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Im Test! Memory’s Dogma Code: 01

  1. Titel
Memory’s Dogma Code: 01
Japan04. November 2016
Sekai Project
Nordamerika04. November 2016
Sekai Project
Europa04. November 2016
Sekai Project
SystemSteam
Getestet fürSteam
EntwicklerLizArts
GenresVisual Novel, Sci-Fi

Letztes Jahr startete Indie-Entwickler LizArts in Zusammenarbeit mit Herausgeber Sekai Project die Arbeit an einer Sci-Fi-Visual-Novel namens Memory’s Dogma, welche ein sehr interessantes Konzept verwendet. Finanziert wurde diese durch Kickstarter und das mit vollem Erfolg, sodass sogar Sprachausgabe mit eingefügt werden konnte. Zwischenzeitlich änderte sich einiges an der Planung und LizArts entschied sich dazu, Memory’s Dogma in insgesamt drei Spiele aufzuteilen. Der erste Teil, Memory’s Dogma Code: 01, erschien am 4. November auf Steam. Wir haben uns besagte Visual Novel einmal etwas genauer angesehen.

Verlorene Erinnerungen?

Wir befinden uns in Japan im Jahre 2030. In der Zeit hat sich so einiges geändert, worunter die Möglichkeit des Aufbewahrens von Erinnerungen wohl die größte Sensation darstellt. Die Entdeckung fiel schnell Verbrechern zum Opfer, die Leute zu Untaten zwangen, um deren Erinnerungen im Anschluss im Netz hochzuladen. Um dem Einhalt zu gebieten, dürfen fortan nur noch die Erinnerungen von Verstorbenen abgerufen werden und dies unter Aufsicht in den sogenannten Connect Center. Wer ein Familienmitglied oder einen Bekannten verloren hat, kann hier vorbeischauen und mit ihm reden, aber nur für die Zeit, in der die Erinnerungen gelagert werden.

So verschlägt es auch den Protagonisten Hiroki Kusuhara an diesen Ort. Der Grund dafür ist Sorano Mizunashi, ein Mädchen, mit dem er befreundet war. Vor einem Monat jedoch warf sie sich vor einen Lastwagen und verlor ihr Leben. Hiroki gibt sich selbst die Schuld dafür und verspürt das Verlangen danach, ihr in den Tod zu folgen, aber alle Versuche bringen ihm lediglich einen erneuten Krankenhausaufenthalt ein. Sein bester Freund Kakeru Amamiya ermutigt ihn letztendlich dazu, noch einmal mit Sorano zu reden, in der Hoffnung, dass es Hiroki weiterhilft.

Schon bald stellen beide fest, dass hier etwas so ganz und gar nicht stimmt. In einem Gespräch mit Sorano, oder viel mehr ihren Erinnerungen, kommt heraus, dass sie nicht weiß, was sie gemacht hat, bevor sie gestorben ist und ob es wirklich Selbstmord war. Hiroki und Kakeru gehen der Sache weiter auf den Grund, wodurch ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, da die wertvollen Erinnerungen in wenigen Tagen Geschichte sein werden.

Memory’s Dogma fängt spannend geschrieben an und bringt so einige interessante Ideen mit ein. ‚Was verbirgt sich hinter Soranos Tod?‘ ist die Hauptfrage, die dem Spieler gestellt wird und im Laufe der Geschichte werdet ihr Stück für Stück die Wahrheit herausfinden und bringt dabei eine viel größere Sache ins Rollen, die das Leben des Protagonisten von Grund auf verändern wird.

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Leider schwankt die Qualität der Visual Novel enorm und driftet in der zweiten Hälfte in ein komplett anderes Genre ab, was sich negativ auf die Handlung auswirkt. Es fühlt sich fast so an, als hätte man sich mittendrin dazu entschieden, doch etwas anderes aus der Geschichte zu machen und hat dabei den Verlust an Originalität und Kreativität in Kauf genommen. Plötzlich zeigen sich generische Bösewichte, inklusive Weltherrschaftsplänen und Superkräften. Zwar erkennt man nach wie vor das Sci-Fi-Genre, aber die Atmosphäre ändert sich komplett und einige Twists wirken so, als hätte man sie einfach in letzter Sekunde mit eingeworfen.

Es gibt so einige lohnenswerte und spannende Momente im Spiel, allerdings mindestens genauso viele Szenen, die nicht gut funktionieren oder schlecht geschrieben sind. So kommt es gerne mal vor, dass Dinge in Vergessenheit geraten oder keinen Sinn ergeben, sich Charaktere vollkommen unverständlich verhalten und man Situationen nicht ernst nehmen kann. Dazu gesellt sich eine völlig deplatzierte und unnötige Fanservice-Szene. Wie schon einmal erwähnt, ist dies jedoch nicht durchgehend der Fall. Neben dem gesamten Anfang der Visual Novel gibt auch im späteren Verlauf Momente, die zu fesseln wissen. Dazu zählt zum Beispiel die Flucht vor einem übermächtigen Gegner, mitsamt Plan, diesen zu besiegen. Die Szene vermittelt schon fast ein gewisses Horror-Gefühl und bietet dazu noch einen gut dargestellten Kampf.

Leider wirken die meisten Charaktere eher flach und bekommen viel zu wenige Auftritte, um ein genaueres Bild von sich vermitteln zu können. Einen wirklichen Eindruck hinterlassen daher nur Hiroki, Kakeru und das junge Genie Reina, die sich schon frühzeitig den beiden Jungs anschließt. Hiroki selbst ist kein origineller Protagonist und wirkt besonders anfangs nicht wirklich sympathisch, aber er bessert sich im Laufe der Handlung. Kakeru hingegen ist ein eher untypischer bester Freund, der mehrfach die Handlung durch seine Fähigkeiten vorantreibt und eigentlich unverzichtbar ist. Anscheinend stand er aber der späteren Planung im Weg und wurde so, wie die meisten anderen Charaktere, einfach mittendrin zurückgelassen und das auf eine ungeschickt gelöste Art und Weise. Wirklich komisch ist es aber, zwei Charaktere mit einzubauen, die von der Aufmachung her eher in eine Fantasy Visual Novel gepasst hätten. Sie sind bewaffnet mit Speer und Schild und nicht einmal die Polizei scheint das zu stören.

Ein Lexikon ist insbesondere in einer Sci-Fi-Visual-Novel sehr nützlich, zumal hier wichtige Dinge erklärt werden, um die Thematik verständlicher zu gestalten. Entsprechend schaut es auch in dieser Visual Novel aus und die Funktion erweist sich als hilfreich, allerdings reicht es, einen Begriff einmal zum Nachschlagen zu markieren und nicht doppelt und dreifach. Manchmal war so gar nicht ersichtlich, ob das Wort und die Erklärung dazu jetzt neu sind oder nicht. Entscheidungen, die ab und an getroffen werden müssen, sind allesamt mit einer Zeitbegrenzung versehen und wer die Zeit ablaufen lässt oder das Falsche wählt, kann das Pech haben auf eines der Bad Ends zu stoßen.

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Der Wahrheit auf der Spur

Die grafische Gestaltung ist einfach gehalten, mit weitgehend langweiligen Hintergründen, denen es an einer eigenen Note fehlt. Allgemein mangelt es an Kreativität, was die Aufmachung des Bildschirmes und insbesondere der Textbox angeht. Es existieren Bilder von einem früheren Entwicklungszeitpunkt, die eine viel interessantere Bildschirmgestaltung aufweisen, aber von dem ist nichts übrig geblieben. Den Sprites fehlt es etwas an Lebendigkeit und sie fügen sich in einigen Fällen nicht gut in den Hintergrund ein. Gerade bei einem komplett schwarzen Hintergrund sieht man, dass das Artwork an den Rändern pixelig ist und keinen flüssigen Übergang aufweist. Auch die Qualität der Eventbilder ist nicht gerade hochwertig.

Etwas außergewöhnlicher kommt der Soundtrack daher, der unterschiedliche Stilmittel benutzt, darunter Jazz, japanische Klänge oder Lieder mit Gesang und Geräusche wie Schnalzen mit der Zunge und Trommeln. Auch wenn Kampfszenen nicht immer spannend aufgebaut sind, so weiß die Musik an solchen Stellen oftmals zu motivieren – wenn sie nicht gerade falsch gesetzt wurde. Positiv aufgefallen ist die japanische Synchronisation, bei der man sich teils auch bekanntere Synchronsprecher ausgesucht hat. Selbst Protagonist Hiroki wurde eine Stimme gegeben.

Die Lokalisierung versucht sich nahe an den japanischen Texten zu halten und lässt die typischen Anredeformen unübersetzt. Zudem reden sich die Charaktere, je nachdem, wer es ist, gerne einmal mit den Nachnamen an. Man könnte es Geschmackssache nennen, aber eigentlich sollte so etwas in einer englischen Version entsprechend angepasst werden, damit es natürlicher klingt. Daneben haben sich einige kleinere, aber auch etwas größere Fehler in die Texte geschlichen, die aber nicht beim Lesen stören.

Memory’s Dogma kann sowohl im Window-Modus als auch im Fullscreen-Modus gespielt werden. Nötige Funktionen wie Skip, Auto-Modus und ein Backlog sind vorhanden und das Spiel stellt genügend Speicherstände zur Verfügung. Nach einmaligem Durchspielen, was zwischen sechs und acht Stunden in Anspruch nehmen wird, wird eine Galerie mit Eventbildern und Musik freigeschaltet.

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Fazit

»Memory’s Dogma benutzt eine interessante Thematik, die im Zusammenhang mit den erzählten Ereignissen, den schönen Zeichnungen und der Musik zumindest bis zur ersten Hälfte zu fesseln weiß. Nachdem die Geschichte fast schon etwas zu schnell alle Charaktere zusammenführt, schlägt die Handlung langsam eine andere Richtung ein, bei der die Mystery-Atmosphäre immer mehr verloren geht. Stattdessen wird plötzlich auf Superkräfte und Kämpfe gesetzt, mit stereotypischen Gegenspielern und Weltherrschaftsplänen. Dementsprechend fällt die Auflösung rund um Soranos Tod eher enttäuschend und unkreativ aus. Dazu kommt, dass die meisten Charaktere viel zu wenige Auftritte bekommen und deswegen nicht nur total flach wirken, sondern auch nicht gut in Erinnerung bleiben. Die einzigen Ausnahmen bilden hier der Protagonist Hiroki, sein bester Freund Kakeru und Reina, die Heldin aus Memory’s Dogma Code: 01. Insgesamt schwankt die Qualität des Spiels in allen Bereichen sehr. Mal gibt es lohnenswerte Momente, für die man Memory’s Dogma gerne empfehlen würde, aber kurz danach werden Szenen wieder von Unstimmigkeiten, unverständlichem Verhalten der Charaktere oder einer schlechten Erzählweise ruiniert. Gerade durch die Unterstützung durch Sekai Project und den Kickstarter-Erfolg hat man einiges von diesem Projekt erwartet, aber wenn schon Memory’s Dogma Code: 01 mit nicht wenigen Problemen zu kämpfen hat und kaum Charme herüberbringt, sehe ich eher schwarz für die zwei anderen Teile. Zumindest stellt dieser Teil eine abgeschlossene Geschichte dar, die jedoch viele Fragen und das Wohlbefinden einiger Charaktere offen lässt.

Eine kleine Warnung noch am Ende, auf die aber auch das Spiel selbst hinweist, wenn man es startet: Wer mit dem Thema Folter nicht klar kommt und entsprechende Szenen nicht verkraftet, sollte lieber nicht zu Memory’s Dogma greifen. Eine bestimmte Szene ist durch die Mischung aus Beschreibung und bildlicher Darstellung recht heftig und verstörend.«

 

Story: Fesselnde Sci-Fi-Mystery-Geschichte, die leider im Laufe der Handlung durch einen Genrewechsel immer unkreativer und enttäuschender wird. Abgeschlossene Geschichte mit vielen offenen Fragen, die hoffentlich im nächsten Teil beantwortet werden.

Gameplay: Lesen und ein paar wenige Entscheidungen treffen.

Grafik: Simple Darstellung, der es an Kreativität fehlt, Qualität der Zeichnungen und Darstellung schwankt.

Sound: Ein origineller, lohnenswerter Soundtrack, der leider nicht immer passend eingesetzt wird. Gute Sprachausgabe, sogar dem Protagonisten wurde eine Stimme gegeben.

Sonstiges: Ein Hauptende und mehrere Bad Ends, englische und japanische Bildschirmtexte, japanische Sprachausgabe.