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Im Test! Higurashi When They Cry Hou ~ Onikakushi

Das von Ryukishi07 gegründete Entwicklerstudio 07th Expansion beschäftigt sich seit über einem Jahrzehnt mit der Entwicklung von sogenannten Sound Novels. Der geneigte Leser wird sich nun vielleicht einen Reim darauf machen und sich fragen, ob ein Zusammenhang zu Visual Novels besteht, von denen wir euch bereits einige Titel vorstellen konnten. In den Grundzügen ähnelt das Subgenre dem Hauptgenre, jedoch wird viel mehr Wert auf Musik und Sounds gelegt, anstatt auf die Zeichnungen.

In welchem Filmgenre verließ man sich eine Zeit lang auf selbiges Stilmittel? Richtig, im Horrorgenre. So kommt es nicht von ungefähr, dass sich die Titel des Indie-Studios mit übernatürlichen Geschehnissen beschäftigen. Dank dem Publisher MangaGamer steht die erste Episode der Neuauflage des ersten Titels von 07th Expansion – Higurashi When They Cry Hou – auch dem Westen in lokalisierter Form zur Verfügung. Was kann man von einer Sound Novel erwarten? Erfahrt es in unserem Test!

Wie ein ungünstig gebrühter traditioneller Tee

Harmloses Feiern?
Harmloses Feiern?

Wer kennt die Situation nicht: Ihr brüht euch einen Tee im handelsüblichen Teeei auf, nur um festzustellen, dass die Löcher zum Filter zu groß sind und der Tee dadurch voller Krümel ist. Gewiss ist er noch genießbar, trotzdem will man bei einem Tee lieber Tee haben anstatt einer Kräutersuppe mit Krümeln. Ähnlich verhält es sich mit der Handlung von Higurashi.

Dabei begleitet ihr das Geschehen aus den Augen von Keiichi Maebara im ländlichen Dorf Hinamizawa in den 1980er-Jahren, wo man im Sommer deutlich das Zirpen der Abendzikaden hören kann. Keiichis Familie ist erst vor wenigen Wochen in den Ort gezogen, doch dank der Mädchen Rena, Mion, Satoko und Rika fühlt sich der junge Erwachsene aus der Stadt schnell zuhause.

In den ersten Kapiteln des Spiels wird die Zeit damit verbracht, die Hauptfiguren ausführlich vorzustellen. An sich ist eine solche Herangehensweise vorbildlich, hier jedoch verliert man sich in Belanglosigkeiten. Bis zum Ende des ersten Viertels geschieht nichts, was irgendwie einen Handlungsbogen oder zumindest Spannung erzeugt. Zwar geht man auf die Personen der Geschichte ein, nichtsdestotrotz bleibt man zu oberflächlich, sodass sich der Anfang durchaus ziehen kann.

Im Gegensatz dazu steht der im Verlauf wachsende Horroranteil, die wahre Essenz des Tees. Durch den Protagonisten Keiichi, bei dem man überhaupt nachdenken muss, ob er zuverlässig Situationen beschreibt, erhält der Horror eine subtile Ader, die mitunter Gänsehaut verursacht und zum Nachdenken anregt.

Zwischen den einzelnen Kapiteln hat man die Möglichkeit, sich sogenannte TIPS durchzulesen. Dies geschieht im selben Stil wie die Haupthandlung – mit dem Unterschied, dass diese Parts nicht unmittelbar Teil des Handlungsbogens sind. Nichtsdestotrotz haben sie eine Daseinsberechtigung, denn nur mit diesen TIPS erhält man genauere Informationen zu diversen Sachverhalten, die im Spiel sonst nur angeschnitten werden. Wer die Mysterien möglichst vollständig aufklären möchte, kommt um diese TIPS ohnehin nicht herum.

Krabbenhände und weinende Zikaden

Manchmal sind auch die traditionellen Sprites gruselig.
Manchmal sind auch die traditionellen Sprites gruselig.

Wenngleich der wichtigste Part einer Visual Novel – oder in diesem Fall Sound Novel – die Handlung ist, spielen Grafik und Sound keinen unbedeutenden Part. Glücklicherweise wurden für die Neuerscheinung auf Steam auch neue Sprites für die Charaktere erstellt. Ryukishi07 besitzt zwar ein Faible für abgedrehte Handlungen, doch seine Zeichnungen sind sehr spartanisch, sodass diese eher Kinderzeichnungen ähneln – gerade die Hände besitzen eine große Ähnlichkeit mit Krabbenscheren.

Die neuen Sprites entsprechen heutigen Standards und sind mit ihren Variationen nett anzusehen, mehr aber auch nicht. Wer die Nostalgie der Erstveröffentlichung von MangaGamer vermisst, kann jederzeit in den Optionen zu den alten Sprites wechseln, ansonsten sind aber die neueren Artworks vorzuziehen. Auch bei den Hintergründen wird deutlich, weshalb Higurashi eine Sound Novel ist. Diese sind mehr abstrakt als klar und wirken wie Malereien oder Photographien unter Drogen.

Der Sound hingegen überzeugt ohne viele Worte. Selbst in den Szenen zu Beginn weiß die Musik zu unterhalten durch ihre heitere Art. Wenn es aber schließlich gruselig wird, gelangt der Soundtrack zu seiner wahren Stärke. Die Musikstücke schmiegen sich langsam ans Ohr und vermitteln dabei ein natürliches Gefühl von Unsicherheit. Nicht zu vergessen ist auch das immerzu ertönende „Weinen“ der Zikaden, das eine ungemütliche Anspannung verursacht. Eine Vertonung gibt es zwar nicht, dafür kann man Higurashi auf Englisch und Japanisch lesen.

Lohnt es sich?

Higurashi When They Cry Hou ~ Onikakushi ist das erste von insgesamt acht Kapiteln der Haupthandlung, welche durch weitere Bonusszenarien erweitert wird. Wann aber diese erscheinen werden, ist nicht geklärt. Als Erstling lässt sich Onikakushi ganz gut lesen, wenn man über den langweiligen Einstieg hinweg kommt. Mit einer Lesezeit von durchschnittlich acht Stunden stimmt auch das Preisleistungsverhältnis bei etwa fünf Euro.

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