Am 11. Mai 2013 heißt es für alle Begeisterten der Videospielmusik, in die wunderschöne Stadthalle nach Wuppertal zu pilgern. Denn dann findet dort FINAL SYMPHONY statt, ein Konzert von Symphonic-Produzent Thomas Böcker. Wir hatten die Gelegenheit, ihm einige Fragen zu dem neuen Konzert zustellen und möchten euch nachfolgend die spannenden Antworten präsentieren.
Doch bevor wir euch in das Interview entlassen, möchten wir euch noch auf den Vorverkauf zu FINAL SYMPHONY aufmerksam machen. Am 24. August um 10 Uhr beginnt der Vorverkauf – ihr solltet euch dann beeilen, denn vermutlich sind die Tickets wieder schnell vergriffen. Wir haben nun auch den Link für euch, den ihr euch schon mal bookmarken solltet. Denn über den nachfolgenden Link könnt ihr am 24. August eure Karten bestellen!
Und nun viel Spaß mit den spannenden Einblicken in die Final Symphony Produktion!
Sehr geehrter Herr Böcker. Zunächst einmal möchten wir Ihnen danken für die Möglichkeit dieses Interview zu führen. Vor kurzem haben sie eine völlig neue Konzertreihe vorgestellt. Final Symphony wird Tracks aus Final Fantasy VI, VII und X auf die Bühne bringen. Bevor nun inhaltliche Fragen zum Konzert gestellt werden interessiert uns natürlich…
JPGAMES.DE: Viele haben sich eine Konzertreihe in Deutschland gewünscht, was gab den Anlass dazu die Fanwünsche zu erhören? Noch dazu mit einer neuen Konzertreihe?
Thomas Böcker: Die Idee kam mir vor drei Jahren, als mich Nobuo Uematsu nach „Symphonic Fantasies“ ansprach und fragte, ob ein Konzert mit Musik aus „Final Fantasy“ von diesem Kaliber, in diesem Stil auch möglich sei. Das war natürlich eine große Ehre! Projekte dieser Art benötigen allerdings Zeit, es galt, viele Gespräche und Verhandlungen zu führen – und 2012 bekamen wir letztlich die Erlaubnis von Square Enix, „Final Symphony“ ankündigen zu dürfen – noch dazu im Jubiläumsjahr der Serie. „Final Symphony“ wird meine zehnte Produktion eines neuen Spielemusikkonzerts und 2013 feiern wir ein weiteres Jubiläum: Seit 2003 gibt es solche Veranstaltungen nun schon außerhalb Japans.
JPGAMES.DE: Gibt es besondere Gründe (Rechtliche, Organisatorische, usw.) warum eine neue Reihe her muss anstatt auf altbewährtes zu vertrauen?
Thomas Böcker: Unsere Innovationsfreude. Denn: „Distant Worlds“ entstand 2007 aus der „Dear Friends“-Reihe – die wiederum die große Mehrheit der Partituren aus einem Konzert in Japan mit dem Titel „20020220 – music from Final Fantasy“ zog. Ich war selbst lange als Berater für „Distant Worlds“ tätig und liebe einige der Arrangements von Shiro Hamaguchi. Aber nach mehr als zehn Jahren darf die Frage erlaubt sein, ob man nicht eventuell einen weiteren Ansatz finden kann.
Wir fanden schade, dass sehr viel hervorragende Musik aus „Final Fantasy“ zu kurz kommt, weil in Veranstaltungen wie „Distant Worlds“ natürlich die gesamte Reihe abgedeckt werden muss, Teil 1 bis 14 – das ist dem Konzept geschuldet und nicht als Kritik gemeint.
Ich arbeite mit Square Enix Japan nun seit zehn Jahren, nicht ausschließlich an Konzerten, sondern ebenso Aufnahmen wie für das „Vielen Dank“-Album von Masashi Hamauzu und Yoko Shimomuras „drammatica“. Es freut mich sehr, dass Square Enix soviel Vertrauen in uns setzt. „Final Symphony“ ist eine offiziell lizensierte Veranstaltung und wird entsprechend unterstützt. Wie gesagt, seit 2002 hat es das in diesem Umfang nicht gegeben, schon gar nicht außerhalb Japans. Fans erwartet 2013 eine echte Premiere; in Deutschland!
JPGAMES.DE: Was geschieht mit der Symphonic-Reihe? Wird diese auf Eis gelegt oder hat man nun beschlossen, dort andere Videospielserien abseits von Final Fantasy ins Rampenlicht zu rücken?
Thomas Böcker: Schon im November präsentiert der WDR ein weiteres Spielemusikkonzert mit Titeln wie „Journey“, „Turrican“ usw. Auch japanische Komponisten wie Nobuo Uematsu und Masashi Hamauzu werden geehrt. Zwar ist diese Veranstaltung kein offizieller Teil der „Symphonic“-Reihe, jedoch bin ich als Berater tätig, Jonne Valtonen und Roger Wanamo werden einige Arrangements beisteuern.
„Final Symphony“ hingegen verstehen wir als einen Teil der „Symphonic“-Reihe – vielleicht auch als Abschluss, wie der Titel vermuten lässt. D. h. es gab die fünf Konzerte in Leipzig von 2003 bis 2007, gefolgt von „Symphonic Shades“, „Symphonic Fantasies“, „Symphonic Legends“, „Symphonic Odysseys“ – und nun „Final Symphony“.
JPGAMES.DE: War das vielleicht auch der Grund für die neue Konzertreihe, damit man einen neuen Fokus setzen kann?
Thomas Böcker: „Final Symphony“ bedeutet nicht gleichzeitig, dass es keine anderen Spielemusikkonzerte in Deutschland mehr geben wird. Ich denke, das Gegenteil ist der Fall. Mehr und mehr Orchester und Produzenten kommen auf den Geschmack. D. h. die Vielfalt wird größer. Und ich würde mich stark wundern, würde der WDR die Aufführung von Spielemusik – in welcher Form auch immer – nicht fortsetzen.
JPGAMES.DE: Wo wird die Uraufführung stattfinden?
Thomas Böcker: Die Deutschlandpremiere wird am 11. Mai 2013 stattfinden. Das Sinfonieorchester Wuppertal wird die Musik unter der Leitung von Eckehard Stier in der Historischen Stadthalle Wuppertal präsentieren, um 14:30 Uhr und um 19:30 Uhr. Eckehard Stier hat bereits die „Symphonic Fantasies Tokyo“-Konzerte dirigiert, ebenso das erwähnte „drammatica“-Album.
Benyamin Nuss dürfen wir wieder als Pianisten begrüßen. Auch sind wir sehr glücklich, dass Winfried Fechner zugestimmt hat, die Moderation zu übernehmen. Fans dürfte der Name ein Begriff sein – Winfried Fechner war es, der 2008 das Thema Spielemusik als Orchestermanager des WDR Rundfunkorchesters Köln aufgriff.
Last but not least, wie schon auf jpgames.de angekündigt (Anmerkung: Link zur Ankündigung): Wir sind sehr glücklich darüber, dass Masashi Hamauzu zugestimmt hat, zur Premiere nach Wuppertal zu kommen. Fans haben die Möglichkeit, ihn in zwei kostenlosen Autogrammstunden jeweils vor den Veranstaltungen zu treffen.
JPGAMES.DE: Wieso ausgerechnet diese Teile der Final Fantasy Reihe, wo doch besonders VII und X schon oft aufgeführt wurden? Besonders FF IX erfreut sich ebenfalls großer Beliebtheit und wurde erst sehr selten live aufgeführt.
Thomas Böcker: Uns ist es nicht leicht gefallen, drei Parts der Serie auszuwählen. Fragt man „Final Fantasy“-Fans – wozu wir uns natürlich selbst auch zählen – nach ihrem Lieblingsteil, sind große und lange Diskussionen programmiert.
Aber: Schaut man sich an, was aus „Final Fantasy VI“, VII und X im Moment weltweit gespielt wird, dann ist die Auswahl doch eher dürftig – siehe im speziellen „Final Fantasy X“, das mehr zu bieten hat als „To Zanarkand“ und „Suteki da ne“. Erst 2011 haben wir in „Symphonic Odysseys“ den Titel „A Fleeting Dream“ und das „Ending Theme“ zusätzlich aufgeführt; das Publikum war begeistert!
Viele Soundtracks der „Final Fantasy“-Spiele bestehen aus jeweils drei oder vier CDs – es gibt einen großen Pool an grandiosen Melodien, die bisher einfach nicht gewürdigt wurden. Um auf „A Fleeting Dream“ zurückzukommen – bis letztes Jahr schienen nur wenige das Stück überhaupt auf dem Radar zu haben, bis Roger Wanamo kam und sofort einen Klassiker mit seinem Arrangement erschuf. Wir brauchen frisches, unverbrauchtes Material. „Final Symphony“ wird genau das auf höchstem Niveau bieten.
JPGAMES.DE: Werden die Stücke in Medleys, so wie es bei Symphonic Fantasies der Fall war präsentiert oder doch eher als einzelne Tracks? Können wir auf irgendwelche Besonderheiten bei den Arrangements hoffen?
Thomas Böcker: Auf jeden Fall wird es Besonderheiten geben – schließlich heißen die Arrangeure Jonne Valtonen, Roger Wanamo und Masashi Hamauzu. Es ist also davon auszugehen, dass wir dem Stil unserer vorherigen Konzerte treu bleiben, d. h. der Linie von „Symphonic Fantasies“, „Symphonic Legends“ und „Symphonic Odysseys“ folgen.
JPGAMES.DE: Final Symphony wird Tracks aus 3 verschiedenen Spielen bieten, arrangiert von 3 berühmten Musikern. Wird jeder Arrageur nur an einem spezifischen FF arbeiten?
Thomas Böcker: Roger Wanamo wird an „Final Fantasy VI“ arbeiten, Jonne Valtonen an „Final Fantasy VII“ und Masashi Hamauzu an „Final Fantasy X“. Das garantiert ein sehr abwechslungsreiches Konzertprogramm.
JPGAMES.DE: Neben Masashi Hamauzu und Nobuo Uematsu hat natürlich auch Junya Nakano einen großen Teil zum FF X Soundtrack beigetragen. Werden seine Stücke auf vertreten sein?
Thomas Böcker: Zu den Titeln darf ich momentan leider nicht wirklich viel verraten. Wir untersuchen, welche Musikstücke den Fans und uns besonders gefallen, spielen nochmals alle „Final Fantasy“-Titel, lesen darüber, stellen Nachforschungen an. Die involvierten Komponisten werden gebeten, ihre Lieblingstitel zu nennen. Letztlich wird all das verarbeitet, um das bestmögliche Resultat zu erzielen. Ein Konzert muss wie aus einem Guss wirken, es muss eine musikalische Einheit bilden. Deswegen funktioniert „Symphonic Fantasies“ weltweit so hervorragend – und so wird es bei „Final Symphony“ wieder sein.
JPGAMES.DE: Masashi Hamauzu wird in Final Symphony eine Doppelrolle einnehmen, sowohl als Komponist, als auch als Arrangeur. Was können die Fans von ihm bei diesem Konzert erwarten?
Thomas Böcker: Masashi Hamauzu wird in sein Arrangement Musik einfließen lassen, die er für „Final Fantasy X“ selbst komponiert hat – aber auch Stücke, die z. B. aus der Feder von Nobuo Uematsu stammen. Wer seine Arbeit für die Piano Collection kennt, kann erahnen, welche Ansprüche wir an „Final Symphony“ mindestens haben.
JPGAMES.DE: Wird es prominenten Besuch geben? Zum Beispiel Stammsängerin der Distant Worlds Reihe Susan Calloway, Ritsuki Nakano oder vielleicht auch wieder Rony Barrak?
Thomas Böcker: Wir freuen uns sehr, dass wir Benyamin Nuss gewonnen haben; einen professionellen Pianisten, der sich der Spielemusik genauso verschrieben hat wie der klassischen Musik. Das ist auf diesem Level weltweit einmalig.
JPGAMES.DE: In ihrem SEMO-Interview haben sie erwähnt, dass sich „Final Symphony“ verstärkt auf das konzentriert, was in den vergangenen Konzerten hierzulande noch nicht präsentiert wurde. Beschränkt sich das auf die „deutsche Konzertserie“ der Symphonischen Spielemusikkonzerte oder wird dabei auch international geschaut, welche Titel denn wirklich noch nie von einem Orchester gespielt wurden?
Thomas Böcker: Wir schauen international, welche Titel selten beziehungsweise nie gespielt wurden. Das ist selbstverständlich nicht das einzige Kriterium dafür, dass wir die Musik für unsere Konzerte umsetzen. Unser Ziel ist es wie immer, die Welt der Videospiele abzubilden – und für jeden Zuhörer ein unvergessliches Ereignis zu schaffen. Wie Nobuo Uematsu nach „Symphonic Fantasies Tokyo“ sagte, es ist unerheblich, ob man die Spiele kennt – die Musik ist auf einem so hohen Niveau, dass sie jeden verzaubern kann.
JPGAMES.DE: In der japanischen Konzertserie „Press Start -Symphony of Games-“ im Jahre 2010 hat man die Fans wählen lassen, welche Stücke sie aus den vergangenen Konzerten nochmal hören möchten. Wäre dieses Konzept der Einbeziehung bzw. Wahlmöglichkeit der Fans nicht auch grundsätzlich auf Deutschland übertragbar?
Thomas Böcker: „Press Start“ ist eine schöne Serie nach dem Vorbild der Leipzig-Konzerte, ich war bei zwei Aufführungen persönlich vor Ort. Nur entsteht hier natürlich genau das Problem, das viele Fans vermeiden wollen: dass es nur die Blockbuster ins Programm schaffen. Viele Stücke aus „Press Start“ mögen für uns exotisch anmuten, aber die Mehrheit der Kompositionen erfreut sich in Japan großer Beliebtheit. So ist es schwer, weniger populäre Titel in den Fokus zu rücken – und vielleicht genauso zu Klassikern werden zu lassen.
Aber: Natürlich hören wir auf das Feedback der Fans und freuen uns über Vorschläge, die gern an info@spielemusikkonzerte.de geschickt werden können! Alle Beteiligten im Team sind selbst begeisterte Spieler. Sich von unserer Interpretation überraschen zu lassen und auf unsere zehnjährige Erfahrung zu vertrauen, ist sicherlich eine spannende Angelegenheit und eröffnet einen neuen Blick auf die „Final Fantasy“-Serie.
JPGAMES.DE: Fast immer fungieren Verkaufsschlager (FF, KH) aus dem Hause SquareEnix als Zugpferd der Konzerte. Wieso nicht andere Titel? Fürchtet man sich hier vor einem möglichen Misserfolg? Oder überwiegt einfach die Sorge, zu „speziell“ zu werden?
Thomas Böcker: Zunächst: Square Enix muss hoch angerechnet werden, dass sich die Firma wie keine andere seit Jahren um Spielemusik kümmert. Von Anfang an gab es eine große wie feine Auswahl liebevoll produzierter Soundtracks zu fast jedem Titel.
Nur Verkaufsschlager in unseren Konzerten – das stimmt nicht ganz. Um das Beispiel „Symphonic Fantasies“ gleich zu nutzen: „Chrono Cross“ sah bisher keine Europa-Veröffentlichung, „Chrono Trigger“ schaffte es erst als Nintendo DS-Version 2009 in unsere Gefilde, dennoch haben wir dem Ganzen mehr als 15 min. gewidmet – weil die Musik schlicht und ergreifend phantastisch ist. Das ist unser Kriterium.
Ich könnte die Liste fortsetzen, mit „King‘s Knight“ oder „Final Fantasy Legend“, die wir in „Symphonic Odysseys“ mit einer Aufführung geehrt haben, trotz relativer Unbekanntheit in Deutschland. „Symphonic Shades“ und „Symphonic Legends“ hatten nichts mit Square Enix zu tun. Auch im November nimmt sich der WDR u. a. wieder Stücken an, die nicht überall auf der Welt ständig von Orchestern gespielt werden.
Wir haben über die Jahre recht exotische Spielemusik in ungewöhnlichen Arrangements aufgeführt, ohne jegliche Sorge, zu speziell zu werden. Eine Reihe mit vergleichbarer Vielfalt, die vor allem den Mut hat, nicht nur auf Blockbuster zu setzen und sich gern auf Kontroversen einlässt, lässt sich weltweit nicht finden.
Natürlich, „Final Symphony“ nimmt sich wieder der Musik aus „Final Fantasy“ an. Aus unserer Sicht ist das legitim, gibt es doch einfach zuviele Perlen, die bisher ignoriert wurden – und die unbedingt für ein Konzert umgesetzt werden müssen. „Final Symphony“ ist für unser Team das perfekte Projekt; wir haben große Pläne mit dieser Produktion. Ich bin überzeugt, dass wir 2013 ein Spielemusikkonzert präsentieren werden, das es auf diesem hohen Niveau vorher noch nie gegeben hat.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Thomas Böcker für die ausführlichen Antworten!