Der Fokus bei Pokémon-Spielen liegt auf den Kämpfen, bei denen die unterschiedlichsten Taschenmonster gegeneinander antreten. Mit Pokémon Tekken wagen die Pokémon zum ersten Mal einen Ausflug in das Beat-‚em-up-Genre, bei dem es genau darum geht. Pokémon Tekken entstand aus der Zusammenarbeit von Bandai Namco Entertainment und The Pokémon Company. Kann das Prügelspiel der Tekken-Macher mit Pokémon in der Hauptrolle überzeugen?
Pokémon Tekken erschien 2015 zunächst für Arcade-Automaten in Japan und wurde nun weltweit für Wii U mit erweiterten Inhalten umgesetzt. Dazu gehört insbesondere die Ferrum-Liga, die als Kernstück des Spiels zu sehen ist. Dabei kämpft man gegen COM-Gegner um den Rangaufstieg innerhalb der einzelnen Ligen, um schließlich zum Champion aufzusteigen. Auch in Pokémon Tekken geht es darum, der Allerbeste zu sein, obwohl das dieses Mal nicht mit dem Fangen aller Taschenmonster zusammenhängt.
Die Ferrum-Liga ist in vier Ligen unterteilt, in denen zunehmend stärkere Gegner antreten: Die Grüne, Blaue, Rote und Chroma-Liga. Man könnte sie auch als Kampagne des Spiels bezeichnen, denn ab und an gibt es Zwischensequenzen zu sehen und spezielle Kämpfe zu bestreiten. Man muss aber dazu sagen, dass die Story in Pokémon Tekken nicht viel hergibt und sehr dünn ist. Gerade, wenn man diesen Aspekt mit Ablegern der Tekken-Hauptreihe vergleicht, fällt es umso mehr auf und ließ mich enttäuscht zurück. Das Potenzial für eine interessante Story, die sich mit der Geschichte und den Problemen der einzelnen Kämpfer beschäftigt, wäre vorhanden gewesen und hätte bestimmt großen Anklang bei Fans gefunden.
Womit Pokémon Tekken hingegen punkten kann, ist die grundlegende Spielmechanik und die Auswahl an Kämpfern. Insgesamt stehen 16 spielbare Pokémon zur Verfügung, von denen sich eines im Laufe des Spiels freischalten lässt und ein weiteres durch eine dem Spiel beiliegende amiibo-Karte aktivieren lässt. Die Rede ist hier von Schatten-Mewtu. Alle anderen Kämpfer sind bereits zu Beginn freigeschaltet. Mit diesen Pokémon könnt ihr anfangs in den Ring steigen:
- Lohgock
- Pikachu
- Lucario
- Guardevoir
- Wrestler-Pikachu
- Gewaldro
- Gengar
- Machomei
- Rutena
- Skelabra
- Suicune
- Snibunna
- Glurak
- Knakrack
Ein bisschen schade finde ich es trotz der Auswahl an wirklich unterschiedlichen Pokémon, dass alle bis auf zwei schon freigeschaltet sind und man nicht wie üblich in Prügel-Spielen seine Kämpfer selbst erst freischalten muss. Das hat mir immer am meisten Spaß gemacht, mit einer limitierten Auswahl an Charakteren Kämpfe zu bestreiten, um bestimmte Kämpfer verfügbar zu machen. Diese „Belohnungen“ fallen hier komplett weg, bis auf einen Kämpfer, den man am Ende der Ferrum-Liga bekommt.
»Ein bisschen schade finde ich es, dass alle bis auf zwei Kämpfer schon freigeschaltet sind und man nicht wie üblich in Prügel-Spielen diese erst freischalten muss.«
Abgesehen davon machen die Kämpfe in Pokémon Tekken richtig Spaß. Die Pokémon selbst sehen atemberaubend aus und sind ausgezeichnet animiert. Die Spielmechanik in den Kämpfen ist wirklich ausgeklügelt, für Einsteiger leicht erlernbar und bietet hingegen für Strategen und Profis genug Möglichkeiten, sich taktisch auszutoben. Alle Kämpfer lassen sich in unterschiedliche Gruppen einteilen: Standard, Tempo, Technik und Kraft. Ausschlaggebend sind dabei die Werte für die Anzahl der Kraftpunkte, das Aufladetempo des Resonanzmeters und die Limitdauer. Doch später mehr dazu.
Nun zu den Kämpfen selbst: Bevor man sich direkt in die Ferrum-Liga stürzt, ist es hilfreich, sich ins Training zu begeben und die verschiedenen Techniken zu erlernen. Jedes Pokémon kann Standard-Angriffe (A-Knopf), Schuss-Angriffe (Y-Knopf), Verfolger-Angriffe (X-Knopf) und Sprünge (B-Knopf) ausführen. Dazu kommen noch Kombos und drei weitere Angriffsprinzipien. Diese funktionieren nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip. Greif-Angriffe wirken Konter-Attacken entgegen, während Standard-Angriffe Griffe abwehren und sich Konter-Attacken gegen Standard-Angriffe durchsetzen. Im Kampf ist es äußert wichtig, dieses Prinzip verinnerlicht zu haben, weil man so strategisch gegen Attacken vorgehen und die eigenen Angriffe gut platzieren kann.
Bei all der Offensive spielt natürlich auch defensives Kämpfen eine Rolle. Damit ist Blocken (R-Taste) gemeint, wodurch für eine kurze Zeit ein Schild vor dem Pokémon erscheint und es vor sämtlichen Angriffen schützt. Allerdings kann dieses durch Greif-Angriffe durchbrochen werden. Eine weitere, grundlegende Spielmechanik sind die wechselnden Kampf-Phasen. Davon gibt es insgesamt zwei, die Feldphase, die Kämpfe und Bewegungen im dreidimensionalen Raum im ganzen Kampfring ermöglicht und die Duellphase, die sich im zweidimensionalen Raum abspielt und bei der man sich nur nach vorne, hinten und oben bewegen kann.
Bestimmte Angriffe lösen den Wechsel in die jeweils andere Phase aus und diese können auch strategisch von Bedeutung sein. Bei der Duellphase ist der ausgeteilte Schaden automatisch höher, allerdings die Bewegungsfreiheit geringer. Ein Phasenwechsel lädt zudem das Resonanzmeter des Pokémons, das ihn ausgelöst hat, um ein ganzes Stück auf. Das Resonanzmeter wird neben der Leiste der Kraftpunkte am unteren linken Bildschirm angezeigt und füllt sich ansonsten immer ein kleines bisschen, wenn man Schaden austeilt. Wenn es voll ist, wird durch gleichzeitiges Drücken der L- und R-Taste das Limit ausgelöst.
Beim Limit handelt es sich um einen besonderen Modus, bei dem der Kämpfer für eine gewisse Zeit lang um einiges stärker und gefährlicher wird. Das Pokémon ist von einem mysteriösen Funkeln umgeben und falls es eine Mega-Entwicklung besitzt, wird diese ausgelöst. Im Limit-Modus ist es darüber hinaus möglich, einen superstarken Limit-Schlag auszuführen, der dem Gegner eine große Menge an KP abzieht und von einer Cutscene begleitet wird. Diese Sequenzen sind fantastisch inszeniert, passen perfekt zum jeweiligen Kämpfer und mir hat es Spaß gemacht, sie immer wieder anzusehen.
Insgesamt sind die Kampfmechaniken wirklich gut durchdacht und alle Techniken zu meistern verlangt viel Zeit und Übung. Jedes Pokémon hat nämlich neben den üblichen Angriffen noch besondere Fähigkeiten und Eigenheiten, die es spielenswert machen. Während der Kämpfe kann man stets die Manöverliste aufrufen, die alle mögliche Kombos und Angriffe auflistet. Dabei sind diese nach den Attacken in den Spielen benannt und wurden auch so gestaltet, beispielsweise sieht ein Donnerblitz von Pikachu so aus, wie man ihn kennt und Rutenas Feuersturm wurde wirklich beeindruckend animiert.
Bei erfolgreichem Ausgang eines Matches (mindestens zwei von drei Kämpfen müssen gewonnen sein), sammelt das Pokémon anschließend Erfahrungspunkte. Bei genügend EP steigt es eine Stufe auf und erhält einen Fertigkeitenpunkt, der auf die Werte Angriff, Verteidigung, Resonanz und Strategie verteilt werden kann. Man kann sich so seinen individuellen Kämpfer erstellen, indem man bestimmte Werte besonders stark ausbaut.
Neben den Hauptfiguren gibt es noch mehr Taschenmonster, die einen Auftritt haben. Die Helfer-Pokémon stehen zwar nicht so sehr im Rampenlicht, tragen aber dennoch zum Ausgang der Kämpfe bei. Vor Beginn eines jeden Kampfes kann man ein Helferset auswählen, das aus zwei Pokémon besteht. Diese lassen sich im Kampf bei voller Helferleiste, die sich nach und nach füllt, mit der L-Taste heraufbeschwören. Helfer werden in die Kategorien Angreifer (Schaden verursachen), Saboteure (Gegner stören) und Verstärker (Werte boosten) eingeteilt. Einmal gerufen, setzen sie ihre jeweilige Attacke ein und verschwinden danach wieder. Insgesamt gibt es 15 Sets mit je zwei Helfern, die in der Ferrum-Liga freigeschaltet werden – von Karpador bis Jirachi sind die verschiedensten Unterstützer mit an Bord. Etwas zum Freischalten gibt es also doch, wenn auch nicht so bedeutend wie die Kämpfer.
Abseits der Ferrum-Liga existieren weitere Orte beziehungsweise Modi, die man in Pokémon Tekken wählen kann. Das bereits angesprochene Training unterteilt sich in verschiedene Tutorials, Freie Kämpfe sowie Manöver- und Kombo-Dojo. Letztere sind dazu da, die einzelnen Pokémon näher kennenzulernen und sich mit ihren individuellen Techniken vertraut zu machen. Im nächsten Modus kann man sich in den Einzelspieler-Kampf begeben, der für schnelle, ungezwungene Runden gegen Computer-Gegner ausgelegt ist. Im „Deine Stadt“-Auswahlpunkt kann man sämtliche Einstellungen zum jeweiligen Partner-Pokémon (ausgewählter Kämpfer) und zu den Helfern, Profil-Einstellungen und Coach-Einstellungen treffen. Der Coach gibt während des Spiels regelmäßig Ratschläge und besitzt eine Motivationsfertigkeit, die zwischen den Kämpfen zum Einsatz kommt. Er füllt zum Beispiel die Helfer- oder Resonanzleiste direkt zu Beginn.
Das eigene Trainerprofil lässt sich ebenfalls gestalten. Man darf sich einen Titel aussuchen sowie einen Kommentar, der dem Gegner immer vor dem Kampf angezeigt wird. Darüber hinaus kann man seinen Avatar personalisieren und das in den Kämpfen gesammelte Geld für Haarfarbe, Frisuren, Kleidung und Accessoires ausgeben. Im Shop gibt es eine große Auswahl an Gegenständen und leider ist das der einzige Ort, wo man Geld ausgeben kann. Es kann lediglich in das Aussehen des eigenen Trainers investiert werden und dient keinem anderen Zweck.
Im Hauptmenü lassen sich dann noch die beiden letzten Modi auswählen: Offline- und Online-Kampf. Offline kann man lokal gegen einen anderen Spieler antreten, wobei ein Spieler mit dem GamePad spielt und der andere die Wahl zwischen Pro Controller, Wii-Fernbedienung und Nunchuk oder Classic Controller Pro hat. Die Kämpfe werden dann statt wie im Singleplayer mit 60 FPS bei beiden Spielern in 30 FPS dargestellt. Ruckler gibt es keine, allerdings fällt es nach den flüssigen Partien als Einzelspieler stark auf, was an sich nicht unbedingt den Spielspaß mindert.
Wer lokal mit einer konstanten Framerate von 60 Bildern pro Sekunde kämpfen möchte, kann das im LAN-Modus machen. Dafür werden zwei Wii-U-Konsolen und ein LAN-Adapter benötigt, um die Partien auf jeweils einem separaten Fernseher zu erleben.
Im Online-Modus kann man sich entweder gegen Freunde oder Fremde behaupten. In Freundschafts-Matches findet man Spieler aus der eigenen Freundesliste, möchte man allerdings gezielt gegen eine Person antreten, kann man einen sogenannten Match-Code erstellen und weitergeben. Rang-Matches hingegen sind dazu da, sich gegen Spieler aus aller Welt durchzusetzen und Rangpunkte durch Siege zu sammeln. Wer Kämpfe absichtlich abbricht, wird bestraft. Bei den Online-Matches sind mir bisher keine Lags, Ruckler oder Verbindungsfehler untergekommen und es ließ sich stets reibungslos kämpfen.
Pokémon Tekken bietet das, was man sich optisch und akustisch unter einem Prügler im Pokémon-Universum vorstellt. Eine ausreichende Anzahl an Arenen, die atmosphärisch und thematisch gestaltet sind und Pokémon-Kämpfer, die allesamt klasse aussehen und animiert sind. Das Pokémon-Feeling kommt definitiv auf und dasselbe kann ich diesbezüglich auch für das Tekken-Feeling bestätigen. Die Musik und die Soundeffekte passen perfekt zu den rasanten Kämpfen und erwecken die Taschenmonster mehr denn je zum Leben.
Die Frage, ob Pokémon und Tekken nun zusammenpasst, lässt sich mit „Ja“ beantworten. Die Kämpfe sind fantastisch inszeniert und machen durch tiefgreifende Spielmechaniken eine Menge Spaß. Atmosphärisch kann das Spiel ebenfalls überzeugen, inhaltlich allerdings nicht ganz. Dass es keine richtige Story, sondern nur ein paar eher triviale Cutscenes und keine im Laufe des Spiels freischaltbaren Kämpfer wie es sie in anderen Prügel-Spielen gibt, ist enttäuschend. Die Motivation in den Einzelspieler-Modi ist deshalb nur gering, der Lohn besteht aus Münzen, die sich lediglich in den Avatar investieren lassen. Dafür kann Pokémon Tekken mit den Multiplayer-Modi wieder punkten, auch wenn dieser lokal mit einer geringeren Framerate dargestellt wird. Wer Pokémon mag und mit Beat-‚em-up-Spielen etwas anfangen kann, kann hier zugreifen.
Gameplay: In typischer Beat-‚em-up-Manier geht es darum, den Gegner in Matches zu besiegen. Dabei spielen tiefgreifende Mechaniken eine große Rolle, sodass reines Button-Mashing nicht zum Ziel führt.
Story: Sehr flach, lediglich vereinzelt Cutscenes während der Ferrum-Liga. Hätte deutlich besser ausfallen können.
Grafik: Wunderschöne, ausgearbeitet 3D-Modelle der Pokémon und atmosphärische Schauplätze.
Soundtrack: Schnelle Beats und passende Soundeffekte während den Kämpfen.
Sonstiges: Durch die amiibo-Funktion lassen sich 5 Mal pro Tag zufällige Accessoires für den Avatar freischalten.