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Im Test! Phoenix Wright Ace Attorney: Dual Destinies

Die Ace-Attorney-Spiele von Capcom waren schon immer Titel, die sich den üblichen Spielgenres widersetzen und einen frischen Wind in angestaubte Videospielideen bringen. Angesiedelt im Gerichtssaal einer namen- und gesichtslosen Stadt, schlüpft man in die Rolle eines Strafverteidigers und versucht seine stets unschuldigen Klienten vor einem Schuldspruch zu bewahren.

Vor kurzem erschien nun der fünfte Teil der Hauptserie – der siebte Teil insgesamt – in Europa: Phoenix Wright Ace Attorney: Dual Destinies. In unserem Test erfahren Ace Attorney-Veteranen, ob sie getrost zugreifen können und Neulinge, was sie im Gerichtssaal erwarten wird.

Eine neue Generation

Der Fall beginnt, der Höhepunkt bleibt: Objection!

Nachdem in den vorhergehenden Teilen hauptsächlich Phoenix Wright als Strafverteidiger auftrat (mit Ausnahme des direkten Vorgänger mit Apollo Justic als Hauptfigur) dreht sich die Story diesmal um die neue Generation an Anwälten: der wiederkehrende Apollo Justice, mit seiner gewaltigen Stimme (und Stirn) und Athena Cykes, eine junge neue Anwältin, die sich psychologisches Fachwissen angeeignet hat.

Der Hauptfokus liegt jedoch auf Athenas Geschichte, was den einen oder anderen Apollo-Fan eventuell stören könnte. Phoenix Wright Fans sehen ihren Liebling nun wieder als Anwalt, nachdem er im vorherigen Teil eine kurze „Pause“ eingelegt hatte. Ebenfalls kommt Trucy vor, die Adoptivtochter von Phoenix und Sidekick von Apollo Justice. Weitere altbekannte Gesichter der Serie tauchen im Laufe der Fälle auf und führen zu einigen „Oh, kenn ich doch!“ – Momenten.

Die Storys der zu verhandelnden Fälle sind in jedem Ace Attorney das wichtigste Element. Hier sind sie in gewohnter Weise mehr als bizarr und unterhaltsam. Unerwartete Wendungen und neue Sichtweisen auf vorhandene Fakten, sowie äußerst ausgeklügelte Mordpläne garantieren lange und spannende Unterhaltung; sollte man den Faden nicht verlieren, da bei Ace-Attorney-Spielen immer ein gewisser Grad an „um die Ecke denken“ beteiligt ist und man gerade als Neuling doch oft gefordert wird. Als Ace Attorney Veteran ist man jedoch an diese harte Kost gewohnt und findet so müheloser die Lösung von Fällen.

Let’s read a book!

Ace Attorney ist komplett auf Englisch und ohne gute Englischkenntnisse kommt man hier nicht weit und wird keine Freude am Spiel haben. Das ist einerseits schade, da nun potentielle deutsche Käufer abgeschreckt sein könnten und nicht jeder in den Genuss des Spieles kommen kann, andererseits konnte deshalb Ace Attorney vermutlich den Sprung nach Europa schaffen. Wobei Ace Attorney an sich nicht richtig „springen“ musst, sondern alles über Datenleitungen verlief: das Spiel gibt es rein als digitalen Download. Sammler werden hier ein Tränchen vergießen.

Ein, nicht mehr sehr lebendiger, Tatort.

Englisch muss man also auf gutem Niveau beherrschen, da auch in einem der Fälle sonst eine Storywendung nicht richtig verständlich wäre. Ein weiterer potentiell abschreckender Faktor für Neukunden ist der gigantische Umfang an Text den es zu lesen gilt. Das ist natürlich typisch für dieses Genre und nicht anders zu erwarten gewesen; man sollte es nur vor einem Kauf beachten.

Wen diese beiden Fakten nicht abschrecken, darf sich auf Ermittlungen am Tatort freuen, bei denen es gilt, Zeugen zu befragen und Beweismittel sicherzustellen. Die Zeugenbefragung ist ein „No Brainer“ bei der man seine Fragen stellt und die Antwort liest, während das Auffinden von Beweismitteln nicht viel arbeitsintensiver ist: ein Cursor gibt genaue Auskunft darüber, was man anklicken kann und ob man dies bereits untersucht hat. Beide Aufgaben verschenken also leider viel Potential und ufern eher zu einem Buttonklick-Marathon aus.

Für Abwechslung sorgen hin und wieder die Spezialfähigkeiten von Apollo und Athena. Apollo kann anhand von Körpersprache des Befragten auf mögliche versteckte Informationen stoßen. Hierbei muss man die Person genau beobachten und wenn man denkt, ein auffälliges Verhaltensmuster gefunden zu haben, darauf hinweisen. Athena benutzt stattdessen Psychologie und achtet auf Emotionen in der Stimme der Interviewten.

Man vergleicht das Auftauchen von vier Emotionen(Freude, Trauer, Überraschung und Wut) mit dem Gesagten und sucht entweder nach Unstimmigkeiten in der Emotion oder der Intensität der Emotion. Diese Elemente lockern die Textflut gut auf und bieten teilweise eine richtige Herausforderung.

Zurück von den Ermittlungen am Tatort versucht man im Gerichtssaal bei Zeugenaussagen Widersprüche zu finden. Man kann Nachbohren und so teilweise den Zeugen neue Informationen entlocken und muss schließlich Einspruch erheben und ein Beweismittel präsentieren, das einen Widerspruch zum Gesagten darstellt. Dies ist der Hauptkern der Ace-Attorney-Reihe und immer wieder spannend und teilweise richtig schwer. Manchmal wird auch eine Art „Lebensenergie-Balken“ eingeblendet.

Ein Beweismaterial?

Gibt man falsche Antworten oder präsentiert falsche Beweismittel, verliert man einen Teil des Balkens, bis er schließlich 0 erreicht…und keine Konsequenzen daraus entstehen, da man direkt wieder an der Stelle einsteigen kann und so munter blind drauf losraten könnte. Die mangelnde Konsequenz ist zwar userfreundlich, aber nimmt auch etwas Spannung weg.

Wie in allen anderen Teilen sollte man es mit der Logik nicht so streng nehmen. da Zeugen, die bereits mehrmals Falschaussagen vor dem Richter tätigten, noch immer eine Aussage machen dürfen, die als bare Münze genommen wird. Man muss also in den Fällen jeden kleinsten Zweifel beseitigen und hieb- und stichfest beweisen, dass der Klient unschuldig und Person XYZ schuldig ist.

Das im Grunde kaum vorhandene Gameplay und die Wall of Text, die man zu lesen hat, wird durch herrlich verrückte und einzigartige Charaktere und Fälle mehr als wett gemacht, die einem noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Witzige und äußerst charmante Dialoge und einzigartige Storywendungen in den Fällen machen diesen Teil der Serie, wie die Gesamtserie, zu einem einzigartigen, herrlich verrückten Spielerlebnis.

Grafik und Sound

Ein tolles Team!

Grafisch wurden die Charaktermodelle auf 3D Modelle aufpoliert, die bei eingeschaltenem 3D Effekt des 3DS am Besten zur Geltung kommen. Neu für die Serie sind Anime-Cutscenes, die ebenfalls in 3D ablaufen (mit aktiviertem Effekt) und sogar synchronisiert wurden. Leider ist der 3D Effekt jedoch hauptsächlich ein Gimmick und kann theoretisch auch zum Stromsparen deaktiviert werden.

Musikalisch bietet uns Ace Attorney eine Mischung aus Recycling von gutem, alten Material und neuen Stücken, die sich gut ins Geschehen einfügen und nicht stören. Viele Charaktere bieten ein eigenes „Theme“; die Musik „verschwindet“ jedoch öfter mal im Hintergrund, da sie durch die spannende Story überdeckt wird und man nicht mehr so darauf achtet.

Unser Urteil

Ace Attorney: Dual Destinies ist schuldig! Schuldig, einzigartige, einprägsame und bizarre Fälle und Charaktere zu haben, einen fast schon unwiderstehlichen Charme in Dialogen und sich am Animestyle zu orientieren.

Es ist ebenso schuldig rein auf Englisch zu sein, genretypisch viel Text zu haben und den Spieler manchmal ein wenig auf die Ersatzbank zu setzen und zwischen kurzen Gameplay-aktivitäten zum Lesen zu verdonnern.

Ace-Attorney-Fans können hier ohne Bedenken zugreifen und werden viel Freude damit haben; Neulinge sollten noch einmal das Beweismaterial sichten und dann zu einem Urteil kommen.

 

Story: die Fälle stellen die ausgeklügelsten und verrücktesten Storys dar, die man wohl je erlebt hat

Gameplay: minimal vorhanden, mit kleinen Auflockerungen durch Spezialfähigkeiten

Grafik: kein großer Sprung gegenüber den Vorgängern, 3D-Effekt als Gimmick, neue Anime-Cutscenes

Sound: stimmungsvoller Soundtrack, der durch altbekannte Ace-Attorney-Lieder besticht

Sonstiges: nur auf Englisch, viel Text zu lesen, knifflige Rätsel