Konzerte, die als Thema Videospielmusik nutzen, sind inzwischen auch in Deutschland keine Seltenheit mehr. Im Publikum sitzen vor allem die Fans, die oft mit einer Gänsehaut bewaffnet den gewohnten Klängen lauschen, die von einem Orchester gespielt werden. Nach einer solchen Aufführung hagelt es minutenlang Applaus, oft begleitet von Standing Ovations. Doch wie reagiert ein Publikum, das sich kaum mit der Materie Videospiele auskennt oder die Musik nur mit den Tönen, die wir aus Pong kennen, verbindet?
Am 1. Februar fand im Abonnement „Mittwochs um halb acht“ eine besondere Vorstellung für die Dauerkarteninhaber statt. Das Münchner Rundfunkorchester und Dirigent Eckehard Stier spielten an diesem Abend Video Game Music in Concert Symphonic Selections. Natürlich befanden sich auch viele Kenner aus dem Gebiet der Videospiele im Saal, doch man hat selten eine so große Anzahl an älteren Menschen während einer solchen Veranstaltung gesehen, die sich an diesem Tag in der lauschenden Menge befanden. Ein Experiment wurde gewagt, mit einem erstaunlichen Ergebnis.
Moderiert wurde das Event von Nino Kerl, der in einem schicken Anzug mit seinen souveränen Reden das Publikum gekonnt und heiter durch den Abend führte. Mit „Fanfare for the Common-8-Bit Hero“ von Jonne Valtonen begannen wir unsere abenteuerliche Reise durch die musikalische Aufführung. Das Stück eignete sich hervorragend für den Auftakt. Die beschwingte Musik weckte in einem selbst die Lust, sich gleich in das nächste Abenteuer zu stürzen und neue Länder zu erkunden.
Nach einer kurzen Begrüßung von Nino Kerl ging es auch schon weiter mit „Concerto for Laser and Enemies“ aus Turrican II von Chris Huelsbeck. Schon die originale Musik hat die Leute damals bezaubert und tut es heute immer noch. Doch die Verzauberung vergrößert sich enorm, wenn ein Orchester diese Töne spielt.
Als drittes Lied wurde „Waterside“ aus Blue Dragon von Nobuo Uematsu gespielt. Nino Kerl verriet, dass er sich aus diesem Grund eine Xbox-360-Konsole kaufte, um diesen Titel zu zocken. Da ist er sicherlich nicht allein, denn in Verbindung mit dieser hinreißenden Musik erlebt man Charaktere, die von Akira Toriyama stammen. Nach dem aufregenden Stück „Concerto for Laser and Enemies“ wirkten diese Klänge beruhigend und waren wie ein Balsam für die Seele.
Nun wurde es sehr experimentell mit „Angry Birds“ von Ari Pulkkinen. Das Orchester bewies, dass man auch mit ungewöhnlichen Instrumenten passende Töne erzeugen kann. Durch einige Geräusche wurde das Publikum sehr erheitert. Anschließend folgte ein Stück mit einer Länge von 18 Minuten Spielzeit. Wieder wurde ein Werk von Nobuo Uematsu aufgeführt. Vor allem Fans der Final-Fantasy-Serie wurden dadurch an die guten, alten Zeiten erinnert. Mit „Born With the Gift of Magic“ aus Final Fantasy VI führte Eckehard Stier das Publikum durch eine spannende Reise. Durch die abwechselnden Abschnitte und die aufgestauten Emotionen wurde es nicht langweilig, das gewaltige Stück anzuhören.
Nach diesem kraftvollen Akt wurde es wieder ruhiger mit „Albion Online“ von Jonne Valtonen, der mit diesem Stück beweist, dass auch Spiele aus diesem Genre eine wunderschöne Musik besitzen. Sehr magisch, und die Geräusche ähnlich zu Wasser, wenn es ruhig plätschert, waren eine Wonne für das Gemüt. Die Ruhe tat den Ohren auch gut, denn kurz danach wurde es wieder episch und nostalgisch mit „Super Stardust Medley“ von Ari Pulkkinen. Auch „Clash of Clans“ von Martin Scholer war mit einem Experiment am Ende verbunden. Hier bewies das Orchester, dass selbst eine Zeitung melodische Geräusche verursachen kann.
Mit einem großen Spektakel, „The Great Giana Sisters“ von Chris Huelsbeck, wurde das Programm beendet. Auch hier war eine sehr positive Resonanz aus dem Publikum zu spüren. Der anschließende Applaus brachte natürlich eine Zugabe hervor: „Freedom“ aus Turrican II. Somit beendete Eckehard Stier den wunderbaren Abend. Nicht nur die Videospielfans hatten ihren Spaß, auch die Leute, die sich sehr wahrscheinlich noch nie mit diesem Thema befasst haben, zeigten ihre Freude an dieser speziellen klassischen Musik. Somit haben wieder mehr Leute gelernt, dass Stücke in diesem Gebiet mehr sind als nur piepsende Töne und sich in der Welt der Klassik schon längst nicht mehr verstecken müssen und auch ein gemischtes Publikum begeistern.
Einige der Stücke haben wir mit den originalen Versionen der Lieder verbunden, dazu findet ihr hier den Stream zum Konzert.
- Jonne Valtonen: Fanfare for the Common 8-bit Hero von 1:38 bis 4:46
- Chris Huelsbeck: Concerto for Laser and Enemies von 7:28 bis 11:10
- Nobuo Uematsu: Blue Dragon – Waterside von 11:45 bis 18:56
- Ari Pulkkinen: Angry Birds von 19:31 bis 24:16
- Nobuo Uematsu: Final Fantasy VI – Symphonic Poem von 26:21 bis 43:32
- Jonne Valtonen: Albion Online von 47:20 bis 54:38
- Ari Pulkkinen: Super Stardust Medley von 55:20 bis 1:00:50
- Martin Schjoler: Clash of Clans von 1:02:20 bis 1:09:33
- Chris Huelsbeck: Great Giana Sisters 1:10:12 bis 1:15:50