte haben können, das ich derzeit parallel spiele. Warum…
So ganz wie früher wird’s wohl nicht mehr.
Bildmaterial: Shibuya, Pixabay von binmassam