PS5 Test

Im Test! Master Detective Archives: RAIN CODE Plus ist ein „Plus“ ohne große Sprünge

Titel Master Detective Archives: RAIN CODE Plus
Japan 18. Juli 2024
Spike Chunsoft
Nordamerika 01. Oktober 2024
Spike Chunsoft
Europa 01. Oktober 2024
Spike Chunsoft
System PlayStation 5, Xbox Series X/S, PCs
Getestet für PlayStation 5
Entwickler Too Kyo Games
Genres Adventure
Texte
Deutschland Nordamerika
Vertonung Nordamerika Japan

Master Detective Archives: RAIN CODE war letztes Jahr einer der großen Titel des noch recht jungen Entwicklerstudios Too Kyo Games, welches 2017 von namhaften Spike-Chunsoft-Mitarbeitern gegründet wurde. Unter diesen Kazutaka Kodaka, der Kopf hinter der Danganronpa-Reihe; Komponist Masafumi Takada und Character-Designer Rui Komatsuzaki, also so ziemlich der harte Kern hinter den beliebten Adventure-Visual-Novel-Spielen. RAIN CODE zeigte hier besonders die Verbindung zu der Serie, denn vieles im und am Spiel erinnert doch sehr stark an seinen spirituellen Vorgänger.

Obwohl man sich damals bewusst gegen einen Multiplattform-Release entschied, haut man nun, ein Jahr später, diesen mit Master Detective Archives: RAIN CODE Plus zügig hinterher. Das Originalspiel erschien exklusiv für Nintendo Switch und das war laut Kodaka „eine gute Entscheidung“, denn auch wenn man offensichtlich Vertrauen in das eigene Projekt hatte, so glaubte man mit der Exklusivität mit einem A- beziehungsweise AA-Titel mehr Chancen in einem gut gefüllten Markt in diesem Sektor zu haben.

Kein Grund nach dem initialen Erfolg nun dabei zu bleiben, dachte man sich. So kam es schließlich doch noch zur Multiplattform-Veröffentlichung mit der „Plus-Version“, die neben einer höheren Auflösung auch die vormals als DLC veröffentlichten Zusatzepisoden mitliefert. Unseren Test zur Originalversion findet ihr hier. Ob Master Detective Archives: RAIN CODE auch auf anderen Plattformen eine gute Figur macht, schauen wir uns aber jetzt an.

Regenmäntel und Fleischbrötchen

Ohne zu viel zu verraten, eine kurze Einleitung in die Geschichte: In RAIN CODE spielt man den Protagonisten Yuma Kokohead, der zumindest dem Anschein nach ein Detektiv zu sein scheint. Er selber weiß es auch nicht, denn er leidet, wie es sich gehört, an Amnesie. Nach einer ominösen Einladung in den abgesperrten Kanai-Distrikt, trifft er auf weitere Detektive, um das große Geheimnis um den ungewöhnlichen Distrikt, in dem es nur zu regnen scheint, zu lösen.

Auch wenn man sich sehr nah an die Danganronpa-Formel hält, fällt eine große Änderung recht schnell zu Beginn auf. Im Gegensatz zu der, für eine Visual-Novel üblichen, langwierigen Einleitung, kommt man in Master Detective Archives: RAIN CODE sehr schnell zum eigentlichen Geschehen. Kaum eine halbe Stunde im Spiel gilt es schon den ersten großen Fall zu lösen.

Somit setzt man schnell den weiteren Verlauf des Spiels fest, denn im Laufe des Spiels wird diese Vorgehensweise im Grunde bis zum Ende durchgezogen. Die weiteren Charaktere sind trotz kurzer Einleitungen nicht bloß eindimensionale Figuren, sondern sind äußerst einzigartige und durchgeknallte Charaktere, die sich auch durchaus im Laufe der Story entwickeln.

Nach ein wenig Vorgeplänkel trifft man auf eine Leiche, untersucht den Tatort, führt Verhöre oder sammelt auf andere Weise Hinweise und gerät zum Schluss in eine Situation, die Yumas ungewöhnliche Partnerin zur Tat ruft. Shinigami-chan ist aus unbekannten Gründen Yumas ständige Begleiterin und folgt ihm auf Schritt und Tritt in ihrer Geistform. Hat man genügend Beweise oder hier Lösungsschlüssel gesammelt, offenbart Shinigami-chan ihre „wirkliche“ Gestalt und begleitet unseren Protagonisten als sexy Todesgöttin durch die sogenannten mysteriösen Labyrinthe.

Worte sind Gewalt

In den mysteriösen Labyrinthen zeigt sich der zweite Hauptbestandteil des Spiels. Hier muss man schließlich die gesammelten Lösungsschlüssel nutzen, um den eigentlichen Fall zu lösen. Das Ganze geschieht aber nicht durch einfaches Auswählen von Optionen, sondern artet in diverse Kämpfe aus, die gegen Phantome der Wirklichkeit ausgetragen werden. Gekämpft wird hier mit Worten und das darf man hier gern wörtlich nehmen.

Zwei große Mechaniken machen hier den Großteil des Gameplays aus. Die Gefechte gegen die Phantome bestreitet man im „Todeskampf der Beweisführung“. Hier wird man mit Aussagen bombardiert, denen man aktiv ausweichen muss. Andere Aussagen können einfach zerstört werden, während man bestimmte Kernaussagen mithilfe des richtigen Schlüssels widerlegen muss.

Diese Mechanik ähnelt sehr den Wortduellen in Danganronpa, allerdings legt man hier den Fokus mehr auf die Action. Erfolgreiches Ausweichen und das korrekte Zerstören und Widerlegen von Aussagen fließt hier ebenso in die Endwertung ein, die wichtige Punkte liefert, um den weiteren Verlauf etwas stressfreier zu gestalten.

Hier sind also nicht nur schnelle Reaktionen, sondern auch schnelles Leseverständnis und ein wenig Glück notwendig, denn nicht immer ist es glasklar, welche Aussage man nun mit welchem Schlüssel beantworten muss. Fehler triggern allerdings auch Gespräche, die Ahnungslosen wichtige Tipps liefern können. Im Grunde kann man aber sagen, dass es hier nur selten zu Unklarheiten kommt, sofern man in den umfangreichen Adventure-Parts aufgepasst hat. Gesammelte Informationen können aber auch zwischen den Kämpfen noch einmal ausgiebig studiert werden.

Dschini im Kauderwelsch-Fass

Die zweite Gameplay-Mechanik in den mysteriösen Labyrinthen ist das „Shinigami Puzzle“. Hier muss man Buchstaben auswählen, um ein Wort in einem Lückentext herauszufinden. Die Buchstaben befinden sich hier auf einem sich drehenden Fass, welches sich etwas kniffliger gestaltet als die Action-Sequenzen der Beweisführung. Die Fälle sind oftmals so gestaltet, dass man selber erst im Laufe der Labyrinthe wirklich versteht, was im Detail passiert ist. Das in Kombination mit passenden Synonymen, die in allerlei verschiedenen Sprachen in die vorgefertigten Lücken passen müssen, hebt leider ab und an den Schwierigkeitsgrad etwas in die Höhe.

Ein Problem, das auch schon in Danganronpa teilweise prominent war, ist die Lokalisierung. In einem Spiel, das den Fokus auf Formulierungen und Sprache legt, ist es wahrlich nicht einfach eine passende Übersetzung zu liefern, die ein Rätsel im gleichen Sinne wie das Original widerspiegelt. Kompromisse müssen gemacht werden und die angesprochenen Synonyme für spezielle Wörter liegen einem dann nicht immer direkt auf der Zunge. Trial-and-Error ist schließlich in solchen Fällen die einzige Lösung für diese Puzzles, was zwar schade ist, aber auch nicht durchgehend immer der Fall ist.

Neben diesen beiden großen Gameplay-Abschnitten werden die Labyrinthe noch mit konventionellen Richtig-oder-falsch-Optionen und Exposition ausgeschmückt. Am Ende eines jeden Labyrinths wartet dann noch ein großer Showdown, der nicht unbedingt näher erklärt werden muss.

Unsägliche Quick Time Events

Master Detective Archives: RAIN CODE schafft den Sprung in die 3D-Umgebung im Grunde sehr gut. Die Adventure-Abschnitte, in denen man Lösungsschlüssel sucht und mit der Umgebung interagiert, sind eine gute Weiterentwicklung vom bloßen Auswählen im Visual-Novel-Format. Wortgefechte sind zudem mit mehr Action gefüllt, was den Druck im gesunden Maße ansteigen lässt und die Rätsel unterhaltsamer machen kann. Ein Element ist aber dann doch etwas zu viel des Guten, die Quick Time Events.

Es scheint, dass man RAIN CODE, gerade in Hinsicht auf das starre 2D-Erlebnis mit Danganronpa, besonders dynamisch und interaktiv gestalten wollte. Quick Time Events sollten hier in den Adventure-Parts eben dies liefern; und so kommt es des Öfteren aus dem Nichts dazu, dass ein Button-Input auf dem Bildschirm auftaucht, um zum Beispiel einer Person auszuweichen oder Ähnliches. Das ist zwar zu Beginn noch ganz okay und gut verkraftbar, allerdings nimmt das zum Ende stark zu und wird zum lästigen und stressigen Beiwerk.

Später führt man Quick Time Events, oder zumindest ähnlich plötzliche, zeitabhängige Eingaben, auch den mysteriösen Labyrinthen hinzu. In Verbindung mit Aussagen, die man erst einmal lesen und verstehen muss, ist das schon eine zunehmend nervige und unnötig stressige Ergänzung zum zuvor schon ausreichend fordernden Gameplay. Letztlich bleibt auch hier oftmals nur das Trial-and-Error-Prinzip, was im Blick auf die restliche Umsetzung eher enttäuschend daherkommt.

Wahnsinnige Hintergründe und geradlinige Labyrinthe

Mit Danganronpa-Character-Designer Rui Komatsuzaki an Bord wissen Kenner von Danganronpa, welche Art von Designs man erwarten kann und auch in Master Detective Archives: RAIN CODE wird in dieser Hinsicht abgeliefert. Ungewöhnliche Farbkombinationen und interessante Designs bieten allerdings nicht nur die Charaktere, sondern auch die Hintergründe können sich, besonders in den mysteriösen Labyrinthen, sehen lassen.

Hier hat es sich besonders gelohnt von bloßen 2D-Hintergründen in eine 3D-Landschaft überzugehen, denn hier kriegt man es mit besonders abstrusen Designs in Bewegung zu tun, die neben Detailverliebtheit auch sehr künstlerisch kreativ umgesetzt sind. Ein Fakt, der auch sehr gut über die doch total geradlinigen Labyrinthe hinwegsehen lassen kann, denn hier geht es durchweg nur wie an einer Schnur gezogen hindurch. Während der reale Kanai-Distrikt mit seiner regnerischen Kulisse im starken Gegensatz dazu steht, kann dieser mit zahlreichen Neonlichtern und unaufhörlichen Regenanimationen überzeugen.

Auch musikalisch werden Fans von Danganronpa unentwegt durch Masafumi Takada daran erinnert, mit welchen Entwicklern wir es zu tun haben. Für Spieler, die allerdings nicht mit Danganronpa vertraut sind, kann man den Soundtrack in Richtung Acid House kombiniert mit jazzigen Elementen einordnen, Genres, die Takada wohl gerne in seine Videospielmusik einfließen lässt. Als Musikbanause sage ich, das höre sich einfach wie Danganronpa an, womit ich wohl auch nicht so falsch liege.

Ein „Plus“ ohne große Sprünge

Master Detective Archives: RAIN CODE Plus ist, wenn man wirklich genau hinschaut, tatsächlich nur ein Port des vormals schon sehr gut umgesetzten Switch-exklusiven Detektiv-Adventure-Titels. Ein Plus hier ist definitiv, dass man nun auch auf allen anderen Plattformen Zugriff auf dieses Spiel erhält. Allerdings entgeht Spielern des Originals auf Nintendo Switch im Grunde nichts. Die grafischen Updates begrenzen sich auf das Hochschrauben der Auflösung ohne wirklich sichtbare Anpassungen zu der vollkommen ausreichenden Nintendo-Switch-Version.

Die inzwischen vorhandenen Extrageschichten gab es damals zwar nur als DLC, jedoch sind diese in puncto Umfang tatsächlich auch nicht wirklich ihren Preis wert. Wer die Charaktere besonders mochte und jeweils noch knapp eine Stunde Zusatzgespräche braucht, dem sei das Plus gegönnt, allerdings entgeht einem hier schlussendlich nicht viel.

Master Detective Archives: RAIN CODE ist ein gelungenes Detektiv-Adventure-Spiel, das im Geiste Danganronpa recht nah kommt. Natürlich ist der Titel aber auch Neulingen besonders ans Herz zu legen, gerade weil die „Plus-Version“ jetzt auch endlich für alle aktuellen Plattformen verfügbar ist. Letztlich auch das wahre Plus im Titel.

 

Story

Gut durchdachte Detektivfälle mit außergewöhnlichem Lösungsverlauf und überraschendem Ende zum Schluss.

Gameplay

Entspannte Adventure-Abschnitte stehen mit stressigen Wortduellen im krassen Gegensatz. Gute Umsetzung, mit Macken hier und da.

Grafik

Knallige Designs und verrückte Hintergründe. Starke Kontraste in der Darstellung hinterlassen ein rundes Gesamtbild.

Sound

Interessante und einprägsame Musikauswahl, die die Atmosphäre gut umrahmen kann.

Sonstiges

Zusatzepisoden mit nicht der Rede werten Inhalten. Nice to have.

Bildmaterial: Master Detective Archives: RAIN CODE Plus, Spike Chunsoft, Too Kyo Games

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