Time & Eternity war für Fans seit der Ankündigung wie eine Achterbahn der Gefühle, was die Erwartungen betrifft. Zunächst erhofften sich einige etwas Neues und Ausgefallenes. Ein Spiel gänzlich in Anime-Optik gab es so recht selten und es ließ Anhängern japanischer Spiele und Anime das Herz höher schlagen.
Mit dem japanischen Release im letzten Oktober kam allerdings die Ernüchterung. Time & Eternity wurde von Fans und Fachpresse zerrissen. Seit dem 28. Juni ist Time & Eternity auch bei uns erhältlich und natürlich lassen wir uns es nicht nehmen das Spiel genauer unter die Lupe zu nehmen. Ist es wirklich so schlecht? Diese und andere Antworten solltet ihr in unserem Test zum Spiel erfahren.
Der Held ist tot, lang lebe die Heldin
Zu Beginn des Spiels wird der Spieler mit dem pubertär angehauchten „Helden“ bekannt gemacht. Seine Zukünftige mit dem Namen Toki und er werden bald heiraten und nach einigen Gesprächen mit den gemeinsamen Freunden ist es auch schon so weit. Die Zeremonie wird durchgeführt und nach dem Ja-Wort sollte ein Kuss folgen, um die Ehe letztendlich zu besiegeln. Doch dazu kommt es nicht. Ninja-Assassinen stören auf einmal die Trauung und töten den Helden, der mit einem perversen Lächeln dahinscheidet.
Toki ist darüber nicht so erfreut und verwandelt sich kurzerhand in ihr Alter Ego Towa: Toki mit blonden Haaren. Die Ninja werden besiegt und Toki oder Towa, oder beide, reisen, als wäre es selbstverständlich, in die Vergangenheit, um das Attentat zu vereiteln. Kaum dort angekommen trifft man sich zum beratschlagen mit den Freunden, die ganz im Gegensatz zum Spieler nicht sonderlich überrascht zu sein scheinen, dass Toki gleichzeitig auch Towa ist, sie sich den selben Körper teilen, aber verschiedene Persönlichkeiten inne haben.
Was folgt ist eine Suche nach der Ninja-Bande, um diese von ihrem Vorhaben zu stoppen. Doch recht schnell erscheint fraglich, ob Toki danach ihre Hochzeit ohne weitere Interventionen zu Ende bringen kann und ob die Zeitreise so eine gute Idee war.
Die Story von Time & Eternity kommt erst recht spät etwas mehr in Schwung. Die meiste Zeit quält man sich mit demotivierenden Quests und langweiligen Gesprächen herum. Besonders die Dialoge sind teilweise so vorhersehbar und plump, dass man sich oft dabei erwischt, wie man auf die Knöpfe haut, nur damit der Dialog schneller endet. Hat man sich aber einmal durch einige Stunden langweiligen Possenreißens gequält, entwickelt sich eine Story, welche durchaus auf das eigentliche Ende neugierig macht.
Schizophrenie mal liebenswert
Das plötzliche Verwandeln von Toki zu Towa eröffnet auch schon einen großen Teil der Spielmechanik. Die beiden Heldinnen teilen sich einen Körper, so können beide die selben Ausrüstungsgegenstände tragen und leveln auch gleichzeitig auf. Ein Level-Up resultiert jedoch auch immer in einem Wechsel der Persönlichkeit. Will man selbst entscheiden, mit wem man Kämpfe bestreitet oder Gespräche führt, muss man sich auf seltene Pepper – ein Item, welches man meist durch Nebenquests erhält – verlassen.
Toki ist besser mit Schusswaffen aus der Ferne, wohingegen Towa den Nahkampf bevorzugt. Beide können auch Angriffszauber erlernen, zu Beginn verschiedene, aber später sind für beide alle Elemente zugänglich. Mit den Zaubern sollte man sich auch möglichst schnell vertraut machen, denn durch das Nutzen dieser werden die Kämpfe zu einer kurzweiligen und herausforderungslosen Unterbrechung. Wer die Herausforderung liebt und es ohne die viel zu starken Zauber versuchen will, der sollte sich auf ewig andauernde Kämpfe einstellen, die immer wieder die selben Charaktermodelle als Gegner wiederverwenden.
Zauber und andere Skills erlernen die beiden über den Gift-Bildschirm. Hier werden GP (Gift Points) gegen Professionen eingetauscht, welche uns beim nächsten Level-Aufstieg einen neuen Skill bescheren. Die Skills werden im Kampf dann durch die Nutzung von SP (Skill Points) ausgeführt, welche sich aber mit der Zeit, oder durch normale Angriffe, wieder auffüllen. Zu den Zaubern sei noch angemerkt, dass diese eine gewisse Zeit für die Ausführung brauchen, also sollte man die Aktivierung gut timen, um nicht durch einen gegnerischen Angriff unterbrochen zu werden.
Das Kampfgeschehen selber läuft in Echtzeit ab. Das genaue Abpassen der Angriffe und der Ausweich- , beziehungsweise der Blockfunktion sind unabdingbar. Problem hierbei ist die technische Umsetzung. Des Öfteren kommt es vor, dass Aktionen mit einer Zeitverzögerung ausgeführt werden, ab und an laufen die Kämpfe sogar in Zeitlupe ab. Dynamisch, wie es der Verpackungstext suggeriert, ist das ganz und gar nicht. Allerdings gibt es nur gefühlt fünf verschiedene Gegner, die auch meist alle das selbe Angriffsschema teilen. Merkt man sich das also, kann man so gut wie jeden Kampf ohne Schaden beenden.
Um noch einmal auf die Geheimwaffe des Spiels zurückzukommen: Zauber können im späteren Verlauf kombiniert werden. Diese so genannten Chemistry-Kombos resultieren oft in einem Debuff der Gegner. Besiegt man also 90% der normalen Monster mit der Nutzung eines Zaubers, so sollte man gegen Bosse mit ein, zwei Chemisty-Kombos den Boss kampfunfähig machen, so dass man nur noch auf ihn einschlagen muss, ohne mit Gegenwehr zu rechnen. Hilfreich sind hier zwei Zeitzauber, die beide im späteren Verlauf erlernt werden. So erspart man sich die Wartezeit bei Zaubern, wenn man die Zeit beschleunigt, oder macht Attacken des Gegners ungeschehen, indem man die Zeit einfach zurückdreht. Die Nutzung der Zeitzauber ist allerdings begrenzt.
Weniger hilfreich ist da euer Gefährte im Kampf. Ein blauer Drache namens Drake, der ein beachtliches Repertoire an Zaubern und Attacken aufweist, diese aber immer im falschen Moment nutzt. Einzig das Heilen funktioniert. Das könnte man aber auch mit den schier unendlichen Heil-Items abdecken.
Das Land der Klone und Kleingeister
Wie schon erwähnt bietet Time & Eternity neben der Hauptstory auch zahlreiche Nebenaufgaben. Keine besonders interessanten, aber für GP und ein paar nette Waffen und Accessoires unabdingbar. Gut ist, dass man die Aufträge annimmt und quasi alles erledigt ohne vom eigentlichen Weg abzukommen. Nebenquests liegen sozusagen „auf dem Weg“ und zudem wird alles auf der Karte angezeigt, so dass man sich nicht mit Dingen wie der Erforschung der Gegend herumschlagen muss.
Die unübersichtliche Kameraperspektive erscheint dadurch auch um einiges erträglicher, da man sich nur an die Minikarte halten muss, um jegliche Gegenstände zu finden. Bei den Nebenquests fallen wieder erheblich die technischen Mängel auf. So kommt es zu etlichen Ladeunterbrechungen, wenn man zum Beispiel Gegenden in Städten auswählt, um dort Quests entgegenzunehmen. Jeder Hintergrundwechsel ist mit einer Ladezeit verbunden sei der Aufwand der folgenden Umgebung noch so klein.
Neben schlichten Bildern als Hintergrund und NPCs, die man vom Aussehen her grob auf eine Zahl von drei verschiedenen eingrenzen kann, findet man nirgendwo im Spiel etwas, was überhaupt eine Ladezeit erfordern würde. Zumal das Spiel auf der PS3 läuft und nicht, wie es den Anschein macht, für eine PlayStation der ersten Generation entwickelt wurde. Auch hier finden wir meist flache Dialoge mit sehr wenig Motivation für den Spieler. Gut, dass man für die Aufgaben keine Umwege machen muss.
Daumenkino zum Spielen
Schon einmal vorne weg, den Anime zum Spielen bekommt man nicht geboten. Auf Grund der technischen Gegebenheiten der PlayStation war es Imageepoch nicht möglich, flüssige Animationen in das Spiel einzubauen. Man beschränkt sich bei Dialogen, beim Laufen in den Dungeons und in den Kämpfen auf Daumenkino-artige Bewegungsabläufe. Teilweise Standbilder, teilweise Bewegungen, die an Stop-Motion-Filme von Anfang des 20. Jahrhunderts erinnern.
In den Dungeons bekommt man dann Cel-Shading-Hintergründe geboten, die an Detailarmut kaum zu übertreffen sind. Hinzu kommt, dass die Texturen oftmals verwaschen daherkommen. Charaktere sind in 2D in die Umgebung gesetzt. Und wer hätte es gedacht, selbst die 2D-Bilder sind manchmal sogar stark pixelig und sehen hässlich und einfallslos aus. Besonders einfallslos war man bei der Erstellung von Gegnern und NPCs, denn die verschiedenen Charaktermodelle kann man an einer Hand abzählen.
Betrachtet man nur Synchro und Musik, denkt man sich zunächst, dass wenigstens hier ein riesiger Pluspunkt kommt, haben wir doch namhafte Sprecher wie Hanazawa Kana oder Wakamoto Norio im Aufgebot. Doch selbst hier wird man enttäuscht. Alle Sprecher bleiben unter ihren Möglichkeiten und man glaubt stellenweise zu merken, dass sie recht wenig Lust darauf hatten die Dialoge einzusprechen.
Hinzu kommt, dass man noch nicht einmal die Mundbewegungen hinbekommen hat. Bei geschlossenem Mund wird gesprochen und bei offenem herrscht Ruhe. Das betrifft die japanische sowie die englische Synchronisation. Ohne die Arbeit der englischen Sprecher zu schmälern, besteht der Cast an englischen Sprechern gefühlt nur aus drei Leuten. Alles hört sich gleich an und kommt gelangweilt und unmotiviert herüber.
Der Soundtrack als solches bietet ein paar nette, beruhigende Stücke. Aber auch mit diesem wird man schwer warm, wenn man das Spiel spielt. Die Lieder wiederholen sich sehr oft und fangen selten mal die Atmosphäre des Spiels ein. Wird beispielsweise über etwas „Ernstes“ gesprochen, ertönt langweilige Trötenmusik. Und begibt man sich in einen mysteriösen Wald bekommt man seichte Fahrstuhlmusik zu hören.
Zum Schluss sollte man noch die Extras erwähnen, die Time & Eternity zu bieten hat. Zum einen gibt es nach dem Durchspielen eine New Game+ Option, die es erlaubt, Skills und andere Sachen in ein neues Spiel zu übernehmen. Zum anderen eine Galerie, die anzügliche Bildchen von Toki und Towa bereitstellt, sofern man diese im Spiel freigeschaltet hat.
Fazit
Time & Eternity bleibt weit unter den Erwartungen, die Fans bei der Ankündigung hatten. Einfallslosigkeit, schlechte Dialoge, gelangweilte Synchronsprecher und technische Mängel en masse lassen uns vermuten, dass Imageepoch hier das trashigste Spiel der jetzigen Generation auf den Markt bringen wollte.
Allerdings hätte man es dann wohl etwas anders vermarkten sollen. Besonders Verpackungstext und Anleitung stimmen auf ein dynamisches, spannendes RPG im Anime-Stil ein. Die Story braucht viel zu lange bis sie einmal halbwegs interessant wirkt. Die Anime-Optik schwächelt in der Umsetzung und das Gameplay ist nicht ausbalanciert. Zudem bleibt es unter seinen Möglichkeiten, da man sich durch die Mängel im technischen Bereich sehr stark im Spielgefühl behindert fühlt. Langweilige Quests sowie langgezogene Areale, die keine Geheimnisse haben, und eine ernüchternde Atmosphäre runden das Spielerlebnis ab.
Time & Eternity ist definitiv nur etwas für Hartgesottene. Hat man sich aber durch 20 Stunden Monotonie gequält, will man das Spiel zumindest beenden. Ein kleiner Lichtblick zumindest. Gebraucht vielleicht eine Überlegung wert, aber wirklich nur für Spieler, die wenig Wert auf grafische Umsetzung und witzige oder anspruchsvolle Dialoge legen. Starke Nerven sind auch von Vorteil.
Story: Kommt schleppend in Fahrt. Hat man sich bis Kapitel 3 gekämpft, ist man zumindest motiviert es zu beenden. Langweilige Dialoge und flacher Humor.
Gameplay: Nicht ausbalanciert, langweilig und durch technische Mängel unter den Möglichkeiten umgesetzt. Zahlreiche Ladezeiten und Slowdowns.
Grafik: Schwammiges Cell-Shading, pixelige 2D-Bilder. Daumenkino-Feeling mangels flüssiger Umsetzung.
Sound: Soundtrack passt sich der Atmosphäre selten an und bleibt blass. Synchronsprecher bleiben unter ihren Möglichkeiten. An einer Geräuschkulisse fehlt es gänzlich.
Sonstiges: New Game+, Galerie, technische Mängel en masse.
von saebaxyz