In Japan schon längst erschienen, glaubte man kaum noch an die westliche Veröffentlichung von Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney, dem Crossover des rätselliebenden Professors der Archäologie und dem Strafverteidiger mit der spitzen Frisur und dem Hang, auf Leute zu zeigen.
Unwahrscheinliches wurde aber plötzlich wahr und Hershel Layton und Phoenix Wright dürfen auch in Europa gemeinsam ermitteln. Wie schlagen sich die beiden denn aber im Team um einen mysteriösen Fall, der beide Koryphäen an die Grenzen ihrer bisherigen Fähigkeiten bringt? Kommt, bedient euch an einer Tasse erlesenen Earl Greys und…
Moment mal!
„Wie begegnen sich die beiden Kenner ihres Gebiets“, mögen sich einige nun fragen. Das Spiel wird mit einem umfangreichen Prolog begonnen, der beide Duos getrennt bei ihrer mehr oder weniger alltäglichen Arbeit zeigt. Eines haben allerdings auch schon die Einführungen gemeinsam: Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist die junge Frau Sophie. Im Intro ist sie bereits auf der Flucht mit einem ehemaligen Studenten von Professor Layton, Will Crash. Die Reise der beiden findet ein schnelles Ende und nur Sophie selbst gelangt zur Heimstube des Professors, der mit seinem Schüler Luke keinen Besuch erwartete.
Die von ihr erzählte Geschichte um Labyrinthia, der Ort, an dem Vergangenheit und Zukunft schon feststehen, wirft zahlreiche Fragen auf, doch abermals kommt es zur Verfolgungsjagd, wo Layton und Luke nicht nur einmal ihre Rätsellösekompetenz beweisen müssen. Währenddessen ermittelt Inspektor Chelmey einen Fall um einen Wagen im Baum, der schließlich Will Crash zugeordnet werden kann. Obwohl das Auto ramponiert ist, scheint Will wohlauf beim Scotland Yard untergebracht worden zu sein und dank einer neuen Spur finden die beiden Rätselliebhaber auch wieder zu Sophie auf der London Bridge.
Die Wiedersehensfreude währt aber nicht lange, denn Layton, Luke und Sophie stehen dem gegenüber, wovor sich Letztere am meisten fürchtet: einer Hexe. Mithilfe eines glorreichen Plans gelingt Sophie die erneute Flucht, doch Professor Layton und sein Gentlemanlehrling werden mit der Hexe konfrontiert und das Buch Historia Labyrinthia scheint das weitere Schicksal der beiden zu besiegeln.
Währenddessen nimmt Phoenix Wright mit seiner Assistentin und Nachwuchsmedium Maya Fey an einem Austauschprogramm der internationalen Rechtsanwaltskammer teil, welcher sie nach London führt. Anfangs scheint Phoenix von einer harmlosen Reise auszugehen, tatsächlich soll er aber plötzlich das konkrete Mandat in einem kürzlich ereigneten Fall übernehmen. Die Angeklagte, die wegen Diebstahls und leichter Körperverletzung beschuldigt wird, ist niemand geringeres als Sophie, die zuvor durch Laytons Hilfe noch fliehen konnte.
Während Phoenix und Maya bei ihrer ersten Begegnung nichts ahnen, wirkt der plötzliche Sinneswandel des Mädchens auf den Spieler doch mehr ein. Nun als Schülerin betitelt, soll Sophie nur pro forma verteidigt werden, da sie ihre Taten selbst zuzugeben scheint.
Die Rechnung wurde aber ohne Phoenix‘ Gespür gemacht. Er vermutet bereits zum Start Ungereimtheiten und soll Recht behalten. Die Zeugen scheinen auch in London nicht ohne Makel daher zu kommen und tatsächlich gelingt es Phoenix einen seiner bekannten Wandel auch auf britischem Boden zu vollführen, sodass die nunmehr recht schweigsame Sophie von jeglicher Strafe freigesprochen wird. Schließlich hat aber die Historia Labyrinthia auch für dieses Duo ein gänzlich anderes Schicksal vorhergesehen…
Wenn Einer vom Anderen lernt
Beide Teams führt es letztendlich nach Labyrinthia, doch was soll dort getan werden? Grundsätzlich ist das Gameplay beider Spielserien in Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney gleich geblieben und wird strikt durch Kapitel getrennt, wenngleich Elemente der jeweils anderen Reihe in das Endprodukt einfließen.
In den Kapiteln, in denen primär Rätsel gelöst werden, wird zwischen den einzelnen Teams gewechselt, manchmal wird allerdings auch gemeinsam ermittelt. Diese Kapitel beschäftigen sich mit den Hintergründen der Stadt und den Akteuren der prophezeiten Geschichte. Die Menüführung entspricht dabei beinahe der üblichen Layton-Manier. Die Umgebung und viele Rätsel werden in Bildausschnitten dargestellt, welche auch in 3D betrachtet werden können und auch lebendig wirken, durch kleine, aber feine Animationen. Aus diesem Grund findet jegliches Geschehen auf dem oberen Bildschirm statt und der untere Bildschirm wird quasi nur zur Steuerung via Touchscreen angewandt, wobei auch eine Steuerung per Tasteneingabe möglich ist.
Insgesamt wirken die neuen Rätsel, welche oft den Gepflogenheiten und Themen des mittelalterlichen Labyrinthias entsprechen, deutlich einfacher als die übliche dargebotene Rätselkost in den Abenteuern des Professor Layton. Gemeine Fangfragen und irrsinnig harte Kopfnüsse wird man in diesem Spiel kaum vorfinden und generell wird man gerade in den Anfangsphasen des Spiels mit Rätseln unterversorgt.
Nichts desto trotz kommen auch hier wieder die bekannten Hinweismünzen der Layton-Reihe vor und das mehr als notwendig: Bereits zu Spielbeginn winkt ein Depot mit 30 Hinweismünzen und in jedem Bildausschnitt kommen mehr zu diesem hinzu. Damit alles noch ein Quäntchen einfacher ist, wird bei der Auswahl der Umgebung, die entgegen beider Spielreihen an ein Brettspiel erinnert, bereits angezeigt, wie viele versteckte Rätsel und Hinweismünzen im jeweiligen Gebiet noch zu finden sind. Neben Rätseln und Hinweismünzen findet man in der Umgebung auch Stellen, an denen die Ermittler einfach nur ihre Eindrücke kommentieren.
Statt einer tristen Rätselsuche wird in diesen Kapiteln Wert darauf gelegt, die Charaktere interagieren und die Ereignisse vorantreiben zu lassen. Kreativ wird man dabei mit der Textgestaltung nicht nur bei der Wortwahl, sondern auch beim Text selbst. In bestimmten Fällen erscheint der Text erst extrem blass und wird erst innerhalb von Sekunden vollständig sichtbar, um so eine mystische Wirkung zu entfalten.
Dies geschieht dabei mit animierten Charaktermodellen aus der Seiten- oder auch aus der Frontalansicht. Die wahre Kunst bestand bei diesen darin, einen einstimmigen Grafikstil zu finden, welcher beide Serien, die sich grafisch doch deutlich voneinander unterscheiden, dennoch nahtlos miteinander verknüpft. Bis auf kleine Ausnahmen ist dies auch gelungen. Zwar besteht kein eindeutiger Konsens bei den Protagonisten, nichtsdestotrotz wurde ein distinktiver Stil gewählt, der Komponenten aus beiden Reihen einfließen lässt und so keine grafische Höchstleistung, durchaus aber einen Kompromiss findet.
Abgerundet werden, nicht nur, die Ermittlungen durch animierte Sequenzen, die im Gegensatz zur übrigen Spielgrafik gänzlich ohne Makel auskommen. Durch den häufigen Einsatz dieser, kommt auch Abwechslung in den Ton, bei dem Stimmen nur durch einen sich wiederholenden Ton in verschiedenen Tonhöhen dargestellt werden, typisch für die Spielreihen. Sobald man dann tatsächlich Stimmen – gänzlich in deutscher Sprache – vernimmt, kann man kaum noch erwarten, durch welch audiovisuelle Kunst man in den nächsten Sekunden verwöhnt wird.
Der primitive Wandel
Im anderen Kapiteltyp kommt es schließlich zur Sache! Im Hexenprozess geht es dabei weitaus primitiver zu als in der modernen Welt. Bereits wenige Stunden nach der vermaledeiten Tat, einen Zauber als Hexe auszuführen, wird die Angeklagte von der Inquisition – dem Äquivalent zum Staatsanwalt der modernen Welt – verurteilt und schließlich vor öffentlichem Publikum hingerichtet, wo es in Ace Attorney beim Schuldspruch schon endet.
Phoenix, der üblicherweise mit Logik, wenngleich auch manchmal im entferntesten Sinne, zu arbeiten weiß, wird sich nicht nur an diesen Umstand gewöhnen müssen. Fingerabdrücke und andere Entwicklungen der modernen Gesellschaft sind in der Welt von Labyrinthia schlichtweg unbekannt. Ein weiteres Problem ist das Verhör der Zeugen. Es wird nicht jeweils ein Zeuge verhört, sondern eine ganze Meute, die auch noch selten einer Meinung ist.
Was zuerst als Nachteil erscheint, kann schnell zum Vorteil werden. Zwar konzentrieren sich die Zeugen bei ihrer eigenen Aussage ausschließlich auf diese, doch bei der Aussage von anderen Zeugen hören diese aufmerksam zu und werden bei Ungereimtheiten hellhörig – und genau hier kann Phoenix intervenieren, um der tatsächlichen Wahrheit einen Schritt näher zu kommen, was nach wie vor mit Beweisen schließlich belegt wird.
Kann ein Widerspruch mal nicht mit konventionellen Mitteln bewiesen werden, kommt das Liber Magae ins Spiel. Dieses Literaturwerk wirkt als neuer Quell an Beweisen über das gesamte Spiel hinweg. Mit der Zeit erhält man immer mehr Informationen über verschiedene Zauber, die allesamt anders wirken und einzigartige Bedingungen aufweisen. Mit diesen neuen Eingriffen in die Spielmechanik bleibt zwar Phoenix seinen Prinzipien grundsätzlich treu, erfährt aber durch die mit dem Plot verknüpften Änderungen aber einen erfrischenden Windstoß.
Zwar sind die Hexenprozesse grundsätzlich nach fünf Fehlern vorbei, insgesamt hält sich der Schwierigkeitsgrad aber auch hier in Grenzen, zumal man auch hier Hinweismünzen anwenden kann, um die vorhandene Auswahl soweit einzuschränken, dass es weitaus schwerer ist, eine falsche Antwort abzugeben.
Im Gerichtssaal kommt auch die Musik richtig zur Geltung, welche sich in den anderen Kapiteln zurückhält, wenngleich diese dort auch nicht schlechter wirkt. Während es zu Beginn eher rustikal wirkt, wird die Stimmung nach und nach alleine durch die Musik immer neu aufgewirbelt. Je weiter man kommt, desto intensiver wird das Erlebnis für die Ohren, bis schließlich die Wahrheit ans Licht kommt und das maximale Potential ausgenutzt wird, aus einem sehr gut gelungenen Mix beider Spielreihen.
Das Urteil – Kein Hexenwerk, aber ein magisches Abenteuer
Das größte Problem von Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney ist, dass Fans beider Serien nicht gefordert werden. Sowohl die Rätsel als auch die Gerichtsverhandlungen sind viel zu einfach, um Spieler der Serien zu fordern. Andererseits ermöglicht der Titel einen guten Einstieg für diejenigen, die bisher nur eine von zwei Reihen kennen gelernt haben.
Andernfalls bietet das Spiel ein magisches Abenteuer, das durch seine Erzählkunst zu fesseln weiß und durch seine musikalische Qualität besonders zu beeindrucken. Weiterhin wird eine grafische Mischung dargeboten, die beide Spielreihen miteinander verschmelzen lässt. Fans von zumindest einer der beiden Serien können getrost zugreifen, aber auch diejenigen, die einen Einstieg in eine der beiden Serien suchen, kommen definitiv auf ihre Kosten.
Story: Ein phantastisches Abenteuer rund um Magie mit zahlreichen Wendungen und Mysterien.
Gameplay: Zwar werden die Markenzeichen beider Serien, teilweise ergänzend, angewandt, für Kenner aber viel zu einfach.
Grafik: Nicht perfekt, aber durchaus gelungene Mischung beider Reihen.
Sound: Ein wahrer Stimmungsmacher in jeder Lage.