Von all den Spielen, die auf Nintendos großem Post-E3-Event gezeigt wurden, habe ich mich hierauf am meisten gefreut. Nicht, weil ich etwa ein riesiger Fan der Reihe bin, sondern weil ich einfach gespannt war, wie sich diese Kombination aus Pokémon Go und den traditionellen Spielen anfühlt. Kurz nach der Enthüllung von Pokémon: Let’s Go, Evoli! und Pokémon: Let’s Go, Pikachu! hagelte es Kritik von Seiten der Fans, die sich für Nintendo Switch ein vollwertiges Pokémon-Spiel erhofft haben. Doch ist diese Kritik angemessen? Nach der kurzen Demo kann ich zumindest für mich behaupten, dass sie es nicht ist.
Mit einem bereits vorgefertigten Team, bestehend aus sechs Pokémon, durfte ich frei durch den Vertania-Wald laufen. Das Erste, was mir hier ins Auge fiel, war die Grafik und das Artdesign. Die knallbunten Farben der wilden Pokémon und der Umgebung sowie die Kombination aus moderner Grafik mit dem hohen Gras und den eckigen Wegen sah einfach zauberhaft aus und hat sofort an der Nostalgie-Pumpe gedreht. Der Sonnenschein, der durch die Baumwipfel hindurch schien, hat dieses schöne Bild abgerundet. Die gesamte Kanto-Region in diesem Stil zu bereisen wird sicher für viele Spieler ein absolutes Highlight sein. Auch an den Pokémon gibt es nicht viel zu meckern. Sowohl bei der wilden, als auch bei der gezähmten Variante stimmen Optik und Sound und erinnern an die klassische Fernsehserie.
Moderne Nostalgie
Ein großes Augenmerk wurde zudem auf die realistischen Proportionen und Größenverhältnisse gelegt. Kämpft ein Raupi gegen ein Onyx, so muss die gigantische Steinschlange schon deutlich hinabschauen, um den kleinen Wurm zu erkennen. Je nachdem, ob man sich für die Pikachu- oder Evoli-Edition entschieden hat, sind beide Pokémon ein Teil des Teams und ständig auf dem Kopf beziehungsweise auf der Schulter des Hauptcharakters platziert. Hier geben sie Hinweise über versteckte Items. Dies tut Pikachu zum Beispiel, indem es stärker mit dem Schwanz wedelt, je näher man einem Item kommt. Aufgrund der serientypisch fixen Kamera ist das äußerst hilfreich, da man viele Orte nicht direkt einsehen kann. Es sind solche kleinen Details, die Pokémon: Let’s Go ein frisches und doch bekanntes Feeling verleihen.
Das Gameplay ist unterteilt in Begegnungen mit wilden Pokémon und Kämpfe gegen andere Trainer. Normalerweise laufen in Pokémon-Spielen beide Arten auf die gleiche Weise ab, doch hier kommt das Wort Go! in den Titel dieser beiden Spiele und die Abneigung in die Herzen vieler Fans. Trifft man auf ein wildes Pokémon, die jetzt sichtbar auf dem Bildschirm zu sehen sind, so erscheint zwar ein separater Bildschirm, aber auf diesem ist nur direkt das wilde Pokémon zu sehen. Im Vordergrund läuft ein Kreis in die Mitte, welcher die optimale Zeit zum Fangen anzeigt. Die Farbe gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der das Pokémon gefangen wird. Diese kann man mit Items oder selteneren Pokébällen zu seinen Gunsten verändern.
Hier gibt es nur drei mögliche Szenarien. Entweder man fängt das Pokémon, es bricht aus dem Pokéball aus oder es flüchtet von der Begegnung. Es handelt sich dabei also um dasselbe, vereinfachte Prinzip wie beim Mobile-Ableger Pokémon Go!. Das Werfen der Pokébälle kann entweder per Motion-Control oder per Knopfdruck ausgeführt werden. Ist das Pokémon erfolgreich eingefangen, so kommt es in eine Box und alle Pokémon im eigenen Team erhalten Erfahrungspunkte. Nach der kurzen Demo hat mich dieses vereinfachte Konzept nicht sonderlich gestört. Die Pokémon auf dem Feld zu sehen und ihnen aktiv ausweichen zu können, hat die Erfahrung für mich eher angenehmer gemacht. Natürlich wäre auch mir die Herausforderung eines richtigen Kampfes mit wilden Pokémon lieber gewesen, aber mit den Wahrscheinlichkeiten zu spielen und das optimale Timing zum Fangen zu finden haben auch ihren Reiz. Wie dieser Reiz sich über Stunden halten wird, kann ich noch nicht sagen.
Spaß und schmerzhafte Gimmicks
Gerät man in das Blickfeld eines Trainers, so greift dieser in typischer Manier an. Die Trainerkämpfe laufen dabei 1:1 genauso ab, wie sie es bereits seit Jahren tun. In diesem Fall sind die Animationen der Pokémon jedoch viel besser. Die Angriffe sehen denen der Fernsehserie tatsächlich ähnlich und die Proportionen der Pokémon zueinander und zu den Trainern machen diese Kämpfe noch spannender. Leider wäre bei den Trainern in Sachen Gestik und Mimik noch sehr viel Luft nach oben gewesen. Außerdem fand ich es persönlich sehr schade, dass man die Situation nicht ausgenutzt hat, bei Kampfunfähigkeit die typischen Wirbel in die Augen der Pokémon zu setzen. Zudem hat es mich gestört, dass der Strahl aus den Pokébällen blau und nicht rot war. Für ein Spiel, das auf Nostalgie und ein bekanntes Feeling setzt, ist das sehr schade.
Nach meinem kurzen Einblick in die Welt von Pokémon: Let’s Go, Evoli! und Pokémon: Let’s Go, Pikachu! ist mein Interesse an diesen Spielen auf jeden Fall geweckt. Das liegt selbstverständlich an der Nostalgie, die ich speziell mit der Kanto-Region und der Fernsehserie verbinde, aber generell sieht das Spiel unglaublich schön aus. Die realistischeren Pokémon und ihre Animationen machen die Kämpfe zu einem wesentlich größeren Erlebnis als jemals zuvor. Wer über den Verlust der Kämpfe mit den wilden Pokémon hinwegsehen kann, der wird mit diesen beiden Spielen auf jeden Fall seinen Spaß haben.
Anmerkung zum Pokéball Plus: Da Nintendo selten ohne Gimmicks in den Ring steigt, konnte die Presse ausschließlich mit dem Pokéball-Plus-Controller spielen. Dabei handelt es sich um einen kleinen Plastik-Pokéball, der mit einer Taste und einem Analogstick ausgestattet ist. Letzteren kann man ebenfalls als Taste benutzen. An sich funktioniert die Steuerung mit diesem speziellen Controller sehr gut. Eine Taste zum Bestätigen und eine Taste für Menü/Abbruch reichen vollkommen aus, um sich durch das ganze Spiel zu navigieren.
Mit diesem Ball dann auch Pokémon fangen zu können, hat ebenfalls einen gewissen Charme, der jedoch nach kurzer Zeit schon vergeht. Was das Spielen mit diesem Gimmick am Ende dann doch unangenehm gemacht hat, ist die Größe. Dieser Controller ist eindeutig für Kinderhände gemacht. Um einem Krampf vorzubeugen, musste ich den Charakter mit der Basis des Daumengelenks steuern. Auf Dauer kann das aber sicher auch nicht so angenehm sein. Die Taste am oberen Pol des Pokéballs ließ sich wesentlich besser erreichen, jedoch würde das Handling auch hier von einer größeren Basis profitieren. Der Pokéball-Plus-Controller ist wie zu erwarten ein reines Gimmick, das sich an eher jüngere Spieler richtet.
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