Heute haben wir einen Artikel über die Suikoden-Serie für euch. Der Text stammt von Antimatzist, der selbst eine Suikoden-Website betreibt. Gerade aktuell ist das Thema wieder etwas relevant, denn erst kürzlich erschienen Suikoden I und II auch in Europa im PlayStation Store und auch für Suikoden III sieht es gut aus. Damit hätte vor einem Jahr sicherlich kaum jemand gerechnet. Aber genug der Vorworte, los geht’s.
Einen Platz in den RPG-Geschichtsbüchern hat Suikoden bereits sicher – nämlich als erstes reines Rollenspiel, das damals für PlayStation erschien. Doch seitdem hat sich auch so einiges getan, was durchaus Beachtung verdient – fünf Hauptteile, zwei Visual Novels, ein SRPG-Ableger, ein Kartenspiel (!) für den GameBoy Advance sowie noch zwei weitere Ableger sprechen für sich. Da leider nur zwei Drittel der Spiele auch in Deutschland erschienen, fragen wir uns: Wieso solltet ihr die Reihe spielen?
Das Hauptmerkmal der Reihe ist die Anzahl an Charakteren, die auf eurer Seite stehen. Während sich in Final Fantasy, Dragon Quest und ähnlichen Spielen nicht mehr als eine Handvoll Figuren in den Kampf gegen das Böse aufmachen, verfügt man in Suikoden über 108 (inkl. des stummen Protagonisten) Helden, die in der gesamten Welt gesucht werden wollen, und von denen meist über zwei Drittel auch tatsächlich im Kampf nutzbar ist. Der Rest begnügt sich damit, in euer Hauptquartier (meist eine alte Schlossruine) einzuziehen und es mit neuem Leben zu füllen.
Das verstärkt das Gefühl, eine ganze Armee zu führen – denn im Gegensatz zu den meisten anderen RPGs steht hier keine kleine Truppe gegen den Rest der Welt, sondern eine Rebellenarmee gegen ein Land. Die Geschichten sind vordergründig meist sehr politisch und thematisieren Probleme wie Korruption, Patriotismus oder fehlenden Zusammenhalt zwischen Staaten. Einen „Rette-die-Welt“-Plot sucht man meist vergeblich, die Geschichten sind in jedem Spiel sehr eng mit einem Land und einem spezifischen Problem verknüpft. Diese politische Geschichte wird immer mit einer persönlichen Tragödie des Helden verknüpft: Verrat, Freundschaft, Verlust – von allem wird einem viel geboten. Nicht umsonst wird Suikoden oft als eine Mischung aus „Game of Thrones“ und „Dragon Age“ betrachtet.
Man erlebt die Geschichte in klassischster RPG-Manier, es gibt kaum Experimente: Sechsmann-Partys stehen in einer Mittelalter-Fantasy-Welt Monsterhorden in rundenbasierten Kämpfen gegenüber und setzen Waffen oder Magie für ihre Zwecke ein. Die Kämpfe gehen locker von der Hand, was auch dem niedrigen Schwierigkeitsgrad der Reihe geschuldet ist, jedoch nehmen die Zufallsbegegnungen teilweise überhand. Etwas aufgelockert wird der Rollenspielalltag durch zwei weitere Kampfmodi: Duelle, die Zweikämpfe des Helden gegen seine Feinde simulieren, und große Schlachten. Die Duelle sind dabei lediglich animierte Schere-Stein-Papier-Kämpfe, die großen Schlachten bieten jedoch immer eine gelungene Abwechslung und reichen von rundenbasierten Kämpfen à la Final Fantasy Tactics bis hin zu Echtzeitstrategie. Diese Schlachten fügen sich gut in die politische Geschichte ein und eignen sich hervorragend, um das Gefühl von etwas „wirklich Großem“ hervorzurufen.
Die Serie präsentiert sich optisch ordentlich, jedoch immer etwas altbacken. Die ersten beiden Teile bieten noch sehr schönes Sprite-Work, die Titel für PlayStation 2 sind jedoch sehr durchschnittlich, was ihre Grafik angeht. Jedoch schafft es jedes Spiel, die vielen unterschiedlichen Charaktere gut einzufangen.
Was an den Spielen jedoch heraussticht, ist die Musik, die unglaublich divers und rundum großartig ist. Die musikalischen Stile reichen von Barock über ostasiatische Stile bis hin zu sehr modernen Klängen. Jede Region, jede Stadt wird dabei einzigartig repräsentiert und bleibt einem lange im Gehör. Musikalische Ausfälle gibt es dabei kaum, jeder Soundtrack ist überdurchschnittlich bis sehr stark.
Zusammengefasst: Die Suikoden-Reihe ist ausschließlich etwas für die, die etwas für klassische JRPGs übrig haben. Die hohen Zufallskampfraten und das schlichte Design können heutige Standards nur schwerlich erfüllen. Wer sich trotzdem an die Spiele traut, wird jedoch definitiv viele schöne Stunden abseits des Mainstreams erleben – wenn man genug vom typischen „Rette die Welt mit einer kleinen Gruppe“ hat, wird man mit Suikoden definitiv viel Spaß haben.
Und wo sollte man anfangen?
Alle Spiele bis Suikoden V spielen in der gleichen Welt, jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten an unterschiedlichen Orten. Es lohnt sich also durchaus, alle Teile zu spielen, um die vielen Gastauftritte und Anspielungen zu verstehen. Hier jedoch einige Tipps:
- Die ersten drei Teile bauen am meisten aufeinander auf. Es lohnt sich also, die ersten drei Spiele in richtiger Reihenfolge zu spielen – man kann auch den Spielstand des vorherigen Spiels übernehmen, um einige Boni freizuschalten!
- Suikoden IV und Tactics bieten ebenfalls so ein Spielstand-Laden-System. Hier lohnt es sich sehr, beide Teile zu spielen, da Suikoden Tactics einige logische Lücken des Vorgängers füllt. Da beide Teile 150 Jahre in der Vergangenheit spielen, gibt es kaum Verbindungen zu den anderen Teilen, und die beiden Titel stehen sehr selbstständig da.
- Suikoden V steht relativ alleine und ist ein guter Einstiegspunkt in die Reihe. Es bietet auch die meisten Anspielungen auf die anderen Teile.
- Suikoden Tierkreis steht komplett alleine, da es außerhalb der bestehenden Kontinuität spielt, und ist zudem etwas abgespeckt. Wer also zuerst ein „Suikoden light“ ausprobieren will, ist hier richtig.
Wir würden uns übrigens auch über Kommentare von Leuten freuen, denen Suikoden nicht unbekannt ist. Hier könnt ihr eure Erfahrungen teilen und andere dazu ermutigen (oder ja nach Ansicht auch davon abraten), es doch selbst einmal zu probieren.
Kurzüberblick:
- 1995: Suikoden (PS1/PSN)
- 1998: Suikoden II (PS1/PSN)
- 2000: Suikogaiden Vol. 1 (PS1) – Visual Novel
- 2001: Genso Suikoden Card Stories (GBA) – Trading Card Game
- 2001: Suikogaiden Vol. 2 (PS1) – Visual Novel
- 2002: Suikoden III (PS2)
- 2004: Suikoden IV (PS2)
- 2005: Suikoden Tactics (PS2) – SRPG-Ableger
- 2006: Suikoden V (PS2)
- 2008: Suikoden Tierkreis (NDS)
- 2012: Genso Suikoden Tsumugareshi Hyakunen no Toki (PSP)
Suikoden (englische Texte) und Suikoden II (deutsche Texte) sind in ihrer Originalform Raritäten, wurden jedoch kürzlich für lediglich 5€ im PlayStation Store veröffentlicht. Es handelt sich allerdings bei Suikoden II um die englische Version. Suikoden III erschien leider nie in Europa, lediglich in Nordamerika. Suikoden IV, Tactics, V und Tierkreis erschienen alle in Deutschland (inkl. deutschen Texten und englischer Synchronisation und sind alle für wenig erhältlich. Die Visual-Novel- und Kartenspiel-Ableger erschienen nur in Japan, es gibt jedoch (englische) Fanpatches. Der neuste Teil für die PSP ist nur Japanischkundigen vorbehalten.
Von aktueller Relevanz: Es gibt eine engagierte Fanbewegung, genannt Suikoden Revival Movement, die sich sehr dafür einsetzt, dass alle Teile digital veröffentlicht werden. Es ist zu einem Teil dieser Kampagne zu verdanken, dass die ersten beiden Teile endlich im europäischen PlayStation Store erschienen sind. Aktuell sieht es auch für Suikoden III positiv aus, das vor wenigen Tagen ein PEGI-Rating bekommen hat.