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Im Test! Travis Strikes Again: No More Heroes

TitelTravis Strikes Again: No More Heroes
Japan18. Januar 2019
Grasshopper Manufacture Inc.
Nordamerika18. Januar 2019
Grasshopper Manufacture Inc.
Europa18. Januar 2019
Grasshopper Manufacture Inc.
SystemNintendo Switch
Getestet fürNintendo Switch
EntwicklerGrasshopper Manufacture Inc.
GenresTop-Down-Hack-’n’-Slay
Texte
Deutschland Nordamerika 
VertonungNordamerika 

Bildmaterial: Travis Strikes Again: No More Heroes, Marvelous / Grasshopper Manufacture

Was war die Vorfreude doch groß. Der legendäre Entwickler Suda51 kehrt zu seiner vielleicht beliebtesten Marke zurück. Travis Touchdown darf erneut das Beam-Katana schwingen und seinem Ruf als bester Auftragskiller alle Ehre machen. Doch wie der Name bereits impliziert, handelt es sich bei Travis Strikes Again: No More Heroes nicht um einen Hauptableger der Reihe.

Laut Suda51 persönlich ist dieser für Nintendo Switch exklusive Titel ein Teil des No-More-Heroes-Universums und dient, sofern genug Exemplare verkauft werden, der Finanzierung von No More Heroes 3. Selbstverständlich dient er auch dazu, das Interesse an der Marke zu messen und zu steigern. Warum Letzteres ausgerechnet hier scheitern könnte, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

Sieben Jahre nach den Ereignissen von No More Heroes 2 hat sich Travis Touchdown komplett aus dem Geschäft zurückgezogen und Santa Destroy den Rücken gekehrt. Von seinen ehemaligen Taten verfolgt, lebt er alleine in einem Wohnwagen und verbringt seinen restlichen Lebensabend mit Videospielen.

Doch als eines Abends Badman erscheint, wird sein ruhiges Leben wieder auf den Kopf gestellt. Der fremde Mann mit dem bekannt klingenden Namen ist der Vater von Badgirl, einem Opfer aus dem ersten No More Heroes.

Endlich! No More Heroes

Während beide die Waffen schwingen, werden sie in die besessene Arcade-Maschine “Death Drive Mk II” eingesaugt. Hier müssen die Widersacher nun gemeinsam kämpfen, um die sechs lebensgefährlichen Spiele zu meistern und einen Wunsch erfüllt zu bekommen. Im Laufe dieses Abenteuers lernen beide, dass diese Reise sie bis zum Ende noch weitaus stärker verändern wird, als sie es jemals geahnt hätten.

Auch wenn die Geschichte des zweiten Teiles hier mehr oder weniger direkt fortgeführt wird, so sollte bereits das Setting und diese kleine Einführung deutlich machen, dass Travis Strikes Again: No More Heroes eher ein Spin-off darstellt. Doch wie viele andere Suda51-Spiele bietet auch dieses einen Haufen Fäkal-Sprache, Toiletten-Humor und zahllose Anspielungen auf seine älteren Spiele, welche natürlich besonders diejenigen erfreuen, die mit der Materie vertraut sind.

Generell ist eine gewisse Vorkenntnis der zwei ersten No-More-Heroes-Teile und dem Spielekatalog von Suda51 zu empfehlen, um in einigen Gebieten nicht außen vor zu bleiben. Zu oft wird auf Travis’ Killerkarriere eingegangen und vielleicht tauchen auch einige bekannte Überraschungsgäste auf.

Suda oder nicht Suda?

Travis Strikes Again
Travis und Badman werden in die besessene Death Drive Mk II gesogen. Trotzdem nimmt die Geschichte keine Fahrt auf.

Ein Großteil der humorvollen Dialoge sitzt aber nur, wenn man diese Art von Humor auch mag. Und selbst wenn das der Fall sein sollte, fallen viele Witze flach und wirken zu erzwungen. Als Rahmenhandlung funktioniert die Geschichte jedoch gut, auch wenn viel zu viel Potential bei der Beziehung beider Charaktere zueinander und zur bizarren Situation verschenkt wird.

Grafisch sowie technisch enttäuscht Travis Strikes Again: No More Heroes in fast jeder Hinsicht. Die wenigen und vor allem sehr kleinen Gebiete, die man besucht, können weder mit vielen Details noch mit ihrem Artdesign beeindrucken. Jedes Areal besteht nur aus einer Handvoll Assets, die wieder und wieder genutzt werden, um die repetitiven Auseinandersetzungen noch monotoner zu machen. Zwar bietet jede der sechs Welten ein distinktives Design, doch gut oder zumindest ausgearbeitet ist keines davon. Interessante Geheimnisse oder World-Building sucht man hier vergebens.

Hinzu kommt, dass einige Gebiete, wie der Dschungel im “Coffee & Doughnut”-Level, so aussehen, als müsste sich die sechste Konsolengeneration davor schämen. Platte, verpixelte Ranken schmücken den Hintergrund und stellen die Finanzierung dieses Projektes in Frage. Jetzt könnte man natürlich unterstellen, dass jede technische Kritik mit Absicht in das Spiel eingebaut wurde, um die Umgebung, also die defekte Arcade-Maschine, besser zu visualisieren. Kritiken wie zum Beispiel das hässliche und lange Nachladen der Texturen, die generelle Detailarmut, die geklonten Assets, die Wellen von identischen und grafisch langweiligen Gegnern sowie die langen Ladezeiten.

Schäme dich!

»Zwischen den einzelnen Welten wird die Geschichte im Visual-Novel-Stil vorangetrieben. Hier macht sich Travis zusammen mit einer sprechenden Katze auf die Suche nach den legendären Death Balls.«

Dagegen spricht jedoch, dass schon sehr viele Spiele mit limitierten grafischen Möglichkeiten weitaus schönere und glaubwürdigere Welten gezaubert haben und dabei die Visualisierung einer älteren Ära zur Zufriedenheit der Spieler gemeistert haben. Zudem sollte jeder Entwickler, der Spielspaß einer fehlgeleiteten und unausgereiften Designentscheidung opfert, lange über seine Berufswahl nachdenken. Wenn diese Kritik untergrabenden Entscheidungen tatsächlich gewollt waren, dann hätten sie viel besser umgesetzt werden müssen. Feinde einfach Bugs zu nennen und durch ihren Tod verschlossene Türen zu öffnen, reicht hier einfach nicht.

Auch bei der Musik und der Synchronisation bekleckert sich der No-More-Heroes-Ableger nicht mit Ruhm. Eine trashige Synchronisation, die wunderbar zum Setting gepasst hätte, fehlt fast komplett. Die Musik ist simpel gehalten und dröhnt mit maschinellen Tönen vor sich hin. Nur wenn bereits bekannte Themen im Retro-Stil arrangiert werden, bleibt etwas hängen, ansonsten gibt es hier nichts, was positiv erwähnt werden könnte. Selbst nach einer mehrstündigen Spielsession ist da nichts, was auch nur annähernd memorabel wäre.

Was jedoch am stärksten einen faden Beigeschmack hinterlässt, ist das Gameplay. Dieses weist in seinen Grundzügen die Suda51-typischen Manierismen auf. Perspektiven-/Genrewechsel, humorvolle Einlagen und trashige Bosskämpfe. Besonders die ersten beiden Aspekte können ein Spiel massiv aufwerten. Das konnte Yoko Taro bereits mehrfach unter Beweis stellen.

Hier wird aber tatsächlich die einzigartige Möglichkeit verschwendet, aus den sechs verschiedenen Welten bzw. Arcade-Spielen das Beste zu machen. Anstatt richtig mit den Genres zu spielen und Travis auf eine verrückte Reise zu schicken, werden dem Spieler praktisch sechs lineare Gänge angeboten, die alle sowohl dieselben Gegner als auch dasselbe langweilige Kampfsystem bieten.

Balls und sprechende Katzen

Travis Strikes Again
4:3-Ratio. Kaum Details und generelle, unglaublich schwache technische und grafische Leistung. Eine absolute Enttäuschung.

Zwischen den einzelnen Welten wird die Geschichte im Visual-Novel-Stil vorangetrieben. Hier macht sich Travis zusammen mit einer sprechenden Katze auf die Suche nach den legendären Death Balls. Wem das jetzt ein wenig bekannt vorkommt, der hat den richtigen Riecher. In diesen Segmenten sind die Dialoge vollgestopft mit Pop-Kultur-Referenzen und selbstbezogenem Humor.

Nur zündet weder das eine noch das andere richtig. Zwischendurch werden ohne wirklichen Zusammenhang Wörter wie Vegeta oder Harry Potter in den Raum geworfen. Dann machen sich die Charaktere darüber lustig, dass die Entwickler anscheinend nicht genügend Geld für große Action-Sequenzen zur Verfügung hatten und daher im Visual-Novel-Stil erzählen mussten.

Ein langweiliges Spielsegment wird nicht viel besser, wenn die Entwickler mit dem Finger drauf zeigen und lachen. Ganz besonders dann nicht, wenn aus dem restlichen Spiel ersichtlich wird, dass es tatsächlich an Budget gemangelt hat.

Die einzelnen Death Balls repräsentieren die jeweiligen Death-Drive-Mk-II-Spiele, welche man nacheinander freischaltet. In diesen Abschnitten handelt es sich um ein simples Hack-’n’-Slay-System aus der Top-Down-Perspektive. In meist engen Gängen tauchen regelmäßig Bugs auf, die man besiegen muss, um voranzukommen.

Da das alle paar Meter geschieht, werden die eigentlich kleinen Gebiete unnötig in die Länge gezogen. Immer wieder kämpft man gegen dieselben Feinde und die meiste Zeit lässt man dabei die Angriffstaste gedrückt und rennt durch die Meute. Eine KI ist praktisch nicht vorhanden. Selbst die sehr gut inszenierten und massiv interessanteren Bosskämpfe sind durch die vorhersehbaren Angriffsmuster sehr simpel.

(Konsole) Gut festhalten

Travis Strikes Again
Ja, hier und da wird etwas Abwechslung geboten, aber das ist bei weitem nicht genug für sieben Stunden monotones Button-Pushing.

Zwischen den Metzeleien muss das Beam-Katana, wie noch beim ersten Teil, aufgeladen werden, da die Batterien mit jedem Schlag ausgezehrt werden. Um das zu bewerkstelligen, muss Travis stillstehen. Dann müssen der linke Stick gedrückt und die Joy-Cons geschüttelt werden. Selbst im Handheldmodus muss die gesamte Konsole bewegt werden.

Ist die Batterie leer, so fügt man den Gegnern kaum noch Schaden zu. Solche zwingenden Motion-Einlagen sind speziell im Handheldmodus für den Spielspaß absolut kontraproduktiv. Den Bildschirm unterwegs auf und ab zu schütteln klingt nämlich nicht besonders intelligent.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Joy-Con-Stick unheimlich sensibel ist und schon bei der kleinsten Bewegung in eine Richtung ausschlägt. Somit läuft Travis oft einfach weiter, anstatt das Schwert aufzuladen. Zudem wird nicht jedes Schütteln auch als solches wahrgenommen. Oft führt das dann zu frustrierenden Momenten, die den Spielfluss massiv stören. Hier wäre jede Alternative eine bessere gewesen.

Neben dem normalen Angriff wird noch ein starker Angriff geboten sowie vier austauschbare Spezial-Attacken mit langen Cooldown-Zeiten und einem noch stärkeren Angriff, der erst nach einer bestimmten Menge an zugefügtem Schaden nutzbar wird. Wie sonst auch kann Travis noch springen und ausweichen.

All dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass man ca. 90% der Zeit nur die Angriffstaste gedrückt hält und alle paar Sekunden mit der Konsole herumfuchtelt. In jeder Welt ist dieser Ablauf derselbe. Zwar wechselt die Perspektive hier und da mal, aber am Gameplay ändert sich kaum was.

Zu gleich und zu wenig

Ausschließlich die wenigen Boss-Kämpfe beleben Travis Strikes Again: No More Heroes. Ihr Design ist gelungen und jeder einzelne bekommt eine fantastische Einführung, die vom Stil her komplett unterschiedlich sind und das verschenkte Potential nur noch deutlicher machen. Neben dem eigenen Design besitzt jeder Boss mehrere Phasen, was leider nur wenige Minuten die bitter nötige Abwechslung bringt.

»Immer wieder kämpft man gegen dieselben Feinde und die meiste Zeit lässt man dabei die Angriffstaste gedrückt und rennt durch die Meute. Eine KI ist praktisch nicht vorhanden.«

Abseits der Kämpfe gibt es praktisch nichts zu tun. Die wenigen und simplen Rätseleinlagen sind zwar willkommen, aber nicht genug. Ansonsten kann man im Lager für die gesammelten Münzen T-Shirts ersteigern, die fast alle Logos von anderen und oft auch besseren Spielen besitzen. Diese kosmetische Kleinigkeit fällt durch die Kameraperspektive jedoch nie auf, sodass der Sinn dahinter durchaus diskutabel ist.

Somit ist auch jede Motivation genommen, nach allen Münzen Ausschau zu halten. Dem Spieler wird auch abseits davon nichts geboten, um über das übliche Maß hinaus zu spielen. Es gibt keinerlei Möglichkeit zur Individualisierung des Charakters oder der Ausrüstung. Zwar kann man selbst entscheiden, ob man im Level aufsteigt, aber das wars auch schon.

Mit Chips kann man die vier Spezialattacken ausrüsten. Diese sind auch unbedingt nötig, da die HP-Leisten der Feinde viel zu lang sind. Optisch sind diese Angriffe oft beeindruckend anzusehen, aber Experimente sollte man keine erwarten.

Schnell findet man eine optimale Kombination, die dann bis zum Ende des Spiels beibehalten wird. Positiv zu erwähnen ist die Möglichkeit, das gesamte Spiel im lokalen Koop-Modus spielen zu können. Bereits zu Beginn wird klar, dass dies ein integraler Bestandteil werden sollte. Hier werden auch spezielle Chips geboten, die nur gemeinsam genutzt werden können. Ob eine 4:3-Ratio dafür nötig war, ist eine ganz andere Frage.

Travis Strikes Again… pathetically

»Es tut weh, aber Travis Strikes Again: No More Heroes ist eine Enttäuschung. Suda51 kehrt nach Jahren der Abstinenz wieder zu seinen Wurzeln zurück und heraus kommt ein kleines Spiel, welches maßlos in die Länge gezogen und nicht richtig durchdacht wurde.

Die Grundzüge des berühmt-berüchtigten Suda51-Trips sowie der No-More-Heroes-Marke sind alle da, jedoch nur im Ansatz. Die Geschichte rund um Travis und Badman dient als Rahmenhandlung, um durch die sechs Arcade-Games zu führen. Diese bieten sechs unterschiedliche Welten, die sich alle dank des Gameplays und der Detailarmut gleich anfühlen. Repetitives und stumpfes Gameplay mit forcierter Motionsteuerung, Klongegner, langweilig entworfene Welten, die zum Großteil zu linear aufgebaut sind.

Es fehlt an Abwechslung, an Trash, an Maßlosigkeit. Hinzu kommen die katastrophale grafische und technische Umsetzung und die fehlende Synchronisation. Nur in wenigen Sequenzen dringt der kreative und brillante Verstand des Suda51 durch. Etwa in den mehrstufigen Bosskämpfen und ihren Einführungen.

Selten sitzen der Genrewechsel und der Humor auch mal und generell versprüht der gesamte Retro-Aufbau dennoch seinen Charme. Aber es ist einfach nicht genug. Wenn No More Heroes 3 vom Erfolg dieses Spiels abhängt und die Qualität von Travis Strikes Again repräsentativ dafür sein wird, dann sind große Sorgen angebracht.«

 

Travis vs. Badman. Kenntnisse der No-More-Heroes-Reihe und dem generellen Suda51-Katalog werden mehr oder weniger vorausgesetzt. Nicht mehr als eine Rahmenhandlung für den Death Drive Mk II.
Repetitives Hack-’n’-Slay aus der Top-Down-Perspektive, bei dem man meistens nur eine Taste gedrückt hält. In den Grundzügen akzeptabel, aber dank forcierter Bewegungsteuerung oft frustrierend.
Enttäuschende Optik ohne Details und Atmosphäre. Hier hat es anscheinend an Geld und kreativer Triebkraft gefehlt.
So gut wie keine Synchronisation. Kaum memorabler Soundtrack, der nur einen Beat zu kennen scheint.
Vier Schwierigkeitsgrade. Als Belohnung winken nur T-Shirts ohne jeglichen Wert und ohne richtig sichtbar zu sein. Kaum Motivation für über sieben bis acht Stunden langgezogenes Gameplay. Komplett im lokalen Koop spielbar.

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