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Im Test! The Last Remnant Remastered für Switch

TitelThe Last Remnant Remastered
Japan10. Juni 2019
Square Enix
Nordamerika10. Juni 2019
Square Enix
Europa10. Juni 2019
Square Enix
SystemPlayStation 4, Nintendo Switch
Getestet fürNintendo Switch
EntwicklerSquare Enix
GenresJRPG
Texte
Deutschland Nordamerika
Vertonung Nordamerika

Bildmaterial: The Last Remnant Remastered, Square Enix

Ich erinnere mich noch ganz genau an die Ankündigung von “The Last Remnant” im Jahre 2007. Das Spiel sah wie ein typisches Japano-Rollenspiel der siebten Konsolengeneration aus. Als großer Fan des Genres wurde ich selbstverständlich sofort hellhörig.

Ein hübscher junger Bub als Held (ausnahmsweise mal nicht blond), eine vermisste Frau und ein Schicksal, welches die Zukunft der Welt bestimmt. Das Charakter-Design sagte mir zu, der Soundtrack klang im Trailer klasse und ein weiterentwickeltes CTB-Kampfsystem mit ganzen Horden an Verbündeten schien äußerst reizvoll.

Leider stand dem Vergnügen, wie bei vielen anderen JRPG-Liebhabern, eine Kleinigkeit im Wege: eine nicht vorhandene Xbox 360. Es hieß es also warten und hoffen, dass die PlayStation-3-Fassung in naher Zukunft das Licht der Welt erblickt.

Jahr um Jahr verging und die Hoffnung verschwand. Obwohl eine halbe Dekade nach der Ankündigung die berüchtigte PlayStation-Version auf offiziellen Kanälen noch gelistet wurde, schien ein Release fast unmöglich.

Sony oder Nintendo?

Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen und so griff ich zur Heimcomputer-Fassung. Ohne einen Xbox-360-Controller war diese jedoch so gut wie nicht spielbar. Alle Menüs, Tastenbefehle und Quick-Time-Events waren nicht auf eine Tastatur ausgelegt und führten nach wenigen Minuten schon zur Frustration.

Erst später wurden die bitter nötigen Elemente hineingepatcht, sodass ich The Last Remnant endlich richtig genießen konnte. Nichtsdestotrotz hätte ich das Spiel lieber auf meiner Sony-Konsole gespielt.

Als dieser Wunsch Ende letzten Jahres mit dem Remaster in Erfüllung ging, war dennoch eine kleine Ernüchterung zu spüren. Nintendos Hybrid-Konsole hat sich in den letzten Monaten und Jahren zur optimalen Port-Maschine für Klassiker der sechsten und siebten Konsolengeneration entwickelt. Leider erschien das Remaster im Dezember 2018 nur auf PlayStation 4.

Mit der überraschenden Ankündigung während der Square-Enix-“Pressekonferenz” auf der E3 dieses Jahres hatten viele nicht mehr gerechnet. Noch am selben Tag sollte The Last Remnant Remastered für Nintendo Switch erscheinen. Das auch noch für einen akzeptablen und fairen Preis.

»Erst bei ganz genauem Hinsehen fallen hier und da noch einige veraltete Texturen auf. Leider greift die grafische Überarbeitung nicht bei den Animationen.«

Für mich persönlich ein Highlight der großen Spielemesse, da ich große Rollenspiele mit taktischer Vielfalt, vielen Nebenmissionen und Grinding am liebsten unterwegs spiele.

Während des Pendelns oder auf Reisen kann immer mal wieder die Konsole angeschmissen werden und paar Schlachten gewonnen oder Micromanagement durchgeführt werden.

Xbox 360? Noch nie gehört

The Last Remnant Remastered sieht in voller Unreal-4-Pracht auch auf Nintendo Switch fantastisch aus und läuft absolut flüssig. Ein Luxus, der vor zehn Jahren noch fast undenkbar erschien. Zwar stört auch hier der erhöhte Gamma-Wert, doch das ist nichts, was sich nicht mit einem kleinen Besuch im Menü korrigieren ließe.

Optisch wirkt das Spiel fast schon wie aus der aktuellen Konsolengeneration. Die Charaktermodelle sind sehr detailliert und die Städte beziehungsweise Dungeons stehen diesen in nichts nach.

Erst bei ganz genauem Hinsehen fallen hier und da noch einige veraltete Texturen auf (speziell während der Siegesanimation nach dem Kampf). Leider greift die grafische Überarbeitung nicht bei den Animationen. Diese sind merklich veraltet, doch das hat für mich auch einen nostalgischen Charme. Vor zehn Jahren war es noch gang und gäbe, dass Charaktere die Beine wie beim Laufen bewegt haben, um sich um die eigene Achse zu drehen.

Damals war alles noch besser

Generell versprüht The Last Remnant Remastered diesen nostalgischen Charme. Was wohl daran liegt, dass große und vor allem originelle 3D-JRPGs mit besserer und dadurch kostspieliger Technik immer seltener geworden sind. Ähnliches gilt auch für deren Soundtracks. Das Werk von Tsuyoshi Sekito und Yasuhiro Yamanaka ist eine der großen Stärken des Spieles.

Ersterer Komponist wird vielen ein Begriff sein. Auch wenn er sehr selten eigene Projekte geleitet hat, so hat Sekito in vielen beliebten Klassikern seine Finger im Spiel. Romancing SaGa, Dawn of Mana, Kingdom Hearts und Final Fantasy. Mit dem legendären Komponisten Nobuo Uematsu war er zudem viele Jahre lang in der Band The Black Mages.

Der insgesamt 97 Stücke umfassende Soundtrack ist exzellent gelungen. Sowohl die treibenden und oft rockigen Kampfthemen als auch die emotionalen Stücke in den zurückhaltenden Szenen klingen schön und tragen einen großen Teil zum Charme des Spiels bei.

Die rockigen Stücke erinnern dabei nicht selten an die Kompositionen von Nobuo Uematsu. Kein Wunder, The Black Mages waren eine richtige Rockband. Dank der Themen, die sich wie ein roter Faden durch den Soundtrack ziehen, der schönen Melodien und der starken Ballade ganz am Ende verstärkt auch die Musik das Nostalgie-Gefühl. Wegen der modernen Aufnahmemethoden heutzutage verlieren sich viele Spiele-Soundtracks in belangloser, orchestraler Hintergrundmusik.

Diese passen zwar oft, aber ganz selten bleibt dabei wirklich etwas hängen bei den Spielern. Vor 10 bis 20 Jahren mussten sich Komponisten mit weitaus weniger zufriedengeben und etwas Wunderschönes kreieren. Das ist einer der Gründe, warum SNES- und PlayStation-1-RPGs so einprägsame Melodien besaßen und heute noch ganze Soundtracks von Fans nachgesummt werden können.

Weniger Technik, mehr Kreativität

Aufgrund der technischen Limitationen kamen oft Midi-Stücke zum Einsatz, die natürlich qualitativ nicht so schön klingen konnten. Daher mussten sich die Komponisten viel stärker (als heute) auf die eigentlichen Melodien konzentrieren, um doch noch ein gutes Endergebnis erschaffen zu können.

Bei The Last Remnant hat man es, im großen technischen Umbruch, dennoch geschafft, den schmalen Grat zwischen teuer produziertem und schön klingendem Soundtrack zu wandern. Ähnlich, wie es damals Uematsu bei Lost Odyssey gelungen ist.

Was The Last Remnant damals von den Genre-Kollegen trennte, war die Perspektive, mit welcher die Entwickler an die Produktion herangetreten sind. Ganz zu Beginn hatte man bereits das westliche Publikum im Blick. Deshalb wurden die Motion-Capture-Aufnahmen für die Zwischensequenzen komplett auf Englisch durchgeführt, was zu einer qualitativ weitaus hochwertigeren Synchronisation und Lippensynchronität mit dieser geführt hat.

Das Problem mit der schlecht balancierten Lautstärke, welches die PlayStation-4-Fassung im Dezember noch quälte, ist auf Nintendos Hybridkonsole nicht wahrzunehmen, wenngleich es sehr schade ist, dass einmal mehr auf eine richtige Dual-Audio-Funktion verzichtet wurde.

»Ganz zu Beginn hatte man bereits das westliche Publikum im Blick. Deshalb wurden die Motion-Capture-Aufnahmen für die Zwischensequenzen komplett auf Englisch durchgeführt.«

Ein weiterer Indikator für die “Epoche”, aus der The Last Remnant stammt, ist das Kampfsystem. Japanische Rollenspiele der siebten und achten Generation besaßen oft ein Hybrid-Gameplay, welches klassische rundenbasierte Kämpfe mit Echtzeit-Elementen kombiniert hat. Nach Jahren der ATB- und CTB-Systeme haben sich wohl viele Entwickler kreativ weiterentwickeln wollen und das ist hier auch gut gelungen.

CTB, transformiere dich!

Die unzähligen Schlachten werden in The Last Remnant in Verbänden geschlagen, wo der eigentliche Angriff genauso wichtig ist wie der Angreifer selbst und von welcher Position er den Feind angreift. Jeder Charakter eines Verbandes gehört mit Bedacht gewählt und trainiert. Nur ein gut aufgestelltes Team wird in der Lage sein, die Endgame-Herausforderungen zu meistern.

Leider spielt das Glück dabei eine viel zu große Rolle, denn bei den typischen Menü-Punkten kann man ausschließlich die Angriffsart auswählen. Die KI sucht sich dann passende Reaktionen heraus. Dank des angepassten Schwierigkeitsgrades im Remaster ist das jedoch kein Grund mehr zu weinen. Das Spiel kann ohne große Grind-Sitzungen durchgespielt werden.

Wer sich jedoch in das System vertieft, wird die Komplexität schnell zu schätzen lernen. Teilweise ist die Strategie vor den Kämpfen genauso wichtig wie in den Kämpfen. Da bietet es sich natürlich an unterwegs kurz reinzuschauen und in den Menüs ein wenig zu optimieren oder neue Charakter-Kombinationen auszuprobieren.

Im Dezember haben wir bereits hier die PlayStation-4-Version ausführlich getestet. Dort findet ihr weiterführende Informationen zur Story und zum Gameplay.

Nostalgie mit Ecken und Kanten

»Das Wichtigste zuerst: The Last Remnant Remastered sieht auch auf Nintendo Switch fantastisch aus. Eine Xbox-360-Herkunft ist nur ganz selten zu erahnen, dem Engine-Wechsel sei dank. Das Spiel läuft absolut flüssig, Grafik-Fehler gehören der Vergangenheit an und es erinnert stark an eine Zeit der weitaus experimentierfreudigeren und kreativeren Japano-Rollenspiele.

Von der klassischen Geschichte, den verschiedenen Rassen über die Weltkarte bis hin zum fantastischen Soundtrack und dem Hybrid-Kampfsystem. Alles macht Spaß und sprüht einen unglaublichen nostalgischen Charme aus, dem Fans des Genres sich kaum entziehen können. Das Kampfsystem ist sicher nicht jedermanns Sache, doch wer Zeit und Mühe investiert, wird mit Komplexität und Tiefe belohnt. Am Ende bleibt nur noch zu sagen, dass 19,99 Euro im eShop für den gelungenen Port und das tolle Endprodukt ein absolut fairer Preis sind.«

 

Spannende politische Geschichte, die von Anfang bis Ende fesselt. Erzählt wird in opulenten Zwischensequenzen, in denen das Alter hier und da durchscheint.
Komplexes rundenbasiertes Kampfsystem mit vielen verschiedenen Verbündeten. Leider ein wenig vom Glück abhängig.
Für ein Spiel, das über eine Dekade alt ist, sehr schön. Dungeons, Städte und Kämpfe sehen detailliert aus und lassen nur selten den Ursprung erahnen.
Toller Soundtrack von Tsuyoshi Sekito und Yasuhiro Yamanaka. Kräftige Rock-Klänge und schöne Melodien erinnern an eine andere Zeit der JRPGs.
Viele Nebenmissionen, viel zu erkunden, aber die meiste Zeit wird gekämpft.