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Im Test! Like a Dragon: Ishin!

TitelLike a Dragon: Ishin!
Japan22. Februar 2023
Sega
Nordamerika21. Februar 2023
Sega
Europa21. Februar 2023
Sega
SystemPlayStation 5, PlayStation 4, Xbox Series, Xbox One, PC
Getestet fürPlayStation 5
EntwicklerRyu Ga Gotoku Studio
GenresAction-Rollenspiel
Texte Deutschland Nordamerika Japan
VertonungJapan

Die Yakuza-Serie ist schon immer eng mit unserer Welt verwoben. Fans der Serie wissen etwa, dass Kamurocho eine Nachbildung des Bezirks Kabukicho aus Tokyo ist. Aber selbst, wenn man sich dafür nicht die Bohne interessiert, wird man jede Menge Spaß mit den Yakuza-Spielen haben.

Aber wie steht es um ein Videospiel, das in der chaotischen Bakumatsu-Epoche spielt – in den letzten Jahren der japanischen Edo-Zeit? Das klingt gleich etwas weniger zugänglich. Dachte man vielleicht auch bei Sega und hielt das 2014 in Japan veröffentlichte Yakuza Ishin! bis heute zurück.

Der Erfolg von Spielen wie Ghost of Tsushima, Nioh und Sekiro hat Sega dann aber doch zum Umdenken bewegt. „Wir haben gesehen, wie gut Ghost of Tsushima gelaufen ist und dass es sich um ein sehr japanisches Setting handelte, das von Amerikanern gemacht wurde, und das hat uns zuversichtlich gemacht, dass Ishin! auch in Amerika gut laufen könnte“, verriet Executive Producer Masayoshi Yokoyama im September Fanbyte. Sicher ist es auch eine Kombination daraus und aus dem zunehmenden Erfolg der Yakuza-Serie überhaupt, die nach enormen Anstrengungen seitens Sega endlich gebührend im Westen Fuß gefasst hat.

Jetzt jedenfalls erscheint Yakuza Ishin! als waschechtes Remake mit frischem Titel Like a Dragon: Ishin! am 21. Februar 2023 endlich in unseren Gefilden. Was wir von dem Titel halten, erfahrt ihr im folgenden Test.

Sakamoto Ryōma statt Kazuma Kiryu

In der japanischen Historie avancierte er zum Wegbereiter für das moderne Japan, in Like a Dragon: Ishin! ist er hingegen (zumindest eingangs) noch ein unbeschriebenes Blatt – die Rede ist von Sakamoto Ryōma. In dessen Rolle schlüpfen wir und beginnen unsere Geschichte im Jahr 1867, als wir nach abgeschlossener Ausbildung in unsere Heimatstadt Tosa zurückkehren.

Hier werden wir von unserem besten Freund und Bruder im Geiste Takechi Hanpeita, Vaterfigur Yoshida Toyo, aber auch verfahrenen Ständeverhältnissen empfangen. Gemeinsam mit unseren engen Vertrauten schreiben wir es uns also auf die Fahne, das betagte Klassensystem umzukrempeln. Doch die geplante Reformation findet ein jähes Ende, als Yoshida Toyo einem mysteriösen Assassinen zum Opfer fällt.

Wir selbst können dem begabten Schwertkämpfer nichts entgegensetzen und sind wenig später zur Flucht gezwungen. Aber natürlich schwören wir uns, den Mörder unseres Ziehvaters zur Rechenschaft zu ziehen. Unser einziger Hinweis auf die Identität des Assassinen: sein besonderer Schwertkampfstil – Tennen-Rishin.

Wie zu Hause im 19. Jahrhundert

Dieser Hinweis verschlägt uns nach Kyo – dem historischen Kyoto. Unter dem Deckmantel einer neuen Identität, infiltrieren wir bald als Saitō Hajime die Samurai-Schutztruppe des Bakufu – die Shinsengumi. Innerhalb dieser tummeln sich nämlich eine ganze Handvoll Schwertkämpfer, die im Tennen-Rishin-Stil unterrichtet sind.

Hier werden sich Fans der Reihe dann auch gleich wie zu Hause fühlen. Obwohl die Handlung von Ishin! nämlich gute 130 Jahre vor den Geschehnissen der Yakuza-Reihe spielt und inhaltlich nichts mit den anderen Spielen zu tun hat, treffen wir doch auf zahlreiche bekannte Gesichter. Um genau zu sein, auf so ziemlich jedes Gesicht, das im Laufe der Yakuza-Serie irgendwann relevant war. 

Das sorgt tatsächlich für ein wohliges Gefühl der Vertrautheit. Zumal Freunde und Feinde aus vergangenen Yakuza-Abenteuern hier frischen Figuren – neben ihrem Antlitz – auch die eine oder andere vertraute Charaktereigenschaft überschreiben. Okita Soji präsentiert sich im 19. Jahrhundert etwa als genauso verrückter Hund, wie wir es von seinem Zwilling Majima Goro auf den modernen Straßen von Kamurocho kennen.

Und auch im Rahmen der Handlung erkennen Serien-Fans diverse Parallelen zu den Hauptablegern. Neulinge dürfen aber – wie gesagt – beruhigt sein: Es wird keinerlei Vorwissen benötigt, um in Like a Dragon: Ishin! einzusteigen, wenngleich ein solches im Spielverlauf regelmäßig belohnt wird.

Intrigante Ränkespiele und Freizeitspaß

Ihr könnt es euch bereits denken: Im weiteren Spielverlauf folgt ein wilder Mix aus dramatischen wie intriganten Ränkespielen. Wir gehen Geheimnissen auf die Spur, vergießen jede Menge Blut und treiben nicht zuletzt Serien-typisch allerhand Schabernack.

Im Rahmen des beliebten Karaoke-Minispiels bespaßen wir die Mengen etwa mit voller Stimme. Rhythmisch geht es auch beim traditionellen Buyo-Tanz zur Sache, oder aber wir frönen dem Brettspiel-Hobby bei einer Partie Mahjong.

Und weil das Geld nicht auf Bäumen wächst, werden wir kurzerhand zum Hobby-Farmer, bauen Gemüse an und liefern es für einen schmalen Taler aus. Oder verarbeiten es zu einem leckeren Happen für zwischendurch. Außerdem fiebern wir beim Hühnerrennen mit, entspannen beim Angeln und lassen den Abend wahlweise im Bordell ausklingen.

Ihr seht: Ishin! bietet einmal mehr zahlreiche (spaßige) Möglichkeiten, sich mit allem außer der Handlung zu beschäftigen.

Herz, Drama und Bombast auf historischem Fundament

Aber: Spaß beiseite! Immerhin haben wir den Mörder unseres Ziehvaters zur Rechenschaft zu ziehen. Im Zuge unserer Nachforschungen stoßen wir entsprechend häufig – und ebenso Serien-typisch – auf allerhand Feinde, die uns ans Leder wollen. Like a Dragon: Ishin! konfrontiert uns hier mit zahlreichen Fraktionen, allesamt mit eigenen Motivationen. Da kann man schon mal den Überblick verlieren.

Praktisch also, dass im Zuge der (vielen) Dialoge regelmäßig ein optionaler Glossar-Hinweis eingeblendet wird, wenn mal wieder von einer bestimmten Fraktion oder Örtlichkeit die Rede ist. Ein Blick in das Bakumatsu-Archiv füttert uns zusätzlich mit interessanten Informationen zu der Periode, in der die Handlung von Ishin! stattfindet. So behalten wir im großen, intriganten Wirrwarr stets die Übersicht – vorbildlich!

Ishin! begeistert auch insgesamt mit einer packenden Geschichte voller Herz, Drama und Bombast, die gekonnt mit dem historischen Fundament rund um Sakamoto Ryōma und dem Start der Meiji-Restauration verwoben wird. Insbesondere, weil hier – trotz aller Serien-typischen Überhöhung – geerdete Blicke auf die japanische Historie geboten werden. Natürlich romantisiert auch Ishin! viel. Aber es zeichnet auch das nüchterne Bild von skrupellosen Samurai und verdorbenen Ständeverhältnissen. Ein erfrischender Kontrast zur häufig ausschließlich heroisierten Darstellung der Kultur um Samurai.

Wenn ihr nicht schon mit dem geschichtlichen Hintergrund vertraut seid, werdet ihr ihn spätestens nach Abschluss des Spiels interessiert und im Detail recherchieren.

Mit Schwert, Revolver und blanken Fäusten

Aber zurück zum Fratzengeballer: Auch in Ishin! verbringen wir natürlich einen Großteil unserer Zeit damit, den Boden mit Feinden aufzuwischen. Yakuza-Fans fühlen sich hier gleich zu Hause, wenngleich wir die blanken Fäuste vorwiegend gegen die scharfe Klinge unseres Katanas eintauschen. Entsprechend dürft ihr euch – im Vergleich zu den Hauptablegern – auch auf blutigere Gefechte einstellen.

Im Kampf verlassen wir uns auf vier verschiedene Kampfstile, zwischen denen wir bequem hin und her wechseln. Stellen sich uns etwa hartnäckige Feinde in den Weg, nutzen wir den Schwertkämpfer-Stil um kräftige Hiebe auszuteilen. Werden wir hingegen von einem Mob umzingelt, wechseln wir zum Freitänzer-Stil. Diese Kombination aus Katana und Revolver lässt uns nämlich flink und elegant durch die Massen sausen. Haben wir wiederum Ärger mit Feinden aus der Ferne, winkt der Revolverheld-Stil. Und klar: im Notfall tun es auch immer noch die Fäuste des Straßenkämpfer-Stils. Eines haben alle Stile gemeinsam: außerordentlich befriedigend inszenierte Finisher-Moves. Ihr dürft euch freuen.

Das Kampfsystem erinnert mit seinem Spielgefühl dabei vor allem an die wohligen Tage von Yakuza 0. Das gilt für Ishin! generell und ist, vor dem Hintergrund, dass das Original ursprünglich 2014 erschien, auch nicht verwunderlich. Hier und da kann sich der Titel eingangs aber entsprechend etwas betagt anfühlen. Vor allem, wenn man kürzlich aktuellere Titel – wie Yakuza Kiwami 2 oder Yakuza 6 – gespielt hat.

Versteht mich nicht falsch: Ishin! spielt sich nicht schlecht. Etwas Eingewöhnungszeit solltet ihr allerdings einplanen, wenn ihr hier eure ersten Schritte ins „Like a Dragon“-Universum plant. Dann belohnt euch der Titel aber mit äußerst spaßigen Kämpfen – vor allem die vielen, toll inszenierten Bosskämpfe dürften euch hier einzuheizen (wie zu begeistern) wissen.

Freund und Helfer

Brauchen wir eine Auszeit von all den Machtspielen der Hauptgeschichte, stürzen wir uns in zahlreiche Nebenmissionen. Und auch hier reicht das Stimmungsspektrum gewohnt von albern bis ernst. Wir helfen etwa einem hungrigen Sumo-Frischling aus, oder helfen einem Reisenden aus dem Westen, der mit fremdenfeindlichen Rüpeln aneinandergerät. Wir können einmal mehr etliche Stunden darin investieren, den BewohnerInnen von Kyo mit ihren kleinen und großen Problemen auszuhelfen.

So übrigens auch im Auftrags-Modus. Hier erwarten uns im Zuge diverser Missionen allerhand Ausflüge in – meist gleichförmige – Dungeons, wo wir unterschiedlichen Aufgaben nachgehen, die letztlich aber doch immer in großen Keilereien enden. 

Praktisch also, dass wir hier Hilfe in Form der Soldaten-Karten erhalten. Diese kommen mit unterschiedlichen Boni daher und gewähren uns im Kampf praktische Zusatzeffekte. So heilen wir auf Knopfdruck etwa Schaden oder feuern Blitze auf unsere Feinde. Außerdem gewähren uns alle ausgerüsteten Karten einen prozentualen Bonus auf unsere Lebensenergie. Im Laufe des Spiels erkämpfen wir uns auf unterschiedliche Art neue Karten, die im Kampf übrigens – wie wir – im Level aufsteigen. Eine Handvoll prominente Gastauftritte finden sich hier auch!

Stichwort „Level“: Bei Levelaufstieg gewonnene Fähigkeitenpunkte investieren wir in diverse Talentbäume, stärken so unsere liebsten Kampfstile und lernen neue Tricks für den Kampf. Und im Zuge von Nebentätigkeiten verdiente „Tugend“ tauschen wir an entsprechenden Tempeln gegen praktische Items oder passive Effekte ein – ihr kennts!

Endlich lokalisiert mit überarbeiteter Technik

Und wie stellt sich Like a Dragon: Ishin! technisch an? Ziemlich gut! Wie bereits angeschnitten, fußt Like a Dragon: Ishin! auf dem Original aus 2014 und das merkt man auch. Bewegungs- und Gesichtsanimationen wirken vor allem im generellen Spielfluss etwas grob und betagt. Die Verbesserungen des Remakes zeichnen aber doch – vor allem im direkten Vergleich mit dem Original – ein deutlich aufgebohrtes visuelles Gesamtbild. Die gelungene Beleuchtung sorgt etwa regelmäßig für tolle Szenerien und vor allem in Zwischensequenzen – und von diesen gibt es allerhand – begeistert Ishin! mit einer tollen Optik. 

Die PS5-Version erfreute im Test zudem mit stabilen 60 Bildern pro Sekunde und wies nur sehr vereinzelte Bugs auf. Nichts, was sich nicht mit einem Day-One-Patch beheben ließe. Neu sind übrigens auch die (gelungenen) deutschen Bildschirmtexte – damit dürften dann auch die letzten Sprachbarrieren einbrechen.

Auditiv begeistert Like a Dragon: Ishin! mit einer tollen Performance der japanischen Synchronriege – Yakuza-Fans dürfen sich hier auf viele bekannte Stimmen freuen. Der Soundtrack untermalt das Geschehen stets passend und weiß mit den einen oder anderen Klängen zu rühren.

Herz, Drama und Bombast im alten Japan

Lang mussten wir hierzulande neidisch nach Japan blicken, wenn es um Like a Dragon: Ishin! ging. Ghost of Tsushima, Sekiro und Segas Bestrebungen der letzten Jahre sei Dank, können wir Sakamoto Ryōma nun aber auch endlich bei seiner bewegten Reise begleiten.

Like a Dragon: Ishin! ist durch und durch ein (gewohnt tolles) Yakuza-Spiel und Fans der Serie dürften sich – trotz neuer Figuren und Setting im 19. Jahrhundert – gleich wie zu Hause fühlen. Immerhin zieht Ishin! mit seinen Charakteren, der Inszenierung, aber vor allem auch mit seinem Gameplay deutliche Parallelen zu den anderen Ablegern der Reihe. Und verwebt dabei seine Handlung virtuos mit den historischen Ereignissen rund um Sakamoto Ryōma und den Start der Meiji-Restauration. Das Ergebnis: Die wohl spaßigste(n) Geschichtsstunde(n), die ich seit langem erlebt habe.

Fans greifen blind zu – immerhin erwartet sie eine packende Geschichte voller Herz, Drama und Bombast, bei gewohnt starkem Gameplay. Neulinge dürfen aber auch einen Blick auf Ishin! werfen. Nehmt ihr euch nämlich die Zeit, in den Titel reinzukommen, belohnt euch Ishin! nicht zuletzt mit einem erfrischend geerdeten Blick auf die japanische Historie, ohne auf allerhand Spaß und Witz zu verzichten. Das lässt dann auch leicht über die zum Teil betagte Technik hinwegsehen.

Like a Dragon: Kenzan! dann als Nächstes, Sega?

 

Story

Als Sakamoto Ryōma begeben wir uns auf eine Reise, die verdorbenen Ständeverhältnisse unserer Zeit einzureißen. Herz, Drama und und gewohnter Bombast begeistern hier vor historischem Hintergrund. Klasse!

Gameplay

Typisches Yakuza-Gameplay! Wir wischen den Boden mit zahlreichen Feinden auf, verfolgen die fesselnde Handlung und schlagen Zeit mit allerhand Schabernack tot.

Grafik

Die Neuauflage bohrt die Grafik des Originals toll auf. Hier und da kann die Technik allerdings noch etwas betagt anmuten.

Sound

Die japanische Synchronriege macht einen tollen Job – der Soundtrack weiß mit seinen Klängen zu rühren.

Sonstiges

Die wohl spaßigste Videospiel-Geschichtsstunde seit langem! Diverse Glossar- und Archiv-Einträge füttern uns bei aller Unterhaltung mit interessantem Wissen über die letzten Tage der Edo-Zeit.

Bildmaterial: Like a Dragon: Ishin!, Sega, Ryu Ga Gotoku Studio