Resident Evil Revelations ist ein von der Fachpresse hochgelobter Ableger der Resident-Evil-Serie, der Anfang 2012 für Nintendo 3DS erschienen ist. Selbst der noch im selben Jahr erschienene Hauptteil, Resident Evil 6, konnte sich mit den guten Bewertungen des Ablegers nicht messen. Dieses Frühjahr wurde dann, zur Freude vieler Spieler, die HD-Portierung des heiß begehrten Ablegers für Playstation 3 und Xbox 360, Nintendo Wii U und PCs angekündigt. Ob der Port gelungen ist und ob er für von Resident Evil 6 verschreckten Fans ein empfehlenswerter Titel ist, erfahrt ihr im folgenden Review.
Ein kleiner Horrorkrimi
Resident Evil Revelations siedelt sich zeitlich vor Resident Evil 5 an und erzählt die Geschichte um die erste voll funktionsfähige Stadt namens Terragrigia, die auf dem Wasser gebaut wurde, sowie die Konflikte mit der terroristischen Vereinigung Veltro. Doch bevor das Spiel uns etwas über die Ereignisse um Terragrigia erzählt, befinden wir uns in der Rolle von Jill Valentine mit unserem BSAA (Bioterrorism Security Assessment Alliance) Partner, Parker Luciani, nachts auf einem Schlepper auf hoher See im Mittelmeer wieder.
Vor uns erscheint ein riesiges Kreuzschiff, die Queen Zenobia, die wir entern. Wir machen uns im tosenden Sturm und Regen in das düstere Schiff auf, um unseren alter Partner aus Racoon City, Chris Redfield, und seine Partnerin zu suchen, die seit 94 Minuten vom Radar verschwunden sind und sich womöglich in Gefahr befinden. Als wir das Schiff betreten wird uns sofort klar, dass wir uns in einer gefährlichen Lage befinden.
Undefinierbarer Dreck auf dem Boden, fließender Schleim an der Wand und Leichengestank verpesten den Eingang der Queen Zenobia. Beim weiteren Umschauen entdecken wir Verwesende und es ist direkt klar, dass sich eine Tragödie auf dem Schiff abgespielt haben muss und unser Partner, Chris, in höchster Gefahr schwebt. Nachdem wir die ersten engen Schiffsgänge durchquert haben, wird auch klar, dass wir nicht allein sind.
Eine vorbei haschende, blasse Gestalt quetscht sich durch den Lüftungsschacht und hinterlässt eine milchige Schleimspur. Als wir den nächsten düsteren Gang mit der Taschenlampe betreten, erwartet uns der nächste Schreck. Eine Gestalt im Luftschacht bewegt sich hektisch über unseren Kopf fort und verbeult dabei die Kanäle mit lautem Getöse. Bald finden wir mit unserem Bioscanner eine im Dreck steckende Waffe und untersuchen sie nach Spuren von Chris. Plötzlich erscheint hinter uns ein bleiches gesichtsloses Wesen, dem ein Saugtentakel aus dem Hals ragt und uns angreift.
Erst hier beginnt das Spiel und führt uns in Episode 1 „In die Tiefe“, in Form einer TV-Dokumentation über die Geschehnisse um Terragrigia vor einem Jahr ein, welches Opfer eines bioterroristischen Anschlags der Gruppe Veltro wurde. Die FBC (Federal Bioterrorism Commission) und die damals noch unabhängige BSAA (Bioterrorism Security Assessment Alliance) versuchten den Angriff der Terroristen gemeinsam abzuwehren. Die FBC war allerdings nach der Aussetzung des neuartigen T-Abyss-Virus‘ dazu gezwungen die Insel einem gebündelten Solarstrahl auszusetzen, um sie vollkommen zu dekontaminieren und die Bedrohung auszumerzen. Seitdem stehen die Ruinen der Stadt im Mittelmeer als Mahnmal für den Kampf gegen den Bioterrorismus und die von ihr ausgehende Bedrohung.
Geschickt und spannend
Hier zeichnet sich das geschickt und spannend inszenierte Storytelling des Spiels ab. Mit den größtenteils unbekannten Charakteren und den zwei Resident-Evil-Ikonen, spielt man sich abwechselnd durch die Geschichte. Mit Flashbacks oder undatierten Ereignissen, die den Spieler stetig versuchen ein wenig hinters Licht zu führen, schafft es das Spiel dabei einen herrlichen Spannungsbogen aufzubauen. An manchen Stellen ist man geradezu erleichtert vom aktuellen Szenario eine kleine Auszeit zu bekommen, bei anderen muss man allerdings die Zähne zusammenbeißen und akzeptieren, dass die spannende Szene von einer anderen unterbrochen wird.
Um dabei nicht den Überblick über die Ereignisse zu verlieren, fügt das Spiel am Anfang jedes neuen Kapitels die Höhepunkte der vorangegangenen Geschichte noch einmal zusammen, was dem Spiel nochmal einen besonderen Spannungsflair gibt. Obwohl sich alle Charaktere und Geschichten ergänzen, steht vorwiegend Jill Valentine im Rampenlicht und ihre Mission auf dem Geisterschiff Queen Zenobia ist das Hauptszenario des Spiels.
Altes und Neues in Harmonie
Zu Anfang spielt sich Resident Evil Revelations herrlich gruselig und bringt in den schmalen, dunklen Gängen des Schiffs einige Schockmomente mit sich und wartet mit einer düsteren Klangkulisse auf. Die rar gesäte Munition, kleine Schalterrätsel, einige Tagebücher und viele Türen, für die es speziell gravierte Schlüssel zu finden gilt, schaffen es ein wenig die Atmosphäre der alten Resident-Evil-Spiele mit der, der neuen in Einklang zu bringen und der Effekt hält viele Episoden lang an.
Später weicht die Horrorkomponente vermehrt in den Hintergrund und man setzt auf Action, wie man sie aus Resident Evil 5 kennt; je nach Charakter, den man spielt, sind die Schwerpunkte auch anders gelegt. Das Spiel driftet in den späteren Kapiteln aber nicht, wie Teil 6 der Serie, ins Absurde ab und bietet ein spannendes und taktisches Gameplay, das bis zuletzt Spaß macht und fesselt.
Eine Besonderheit des Gameplays von Resident Evil Revelations ist der „Genesis“, ein hochmoderner Bioscanner mit dem man die Umgebung nach versteckten Gegenständen, Hinweisen, wie Fingerabdrücken und Munition, absuchen kann. Zudem kann man mit ihm Kadaver oder „lebende“ Gegner scannen und bekommt bei einem 100-prozentigen Scannstatus einen Gegenstand als Belohnung. Der Scanner an sich wurde aber nicht nur für das Auffinden von Gegenständen entworfen, sondern ermöglicht durch seine Virenanalyse die Herstellung einfacher Impfstoffe.
Eine sehr praktische und vor allem gruselige Komponente im Gameplay von Resident Evil Revelations ist das Ausweichen, das man nur kurz vor dem Angriff eines nahe stehenden Gegners ausführen kann, wenn man rechtzeitig die richtigen Tasten drückt. Weil es sich dabei nicht um ein Quicktime-Event mit Tastenangabe auf dem Bildschirm handelt, wird die Atmosphäre nicht gestört und es ist auch nicht allzu einfach auszuführen. Hier wünscht man sich sogar den 3D-Effekt des 3DS-Originals herbei um noch mehr Nervenkitzel zu erleben.
Resident Evil Revelations bietet, wie die großen Vorbilder, ein großes Arsenal an Waffen. Geld und Munition werden allerdings nicht von Gegnern hinterlassen, anstelle dessen findet man Tuning-Kits, die in die Waffen verbaut werden können. Jede Waffe hat eine bestimmte Anzahl an Slots, in die man beispielsweise Bauteile, welche die Angriffskraft verstärken oder die Munitionskapazität erhöhen, einsetzen kann.
Diese Bauteile bleiben jederzeit austauschbar und Waffen können so immer wieder neu modifiziert werden. Die Lebensenergie wird direkt über das Spielbild angezeigt. Je mehr man verwundet wird, desto grauer wird die Umgebung und Blutspuren um den Fernsehrahmen zeigen an, dass es Zeit ist, sich zu heilen, was hier auch mit einem einfachen Tastendruck funktioniert.
Neben der Kampagne, dem Storymodus, bietet das Spiel den Raubzug-Modus an. Der Raubzug-Modus ist ein verfeinerter Söldner-Spielmodus, den man wahlweise im Online-Coop-Modus, oder Offline-Solo-Modus spielen kann. Hier kann man alle Charaktere mit ihren individuellen Ausrüstungen aus dem Storymodus in den einzelnen Szenarien spielen und muss sich durch die Gegnerhorden kämpfen. Es stehen pro Szenario zwei Schwierigkeitsgrade zur Auswahl und es gilt möglichst perfekt zu spielen um Punkte für Extras, wie alternative Kostüme, zu erhalten.
Die Gegner haben in diesem Modus eine Energieanzeige und der Schaden, den man verursacht, wird als Zahl angezeigt. So kann man noch nachträglich die Schwachstellen einiger Gegner herausfinden, die man im Hauptspiel im Eifer des Gefechts nicht herausgefunden hat und auch seine Präzision trainieren. Ein witziges Gimmick in dem Raubzug-Modus von Resident Evil Revelation ist, dass die Gegner unterschiedliche Größen haben. Manche sind besonders groß, dafür träge aber auch kräftiger, andere sind ganz klein und agil. Resident Evil Revelations bietet damit neben dem sieben- bis achtstündigen Storymodus, einen abwechslungsreichen, großen Actionmodus und hat durch drei Schwierigkeitsgrade, darunter der konsolenexklusive Schwierigkeitsgrad „Höllisch“ und die NewGame+-Option einen großen Wiederspielwert.
Ein kleines Spiel wird ganz groß
Trotz all der guten Töne könnte man natürlich über die Grafik von Resident Evil Revelations meckern, doch käme das dem Spiel überhaupt gerecht? Natürlich bietet es nicht konstant die optische Qualität eines AAA-Konsolen-HD Titels, denn dafür wurde das Spiel auch nicht gemacht. Es ist ein grafisch überarbeiteter und gelungener HD-Port und kein Remake. Es bedarf auch keiner langen Eingewöhnungszeit, denn die Grafik überzeugt sehr schnell durch ihre Atmosphäre (siehe auch Vergleichsbilder).
In manchen Umgebungen findet man 2D-Texturen, die in einem 3D-Modus Sinn ergeben würden, hier aber weniger. Manche Umgebungstexturen hätten noch besser nachbearbeitet werden können und den Charakteren hätte man ein wenig mehr Dynamik in der Gesichtsmimik und im Haar spendieren können. All diese Punkte werden aber, wie schon erwähnt, durch die tiefe und oft gruselige Atmosphäre entschädigt, nicht zuletzt weil ein serienbekannter Architekt für die Innenausstattung der Queen Zenobia zuständig war. Wir erinnern uns an all die rustikal eingerichteten, bösen Anwesen, die wir aus der Serie kennen. Ansonsten hat die Grafik noch kleine Lade- und Speicherruckler, die aber auch nicht großartig stören.
Auch der Soundtrack schließt an die alten Resident-Evil-Teile an und präsentiert sich in einem düsteren, tiefen Klanggewand. Schöne, traurige und gruselige Stücke begleiten den Spieler durch die engen Korridore des Schiffes. Ein paar Abzüge bekommen allerdings die SFX-Effekte, welche nicht allzu satt klingen.
Ansonsten…
…bietet das Spiel elf Anzeigesprachen und sechs Sprachausgaben: Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch und Japanisch und das Spiel hat eine Dolby-Digital-Ausgabe. Der schon erwähnte Raubzug-Modus ist online spielbar und es gilt eine Menge Waffen und Kostüme freizuschalten. Zudem kann man sich mit dem Spiel und seinen Ergebnissen auf residentevil.net anmelden, um noch mehr Boni freizuschalten und bei Wettkämpfen mitmachen. Was auch einigen Geschmäckern bestimmt gut gefällt ist, dass man optional die klassische Steuervariante im Resident-Evil-4- und -5-Stil benutzen kann oder die Shooter-Variante, die man aus Resident Evil 6 kennt.
Fazit
Resident Evil Revelations wartet mit einer spannenden Geschichte auf, ist ein gelungener HD-Port ohne gravierende technische Mängel, der den Horror alter Resident-Evil-Spiele und die Action neuer Ableger in eine gelungene Harmonie bringt. Natürlich bleibt dieser Punkt Geschmackssache, ob man 100 Prozent Grusel oder 100 Prozent Action haben will.
In seiner Kombination passt der Mix aber und Revelations ist ein vollwertiges Resident Evil, das sich vor seinen AAA-Kollegen keinesfalls verstecken muss! Die neuen und charismatischen Charaktere fügen sich sehr gut in die Geschichte und das Resident-Evil-Universum ein; die Story driftet nicht in die Absurdität wie Resident Evil 6 ab und fesselt einen bis zum Schluss.
Der spätere Konsolen-Release, die schwächere Grafik, etwas kurze Storymodus-Spielzeit und die nicht allzu satt klingenden SFX-Töne, werden an anderen Stellen durch viel Bonusmaterial, einem neuem Schwierigkeitsgrad, dem Raubzug-Coop-Modus, residentevil.net-Unterstützung und dem niedrigeren Preis des Spiels mehr als entschädigt. Wer ein Spiel mit geschicktem Storytelling, Grusel- und Actionkomponenten spielen will oder gar ein gutes Resident Evil spielen will, sollte sich dieses Spiel keinesfalls entgehen lassen!
Story: Spannende Story mit vielen neuen und charismatischen Charakteren. Der Story-Modus ist etwas kurz, lädt aber durch viele Boni und NewGame+ zum mehrmaligen Spielen ein. Man weiß ja nie was man beim ersten Durchlauf alles verpasst hat!
Grafik: Das Spiel ist ein gelungener HD-Port, aber kein Remake. Dennoch überzeugt das Spiel durch sein Leveldesign und seine dichte Atmosphäre. Manche Texturen wurden beim Port wohl bei der Überarbeitung vergessen. Der Mimik der Figuren hätte ein wenig mehr Feinschliff nicht geschadet, ist aber dennoch gut.
Soundtrack: Ein klassischer Resident-Evil-OST umklammert den Spieler mit seinen tiefen, gruseligen und auch schönen Kompositionen, mehr kann man sich nicht wünschen. Die SFX-Effekte sind allerdings nicht satt genug für eine Dolby-Digital-Ausgabe.
Gameplay: Zwei Steuermodi: Klassisch und Shooter. Das Spiel verlangt stellenweise präzise und zeitige Eingaben, die den Puls in die Höhe treiben. Ein sehr fordernder Höllisch-Modus wurde hinzugefügt. Raubzug-Modus im Online-Coop spielbar.
Sonstiges: elf Anzeigesprachen, sechs Sprachausgaben, wobei die deutsche nicht allzu gut ist. Viele Freischaltboni und residentevil.net-Kompatibilität für mehr Boni und Wettkämpfe, NewGame+.
von Kairos