Schnell, brutal und technisch versiert. Diese Zutaten faszinieren nicht nur bei vielen Spielarten des Metal, sie beförderten gleichsam die Neuinterpretation des Klassikers DOOM in unzählige Jahresbestenlisten. Es hagelte Best-Action-Prämierungen am laufenden Band und auch die Fans hätten sich kaum glücklicher über den 15-stündigen Rausch aus Blut, harter Musik und beeindruckender Optik äußern können. Eine Fortsetzung? Unausweichlich. Doom: Eternal. Nur stellt sich nun die Frage, ob id Software über genug Munition verfügt, um die etablierte Formel aufzufrischen, oder sich eine gewisse Redundanz einschleicht, die nicht einmal vom heftigsten BFG-Einschlag zerbröselt werden kann.
Ein wenig Frühsport, dann gehts ins Getümmel
Auf der EGX konnte ich mir ein Bild davon machen, was DOOM: Eternal für uns in petto hat. Die anspielbare Demo entspricht dem bereits gezeigten Material auf der Quakecon und der Gamescom, weshalb ich mich in dieser Preview weitgehend auf meine persönliche Erfahrung beim Hands-on fokussiere und nicht jedes kleine Detail wiederkäue, das vor geraumer Zeit den Weg ins Internet fand.
Begonnen wurde die Anspielsession mit einem kleinen Tutorial, das Anfängern den Einstieg in die Vorabversion leichtmachen soll und einige Features des Sequels erklärt. Die Einführung lässt sich gut mit den Hologramm-Simulationen in RAGE 2 oder den Trainingsparcours der Titanfall-Spiele vergleichen, plätschert aber ärgerlicherweise recht dröge vor sich hin. Da sich der Demo-Abschnitt irgendwo in der Mitte des finalen Spiels verorten lässt, rechne ich für den fertigen Release mit deutlich intuitiveren und besser in das Szenario eingebetteten Lernarealen. Mit ein wenig Vorwissen ließen sich die Probeaufgaben im Handumdrehen erledigen und ich konnte endlich durchstarten.
„Warning: The Slayer has entered the Facility“
Als personifizierter Albtraum Satans betrete ich eine Anlage auf dem Mars-Mond „Phobos“, Bässe pumpen im Hintergrund und die ansässigen Forscher sowie einige Elite-Soldaten erstarren in Ehrfurcht. Ich kenne die Sequenz natürlich schon seit Monaten, dennoch vermittelt sie umgehend den Eindruck, als sei ich der krasseste Motherfucker im uns bekannten Universum. Kurzerhand reiße ich einem unbedarften Wachmann die Knarre aus den Händen und mache mich ans Werk: Die Brut der Hölle fällt über die Anlage her, ich muss mich zu einer gewaltigen, stationären BFG durchschlagen.
Der erneut mächtig wummernde Industrial-Soundtrack von Mick Gordon bricht über mich herein und ich probiere einige der Gameplay-Neuerungen aus. Zahlreiche Gegner verfügen nun über verletzliche Körpermerkmale, die ich wegschieße, damit diese wirkungslos werden. Die auf Metallbeinen herumstolzierenden Arachnotrons, die mit ihrem Design entblößten Gehirnen gleichen, wird somit kurzerhand der aufmontierte Raketenwerfer abgenommen. Dort macht DOOM: Eternal jedoch nicht halt – eure Feinde könnt ihr nun regelrecht zerlegen. Jeder einzelne Projektileinschlag hinterlässt klaffende Wunden.
Bewegungsfreiheit
Noch auffälliger ist die Implementierung eines Dash-Features. Wie in vielen aktuellen Shootern sorgen Schubdüsen dafür, dass wir uns innerhalb von Sekundenbruchteilen in die angepeilte Richtung bewegen, was das Tempo spürbar erhöht. Zudem können wir uns an Metallrohren entlangschwingen, um auf eine höher gelegene Plattform zu gelangen oder einem dicken Gegnerbrocken auszuweichen. Im zweiten Kampfabschnitt gesellt sich dann die Super Shotgun hinzu, die um einen „Fleischerhaken“ als Sekundärfunktion erweitert wurde. Diesen versenken wir in eines der Monster, um uns an es heranzuziehen und somit eine große Distanz zu überbrücken.
Vorweg: Ich hatte in den Arenen irrwitzig viel Spaß. Da der Schwierigkeitsgrad ein ganzes Stückchen angehoben wurde und die schiere Masse an Kreaturen auf den ersten Blick zugenommen hat, ist DOOM: Eternal ab der ersten Sekunde fordernd. Sogar auf mittlerer Einstellung gehts ordentlich zur Sache, im Falle eines plötzlichen Ablebens wird nun aber schnell ein Extraleben abgezogen, statt sofort den letzten Checkpoint neuzuladen, weshalb Verschnaufpausen rar gesät sind und der typische Flow der Reihe weitaus länger aufrechterhalten wird. Der „Erstling“ hat es bei mir nicht gänzlich geschafft, meinen Adrenalinspiegel bis zum Ende hin durchgängig oben zu halten, weshalb es mich beeindruckt, dass ein paar kleine Kniffe solch große Auswirkungen auf das Spielgefühl nehmen.
Zumal ich in den knapp 30 Minuten gar nicht alle Neuerungen, die in die eng bemessene Demo gequetscht wurden, verarbeiten konnte. Ständig stand ich ohne Rüstung da, da wir diese jetzt unter anderem dadurch erhalten, dass wir Gegner mit einem auf unserer Schulter montierten Flammenwerfer abfackeln. Eine besonders starke Nahkampf-Attacke ließ ich weitgehend ungenutzt. Beide Fertigkeiten wurden offensichtlich ins Steuerungsschema integriert, mir fehlte am Morgen wohl schlicht ein adäquates Koffeinniveau. In der fertigen Version wird mir das ganz sicher nicht mehr passieren! Dann gehts den Viechern an den Kragen!
Neuer alter Kram
Damit das sichergestellt ist, hat mich ein Crewmitglied von Bethesda auf zwei Arsenalergänzungen aufmerksam gemacht. Die Ballista entspricht in ihrer Funktion der Gauss-Kanone aus dem DOOM-Reboot, feuert statt einer beschleunigten Kugel jedoch einen Pfeil ab, der zusätzlich mit einer Explosivladung bestückt werden kann. Die aus den Klassikern bekannte Plasma Gun feiert ihr (optisches) Comeback, spiegelt allerdings eher die Link Gun aus dem ehemaligen Kontrahenten Unreal Tournament 2003, denn die Sekundärfunktion löst einen Laserstrahl aus, der sich an das angepeilte Ziel „haftet“.
Dieser sehr konservative Ansatz, Altbekanntes in die Moderne zu transferieren, trägt sich bis ins Bestiarium hinein. Einige Rückkehrer wie der Pain Elemental aus Doom 2, ein fliegender, kugelrunder Dämon, der brennende Totenschädel verschießt, stellen sich uns in den Weg, auf dem Pfad zur BFG wurden etliche der neu eingeführten Gargoyles niedergemäht, die genauso aussehen, wie es ihr Name verrät. Einfluss auf meine Kampfstrategie nahmen diese Zugänge oberflächlich betrachtet nicht, sie unterfütterten eher subtil meine Spielerfahrung. Es wurden mir allerdings auch schon Feinde vor den Lauf geschmissen, die im Vorgänger erst in späteren Levels eine Rolle spielten, weshalb damit zu rechnen ist, dass bereits bestätigte Dämonen, wie der Arch-Vile, ebenfalls ein Bekannter aus „Hell on Earth“, oder der vor Kraft strotzende Marauder, heftiger austeilen als das bisher bespielbare Kanonenfutter.
Schattenseiten
Soweit zu den positiven Aspekten der Vorabversion, an einigen Schwachpunkten muss das Team von id Software bis zum Release jedoch feilen. Zwischen den einzelnen Kampfarealen versucht uns DOOM: Eternal mit Sprungpassagen bei Laune zu halten, die für meinen Geschmack zu stark die Hochgeschwindigkeitsaction ausbremsen und verdammt unübersichtlich geraten sind. Mir fiel es mit der Uhr im Nacken ganz schön schwer zu erfassen, wo ich denn eigentlich hinspringen muss. Natürlich versucht man die Masse an Bewegungsoptionen in kleine Geschicklichkeitseinlagen zu verquicken, um für Abwechslung zu sorgen. Letztendlich verpasste ich das angepeilte Ziel aber häufig, was meinem Enthusiasmus nicht gerade zuträglich war, dabei hinterließen einige Sequenzen, in denen sich das Spiel weitgehend auf Hangeleinlagen konzentrierte, einen ordentlichen Eindruck. Ähnlich wie bei der aktuellen Tomb-Raider-Trilogie oder God of War können wir Klingen, die an unsere Unterarme montiert wurden, zum Klettern und Festhalten an rauen Oberflächen nutzen.
Aufgrund der bereits häufigen Verwendung in den genannten Beispielen, könnte sich rasant eine entsprechende Sättigung einstellen, weshalb ich diese Abschnitte aktuell eher kritisch betrachte. Da das finale Spiel einen starken Fokus auf die Erkundung der großen Level setzen möchte, hoffe ich daher darauf, dass die Sprung- und Kletterpassagen darauf ausgelegt werden, dass man sich als Spieler ein wenig eingrooven kann und den strukturellen Aufbau sofort erkennt.
Mal sehr viel, mal fast gar keine Abwechslung
Weiterhin bin ich auf den finalen Look gespannt, denn grafisch hat sich auf den ersten Blick nicht so viel getan. An den Details wurde mächtig geschraubt, die Texturen und die allgemeine Lichtstimmung kamen mir jedoch seltsam blass vor. Hier möchte ich aber vermeiden vorschnell zu urteilen. Naturgemäß weicht mein privates Setup von dem der Anspielstation enorm ab. Ich bevorzuge ein eher kontrastreiches, dunkleres Bild, das sich beim 2016er-DOOM in meine zukünftige Erwartungshaltung gebrannt hat.
Eine heimische Gegenprüfung mit bisherigem Material von Eternal lieferte mir ein klar ansprechenderes Ergebnis, was meine Spannung bezüglich der visuellen Präsentation immens befeuert, denn die Demo lief durchgehend performant und die Gestaltung der einzelnen Häppchen, die ich absolvieren durfte, lassen auf einen grafischen Leckerbissen hoffen. Ob nun mittelalterliche Aufbauten im feurigen Inferno der Hölle oder glänzende Metallkonstrukte auf sandigen Mondoberflächen, jede Einstellung, gar jeder Pixel wirkt als wäre er akribisch arrangiert worden.
Ähnliches lässt sich über die Animationen sagen, die erneut von höchster Güte sind. Umso ärgerlicher, dass ich bereits erste Abnutzungserscheinungen bei den besonders brutalen Glory Kills ausmachte. Wie schon beim Vorgänger wird ein blinkender Grafikeffekt über extrem geschwächte Feinde gelegt, um uns darauf aufmerksam zu machen, dass wir umgehend tödliche Finisher abspulen können. Als Bonus erhalten wir ein wenig Gesundheit. Klingt erstmal nett, aber leider bietet DOOM: Eternal, wie auch andere Vertreter, die diese Mechanik nutzen, wenig Varianz. Schon nach wenigen Kills wiederholten sich die Animationen.
Brutal egal
Eine Zeit lang habe ich versucht so viele Glory Kills wie nur möglich auszulösen, um diesen Umstand, der sich schon im Reboot deutlich machte, zu überprüfen. Im Zuge dessen habe ich auch ein paar Sekunden genutzt, um über die dargestellten Grausamkeiten zu reflektieren, was gar nicht so leicht ist, da der Rausch der Geschwindigkeit Ruhemomente durchgängig abwürgt. Es ist erstaunlich wie ausufernd DOOM: Eternal mit Gewalt jongliert, ohne dass ich mich zu irgendeinem Zeitpunkt davon beeinflusst fühlte. Zu stark ist die Action überzeichnet, zu sehr spornt das Gamedesign an, schnell weiter voranzuschreiten, statt sich an einem möglichst blutigen Kill zu laben.
Umherspritzendes Blut wird dadurch zu so etwas wie einem Tusch beim Karneval oder Konfettiregen bei einer Show – Bestätigung eines geglückten Witzes oder eines Abschlusses. Das steht vor allem im Kontrast zu einer weiteren Messe-Präsentation, bei der sich bei mir doch ein ganzes Stückchen mehr Unwohlsein breitmachte, obwohl der vorgetragene Kontext viel authentischer ausfällt.
Gemeint ist damit Cyberpunk 2077, das Gewalt als gesellschaftlich normativen Zustand des Szenarios installiert und dabei sehr explizit wird. An sich keine dramatische Ausgangslage, hätte man auf eine fluffig-lockere Grundstimmung bei der Vorführung verzichtet. Es kann natürlich sein, dass ich die Tonalität in dem limitierten Rahmen nicht so erfasst habe, wie es sich CD Projekt RED erhofft hat, irritiert war ich dennoch. So zumindest die Kurzfassung, in einem Folgeartikel über Cyberpunk 2077 werde ich darauf noch einmal umfangreicher eingehen und meine Position genauer erläutern.
Mit der Messe im Rücken Richtung Release
Nun aber wieder zurück zum eigentlichen Thema. Nicht gänzlich unerwähnt möchte ich die Tatsache lassen, dass es mir schwerfällt die Soundkulisse von DOOM: Eternal einzuschätzen. Das Hörvergnügen litt stark unter dem aufdringlichen Messegetöse, das nicht im Ansatz von den zur Verfügung gestellten Razer-Headsets ausgeglichen werden konnte. Da nebenan auch noch eine BMX-Halfpipe-Show lautstark über eine wattstarke PA-Anlage, welche mein Gameplay völlig übertönte, abgebrannt wurde, lässt sich dahingehend ein gewisser Zwiespalt nicht unterdrücken. Ist die Tonabmischung des Spiels genauestens nuanciert und wollte mir nur mal einen Augenblick der Entspannung gönnen oder für einen DOOM-Nachfolger einen Tick zu unaufdringlich? Only time will htell.
Immerhin ist die Wartezeit nicht mehr allzu lang, auch wenn Bethesda verkündete, dass noch bis zum 20. März 2020 am Dauergeballer für PCs, PlayStation 4, Xbox One und Nintendo Switch poliert wird. Die angesprochenen Mängel möchte ich außerdem gar nicht aufbauschen. Mit ein wenig Feintuning bei den Sprungpassagen und einem ordentlichen Abwechslungsplus ist der Titel als Ego-Shooter des Jahres quasi garantiert.
Ach, falls ihr euch gefragt habt, was es mit der Big Fucking Gun auf sich hat, zu der wir gelangen müssen: Es handelt sich dabei um ein ganz vorzügliches Transportmittel!
Bildmaterial: Doom Eternal, Bethesda Softworks / id Software
Call to Action!
Im Text spreche ich die Gewaltdarstellungen von DOOM: Eternal an und weise auf Cyberpunk 2077 bzw. die Stimmung während der Präsentation des Titels hin. Da Gewalt in Spielen für mich schon seit längerer Zeit ein wichtiges Thema ist und ich überlege meine Gedanken in einer Kolumne zu verarbeiten, wäre es super von euch, wenn ihr in einem kurzen Kommentar signalisieren könntet, ob Interesse an solch einem Artikel besteht. Ich würde mich auch darüber freuen, wenn ihr eure Ansichten in einem kleinen Text festhaltet, damit ich diese mit meinen eigenen abgleichen kann. Daraus ließe sich bestimmt etwas Interessantes schaffen.
Unter der Preview, die ich gerade zu Cyberpunk runtertippe (kann noch zwei oder drei Tage dauern, wird doch umfangreicher als geplant), werde ich ebenso einen Aufruf starten und dann mal schauen, ob sich ein paar Sachen ansammeln.
Danke im Voraus!
Ich habe grundsätzlich nichts gegen Gewaltdarstellung, allerdings komme ich auch aus einer Zeit, wo man um jeden Tropfen Blut in Spielen kämpfen musste bzw. eben auf das Recht sie zu sehen.
Allerdings gibt es bei mir eine starke Einschränkung. Die Gewalt muss optisch und thematisch zum Spiel passen. Bei einem Doom gehört übertriebenes Splattern einfach dazu, bei einem World of Worcraft nervt es mich hingegen schon, wenn die Gegner laut schreiend erst auf die Knie fallen und dann zusammenbrechen. Das finde ich bei der Art von Spiel einfach unangebracht auch wenn es praktisch blutfrei ist.
Und, egal wie brutal es ist, es schockt / fasziniert mich alles längst nicht mehr. Dafür finde ich es eben oft einfach nur geschmacklos, dazu zählen durchaus viele Szenen aus einem Mortal Kombat. Das ist einfach so übertrieben und unrealistisch, dass die Schockwirkung verschwindet. Ähnlich geht es mir übrigens auch bei CGI Blut in Filmen, egal wie es spritzt, es wirkt halt lange nicht so stark wie früher die Blutflecken auf dem weißen Hemd.
Aber das gilt bei mir auch bei Filmen. Als ich Teenager war, habe ich natürlich jede Gewaltdarstellung im Fernsehen oder auf Video quasi aufgesogen. Was habe ich für große Augen gemacht als die Alien-Königin in Aliens Bishop in zwei Teile riss. Das war damals voll krass. Schon zehn Jahre später hingegen gefiel mir eher die subtile Darstellung von Gewalt, bzw. das gerade nicht zeigen und eher der psychologische Horror weitaus besser.
Also man könnte sagen, Mitte 80er bis Anfang 90er war so was wie Aliens der geile Scheiß für mich, ab Mitte, Ende 90er dann fand ich Filme wie Alien viel spannender - rein auf den Horror bezogen, als Actionfilm mag ich Aliens noch immer. (Und Alien 1 mochte ich übrigens auch Mitte 80er schon unglaublich gerne).
Übrigens sehe ich auch ein The last of us 2 aus diesem Grund recht kritisch. Die gezeigten Trailer geizen nicht mit visueller Gewalt und brutalsten Darstellungen. Und da frage ich mich einfach, muss das bei so einem Titel, der ja angeblich wert auf Story und auch eine Message legt, sein? Ich finde weniger wäre hier durchaus mehr. Ich denke nicht, dass The last of us 2 irgend so was sein will wie etwa die Wrong Turn oder Hostel Horrorserien.