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FIFA 20 Legacy Edition: Zwischen Frechheit und mutwilliger Mogelpackung

Bildmaterial: FIFA 20 Legacy Edition FIFA 19, EA

(Artikel im Original veröffentlicht am 7. Oktober 2019)

Es gibt (jederzeit) genug Themen in der Videospielbranche, über die man sich vortrefflich aufregen könnte. Hässliche Abomodelle, schlechte Arbeitsbedingungen, deutsche Gamesförderung, völlig überteuerte Portierungen oder Lootboxen. Doch das, was EA aktuell mit FIFA 20 anbietet, ist an Frechheit eigentlich kaum zu überbieten und hat deshalb heute einen eigenen Kommentar verdient. Dabei geht es mir nicht um den FIFA Ultimate Mode, sondern um die FIFA 20 Legacy Edition für Nintendo Switch. Viele Medien berichten zwar über die Umstände dieser „Legacy Edition“, doch die große Aufruhr bleibt gefühlt aus. Tenor: Legacy eben. Kennt und weiß man doch. Schulterzucken. Aber so leicht darf EA nicht davonkommen.

Ja, das weiß man. Die „Legacy Editionen“ der FIFA-Reihe sind seit jeher abgespeckt, veraltet und vollkommen überteuert. Dass EA diese Editionen für Plattformen der letzten Generation anbietet, na gut. Das kann ich irgendwie noch nachvollziehen. Auch wenn die Preise auch da überhöht und die Kennzeichnungen meiner Meinung nach unzureichend sind. Aber dass auch die FIFA 20 Legacy Edition für Nintendo Switch im Prinzip nur FIFA 19 mit einem Kader- und Trikot-Update sowie aufgehübschten Menüs ist, das kann man nicht ernsthaft gutheißen. Zumal EA diesen Murks mit größter Überzeugung auch noch für 50 Euro in die Regale stellt.

Keine Gameplay-Updates und fehlende Spielmodi

EA bietet ein FAQ im Internet, welches darüber aufklären soll, was in der Legacy Edition „enthalten ist“. Das ist witzig, weil das FAQ natürlich eigentlich dazu da ist um aufzuklären, was in der Legacy Edition eben nicht enthalten ist. Immerhin, da steht es Schwarz auf Weiß. Das Problem mit FAQs ist natürlich, dass man nur nach Antworten sucht, wenn man Fragen hat. Und es lässt sich ganz bestimmt nicht leugnen, dass es eine Gruppe von Käufern gibt, die zu FIFA 20 Legacy Edition keine Fragen hat. Die erfahren dann entweder zu spät oder aber nie, welche Inhalte ihnen verborgen geblieben sind.

FIFA 20 für Nintendo Switch fehlen nämlich sämtliche „Gameplay-Innovationen“, die Spieler auf anderen Plattformen genießen. Weiter unten im FAQ wird man noch deutlicher. FIFA 20 Legacy Edition enthält „dieselben Gameplay-Innovationen wie FIFA 19, ohne jegliche neue Entwicklungen oder signifikante Verbesserungen“. Mit anderen Worten: FIFA 20 auf Nintendo Switch ist spielerisch FIFA 19. Nun kann man ja zynisch sein und schreiben, das sei doch jedes Jahr so. Aber das wäre einerseits Unsinn und andererseits ist das nicht witzig.

Mit dem neuen VOLTA-Modus fehlt der FIFA 20 Legacy Edition außerdem auch noch ein neuer Spielmodus, der durchaus als Selling-Point für jahrelang abstinente FIFA-Spieler durchgeht. Nicht nur ich werde mich wohl an spaßige Hallenfußballspiele auf den alten Konsolen erinnern und bin beim VOLTA-Modus hellhörig geworden. Das wird man auch bei EA wissen, weshalb der VOLTA-Modus natürlich auch in der PR rund um FIFA 20 eine große Rolle spielt.

Kader-Updates zum Fast-Vollpreis

Aber immerhin: Die Legacy Edition sei ja „grundsätzlich günstiger“. Das stimmt. Meistens. Zum Vergleichszeitraum gab es FIFA 20 für PS4 für 54,99 Euro bei Amazon. Die PC-Version kostete 49,99 Euro. Die FIFA 20 Legacy Edition für Nintendo Switch genau 43,03 Euro. Bei Saturn wollte man zur Zeit unseres Vergleichs für die PS4-Version 59,99 Euro, für die PC-Version 49,99 Euro und für die Nintendo-Switch-Version ebenfalls 49,99 Euro. Da weicht die Praxis also schon mal von der Theorie ab. Ganz abgesehen davon natürlich, dass 40 und mehr Euro für ein altes Spiel mit neuem Anstrich natürlich ohnehin absurd überteuert ist. Ich will gar nicht damit anfangen vorzurechnen, was für großartige Spiele man für 40 Euro bekommt.

Dass Käufer unwissend bleiben, wird gern in Kauf genommen

FIFA 20 Legacy Edition
Ganz unten rechts seht ihr den Hinweis auf der Verkaufsversion.

Mit dem FAQ im Internet hat EA das absolute Mindestmaß an Aufklärungspflicht erfüllt. Ansonsten hält man sich mit den Anstrengungen zur Kenntlichmachung ganz nah an den Arbeitsaufwand, den man auch bei der Entwicklung der Legacy Edition hatte. Geht gegen Null.

Immerhin! Die Verkaufsversion schmückt auf der Front ein kleiner Hinweis, den man jedoch nur sieht, wenn man sich das Spiel im Laden kauft. „Nur aktualisierte Trikots, Kader und Stadien“.

Onlinekäufer – wir leben ja in verrückten Zeiten – sehen auf allen von mir untersuchten Produktseiten ein Cover, dem dieser Hinweis schlicht fehlt. Warum? Der Vorwurf muss im Raum stehen, dass dies bewusst erfolgt. Eine Randnotiz: Auf dem Boxart, das Amazon für die Standard-Version von FIFA 19 für PS4 anzeigt, prangt an gleicher Stelle ein Hinweis über Bonusinhalte für FUT-Spieler. Es scheint also durchaus Kriterien zu geben, nach denen derartige Extra-Hinweise auf dem Boxart bei EA durchaus auch online präsentiert werden. Hm.

Produktseiten zur FIFA 20 Legacy Edition sind unvollständig und fehlerhaft

Auf der Produktseite bei Saturn ist dazu aufgezählt, welche Spielmodi die Legacy Edition bietet. Aber nicht, welche sie nicht bietet. Ein Hinweis, dass der VOLTA-Modus fehlt, ist nicht zu finden. Genauso sieht es auch bei Media Markt aus. Und auch bei GameStop. Und bei OTTO.

Bei Amazon gab es im Releasezeitraum gar keine Produktbeschreibung für die FIFA 20 Legacy Edition, obwohl die anderen Plattformen bestens ausgestattet waren. Inzwischen hat auch die Legacy Edition eine Beschreibung, nämlich die gleiche wie die anderen. In dieser Beschreibung wird der fehlende VOLTA-Modus seit Tagen als ein Feature des Produkts beworben. Das Stichwort „VOLTA“ findet sich 28 Mal auf der Amazon-Produktseite der FIFA 20 Legacy Edition. Natürlich habe ich die fehlerhafte Beschreibung gemeldet, bislang noch ohne Reaktion.

[Update, 08.10.2019 um 16:47 Uhr: Heute hat Amazon die Produktseite* überarbeitet und die fehlerhafte Beschreibung korrigiert. Auf welche Initiative hin, bleibt unklar. Die Vermutung liegt aber nahe, dass es aufgrund von Meldungen geschah. Die aktuelle Beschreibung hat aber das gleiche Problem wie andere Produktseiten. Es wird hauptsächlich beschrieben, was drin ist – nicht, was nicht drin ist. Dass z.B. der VOLTA-Modus fehlt, wird an keiner Stelle erwähnt.]

Nahtlos reiht sich leider auch die Website zum Spiel auf nintendo.de ein. Keine Inhalte, keine Angaben. In den eShop-Charts ist die Legacy Edition aktuell auf Rang 12. Immerhin liest man auf der sehr überschaubaren eShop-Seite: „Gameplay-Features und Spielmodi entsprechen FIFA 19 auf Nintendo Switch.“

FIFA 20 Legacy Edition
Auf der Produktseite von Amazon wird der VOLTA-Modus für die Legacy Edition aktiv beworben. (Eigener Screenshot vom 5. Oktober, 13:30 Uhr.)

Klar, die Kundenbewertungen

Nun möge jemand zu EAs Verteidigung doch rufen, in Zeiten von Produktrezensionen und Kundenbewertungen muss man da ja schon auf beiden Augen blind sein. Das ist natürlich völliger Unsinn, denn man kann es EA natürlich nicht gutschreiben, dass man dort darauf vertraut, dass sich die Kunden schon irgendwie gegenseitig untereinander aufklären werden.

FIFA 20 Legacy Edition
Dieses Boxart findet man in den Onlineshops. Der Hinweis, der eigentlich drauf ist, fehlt. Warum?

Aber wenn man es schon gelten lassen möchte, schauen wir doch auch hier mal genauer hin. In den Kundenbewertungen bei Amazon findet man auch einige erboste und enttäuschte Kommentare. Bei Media Markt gibt es ganze 5 Bewertungen, die auch noch zu 3,5/5 Sternen führen. Zwei davon sagen, dass Volta fehlt. Die anderen drei geben 5 Sterne und überschreiben ihre Rezensionen mit „Klasse!“, „Macht Spaß“ und „Bestes Game für Switch“.

Und bei Saturn gibt es nicht eine einzige Kundenbewertung zum Zeitpunkt der Untersuchung. Nur eine kleine Randnotiz: Im Produktnamen bei Saturn und Media Markt fehlt auch das „Legacy Edition“. Schade.

Nun mag man vielleicht entgegenhalten, dass die Produktbeschreibungen bei Händlern natürlich Händlersache sind. Dann muss man wohl notieren, dass in der Marketing-Abteilung von EA Deutschland anscheinend noch niemand gemerkt hat, dass die Produktseiten der größten Veröffentlichung des Jahres bei drei der größten Onlineversandhändler nicht nur unvollständig, sondern auch fehlerhaft sind. Oder aber man hat es gemerkt, bleibt aber untätig.

Die coole „FIFA 20 Legacy Edition“

Was darüber hinaus bisher eigentlich vollkommen ausgeblendet wird ist der Name dieser Edition. Ja, wir kennen diese „Legacy Editionen“. Aber was an diesem Namen weist eigentlich darauf hin, dass es sich um ein völlig überteuertes Update ohne Gameplay-Neuerungen und mit fehlendem Spielmodus handelt? Super von EA, dass man der Sache einen Namen geben möchte. Aber „Legacy“ ist ja mal völlig am Ziel vorbei. Legacy heißt Vermächtnis und nicht nur, dass dieser Begriff schon im Deutschen positiv konnotiert ist. Auf Englisch klingt es auch noch ziemlich cool. Was soll an einer Legacy Edition schon schlecht sein. Die Namensgebung fügt sich ein. Okay, die „Champions Edition“ klingt noch besser. Aber die ist ja auch noch teurer.

Niemand kann verlangen, dass die Switch-Version so gut ist wie die PS4-Fassung

Dabei ist doch selbstredend klar, dass niemand eine Nintendo-Switch-Version verlangt oder verlangen kann, die auf Augenhöhe mit den anderen Fassungen ist. Die Switch ist technisch schwächer und natürlich muss es Abstriche geben. Die Switch-Version basiert nicht auf der Frostbite-Engine wie die anderen Versionen und das ist wohl der Knackpunkt. Es macht Arbeit und kostet Geld, neue Spielmodi und Features auch für Nintendo Switch umzusetzen. Aber warum ist Rasenfußball umsetzbar ist und Hallenfußball nicht? Und für den lukrativen FIFA Ultimate Modus hat es ja auch gerade so gereicht.

Diese Frage in Verbindung mit all den geschilderten Umständen lässt eigentlich nur eines zu, nämlich eine absolute Kaufwarnung. Die sprechen Medien eigentlich übereinstimmend auch aus. Bei Metacritic steht die Switch-Version bei 43% (User-Score: 0,8) und bei OpenCritic bei 40% – das ist für Prozentwertungsverhältnisse unterirdisch.

Gewählt wird mit der Geldbörse…

Doch gewählt wird bekanntlich mit der Geldbörse. In den deutschen Nintendo-Switch-Charts, ermittelt von GfK Entertainment, landet die FIFA 20 Legacy Edition auf Rang 2 noch vor der von Switch-Fans sehnlichst erwarteten und deutlich erweiterten Switch-Version von Dragon Quest XI. Nur Link’s Awakening muss man sich geschlagen geben. Wohlgemerkt: GfK arbeitet nur mit Erhebungen aus dem stationären Handel. Zur Erinnerung: dort klebt sogar ein kleiner Hinweis auf der Front des Spiels.

Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass schlicht die Konkurrenz fehlt. Wer eine Fußballsimulation für Nintendo Switch sucht, kommt an FIFA leider nicht vorbei. Absolute Zahlen gibt es nicht, aber der schlimmstmögliche Fall ist wohl anzunehmen. EA wird wohl genau so weitermachen. Da wird wohl auch dieser Artikel nichts helfen.

17 Kommentare

  1. Ich bin ein wenig irritiert. Der Artikel ist vom 12.10. steht auf der Startseite. Wieso sind die Kommentare dann vom Anfang der Woche? xD

    Zum Thema fällt mir nichts mehr ein. Hab mich da im FF8R Thread ja genug zu geäußert. Wenn thematisch auch nicht ganz dasselbe aber vom Prinzip her schon: "Just send us your cash"

    Das Einzige, was ich etwas kurios finde ist, dass man sich auf JPG ausgerechnet über Fifa/EA aufregt. Die Cashcow schlechthin, die mit Japano-Entertainment mal so überhaupt garnix zutun hat. Also DA schockt und überrascht mich nun wirkich nichts. =D

  2. Ich bin da mittlerweile etwas abgestumpft. Wenn die Leute sich immer solche Sachen mitmachen und wie verrückt kaufen, dann sind sie eben selbst schuld wenn die Publisher immer mehr versuchen. Also einfach hoffen das es so wenig wie möglich kaufen (was ich nicht glaube schließlich werden Mircrotransactionen, überteuerte und schlechte Ports, etc. ja auch zu viel gekauft) und dann passiert das hoffentlich nicht mehr.

    Sehe ich leider genauso. Der Grossteil der Publisher, ist an Gewinnmaximierung interessiert.
    Auf der Switch hat man oft bewiesen das auch komplett halbherzige Ports gekauft werden wie verrückt. Das sendet den Publishern doch ein klares Zeichen das sie auch so weitermachen können. Ein Shitstorm ist denen doch ganz egal wen im Endeffekt doch jeder es kauft.
    War ziemlich geschockt als ich gesehen habe das sich Bloodstained hierzulande auf der Switch besser verkauft hat beispielsweise, eine Version die komplett unspielbar war dank dem verzögerten Input, mal ganz abgesehen von den Framerate Einbrüchen usw.

    Da sollte man klare Zeichen setzen und solche Ports in zukunft einfach nicht unterstützen, dann sind Publisher gezwungen sich zu bessern da sie sonst keinen Gewinn machen. Nur ärgern im Internet hilft da schon lange nichts mehr, es gibt eh gefühlt alle 2 Stunden einen neuen Shitstorm sodass der vorherige wieder vergessen wird.

    EA treibt es aber halt auch immer gerne auf die Spitze, siehe Battlefront 2. Sehr schade, ich mag EA genauso wenig wie alle anderen, aber die haben halt BioWare als Geisel, ich bete täglich das Dragon Age 4 gut wird, aber ich mach mir da echt Sorgen, nicht wegen Bioware, sondern ganz allein wegen EA. xD Kann mir den Manager schon bildlich vorstellen wie der in einem Raum mit den Chefentwicklern sitzt und nachhakt das man doch bitte Lootboxen hinzufügen sollte.

    Sehe auch gerade das die Kommentare hier ja schon alle recht alt sind, fuck. xD

  3. Also in meinen Augen gibt es da so einige Dinge die nicht nachvollziehbar sind. Ich kapier z.B. nicht wie man sich jährlich immer wieder das selbe Spiel kaufen kann. Fifa stagniert doch schon ewig und trotzdem wird es gekauft wie verrückt und danach kommen dann immer die schlechten Bewertungen und der Aufschrei dass die Vorjahresversion besser war.
    Ich würde es einfach nicht mehr zum Launch kaufen aber die Spieler machen ja selbst diese Sache mit den Lootbox-Packs mit bei denen man nicht weis was man bekommt.
    Wenn man etwas Verstand in der Birne hat dann würde man, nach den Sachen die sich EA geleistet hat, deren Spiele endlich mal links liegen lassen. Gabs überhaupt ein Spiel von denen wo nicht irgend ein "Skandal" entbrannt ist? Ich finde da ist jeder selber schuld zumal er EA auch noch Geld zuspielt.

  4. Also irgendwann muss auch diesen Leuten ein Licht aufgehen ich kaufen mir doch auch nicht jedes Jahr das neue Cod oder Battlefield wenn man schon am Trailer merkt was man da aufgetischt bekommt.
    b

  5. Also irgendwann muss auch diesen Leuten ein Licht aufgehen

    Wird es nicht.


    Das wirklich empörendste an der ganzen Sache ist für mich wirklich, dass überhaupt Switch-Cover ohne den "Hinweis" existieren. Auch bei so großen Händlern wie amazon. Wir reden hier ja nicht von irgendeinem ultranischigen Anime-Fanservice-Game, wo es schon überraschend ist, wenn die Produktbeschreibung deutsch... oder überhaupt irgendwie annähernd korrekt ist. Sondern es ist Fifa, verdammt nochmal. Das grenzt schon stark an Verbrauchertäuschung.

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