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Im Test! EarthBound für Wii U Virtual Console

Es kann losgehen! Der Titelbildschirm.

Was ist dieses EarthBound eigentlich für ein Spiel und wieso sagt dir jeder, dass man es wenigstens einmal gespielt haben muss? Diese essentielle videospielgeschichtliche Frage möchten wir versuchen, mit einem Blick auf den europäischen Virtual-Console-Launch von EarthBound für Nintendo Wii U zu klären.

Tatsächlich werden viele Videospielfans von EarthBound vielleicht noch nichts gehört haben, außer, dass es genial sein muss, denn EarthBound erschien nie in Europa und es ist uralt. Keine guten Voraussetzungen. Doch nun hat Mother 2, so der japanische Originaltitel, auch Europa erobert. Uralt ist es freilich immer noch.

Selten versperrt etwas den Weg. Wenn, dann ist es immer plausibel (also keine simplen Büsche). Oder es ist kurios.

Zu Spielbeginn geht alles ganz schnell. Hauptcharakter Ness wacht in seinem Zimmer auf, weil ein Meteorit fast neben seinem Elternhaus einschlägt. Er stürzt nach unten und will nachsehen, was passiert ist. Schon hier nimmt sich EarthBound das erste Mal selbst auf die Schippe. Ness‘ Mutter winkt ihn einfach durch. Sie könne ihn ja doch nicht aufhalten. Bevor er die Welt rettet, soll sich Ness aber doch bitte noch warm anziehen.

Der Meteorit ist die erste Botschaft des gemeinen Giygas, der sich in den Kopf gesetzt hat, die Welt zu erobern. Wie jeder Oberbösewicht hat er mindestens eine Marionette – so auch in EarthBound. Namentlich möchte ich den allerdings nicht erwähnen. Eine Biene erzählt Ness, dass es an uns liegt, die Welt zu retten. Logisch, schließlich wird Ness ja von uns gesteuert.

Das werdet ihr erst verstehen, wenn ihr Earthbound spielt. Oder… auch dann noch nicht.

EarthBound macht kein Geheimnis aus Dingen, die auf der Hand liegen – im Gegenteil, es zieht sie regelmäßig durch den Kakao. Schnell sprechen NPCs auch schon von den Freunden, auf die man noch treffen wird. Es bleibt natürlich nicht bei der Ein-Mann-Party. Wie das eben so ist, bei JRPGs. Auf vier Mitglieder wächst die Gruppe im Laufe des Abenteuers, für das ihr zwischen 30 und 50 Stunden benötigt.

Überhaupt sind die Dialoge mit NPCs Grund genug, EarthBound zu spielen. Sie sprühen nur so von Charme und Witz. In einem Theater haut man uns an den Kopf, man solle doch nicht alle Leute vollquatschen, das würde nerven.

Und mal ehrlich: Wer geht schon in ein Theater und spricht ein Dutzend fremde Menschen an? Ein anderer NPC legt die Karten gleich zu Beginn auf den Tisch: Er habe keine Infos und wisse auch nicht wie es weitergeht. Es gibt unzählige tolle Unterhaltungen, von denen ich nicht zu viel verraten will. Nur so viel: Das erste Mal seit vielen, vielen Jahren habe ich mir nicht ein einziges NPC-Gespräch entgehen lassen.

Der Kampfbildschirm ist nichts für schwache… Augen. Aber die Gegner sind teilweise genial.

Auf den ersten Blick hat EarthBound darüber hinaus und nach heutigem Stand nicht sehr viel zu bieten. Wir steuern uns durch 2D-Städte, die geprägt sind von einem Sci-Fi-Setting mit jeder Menge Fantasy-Elementen. Es gibt Ausrüstungen, ein Item-Menü, ein rundenbasiertes Kampfsystem und viel Lesestoff. Ein klassisches JRPG eben.

Doch die Liebe steckt im Detail. Die Ausrüstungsgegenstände sind alles andere als klassisch, stattdessen gibt es Baseball-Caps als Kopfschutz und Bratpfannen als erste Waffen. EarthBound will an jeder Ecke die teilweise noch heute gängigen, klassischen JRPG-Elemente parodieren oder ersetzen.

Hamburger und Wasser füllen Gesundheit wieder auf. Geld wird nicht in der Truhe gesammelt, sondern vom Geldautomaten abgehoben. Der Status „Heimweh“ wird geheilt, indem man kurzerhand seine Mom anruft. Viele weitere kuriose und bizarre Statusveränderungen lassen euch im Laufe des Spiels schmunzeln. Ebenso wie die Namen der Orte, die man der Reihe nach abklappert: Onett, Twoson, Threed, Fourside. Gegner segnen nicht das Zeitliche, sondern werden „wieder zahm“ oder „wieder normal“. Wenn man bei Verkehrsschildern, denen man gerade den Garaus gemacht hat, von „normal“ sprechen kann.

Achtung: Ja ist Nein und Nein ist Ja!

Auch das Kampfsystem selbst bietet viele Alternativen, ist aber letztlich doch hoffnungslos veraltet. Das macht beim Spielen natürlich keinen Unterschied. Eurer Großmutter sagt ihr ja auch nicht, dass sie alt ist – das weiß man eben. Gegner greifen euch an, wenn sie euch sehen. Schaffen wir es, sie von hinten zu berühren, sind wir einen Zug im Vorteil. Es gibt normale Attacken und so genannte PSI-Angriffe, die nichts anderes sind als Zauber – und gegen die Klassiker Eis und Feuer kommt auch EarthBound nicht an, auch wenn es darüber hinaus weitere witzige PSI-Angriffe gibt. Gelegentliches Grinden und einige nervige Kämpfe bleiben euch jedenfalls auch in EarthBound nicht erspart. Immerhin werfen hoffnungslos unterlegene Gegner schon beim ersten Kontakt das Handtuch.

Wer den Kampf nicht überlebt, landet im Krankenhaus. Dort müssen die einzelnen Charaktere dann gegen eine Behandlungsgebühr wieder abgeholt werden. Krankenhäuser wird man im Spielverlauf nicht zu selten sehen. EarthBound ist zwar alt, aber auch relativ anspruchsvoll. Einige Dungeons haben es in sich. Da ist es ein Segen, dass man mit der Wii U Virtual Console Version immer und überall speichern kann. Im Original war das nur möglich, wenn man seinen Dad angerufen hat. Dazu brauchte man aber erstmal ein Telefon.

… die … Yellow Submarine?!

Während es in den Dungeons vor allem viel Kraft und Ausdauer braucht, ist außerhalb Köpfchen gefordert. EarthBound ist keineswegs so linear, wie die ersten Städte den Anschein machen. Nicht immer ist klar, was oder wer das nächste Ziel ist.

Insbesondere in der zweiten Hälfte des Spiels sind große Reisen angesagt. Viele Gespräche sind unabdingbar. In vielen Ortschaften gibt es glücklicherweise einen Hinweis-Mann, noch so ein Kuriosum. Er sagt euch, was ihr als nächstes tun musst. Und will dafür natürlich bezahlt werden.

Fazit

Es sind nicht die unzähligen Kämpfe oder eine besonders innovative Technik, die EarthBound legendär macht. Selbst optisch war EarthBound schon seinerzeit hinterher. Es sind die vielen kuriosen Gespräche und NPCs, skurrilen Schauplätze, seltsamen Religionsgemeinschaften, komischen Völker, Unmengen an Anspielungen und ein wahnsinnig guter Soundtrack. Dabei ist EarthBound ausdrücklich auch nicht nur eine Reihe von Witzen.

Die Story hat durchaus Tiefe, der Antagonist ist glaubhaft und könnte von Nebenan stammen – okay, tut er ja auch. Hinter vielen Jokes steckt bei genauerem Hinsehen eine gute Portion Stirnrunzeln und Nachdenklichkeit. Es ist einfach EarthBound. Etwas, dass man in der Tat selber gespielt haben muss.