Titel | Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin |
06. April 2023 (Steam) | |
Square Enix | |
06. April 2023 (Steam) | |
Square Enix | |
06. April 2023 (Steam) | |
Square Enix | |
System | PlayStation 4/5, Xbox One/Series, PC (Epic/Steam) |
Getestet für | Steam (Deck) |
Entwickler | Team Ninja |
Genres | Action |
Texte | |
Vertonung |
Es ist nicht leicht heutzutage qualitativ hochwertige und tatsächlich greifende Memes zu kreieren. Das ist eine wahre Wissenschaft. Oft wird aus den wahllosesten Kleinigkeiten ganz zufällig ein Internetphänomen. Sei es ein Frosch, der die Mitte der Woche kundtut, oder ein ausländischer Abklatsch von Knuckles, der einem den Weg weist. Dass ausgerechnet Square Enix und Team Ninja mit einem solchen Phänomen aufwarten, hätte wohl niemand für möglich gehalten.
Vom ersten Chaos-lastigen Trailer über den chaotischen Start der Demo bis hin zum schlussendlichen Release, hier wurde eine Richtung gewählt und bis zum Ende konsequent durchgezogen (ob gewollt oder nicht). Die aktuelle Veröffentlichung auf Steam gibt mir noch einmal die Möglichkeit auf einen der wohl interessantesten Charaktere der letzten Jahre zurückzublicken und den PC-Port, nach dem durchwachsenen Start im Epic Games Store im letzten Jahr, auf Herz und Nieren zu prüfen. Die Kompatibilität mit Steams eigenem Handheld kommt dabei natürlich nicht zu kurz.
Am Anfang steht die Ernüchterung
Als Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin letztes Jahr erschien, habe ich sofort zugeschlagen. Da mir sowohl Final-Fantasy-Spiele als auch die beiden Nioh-Ableger zugesagt haben, musste ich nicht lange nachdenken. Das initiale Fazit fiel damals jedoch ernüchternd aus.
Nur selten war mir ein Spiel untergekommen, welches so offensichtliche Budget-Probleme während der Entwicklung gehabt haben muss wie dieses hier. Von dem ersten Treffen der drei Hauptcharaktere bis hin zu den NPC-Dialogen, die man in einem separaten Menü auswählen musste. Einfach überall scheint es an Geld und/oder Zeit gefehlt zu haben.
Auch optisch war Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin seiner Konkurrenz deutlich unterlegen. Einige Charakter-Modelle sahen zwar gut aus und die unzähligen Rüstungen konnten sich ebenfalls sehen lassen, aber die kleinen linearen Umgebungen mit sich wiederholenden Details und die grafischen Unzulänglichkeiten verhinderten ein abgerundetes Bild.
Nioh trifft Final Fantasy
Gameplay-technisch konnte mich das Spiel dennoch schnell in seinen Bann ziehen. Die Kombination aus Final Fantasy und Nioh hat hier einfach gepasst. Seltsamerweise hatte ich den größten Spaß mit den Magier-Klassen, die eigentlich nicht sehr beliebt waren. Der schnelle Wechsel zu anderen Jobklassen und die ständige Belohnung mit neuen und stärkeren Fähigkeiten sowie besseren Accessoires haben für einen richtig guten Spielfluss gesorgt und so bin ich an dem Spiel drangeblieben.
Nach kurzer Zeit schon war ich absolut überrascht, wie sehr mir dieses Spiel im Kopf geblieben ist. Nach dem Abschalten der Konsole konnte ich es kaum erwarten wieder in die Welt einzutauchen, die nächste Mission anzugehen, den nächsten Job auszuprobieren und vor allem Jack wiederzusehen. Es geschieht nicht oft, dass ein Charakter, nur wenn er den Mund aufmacht, mir ein Lächeln auf das Gesicht zaubert.
Jack – eindimensional und liebenswert
Jack Garland ist so engstirnig, stur, eindimensional und jedes Synonym dieser Worte bis hin zu fraglich geradlinig dumm, dass man ihn einfach in sein Herz schließen muss. Dieser Charakter ist so einseitig, so eintönig und so einfach, dass er sich praktisch um 180° dreht und wieder zu einem unglaublich interessanten Charakter wird. Er ist zweifelsohne das Herz und die Seele von Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin. Erst wenn die Credits über den Bildschirm laufen, bemerkt man, wie sehr man mit Jack mitgefiebert hat und unbedingt sehen wollte, wie er sein simples Ziel erreichen wollte.
Wer wünscht sich manchmal nicht einen Charakter, der bei den Genre-typisch unnötigen und endlos langen Expositionen dem Dialogpartner einfach ins Gesicht schlägt, weil er ihm nicht mehr zuhören will. Ein Traum.
Ich bin der festen Überzeugung, dass ein höheres Budget und eine längere Entwicklungszeit kontraproduktiv für den Charakter von Jack Garland gewesen wären. Genau wie sein Charakter ist das Spiel sehr simpel aufgebaut mit dem Fokus auf das Kampfsystem und das damit zusammenhängende Lootsystem. Ein perfekter Vergleich wäre hier die Filmindustrie. Versucht sich ein großes Studio mit gigantischem Budget und Marketing an einem Trash-Film, so ist das Endergebnis nicht einmal halb so gut wie ein billig produzierter Wegwerf-Film, der mit einer Vision kreiert wurde.
Rückwirkend ist mir Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin daher so stark und positiv im Gedächtnis geblieben. Das Spiel macht so viele Fehler und ist so offensichtlich schnell und zerhackstückelt zusammengeworfen worden, aber es entschuldigt sich nicht eine Sekunde dafür und das ist dieser B-Movie-Charme, den ich persönlich sehr zu schätzen weiß.
Technische Probleme
Nach dem doch sehr positiven Rückblick nun etwas weniger Angenehmes. Es ist sehr schade, dass die Steam-Version sich kaum von der Version im Epic Games Store unterscheidet.
Selbst mit einer GeForce RTX 3070, 32 GB RAM und einem Ryzen-7-Prozessor hat das Spiel Schwierigkeiten dauerhaft die 60 fps zu halten. Öfters kommt es auch zu Rucklern, aber dennoch reicht es hier für die höchsten grafischen Einstellungen. Trotzdem sollte das bei einem technisch nicht so anspruchsvollen Titel wie Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin eigentlich nicht der Fall sein. Der traurigste Fakt ist aber, wie das Spiel auf Steam Deck läuft.
Wer versucht das Spiel auf Steam Deck zu starten, der wird nach einem schwarzen Bildschirm wieder in seine Bibliothek geworfen. Um das Spiel auf dem kleinen PC zum Laufen zu bringen, braucht es nämlich die neueste Version von Proton GE. Aktuell ist das Proton GE 7-54. Diese muss separat im Desktop-Modus runtergeladen und installiert werden. Hat man das geschafft, muss man in den Einstellungen des Spiels das Starten über diese Proton-Version forcieren. Dann hat man es fast geschafft.
Eine Zeile
Es fehlt noch eine Kleinigkeit und zwar eine obskure Codezeile, die ebenfalls in den Einstellungen des Spiels hinzugefügt werden muss.
WINEDLLOVERRIDES=“amd_ags_x64=b” %command%
Hier ein großes Lob für die Steam-Deck-Community, die solche, für einen Laien mysteriöse Lösungen wie aus dem Hut zaubert und fraglos mit allen teilt.
Hat man all diese Schritte befolgt, dann lässt sich das Spiel endlich richtig starten. Wenn jedoch schon ein Rechner mit den oben genannten Konfigurationen die 60 fps nicht stabil halten kann, dann kann man sich diese Messlatte mit dem Pocket-PC aus dem Kopf schlagen.
30 fps stehen hier also an der Tagesordnung. An sich absolut in Ordnung, aber selbst auf den absolut niedrigsten Einstellungen mit vollständig deaktivierten Schatten können diese 30 fps nicht gehalten werden.
Alle Mann von Deck
Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin ist so zwar spielbar, aber die Framerate-Einbrüche, die unzähligen Ruckler und der Pixelbrei auf dem kleinen Bildschirm machen es wahrlich zu keinem Vergnügen. Das Schlimmste dabei ist aber nicht die Optik oder die Technik, sondern die Hitze, die bei so wenig Aufwand produziert wird. Anhand der Temperatur und der Lautstärke des Steam Deck wird deutlich, wie schlecht dieses Spiel optimiert ist.
Das ist sehr schade und auch sehr überraschend für mich, denn Square Enix hat in dieser Hinsicht in den letzten Monaten und mit den unzähligen Veröffentlichungen nie richtig enttäuscht.
Voice of Cards, Harvestella, The DioField Chronicle, Crisis Core: Final Fantasy VII Reunion, Triangle Strategy, NEO: The World Ends with You, Valkyrie Elysium und Star Ocean: The Divine Force waren im schlimmsten Fall gut spielbar auf dem Steam Deck und im häufigsten Fall perfekt optimiert. Warum ausgerechnet Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin hier aus dem Rahmen fällt, darüber lässt sich nur spekulieren.
Also muss ich zum ersten Mal komplett davon abraten, ein Square-Enix-Spiel auf Steam Deck zu spielen. Tragisch, da die Missions- und Loot-basierte Struktur sich mehr als angeboten hätte für das Spielen unterwegs. Ich wage auch zu bezweifeln, dass sich in naher Zukunft etwas an der Optimierung ändern wird, da das Spiel bereits seit über einem Jahr auf dem PC spielbar ist.
Nur daheim eine gute Zeit
Aus meinem zweiten Durchgang mit Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin, über ein Jahr nach der ursprünglichen Veröffentlichung, gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Die Kombination aus Trash, B-Movie und spaßigem sowie forderndem Kampfsystem, gepaart mit einem der liebenswertesten eindimensionalen Charaktere, ist wesentlich impaktvoller, als ich erwartet hätte.
Leider hat man es sich mit der Veröffentlichung auf Steam sehr einfach gemacht. Die technischen Unzulänglichkeiten der originalen PC-Version oder eine grundlegende Spielbarkeit auf Steam Deck ist man gar nicht erst angegangen.
Wer einen ordentlichen Rechner zu Hause stehen und auf eine billige, aber interessante und darum witzige Geschichte Lust hat, der kann ohne nachzudenken zugreifen, vor allem, weil der Steam-Release auch mit einer dauerhaften Preissenkung einhergeht. Wenn ihr jedoch plant das Spiel auf Steam Deck zu erleben, dann Hände weg. Jetzt bleibt nur noch die Hoffnung auf ein sehr unwahrscheinliches Update.
Story
Gameplay
Grafik
Sound
Sonstiges
Bildmaterial: Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin, Square Enix, Koei Tecmo, Team Ninja