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Im Test! Yakuza Kiwami

Yakuza ist eine inzwischen sehr umfangreiche Serie mit vielen hartgesottenen Fans und vor allem eine, die Neueinsteiger abschreckt. Das hört man immer wieder. Auch wenn die Spiele durchaus für sich selbst spielbar sind, sind die Ängste der Quereinsteiger allzu verständlich. Schließlich handeln alle sechs Hauptspiele der Serie von Charakter Kazuma Kiryu. Es ist schwer vermittelbar, mit einem Yakuza 5 anzufangen. Doch seit vor einigen Monaten Yakuza Zero erschienen ist, gibt es keine Entschuldigung mehr. Das Spiel ist ein Prequel zur Serie, behandelt die Anfänge des Kazuma Kiryu und ist für PlayStation 4 erhältlich.

Nach dem Durchspielen von Yakuza Zero haben sich wohl nicht wenige gewünscht, sie wären schon zu PlayStation-2-Zeiten in die Yakuza-Serie eingestiegen – den Autor dieses Reviews eingeschlossen. Aber jetzt nochmal die PS2 aus dem Keller holen? Das ist auch nicht jedermanns Ding. Welch glückliche Fügung, dass Sega ausgerechnet jetzt im wahrsten Sinne des Wortes wieder bei eins anfängt. Mit Yakuza Kiwami legte man den Serienerstling neu für PlayStation 4 auf.

Kazuma sitzt 10 Jahre ab.

Kazuma Kiryu ist eigentlich ein ganz schön dufter Kerl. Viele seiner Charakterzüge passen eigentlich nicht in die Welt der Yakuza, doch er hat keine Wahl, denn er ist sozusagen in diese Welt hineingeboren. Aufgewachsen ist Kiryu im Waisenhaus, zu einer Vaterfigur wurde ein gewisser Shintaro Kazama. Auch die Loyalität zu ihm und zu seinen Leidensgenossen im Waisenhaus führt dazu, dass er immer tiefer in diese Welt strauchelt, von der er nicht so recht weiß, ob er ihr angehören will oder nicht. Bei seinen Handlungen nimmt er keine Rücksicht auf Clan-Scharmützel, Rechenschaft legt er nur sich selbst gegenüber ab und ob für ihn etwas wichtig ist oder nicht, entscheidet sich oft dadurch, ob es für Kazama-san oder seine Brüder und Schwestern aus dem Waisenhaus wichtig ist. All diese Eigenschaften bringen ihn letztlich auf einen Weg, der direkt ins Gefängnis führt. Zehn Jahre muss er absitzen und als er wieder auf freien Fuß kommt, hat sich einiges verändert.

»Wer mit Yakuza Zero eingestiegen ist, wird sich sofort heimisch fühlen.«

Hier beginnt Yakuza Kiwami so richtig. Sein Weggefährte Nishiki hat sich offenbar ganz schön verändert und im Tojo Clan ist einiges im Argen. Zehn Milliarden Yen sind weg, seine einst beste Freundin Yumi ebenfalls. Es beginnt eine Geschichte mit vielen Intrigen, Wendungen und Ränkespielen – aber auch mit einigen Lachern und abstrusem Humor, für den die Serie bestens bekannt ist. Viel mehr möchte ich über die Geschichte nicht verraten, nur so viel: Gerade mit dem Wissen aus Yakuza Zero hätte ich mir gewünscht, dass einige Charaktere tiefgreifender behandelt werden. Auf der anderen Seite hat der Hauptstrang von Yakuza Kiwami ein paar Längen, die vielleicht auch gut als Nebenaufgaben durchgegangen wären. Das ist aber wohl eine Betrachtung, die vor allem Yakuza Zero geschuldet ist. Insgesamt ist (auch) die Story von Yakuza Kiwami fesselnd und es gibt ein wirklich gebührendes Finale.

Auch spielerisch orientiert sich Yakuza Kiwami an Yakuza Zero. Wer mit Yakuza Zero eingestiegen ist, wird sich sofort heimisch fühlen. Wer die Serie bereits kennt, sowieso. Neueinsteigern bietet Yakuza Kiwami vielleicht sogar einen noch weicheren Einstieg als Yakuza Zero. Erneut stehen euch vier Kampfstile zur Verfügung, diesmal aber gleich von Beginn an. Neue Fähigkeiten müsst ihr diesmal nicht mit Geld erwerben, sondern klassisch durch Erfahrungspunkte verdienen und dann auf einem „Sphärobrett“ freischalten. Erfahrungspunkte erhaltet ihr für die Zufallskämpfe auf der Straße, für das Abschließen von Storysträngen und Nebenaufgaben, aber auch für die Nahrungszufuhr.

Die vier Kampfstile sind abwechslungsreich und gut voneinander trennbar, auch wenn etwas Eigenengagement dazugehört, die Kämpfe tatsächlich auch abwechslungsreich zu gestalten. Wahrscheinlich kommt man mit dem „Brawler“-Stil durch das ganze Spiel, aber es gibt eben doch viele Gelegenheiten, in denen sich der „Rush“-Stil (schnelle, aber leichtere Angriffe) und der „Beast“-Stil (schwere, aber unbewegliche Angriffe) durchaus besser für Gegner oder Situation eignen. Der „Dragon of Dojima“-Stil ist letztlich eben Kiryus Stil. Etwas unruhiger wirken die Bosskämpfe, auch wenn ich nur den Vergleich zu Yakuza Zero und nicht zum Original ziehen kann. In Yakuza Zero wirkten sie spektakulärer, besser inszeniert und auch spielerisch einfach runder. Sega hat hier aber offenbar versucht, mit dem neuen und ziemlich coolen „Heat“-Modus noch etwas rauszuholen. Das ist auch gelungen.

Das ist MesuKing.

Wer in Yakuza Kiwami coole Mega-Minispiele (Wortneuschöpfung) wie in Yakuza Zero sucht, wird leider enttäuscht sein. Weder das Hostessen-Management noch der Immobilienmarkt warten auf euch – und auch keine andere Beschäftigung von diesem Umfang und übrigens auch nicht Unmengen an Arcade-Automaten. Hostessen könnt ihr diesmal immerhin trotzdem treffen. Diesmal lernt ihr sie aber als Gäste kennen. In Gesprächen und mit Drinks und Häppchen vertieft ihr eure Beziehung und am Ende werdet ihr, sagen wir mal, yakuzatypisch belohnt. Enttäuschend: Die Themen und Fragen wiederholen sich, schon auf dem „normalen Weg“ zum A-Rang der Beziehung. Sowas war ich von Yakuza in Yakuza Zero nicht gewohnt. Für Abwechslung sorgt neben Hostessen vor allem das Erotikkartenspiel MesuKing, das skurrilerweise vor allem von Kids gespielt wird. Außerdem warten auch wieder Baseball, Bowling, Pocket-Racing, Casinos und Co. auf euch, neu sind Arenakämpfe und vor allem das viel beworbene „Majima Everywhere“-Feature.

Ihr lauft ständig Gefahr, den verrückten Goro Majima auf der Straße zu treffen und immer will er eins: Euch eins über die Rübe ziehen. Eigentlich ist Goro Majima einer der Antagonisten im Original und er bleibt es auch in Yakuza Kiwami. Sega hat das „Majima Everywhere“-Feature wirklich charmant eingebaut und dürfte damit sowohl Neueinsteiger mit Yakuza Zero als auch Serienveteranen zufriedenstellen. Spielerisch sind die Treffen eine Mischung aus Zufalls- und Bosskampf. Wichtig sind sie, weil ihr so eure „Dragon of Dojima“-Fähigkeiten wiedererlangt. Spaß machen sie vor allem, wenn ihr sowieso Goro-Majima-Fan seid. All seine Outfits, Erscheinungen und Sidequests zu triggern macht dann einfach jede Menge Spaß.

Damit sich Yakuza-Zero-Einsteiger in Yakuza Kiwami wieder heimisch fühlen und vielleicht sogar ein bisschen wie Serienveteranen, hat Sega in das Remake etliche Anspielungen auf Yakuza Zero gepackt. Wer erst mit Yakuza Kiwami einsteigt, wird den Unterschied nicht merken. Wer mit Yakuza Zero angefangen hat, dem gibt Sega ein bisschen das Gefühl, belohnt zu werden. Bestes Beispiel sind die Pocket-Circuit-Aufgaben, in denen ihr Charaktere aus Yakuza Zero wiedertrefft, die damals Kinder waren und jetzt erwachsen sind. Auch wenn es ganz schön an der Immersion kratzt, dass Kiryu sich im Gegensatz zu den Kids überhaupt nicht verändert hat.

Technisch hat Sega mit dem Remake ganze Arbeit geleistet, das kann man nicht anders sagen. Wer sich Vergleichsbilder mit dem Original ansieht, der wird sagen, dass dieses Spiel die Bezeichnung „Remake“ wirklich verdient hat. Es nutzt die Yakuza-Zero-Engine, optisch ist es im Prinzip nicht von Yakuza Zero zu unterscheiden. Kamurocho sieht um einiges schöner aus als das Original, die Charaktermodelle sowieso. Auch die Zwischensequenzen sehen super aus. Davon soll es auch einige neue geben, aber das finden wohl leider nur Kenner des Originals heraus, zu denen ich, wie erwähnt, nicht gehöre. Yakuza Kiwami läuft bis auf ganz wenige Ausnahmen flüssig, auch mit vielen Gegnern auf dem Bildschirm. Musikalisch bietet Kiwami die Kost, die man bereits aus Zero kennt. Mal unauffällig und besonders bei wichtigen Story-Ereignissen und fetzigen Bossvorstellungen rockig und passend. À la bonne heure, Sega – dieses Remake hätte man auch für den Vollpreis verkaufen können und viele andere hätten es wohl auch gemacht.

Die zweite Chance.

»Wer mit Yakuza Zero in die Serie eingestiegen ist, wird sich hoffentlich ohnehin schon auf Yakuza Kiwami geworfen haben. Und feststellen, dass Yakuza Kiwami eigentlich in nahezu jeder Hinsicht ein kleines, kleines bisschen schwächer ist als Yakuza Zero. Was hat das aber schon zu heißen, bei dem Level, auf dem sich Yakuza Zero bewegte. Yakuza Kiwami bietet tonnenweise Abwechslung, unzählige richtig gut erzählte bis völlig skurrile Sidequests, eine reife Technik und eine fesselnde Geschichte. Alle, die sich jahrelang nicht an Yakuza gewagt haben, bekommen nun die zweite Chance. Ob ihr mit Yakuza Kiwami oder Yakuza Zero einsteigt, ist im Prinzip egal – immerhin ist Kiwami ja auch der Original-Erstling. Beide Herangehensweisen haben ihren Reiz. Wichtig ist eigentlich nur, dass ihr es endlich tut!«

 

Eine fesselnde Geschichte mit wenigen Längen, die für mich hinter Yakuza Zero zurücksteht, aber ein grandioses Finale bietet und Lust auf Yakuza Kiwami 2 macht.
Yakuza-Zero-Einsteiger fühlen sich sofort heimisch. Auch was Sidequests, Humor und Minispiele angeht, bietet Yakuza Kiwami die gewohnte Yakuza-Formel.
Kamurocho und die Serienanfänge in HD! Das muss jeden Veteranen auch nochmal hervorlocken. Ein Remake, das den Namen verdient hat.
Passt!
Skurrile Nebenaufgaben, schier unendliche Möglichkeiten, sich in Kamurocho zu beschäftigen, leider kein „Mega-Minispiel“ wie in Yakuza Zero. Aber weit davon entfernt, langweilig zu sein.