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Im Test! Metal Gear Solid V: Ground Zeroes

Hideo Kojima gilt heute als einer der letzten großen japanischen Entwickler, der für tiefgreifende Spielerlebnisse und die kontinuierlich gute Qualität seiner Metal Gear-Reihe steht und sich nicht von der Identitätskrise des japanischen Videospielmarktes der letzten Jahre hat beeindrucken lassen. Dennoch gab es kurz vor der Veröffentlichung des fünften und neuesten Teils der Serie eine Menge negative PR zum neuesten Meisterwerk von Hideo Kojima. Dabei hatte es so gut begonnen.

Interview von Geoff Keighley mit Joakim Mogren.

2012 enthüllt Konami erstmals ein Werbeplakat im Stil eines militärischen Rekrutierungsplakats der USA aus der Zeit des 1. und 2. Weltkriegs (den meisten bekannt als „Uncle Sam“) mit Naked Snake, auch bekannt als Big Boss, dem Protagonisten aus Metal Gear Solid 3 und Peace Walker. Ende des Jahres folgte eine spannende PR-Aktion, die das Internet aufrüttelte. Ein zu der Zeit völlig unbekanntes, aus Schweden stammendes Entwicklerstudio namens Moby Dick Studios unter der Leitung eines gewissen Herrn Joakim Mogren veröffentlichte einen Trailer. Zu sehen sind zwei verletzte Akteure, die versuchen, aus einem Krankenhaus vor einer Soldateneinheit zu fliehen.

Bei genauerem Hinsehen zeigten sich viele Elemente, die aus Metal Gear Solid bekannt sind und so zerpflückte die Online-Gemeinde alle weiteren Hinweise, u.a. Anagramme der Namen. Konami setzte der PR-Aktion schließlich noch die Krone auf. Nach einiger Warte- und Spekulationszeit bekam Herr Joakim Mogren einen eigenen Twitteraccount, ein Gesicht und sogar ein Fake-Interview, das die Gefühle wieder hochkochte, bis es letztendlich zur ersten Veröffentlichung von Material zu Metal Gear Solid V: The Phantom Pain und Ground Zeroes, dem Prolog zu Phantom Pain, kam.

In den letzten Monaten äußerten sich sowohl Hideo Kojima als auch Konami selbst über die unterschiedlich lange Spielzeit der beiden Metal Gear Solid V-Spiele, der Preis für Ground Zeroes wurde drastisch reduziert, ein neuer Synchronsprecher für Snake wurde enthüllt, Pre-Order DLCs kamen ins Gespräch und grafische Vergleichsvideos der Versionen für die verschiedenen Konsolen köchelten die Gemüter der Fans weiter auf. Was ist Metal Gear Solid V: Ground Zeroes denn nun? Nur ein Prolog des Hauptspiels, eine Demo oder ein würdiger neuer Teil der MGS-Saga? Findet es heraus – in unserem Review!

Ein Prolog zu The Phantom Pain…

Skull Face, Chicos Peiniger.

Im Titelbildschirm angekommen, begrüßt uns der Protagonist des Spiels Big Boss in einem Kampfhubschrauber und das umfangreiche Menü lädt uns ein, Tagebücher und Hintergrundinformationen zu Ground Zeroes zu erforschen. Die Hintergrundinformationen sind eine Zusammenfassung der Geschichte von Metal Gear Solid: Peace Walker, nach welchem sich Ground Zeroes direkt ansiedelt. Unsere Mission besteht darin, die entführten Kinder Chico und Paz zu retten, welche kurz zuvor in Kuba von Soldaten gefangengenommen wurden und sich jetzt auf einem Militärstützpunkt der US Marine als Kriegsgefangene befinden.

In einer verregneten Nacht auf dem besagten Marinestützpunkt führt uns das Introvideo in gewohnter MGS-Manier, einer Audio-Funkübertragung zwischen Big Boss und seinem Leutnant, in das Spielegeschehen ein und zeigt uns in einer brillanten Sequenz unser erstes Missionsziel, die ersten Antagonisten und das neue Gameplay, welches Metal Gear Solid V zu bieten hat.

Ein Metal Gear Solid in einer Open-World…

Im Gameplay unterscheidet sich das Spiel am meisten im Vergleich zu seinen Vorgängern. Es ist nicht mehr in kleinere Areale mit vorhersehbaren Gegnerpositionen und festen Schleichrouten unterteilt, sondern bietet mit in einer Open-World eine völlig neue Freiheit der Spionage-Action und gleichzeitig auch einen völlig neuen Schwierigkeitsgrad, an dem wir uns messen dürfen. Die Missionsziele und Karten sind über das Startmenü aufrufbar, welches den iDROID aktiviert, ein Informationsterminal mit Satellitennavigation, das gleichzeitig ein Kassettenplayer ist. Praktisch, oder? Hier können über die Kassetten viele Hintergrundinformationen zu den jeweiligen Missionen abgerufen, Marker auf der Karte gesetzt und sogar der Helikopter gerufen werden, um Geiseln zu bergen oder die Mission zu verlassen.

iDROID, das Herzstück der Kommunikation.

Ein besonders wichtiges Spielelement ist das Fernglas in Ground Zeroes, welches natürlich nicht zum Beobachten von Vögeln gebraucht wird. Stattdessen setzt man mit dem Fernglas Markierungen auf die feindlichen Soldaten und Vehikel, um stetig einen Überblick zu haben, wo sich bereits gesichtete Soldaten befinden.

Per Tastendruck bekommt man im Fernglasmodus noch Ratschläge und Analysen zu den erspähten Objekten von seinem Leutnant. Zudem hat das Fernglas ein integriertes Richtmikrofon, mit dem man Gespräche zwischen den Soldaten belauschen kann, um in der Mission schneller voranzukommen, oder um einfach nur einen witzigen Moment zu erleben.

Die Laufrouten der Soldaten und patroullierender Fahrzeige sind nicht immer vorhersehbar und ändern sich auch je nach Situation. Gerade in brenzligen Situation sind die Marker, der die Entfernung eines markieren Soldaten anzeigt, ein Segen und bewahren Snake davor, sich ein hoffnungsloses Versteck auszusuchen, aus dem es später keinen Ausweg mehr gibt.

Die bekannten Features wie das CQC (Close Quarter Combat) und die damit verbundene Überraschung des Feindes wurden so erweitert und handlich gemacht, dass man aus den Soldaten mit Leichtigkeit interessante Informationen herauspressen kann, die dann wiederum auf der Karte mit Markierungen eingetragen werden. So kann man unter anderem optionale Missionsziele erschließen oder sich einfach das Leben erleichtern, indem man sichere Helikopterlandeplätze findet.

Hier erübrigt sich die Markierung. Wir wurden entdeckt und eröffnen das Feuer. Das gibt nicht nur Punktabzug, sondern alarmiert auch weitere Feinde, die hinzueilen.

Wird man trotz aller Vorbereitungen und Vorsicht entdeckt, bietet das Spiel den neuen Reflexmodus. Ein Zeitlupenmodus der die Möglichkeit gewährt, den Aggressor noch auszuschalten, bevor der Gelegenheit hat, den Alarm auszulösen. Dieser Modus ist optional und führt in der Endwertung nach der Mission zu Punkteabzug, sollte man von ihm Gebrauch gemacht haben.

Das Ziel des Spiels besteht weiterhin darin, kein Blut zu vergießen und nicht entdeckt zu werden. Sollte man dennoch in eine brenzlige Situation geraten, gar sterben oder eine zu rettende Geisel verlieren, führt uns das Spiel zurück zu einem der sicheren Checkpoints, die je nach Mission unterschiedlich rar oder zahlreich gesät sind. Gespeichert wird der Fortschritt automatisch.

…oder doch nur eine Demo?

Das Hauptspiel lässt sich in leicht erschreckend kurzer Zeit durchspielen. Unser Durchlauf hat sich auf zwei Stunden beschränkt, welcher sich eher durch die trickreichen Checkpoints und einiger Zeit im iDROID-Menü, zum Anhören einiger Kassetten und dem Einleben in die Steuerung, so lang gezogen hatte. Auch die gewohnt brillanten und umfangreichen Zwischensequenzen haben zu der Spielzeit einiges beigetragen, auch wenn sie in der Demo nur rar gesät sind. Die Hauptmission für sich genommen ist intensiv und sehr unterhaltsam, wird aber auch allen Vorschusslorbeeren gerecht, was die Spieldauer angeht.

Blick auf ein kleines Zeltlager (und willkommene Deckung) in der Basis, die ihr infiltriert.

Nach dem Durchspielen der Hauptmission schalten sich fünf Nebenmissionen frei, wenn man keine DLC-Mission für Vorbesteller miterworben hat. Jede der Missionen spielt auf derselben Karte wie das Story-Szenario, allerdings zu unterschiedlichen Tageszeiten und dadurch mit individuellen Tücken. Das auch die Nebenmissionen auf der gleichen Karte angesiedelt sind, verstärkt natürlich den Demo-Charakter von Ground Zeroes. Allerdings hat man aller Voraussicht nach nur eine mögliche Route während der Hauptmission gespielt – es gibt also noch eine Menge zu entdecken. Die Karte hat durchaus Wiederspielwert und die Nebenmissionen, die mit kleinen Begleitszenarien unterlegt sind, bieten Gelegenheit, das auch zu tun. Auch die Nebenmissionen warten mit jeweils einem kurzen Intro, Abschluss-Sequenzen und Credits auf. Möchte man das Spiel auf 100% Prozent bringen, kommt man nicht umher, sich Soldaten aus dem Schatten zu schnappen, sie zu verhören und alle möglichen Geiseln zu retten, um Belohnungen freizuspielen, welche wiederum die Story ergänzen.

Hat man eine Mission auf dem normalen Schwierigkeitsgrad durchgespielt, eröffnet sich zudem die Option, die Mission erneut auf dem Schwierigkeitsgrad Extrem durchzuspielen.

Die Fox Engine

Kiefer Sutherland als Big Boss! Auch das Motion Capturing stammt vom Schauspieler aus 24.

Die Grafik des Spiels muss man mit zweierlei Maß betrachten. Die Grafik der Versionen für PlayStation 3 und Xbox 360 musste stark beschnitten werden, um das Spiel flüssig darstellen zu können. Daher wird man als Spieler dieser Versionen sehr viele Clipping-Fehler erleben und verwaschene Texturen durch den Zoom des Fernglases sehen. Beispielsweise sahen wir im schlimmsten Fall sehr spät ladende Gräser auf dem Boden, die erst erschienen sind, als wir einen Meter davor standen. Die Grafik zeigt sehr viele Treppcheneffekte an den Konturen und auch Schatten entstehen meist erst in unmittelbarer Nähe oder „zucken“ geradezu. Nach einiger Zeit hat man sich dennoch daran gewöhnt und kann die Weitläufigkeit, Lichteffekte und die Details der Menschen genießen. Die Next-Gen-Versionen (wir haben außerdem die PS4-Version gespielt) sind aber über jeden Zweifel erhaben, ein echter optischer Hingucker und mit konstant sehr guter Framerate.

Kiefer, what happened? Kiefer!?! Answer me!

Mit Metal Gear Solid V möchte Hideo Kojima neue Wege gehen und seinen Protagonisten Big Boss individualisieren, sprich ihn von Solid Snake, dem Protagonisten von Metal Gear Solid 1, 2 und 4 abheben. Hierfür hat er sich den größtenteils aus der TV-Serie 24 bekannten Schauspieler Kiefer Sutherland an Bord geholt. Anfangs ist es für den alteingesessenen Fan etwas schwierig, Big Boss und seinem Leutnant bei den Funkgesprächen auseinanderzuhalten, doch macht Herr Sutherland hier einen genauso guten Job wie sein Vorgänger David Hayter.

Die musikalische Unterstreichung von Ground Zeroes ist seriengewohnt gut. Wird man entdeckt oder macht einen patroullierenden Soldaten auf sich aufmerksam, ändert sich die Melodie in Echtzeit und unterstreicht die Situation durch gute Kompositionen, dennoch hält sich der Soundtrack des Prologspiels noch zurück und bietet noch nicht die gewohnt gefühlvollen Kompositionen. Lediglich das aus den Trailern bekannte Lied „Here’s to You“ von Joan Beaz ist enthalten.

Ihr könnt euch auch ans Steuer setzen. Hier seht ihr ein eher kleines der Vehikel.

Neben der Hauptmission, den Nebenmissionen und etlichen zu entdeckenden Extras bietet das Spiel für Metal Gear Solid typische Extras. Im iDROID und im Hauptmenü sind mehrere Kassetten mit Musik aus Peace Walker enthalten und man kann zehn eigene Tracks von der Festplatte in das Spiel importieren, um sie während der Missionen zu hören. Darüber hinaus sind storyrelevante Tagebücher von Paz, Missionbriefings und Handbücher, Paz‘ Tagebuch und weitere Aufnahmen der Hauptakteuere von Peace Walker enthalten, die den Kreis der Geschichte schließen, der zu Ground Zeroes führt. Ein weiteres Highlight hat sich Hideo Kojima für Serien-Fans und sich selbst ausgedacht, das ebenfalls erst nach einer der Nebenmissionen freigeschalten wird.

Persönliche Rekorde und Welt-Bestenlisten sind einsehbar, um seine Leistungen mit denen der Spieler der Welt zu vergleichen. Wer sogar einen bestimmten Spieler und dessen Rekorde im Auge behalten will, kann ihn als Rivalen abspeichern, um auf dem neuesten Stand zu bleiben.

Prolog oder Demo – Was denn nun?

Bei Sonnenschein schleicht es sich deutlich unangenehmer.

Metal Gear Solid V: Ground Zeroes ist eindeutig ein Prolog zum kommenden Hauptspiel The Phantom Pain. Er schließt die Lücke zwischen Peace Walker und ebnet den Weg zur Story, auf die The Phantom Pain aufbauen wird. Ground Zeroes spielt sich hervorragend durch das neue Gameplay und die zahlreichen optionalen Missionsziele und läuft vollkommen flüssig, mit versteckten Ladezeiten von der ersten Videosequenz bis zur letzten Szene.

Trotzdem fühlt sich Ground Zeroes ein wenig wie eine Demo an, in der die Hauptmission auch die großzügige erste Karte einer Vollversion ist (allerdings ist Ground Zeroes nach jetzigem Stand eben nicht Bestandteil von The Phantom Pain). Dafür verantwortlich ist vielleicht auch, dass Ground Zeroes noch nicht die gewohnt großen Waffenarsenale der Metal Gear Solid Spiele bietet – so wie es eine Demo auch tun würde. Vor allem aber kann in der Kürze der Zeit der Storymission natürlich nicht das von der Serie zu erwartende, tiefgründig emotionale Storytelling geboten werden. Gerade hier wirkt der Prolog Ground Zeroes leider zu sehr wie eine Demo und hinterlässt einen faden Beigeschmack.

Dennoch macht Ground Zeroes unheimlich Spaß – der leider aber einfach zu kurz anhält. Nach der Hauptmission gibt es allerdings viel zu entdecken und freizuschalten, die Nebenmissionen stehen der Hauptmission in nichts nach. Hier wartet aber schon der nächste fade Beigeschmack: sie spielen auch auf dem Gebiet der Hauptmission, wenn gleich ihr die Karte nach dem ersten Spielen garantiert noch nicht vollständig entdeckt habt.

Hideo Kojima präsentiert uns eine leckere Vorspeise, die richtig Hunger auf das Hauptgericht macht und es bleibt abzuwarten, ob Konami uns noch kleine Antipasti reicht, bevor The Phantom Pain erscheint – sprich DLCs. Wer allerdings nur wissen will, was zwischen Peace Walker und Phantom Pain passiert – wer also nur an der Story der Hauptmission interessiert ist – der sollte auf eine Preissenkung warten.

Story: Eine Kurzgeschichte, die den Kreis zwischen Peace Walker und The Phantom Pain schließt. Nach einer bis drei Stunden ist die Geschichte abgeschlossen, ergänzt sich aber durch zahlreiche optionale Audioaufnahmen, die teilweise direkt verfügbar oder freispielbar sind.

Grafik: Die „Current Gen“-Editionen schwächeln auffällig im Clipping und ihre Texturen sind schwach, dennoch wird das Spielerlebnis nicht zu sehr getrübt. Grafikliebhaber sollten zur „Next-Gen“-Edition greifen. Die Storyvideos in Echtzeit sehen gewohnt brillant aus und auch die Wettereffekte sind besonders gut gelungen.

Sound: Ein serientypischer Echtzeit-Soundtrack, der sich der Spielsituation anpasst. Einige Musiktracks sind optional über das iDROID-Menü verfügbar. Es gibt noch keine gewohnten Metal-Gear-Solid-Kompositionen.

Gameplay: Das Herzstück des Spiels. Das neuartige Open-World-Konzept, gepaart mit den Metal-Gear-Solid-Features, gibt dem Spieler einen großen
neuen Spielraum und bringt enormen Spielspaß mit sich. Man fühlt sich wie ein Super-Geheim-Agent.

Sonstiges: Etliche Tagebücher, Missionbriefings, Zusammenfassungen und freispielbare Extras zur Story und zum Gameplay erweitern die Spielzeit enorm und machen Lust auf mehr!

Von Kairos