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Im Test! Tearaway

Sonys Handheld mangelt es hierzulande weiterhin etwas an Spielen und selbst als Vita-Liebhaber sucht man krampfhaft Kaufgründe für Freunde und Bekannte. Klar, es gibt viele Indies und man kann nun auch PlayStation 4-Titel per Remote-Play spielen. Aber so ein waschechtes Spiel, das nur auf der Vita funktionieren kann und welches all ihre Möglichkeiten clever nutzt, damit kam bisher kein Entwickler um die Ecke. Bis jetzt!

Ein „schnittiges“ Abenteuer

Die Welt von Tearaway. Einzigartig und bunt

Wer hätte der Vita besser ein Spiel auf den Leib schneidern können als Media Molecule, die Entwickler hinter dem mindestens genauso sympathischen Little Big Planet? Sympathisch ist Tearaway von der ersten Sekunde an: Zunächst wählt man die Größe seiner Hände, Hautfarbe und Geschlecht. Dies ist wichtig für die Darstellung seiner eigenen digitalen Hände, mit denen man die Welt von Tearaway beeinflussen kann. Danach folgt ein kurzes Intro, in dem man bereits eine Vorahnung bekommt, wie Media Molecule die Vita-Fähigkeiten einsetzt. Schnell noch das Spielfiguren-Geschlecht festgelegt und los geht es!

Je nachdem wie ihr euch entscheidet, seid ihr nun Iota oder Atoi, ein kleiner Brief mit einer wichtigen Botschaft, die es zu übermitteln gilt – und zwar an euch selbst. Das Ziel ist die Sonne, aus deren Mitte euch euer eigenes Gesicht entgegenglotzt. Denn immer wieder blendet das Spiel Ausschnitte eurer Umgebung mit Hilfe der beiden Vita-Kameras in die Welt von Tearaway ein und vermischt diese sowohl optisch wie erzählerisch. Auch die komplett deutsche Vertonung fällt direkt positiv auf. Das war man von einem Sony-Handheld gar nicht mehr gewohnt.

Bereisen dürft ihr in Tearaway übrigens eine liebevoll gestaltete Papierwelt aus der dritten Person. In dieser ist alles aus Papier: Steine, Wege, Pflanzen, Tiere und sogar ihr selbst. Auf eurem Abenteuer durch diese einzigartige Welt werdet ihr euch immer wieder freuen, wie sich alles vor einem sprichwörtlich entfaltet. Papierrollen sausen nach vorne und erschaffen einen Weg, kleine Papier-Pilze wippen mit der Bewegung des Analog-Sticks und Pflanzen klappen sich in eurer Nähe um. Und das ist nur der Anfang! Die Power der Vita und die Animations-Kunst von Media Molecule helfen dabei, dass diese Welt auch optisch ein Hingucker ist und seid euch sicher: Gesehen habt ihr das noch in keinem anderen Spiel.

Jetzt wird gefummelt!

Eure Finger dringen ins Spiel ein. Lauft ihr bösen Schnipsel!

Erstmals in einem Vita-Spiel wird auch sinnvoll von hinten betatscht. Das Muster der Vita-Rückseite wird euch in Tearaway des öfteren begegnen und immer dort könnt ihr der Rückseite eurer Hardware näher kommen. So werden zu Beginn fiese Schnipsel – die Bösewichte in Tearaway – weggeschnippt und später auch ganze Gegenstände bewegt. Optisch wurde dies von Media Molecule clever gelöst. Berührt man solche Sony-Flächen, stoßen die eigenen Finger durch die Papierwelt von Tearaway und man kann mit der eigenen Bewegung den digitalen Abbildern gut folgen.

Manchmal wollen die Finger zwar nicht auf Anhieb in die Spielwelt eindringen, aber da die Rätsel mit dieser Funktion nie unfair werden, kann man das verschmerzen. Bei Sprungpassagen kommt dieses Feature ebenfalls zum Einsatz, wenn man seinen kleinen Boten auf Ebenen weiter oben stößt. Das klappt auch deutlich besser, da eine leichte Berührung genügt.

Schön klassisch erlernt man auf seiner Reise auch immer weiter neue Fähigkeiten oder wird mit Rätseln konfrontiert, wodurch man andere Features der Vita kennenlernt. Sogar die Schnipsel gibt es in unterschiedlichen Arten, wodurch ihr auf eure erlernten Fähigkeiten setzen müsst.

Hart geht es dabei aber nie zur Sache. Um Schwierigkeit geht es in Tearaway absolut nicht, das merkt man bereits daran, dass es keine Leben gibt. Es ist egal, wie oft ihr eure Briefmarke aufs Spiel setzt, ein Gameover-Screen wird nicht folgen. Man wird lediglich an einen Checkpunkt oder vor das letzte Hindernis gesetzt. In Tearaway geht es allein um das Erleben, Erkunden, Entdecken und Kreieren.

Darfs noch etwas Deko sein?

In Tearaway hat man die Möglichkeit sich richtig schön kreativ auszulassen! Früh bekommt man einen Fotoapparat, mit dem man seine Umgebung, sich selbst oder sich selbst mit Umgebung fotografieren darf. Habt ihr genug Konfetti – die Tearaway-Währung – gesammelt, gibt es verschiedene Filter (Instagram lässt grüßen) und Objektive oben drauf. Damit lässt sich bereits einiges entdecken und herumexperimentieren. Das Spiel selbst fordert euch auf, komplett weiße Gegenstände zu suchen und zu fotografieren, um dem Objekt wieder Farbe einzuhauchen. Als Belohnung winken die abfotografierten Gegenstände als Papiermodell-Vorlagen zum Ausdrucken und selber basteln.

Auch von euch selbst dürft ihr hin und wieder Fotos machen, die wieder an anderer ungewohnter Stelle im Spiel auftauchen. Alleine das macht das Spiel so charmant. Wer sieht sich nicht gerne selbst in einem Videospiel? Eine sehr schöne Aufgabe hat das Spiel auch zu einem anderen Zeitpunkt, wenn man unwissentlich eine kleine Animation erstellt, einfach spitze!

Noch künstlerischer kann man sich betätigen, indem man ganz neue Dekorationen nach seiner Vorstellung selbst erschafft. Hierfür stehen verschiedene Farben und Schere bereit und alles ist mit wenigen Handgriffen erledigt. Mit dem Finger wählt man eine Farbe, zeichnet das gewünschte Objekt aufs Papier vor, die Schere erledigt schließlich den Rest. Dekorationen lassen sich auch aus mehreren Farben und Einzelteilen erstellen – prima!

Kaum Grenzen gesetzt. Dekoriert euren Helden selbst!

Dekoriert werden darf aber meist nur, wenn es das Spiel erlaubt. So will früh im Spiel eines der Erdhörnchen von euch eine Krone gebastelt bekommen – mit Juwelen soll sie besetzt sein! Wie ihr diese nun erstellt, ob herkömmlich mit gelben und roten Juwelen oder doch eine Diamanten-besetzte Eierschale? Ganz egal, das Erdhörnchen wird es euch danken und wann immer ihr es später im Spiel trefft, es hat eure Krone oder Eierschale auf dem Kopf.

In einem anderen Level-Abschnitt fehlt Schnee, der vom Himmel rieselt. Auch das geht klassisch mit weißen Flocken. Braune Brocken tun es aber auch. Je nachdem, womit man sich wohler fühlt. Mir war in dem Fall aber einfach nach rosa Schneeflocken, die fallen in einem sonst weißen Schnee-Level besonders gut auf. Aber man muss nicht alles selbst erschaffen. Es gibt einige Dutzend bereits erstellte Deko-Elemente, die man mit dem nötigen Konfetti-Kleingeld seiner Sammlung hinzufügen kann.

Und das allerbeste: Man kann seine eigene Spielfigur umdekorieren! Ein böser Blick? Vielleicht sogar nur ein Auge? Fangzähne mit Knochen im Maul? Harry Potter Muttermahl auf der Stirn? Herz-Tattoo für Mutti auf dem Oberarm? Stierhörner? Alles kein Problem! Sogar eine Lauchstange gibt es, die man an seine Hand kleben kann, um es Miku gleichzutun. Tolles Feature!

Die Sammler unter euch wird zudem freuen, dass man in jedem Level zu jederzeit anzeigen lassen kann, wie viele Papiermodell-Vorlagen fehlen, wie viel ungesammeltes Konfetti es noch gibt, wie viel übrig gebliebene fiese Schnipsel man noch erledigen muss, wie vielen Bewohnern man noch helfen soll und wie viel versteckte Geschenke einem entgangen sind.

Fazit

Mit Tearaway erschafft Media Molecule eine nie da gewesene, liebenswürdige Papier-Welt, die viel kreative Freiheit zulässt und durch ihre charmante Art richtig viel Spaß macht entdeckt zu werden. Die Geschichte selbst ist dabei allerdings sehr einfach gehalten und kann fast vernachlässigt werden und man hätte gern noch viel freier dekoriert.

Befindet man sich jedoch erstmal auf Schnipsel-Jagd, ist in Dekorations-Laune und schmunzelt einfach nur über die tollen Ideen, mit denen Tearaway einen überrascht, könnte man fast denken, dass man einen 3DS in den Händen hält. Da aber die Vita selbst clever und einzigartig genutzt wird, darf man sich nun auch als Vita-Besitzer über ein Abenteuer auf Nintendo-Niveau freuen.

Story: Sehr einfach gehalten. Eure Spielfigur, ein kleiner Brief, enthält eine Nachricht, die er euch überbringen muss. Dabei müssen böse Schnipsel beseitigt werden, deren Herkunft unbekannt ist.

Grafik: Tearaway besticht durch seine grandiose 3D-Papierwelt, deren Animation bis ins Detail liebevoll umgesetzt wurde. Die klaren, satten Farben sind wie gemacht für die Vita.

Sound: Musik passt sich dem jeweiligen Level an, ist aber eher zurückhaltend. Animationen werden von “fetzigen” Soundeffekten unterstützt.

Gameplay: Die Vita wird komplett ausgereizt und die Funktionen in clevere Rätsel und Sprung-Abschnitte verpackt. Selbst in schnelleren Passagen funktioniert der Touch-Screen dabei tadellos. Erkunden und Kreieren stehen aber im Vordergrund.

Sonstiges: Freispielbare Papiermodell-Vorlagen zum nachbasteln, verschiedene Spielstände möglich, aufgenommene Fotos direkt im Spiel auf Twitter und Facebook teilen.