Pokémon Go erobert die Welt im Sturm. Die Nintendo-Aktie stieg selbst ohne direkte Verbindung zur Entwicklung der App zunächst um mehr als 20 Prozentpunkte, insgesamt hat sich der Kurs inzwischen sogar beinahe verdoppelt. Spieler, die sich seit mehr als 15 Jahren nicht mehr mit Pokémon beschäftigt haben, pilgern plötzlich stundenlang durch die Städte. Power-Bank-Herstellern geht es dank der hohen Akku-Belastung des Spiels so gut wie noch nie – schließlich wollen eingefleischte Fans auch mehr als zwei Stunden außer Haus verbringen können.
Was ist dran an diesem Hype? Ist Pokémon Go wirklich ein soziales Phänomen? Auch am JPGames-Team ist diese App nicht vorbeigegangen. Wir schildern euch unsere Erfahrungen mit dem Spiel!
Getting Started
Nach der Installation der App wird man aufgefordert, sich mit seinem Google- oder Pokémon-Trainer-Account einzuloggen. Im Anschluss erstellt und benennt man seinen Charakter, dessen Geschlecht, Aussehen und Kleidungsstil man sich selbst aussuchen kann. Die Auswahl ist jedoch recht begrenzt. Nach ein paar Zeilen einleitendem Text geht es auch schon los: Man fängt in einem Tutorial sein erstes Bisasam, Glumanda oder Schiggy und ist im Anschluss auf sich gestellt.
Wie funktioniert das alles?
Pokémon Go verwendet GPS und eine Internetverbindung, um festzustellen, wo man sich gerade befindet. Durch einen Abgleich mit dem Server weiß das Spiel, welche Pokémon gerade in der Nähe sind. Diese Pokémon und ihre grobe Entfernung (jedoch nicht Richtung) werden in einer kleinen Übersicht angezeigt. Befinden sich diese schließlich in unmittelbarer Reichweite von etwa 20 Metern, tauchen sie auf der Karte im Spiel auf und man kann eine Begegnung mit ihnen initiieren. Kämpfe gibt es keine, man wirft lediglich Pokébälle, um die Pokémon einzufangen. Dabei muss man genau treffen. Stärkere Pokémon sind dabei in der Regel schwerer zu treffen und brechen häufiger aus.
Die Pokémon, die gefangen werden, bleiben für andere Spieler auf der Karte erhalten, verschwinden aber irgendwann von selbst. Das heißt, man kann sich nicht gegenseitig die Pokémon wegschnappen. Selbst wenn man sich nicht bewegt und von Zuhause spielt, sollte im Durchschnitt alle 15 Minuten ein Pokémon in Reichweite sein. Pokémon sind aber tendenziell häufiger in ihrem natürlichen Terrain anzutreffen, weshalb man sich zum Fangen von Wasser-Pokémon beispielsweise an einen See oder Fluss begeben sollte.
Für jedes gefangene Pokémon erhält man drei Bonbons der entsprechenden Evolutionskette. Das heißt, Taubsi, Tauboga und Tauboss hinterlassen jeweils drei Taubsi-Bonbons. Die Bonbons können genutzt werden, um Pokémon dieser Art zu entwickeln. Ein Taubsi entwickelt sich beispielsweise mit zwölf Taubsi-Bonbons in ein Tauboga. Die Bonbons können außerdem in Kombination mit Sternenstaub genutzt werden, um die Pokémon stärker zu machen. Das ist als Alternative zum Trainieren durch Kämpfe zu sehen, da es in Pokémon Go keine Level gibt, sondern nur sogenannte WP, die für die Stärke eines Pokémon stehen. Sternenstaub erhält man ebenfalls dafür, dass man Pokémon fängt.
Neben dem Fangen kann man auch neue Pokémon durch das Ausbrüten von Eiern enthalten. Dafür muss man analog zu den Handheld-Spielen eine bestimmte (reale) Distanz zurücklegen – je nach Ei zwei, fünf oder zehn Kilometer –, während sich das Ei in einer Brutmaschine befindet, von der man zu Beginn eine besitzt.
Ein wichtiges Feature von Pokémon Go sind sogenannte Pokéstops. Das sind meist besondere Orte und Sehenswürdigkeiten in der echten Welt, die auf Basis der Daten von Google Maps ausgewählt wurden. An einem Pokéstop erhält man eine zufällige Kombination aus Pokébällen, Eiern und Items wie Tränken und Belebern. Nach einer Abklingzeit von fünf Minuten kann man denselben Pokéstop wieder besuchen.
Jeder Spieler besitzt einen Trainer-Level. Für alle möglichen Aktionen – fangen, entwickeln, Eier ausbrüten und Arenen erobern – erhält man EXP, durch die das Level steigt. Beim Levelaufstieg erhält man Items und mit steigendem Level werden auch die angreifenden Pokémon stärker.
Sobald man Level fünf erreicht hat, kann man in Arenen kämpfen. Zuerst muss man sich für eins von drei Teams entscheiden (Rot, Blau, Gelb). In Arenen des eigenen Teams kann man gegen die dort von anderen Spielern stationierten Pokémon trainieren, während man Arenen der anderen Teams erobern kann. In beiden Fällen muss man alle Pokémon, die dort stationiert sind, besiegen. Die Kämpfe laufen zwar nicht vollkommen automatisch ab, sind jedoch deutlich simpler als in normalen Pokémon-Spielen. Man tippt lediglich sein Pokémon an, um anzugreifen, und kann, wenn man geschickt ist, gegnerischen Angriffen ausweichen, indem man sein eigenes Pokémon nach links und rechts schiebt. Die gegnerischen Pokémon sind zwar Pokémon, die von echten Spielern in Arenen stationiert wurden, sie kämpfen jedoch automatisch. Es findet also keine direkte Auseinandersetzung zwischen Spielern statt.
Hat man eine feindliche Arena erobert, kann man ein eigenes Pokémon dort stationieren, das so lange dort bleibt, bis ein anderer Spieler es besiegt hat. Die Arena ändert auch entsprechend die Farbe, was man auf der Karte übrigens schon von Weitem erkennen kann. Bei erfolgreichem Training in einer Arena des eigenen Teams kann den dort befindlichen Pokémon ein eigenes hinzufügen.
Was hat das Spiel noch zu bieten?
Auch wenn man andere Spieler nicht auf der Karte sieht und auch nicht direkt mit ihnen durch das Spiel interagiert, ist Pokémon Go durchaus ein soziales Spiel. Durch sogenannte Lockmodule, die man in Pokéstops platzieren kann, kann man die Zahl der Pokémon, die erscheinen, für 30 Minuten deutlich erhöhen. Das gilt für alle Spieler, die sich in der Nähe des Pokéstops befinden. Einen mit einem Lockmodul ausgestatteten Pokéstop erkennt man auf der Karte bereits von Weitem. Entsprechend kommt es in Städten häufig vor, dass Spieler sich an mit Lockmodulen versammeln – teilweise in erstaunlich großen Gruppen.
An besonderen Orten in der echten Welt greifen tendenziell auch seltenere Pokémon an. Deshalb sind auch solche Orte Sammelpunkte für Spieler.
Da Pokémon Go ein Free-to-Play-Spiel ohne Ingame-Werbung ist, gibt es natürlich Mikrotransaktionen. In einem Shop kann man sich Items kaufen, die es auch im normalen Spiel zu finden gibt – einige davon nur recht selten oder nur in begrenzter Zahl beim Levelaufstieg. All diese Items sind keine Notwendigkeiten, können das Spielerlebnis aber bereichern. Dazu zählen besonders Lockmodule. Spieler, die kein Geld ausgeben wollen, müssen das jedoch nicht tun. Pokémon Go ist kein Pay-to-Win-Spiel; wer Geld ausgibt, hat keinen wesentlichen Vorteil. Die Münzen zum Kauf von Shop-Items kann man auch erspielen, indem man Arenen einnimmt. Das dauert jedoch sehr lange und lohnt sich kaum: Man bekommt alle 21 Stunden einmal zehn Münzen und 500 Sternenstaub pro Arena, in der man aktuell ein Pokémon stationiert hat. Zum Vergleich: 100 Münzen kosten 0,99€.
Aktuell gibt es im Spiel die 151 Pokémon der ersten Generation. Wichtige Funktionen wie das Tauschen von Pokémon wurden noch nicht implementiert. Auch plant Niantic, mehr Pokéstops in ländlichen Gebieten einzubauen. In den kommenden Monaten werden wir sicherlich Zeuge einiger substanzieller Updates werden, schließlich befindet sich das Spiel noch in der Beta-Version, was gerne vergessen wird. Zwischendurch liefen die Server relativ stabil, gerade in den letzten Tagen sorgt die extreme Überlastung für Login- und Spielprobleme. Vollkommen ausgereift ist die App noch lange nicht, denn neben kleineren Bugs passiert es auch hin und wieder, dass das Spiel einfriert oder komplett neu starten muss. Fortschritt geht dabei zum Glück nicht oder nur minimal verloren – ärgerlich kann es dennoch sein.
Unsere Meinungen und Erlebnisse!
Statt eines Gesamtfazits wollen wir diesen Test mit persönliche Einzelmeinungen abschließen – das passt einfach am besten zum Spiel.
Was Tony meint:
Pokémon Go ist fantastisch. Und es spielt überhaupt keine Rolle, wie lange es noch von so vielen Menschen genutzt wird wie heute. Es macht im Moment wahnsinnig viel Spaß und ich habe ehrlich gesagt noch nie etwas Vergleichbares erlebt. Ich erkenne Menschen auf der Straße, die Pokémon Go spielen. Die Blicke treffen sich, man grinst sich an. Und manchmal kommt man sogar mit wildfremden Menschen ins Gespräch. Manchmal ärgert man sich auch, weil der Pokéball mal wieder einfriert, wenn man ein Pokémon gefangen hat. Ja, die App läuft noch lange nicht rund. Und eigentlich hat dieses Spiel verdammt wenig Substanz.
Was Roflcopterscater meint:
Ich bin ein extrem fauler Mensch. Der Gedanke daran, nach draußen zu gehen und irgendwo hinzulaufen, widert mich manchmal regelrecht an. Einfach, weil ich lieber daheim sitze und Videospiele zocke. Aber mit Pokémon Go ist das nun anders. Da freue ich mich jedes Mal, wenn ich rausgehen muss und gehe sogar abends spazieren, einfach um Pokémon zu fangen. Natürlich sitzt momentan noch der anfängliche Hype in mir, aber ich kann mir gut vorstellen, auch in mehreren Wochen oder Monaten noch auf Pokémon-Jagd zu gehen. Vor allem, wenn dann die ersten Probleme behoben sind, wie der Arena-Bug oder die überlasteten Server.
Pokémon Go hat mich wirklich überrascht. Als ich mit großen Erwartungen das Spiel installiert hatte, fing ich ein paar Taubsis und war noch nicht sonderlich angetan. Doch kurz darauf wurde das Pokémon-Feuer und Sammelfieber in mir wieder entfacht. Mehr als 30 Kilometer hat mich das Spiel schon durch die Stadt getrieben und unterwegs habe ich allein an einem Tag vier alte Klassen- und Studiumskameraden getroffen, die ich teils seit Jahren nicht gesehen hatte. Auch sie waren alle am Spielen. Pokémon Go ist extrem simpel und bereitet durch instabile Server und bei schlechten Internetverbindungen insbesondere in ländlichen Gebieten noch viel Frust, aber es ist zugleich ein unglaublich motivierendes, zugleich kooperatives und kompetitives Spiel, das blitzschnell zu einem unvergleichlichen soziales Phänomen geworden ist.
Man muss nur ein paar Schritte durch die Stadt gehen und schon fühlt man sich wie damals in der Grundschule auf dem Schulhof, als alle über die Spiele geredet und Pokémon getauscht haben. Dass diese Zeit in meinem Leben noch einmal wiederkommen würde, hätte ich nie für möglich gehalten. Ich bin mir sicher, dass ich auch in den nächsten Wochen (und bei größeren Updates vermutlich noch viel länger) Freude an Pokémon Go haben und viele Orte entdecken und Menschen treffen werde, von denen ich sonst nie etwas bemerkt hätte.