Titel | Silent Hope |
28. September 2023 | |
Marvelous (XSEED) | |
03. Oktober 2023 | |
Marvelous (XSEED) | |
03. Oktober 2023 | |
Marvelous (XSEED) | |
System | PC, Nintendo Switch |
Getestet für | PC (Steam) |
Entwickler | Marvelous Inc. |
Genres | Action-Adventure |
Texte | |
Vertonung |
So langsam sinken draußen die Temperaturen, die Kinder gehen wieder in die Schule und das Laub ist nicht mehr so belebend grün, wie es vor einigen Wochen noch war. Das kann nur eins bedeuten: Das Sommerloch ist endlich vorbei und ein Haufen großer und kleiner Videospiel-Veröffentlichungen steht kurz bevor. Und womit kann man besser in diese wunderbare Zeit des Jahres starten als mit wenigen Worten und einem endlosen Abgrund im Boden.
Von Töchtern und Abgründen
Genau so nimmt auch Silent Hope, aus dem Hause Marvelous, seinen Anfang. Nicht nur, dass dieser endlos erscheinende Abgrund aus dem Nichts erschienen ist, zu allem Übel verschwindet der König dieses Landes und nimmt die Worte der gesamten Welt mit sich. Ein Fakt, der seiner Tochter missfällt. Sie versteht nämlich nicht, wieso ihr einst großmütiger Vater so etwas Schlimmes tun sollte.
Voller Trauer bilden ihre endlosen Tränen einen Kristallkokon um das junge Mädchen, bis eines Tages sieben Krieger zu ihr gerufen werden. Diese sollen nicht nur den verschwundenen König im Abgrund suchen, sondern auch herausfinden, warum dieser überhaupt erst erschienen ist.
Wenn diese kurzen Absätze es nicht schon deutlich genug gemacht haben, dann sollte man sich wirklich keine größeren Gedanken um die Story machen. Außer einer kurzen Einleitung und hier und da einzelnen vertonten Zeilen gibt es kaum Informationen über die Welt, ihre Charaktere und ihre Regeln. Selbst nach den Credits bleiben noch so einige Fragen offen, aber man sollte sich am besten nicht zu viele Gedanken darüber machen.
Die Ironie
Die Geschichte von Silent Hope wird also ironischerweise in nur sehr wenigen Worten erzählt und wartet somit leider nicht mit spannenden Wendungen oder tragischen Schicksalen auf. Zumal der Ablauf für jede erwachsene Person so vorhersehbar sein sollte wie der Sonnenaufgang am Morgen. Aber als Motivation, sich immer und immer wieder in den endlosen Abgrund zu stürzen, ist es mehr als brauchbar.
Doch leider bedeutet das auch, dass es keine ordentliche Vorstellung oder Hintergrundgeschichte für die sieben optisch und spielerisch unterschiedlichen Charaktere gibt. Für den Spieler bleiben diese stummen Figuren über eine lange Strecke also nur leere Hüllen, die Monster bekämpfen.
Optisch schafft es Silent Hope auch nicht so wirklich sich von der Masse an kleinen J-Spielen abzuheben. Die Artworks der Charaktere sehen wirklich toll aus und das Anime-Intro begeistert ebenfalls, aber als kleine Chibi-Figuren verlieren sie doch so einiges von ihrem Charme. Dennoch stellen sie den optischen Höhepunkt des Spieles dar, denn die thematisch unterschiedlichen Level des Abgrundes ebenso wie die zufallsgenerierten Maps können weniger überzeugen.
Der Preis für den Zufall
Viele Umgebungs- und Monsterdesigns wiederholen sich hunderte Male und eine dichte Atmosphäre will auch nicht so richtig aufkommen. Das ist nun mal der Preis, den man dafür bezahlt, wenn man auf den Zufall setzt. Nach kurzer Zeit hat man jedoch die einzelnen Elemente der Map durchschaut, die jedes Mal an einer anderen Ecke drangeklebt werden.
Aus den Socken wird das niemanden hauen, besonders wenn auch die Elemente auf diesen Maps sehr langweilig aussehen und es überall an Details fehlt. Aber wie auch bei der Story schon ist es genug um den Spieler über einige Stunden bei Laune zu halten.
Die wenigen Zeilen, welche die japanischen und englischen Synchronsprecher aufgezeichnet haben, wissen jedoch zu überzeugen. Leider so sehr, dass man sich deutlich mehr davon gewünscht hätte. Auch der Soundtrack macht seinen Job, leider nicht besonders gut, aber auch nicht besonders schlecht. Ebenso wie die zufällig generierten Maps ist er austauschbar und setzt keine Akzente. Als passive Hintergrundberauschung eignet er sich, aber ist das wirklich genug?
Bis jetzt konnte Silent Hope also nicht so wirklich überzeugen, warum ich dennoch bis zu den Credits Spaß mit dem Titel haben konnte, lag eindeutig am Gameplay. Man startet mit einem der sieben Hauptcharaktere und stürzt sich in den Abgrund. Diese sieben Krieger haben unterschiedliche Kampftechniken.
Das Experiment
So haben wir zum Beispiel auf der einen Seite den typischen Bogenschützen und den Magier als Fernkampfoptionen, auf der anderen Seite eine Dame mit gigantischem Schwert oder ein junges Mädchen mit zwei Fäustlingen. Alle Charaktere spielen sich durch diese unterschiedlichen Waffen vielfältig und bieten zusätzlich je drei Spezialattacken, die den Kampfablauf maßgeblich verändern.
Die ersten Trips in den Abgrund wird man also damit verbringen die einzelnen Klassen ausgiebig zu testen. Glücklicherweise können an bestimmten Steinen die Charaktere in einem Durchlauf gewechselt werden, so dass man nicht immer von vorne beginnen muss.
Jeder Charakter bietet zudem im späteren Verlauf zwei weitere Outfits, die jeweils mit neuen Statuswerten und drei Attacken daherkommen. Insgesamt hat also jeder Charakter drei Outfits und neun Spezialattacken, die man am Ende nach Lust und Laune aufleveln und von denen man drei ausrüsten kann.
Experimentieren lohnt sich also zwischen und mit den Charakteren. Die Idee alle Charaktere voll zu nutzen und aufzuleveln würde ich mir jedoch aus dem Kopf schlagen, denn das würde dutzende Stunden an Grinding benötigen. Realistisch ist eher, dass man sich auf einen Charakter konzentriert und diesen so schnell so stark wie möglich macht, um schneller durch den Abgrund zu kommen und somit an besseres Loot.
Loot-Spirale
Die unzähligen Monstermassen, die man dabei besiegen muss, wiederholen sich leider sehr häufig und, wie oft auch, einfach mit einem anderen Anstrich. Traurigerweise bedeutet das, dass die Monster ihre Attacken nicht ändern, sondern mit zunehmender Tiefe des Abgrunds einfach nur mehr Stärke und LP bekommen, was die Kämpfe nicht schwieriger macht, sondern sie einfach nur in die Länge zieht.
Also ist man gezwungen ab und an ein wenig nach besserem Loot und Erfahrungspunkte zu grinden, damit die Kämpfe einfach nur schneller gehen und nicht damit sie einfacher werden.
Die seltenen Bosskämpfe sind da schon deutlich interessanter, machen aber leider nur einen sehr kleinen Teil des Spiels aus und lassen sich an nicht mal zwei Händen abzählen.
Taktik spart Zeit
Doch warum sollte man sich dann nicht einfach nur auf einen Charakter fokussieren und den Rest einfach vergessen? Gute Frage! Die Antwort liegt in einem substantiellen Bonus, den man erhält, wenn man in einem Durchlauf den Charakter wechselt. Zum Beispiel erhält man so 30 % mehr Stärke oder 20 % mehr Verteidigung.
Meine Taktik war es also mit den schwächeren Charakteren, welche diese Boni geben, zu starten und dann durch die Maps zu rennen und zu hoffen, dass ich dabei nicht getötet werde. Nachdem ich die Rotation geschafft hatte, konnte ich dann endlich mein optimal ausgerüstetes und hochgeleveltes Dienstmädchen mit zwei Lauchstangen als Waffe auswählen und mich tiefer in den Abgrund stürzen.
Eine wirklich sehr zeitsparende Taktik. Und am Ende auch die einzig richtige, denn man braucht diese Boni einfach, um die immer größer werdenden Monsterhorden besiegen zu können. Denn am Ende fällt den Entwicklern nichts weiter ein als von denselben Monstern einfach immer mehr auf einmal auf den Spieler loszulassen. Das hat einfach nicht mehr so viel Spaß gemacht wie noch zu Beginn.
Die Enttäuschung
Hat man den Abgrund dann genug erkundet, geht es wieder zurück an die Oberfläche und in die eigene Basis. Hier können die hunderten von gesammelten Materialien verfeinert, verarbeitet, verfüttert oder gepflanzt werden. Dadurch erhält man nämlich Materialien, die nötig sind um Waffen/Ausrüstung und köstliche Gerichte herzustellen, die nötig sind um weiter den Abgrund erkunden zu können.
Wer nach der kurzen Demo und den Trailern auf eine große Crafting- und Farming-Komponente gehofft hat, den muss ich leider enttäuschen. Es gibt nur sechs Stationen auf der Basis, die das gesamte Spiel über gleich bleiben. Zwei Stationen zum Verfeinern der Materialien, eine für die Farmtiere, eine für den Acker und dann noch zwei zum Kochen und zum Herstellen der Waffen/Ausrüstung.
Diese sind so simpel, wie sie nur sein können. Aus Menüs wählt man aus, was man haben will. Hat man die nötigen Materialien dafür, dauert es eine bestimmte Zeit, die jedoch nur im Abgrund weiterläuft. Hat man sich also für seine Crafting- und Farming-Komponenten entschieden, muss man wieder in den Abgrund und dort eine ganze Weile verbringen, bevor man wieder zurück zur Basis kann und sich seine Materialien abholt. Waffen und Gerichte werden dann einfach ebenfalls im Menü ausgesucht und ohne große Zeremonie erhalten.
Simpel, aber tragbar
Es gibt auch hier nur eine Handvoll Items zum Herstellen und die zunächst unzähligen, imponierenden Waffen mit ihren Statusboni wiederholen sich ad nauseam.
Simpler hätte man es wohl kaum machen können. Aber nichtsdestotrotz hat mich diese Gameplayspirale in ihren Bann gezogen. Denn was mögen Spieler mehr als kleine Zahlen, die stetig immer größer werden.
Die simplen und gut aufgebauten Menüs sorgen dann auch dafür, dass man gerne dranbleibt und seinen Charakteren beim Wachsen zusieht. Da das Spiel nur wenige Spielstunden bis zu den Credits benötigt, hält das kurze Vergnügen auch bis dahin an.
Zum Schluss nun mein Lieblingsabschnitt. Getestet habe ich das Spiel nämlich auf Steam Deck und kann glücklicherweise berichten, dass selbst auf den höchsten grafischen Einstellungen die stabilen 60 fps kein Problem darstellen. Das ist bei der grafischen Qualität natürlich keine Überraschung, aber dennoch eine Freude. Mit der repetitiven Gameplayspirale und den maximal 2,32 Gigabyte ist das Spiel auch wie gemacht für unterwegs.
Light weight
Wenn ich Silent Hope in zwei Worten beschreiben müsste, dann wären es folgende: simples Vergnügen. Mit Ausnahme der fantastischen Anime-Eröffnungssequenz ist alles an diesem Spiel simpel. Die Story, die Grafik, der Sound und auch das gesamte Gameplay wird keine Preise für Tiefe und Komplexität gewinnen.
Aber manchmal will man auch nichts Komplexes. Manchmal will man einfach nur in den Abgrund springen, einige Monster zerschnetzeln, Erfahrungspunkte und Loot sammeln und dieses dann in der Basis zu stärkeren Waffen umwandeln.
Und selbst wenn dieses Hybridgenre bereits bessere Ableger hervorgebracht hat (ein besonderer Lammkult kommt da in den Sinn), so kann man in den wenigen Stunden, die bis zu den Credits benötigt werden, doch seinen Spaß damit haben. Wenn ihr ein Faible für Chibi-Optik und Dungeon Crawler habt und nicht zu viel erwartet, dann könnte das, zumindest für kurze Zeit, euer Spiel sein.
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Sonstiges
Bildmaterial: Silent Hope, Marvelous, XSEED Games