Titel | A Plague Tale: Innocence |
14. Mai 2019 | |
Focus Home Interactive | |
14. Mai 2019 | |
Focus Home Interactive | |
14. Mai 2019 | |
Focus Home Interactive | |
System | PlayStation 4, Xbox One, PC |
Getestet für | PlayStation 4 |
Entwickler | Asobo Studio |
Genres | Action-Adventure, Stealth, Rätsel |
Texte | |
Vertonung |
Bildmaterial: A Plague Tale: Innocence, Asobo Studio
Wir schreiben das Jahr 1349, europäisches Spätmittelalter. Man steht der Pest hilflos gegenüber, die erbarmungslos wütet und einen nach dem anderen in ein kaltes Grab reißt. Auch Krieg und Hungersnöte plagen die Menschen jener Zeit und verwandeln deren Leben in eine Tortur – ein wahrhaft dunkler Abschnitt der Geschichte. Genau zu dieser Zeit spielt A Plague Tale: Innocence, ein Spiel von Asobo Studio. Wie sich die digitale Reise durch das Mittelalter anfühlt, erfahrt ihr in diesem Test.
Der Tag, der alles veränderte
Amicia de Rune ist Mitglied einer französischen Adelsfamilie. Für die Zeit, in die sie geboren wurde, lebt sie ein vergleichsweise schönes Leben: Mit ihrer Familie und den Bediensteten wohnt sie auf einem großzügigen Anwesen, sie haben Geld und genug Essen. Das Leben ist gut.
Einzig ihr fünfjähriger Bruder Hugo ist von einer mysteriösen Krankheit befallen und ihre Mutter hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, sich um ihn zu kümmern. Sie sieht beide kaum, ihr Bruder ist sogar wie ein Fremder für sie, denn sie darf ihn nicht einmal besuchen.
Eines friedlichen Herbsttages stürmt plötzlich die Inquisition das Anwesen der de Runes und schlachtet alles ab, was einen Puls hat. Sie scheinen es auf Hugo abgesehen zu haben, doch warum wollen sie um jeden Preis diesen kränklichen Jungen? Amicia versteht die Welt nicht mehr, schafft es aber in letzter Sekunde, mit ihrem Bruder zu fliehen.
Hier beginnt die lange und beschwerliche Reise des Geschwisterpaares. Zwei Vollwaisen, die an einem Nachmittag alles verloren haben. Alle Menschen, die sie jemals geliebt haben, ihr Zuhause, ihre Reichtümer, ihre Sicherheit. Einfach alles. Sie haben nur noch einander: Zwei Fremde, die nichts gemein haben, außer ihrer Blutsverwandtschaft.
Ungeahnte Kräfte
Klar können es zwei Kinder nicht mit schwer bewaffneten Soldaten aufnehmen. Trotzdem sind sie nicht wehrlos: Amicia ist geschickt mit der Schleuder und kann so ihre Feinde ablenken oder sogar ausschalten. Nichtsdestotrotz ist es ratsam, Konfrontationen zu vermeiden. Wird mehr als einer ihrer Kontrahenten alarmiert, kann es für sie und Hugo schon das Aus bedeuten.
Ein großer Teil des Gameplays von A Plague Tale spielt sich im Stillen ab. Die Protagonisten müssen viel schleichen, sich verstecken oder sich mithilfe von Ablenkungsmanövern einen Weg bahnen. Das führt nicht selten zu sehr aufregenden Spielsegmenten, bei denen der ein oder andere sicherlich unbewusst die Luft anhält, bis die Gefahr vorüber ist.
Manchmal ist es aber unvermeidlich (oder einfach nur praktischer), einen Soldaten auszuschalten. Hierzu lernt Amicia im Verlauf des Spiels mehr und mehr Tricks und Kniffe, um sich ihrer Feinde zu entledigen. Hierbei sind aber nicht nur Angriffe mit ihrer Schleuder oder Schlafpuder gemeint… dazu gleich mehr.
Eine tödliche Welle, die alles verschlingt
Das wohl schrecklichste und auf eine perfide Weise auch das beste Element von A Plague Tale sind die Ratten. Haufenweise, scharenweise, zentnerweise Ratten! Die Art, wie die Nager in Szene gesetzt wurden, sucht ihresgleichen. Die kleinen Vierbeiner hören hier auf, intelligente und eigensinnige Wesen zu sein. Vielmehr treten sie auf wie Biomasse. Eine alles verschlingende, schwarze Welle aus roten Augen und unablässigem Gekreische.
Das Einzige, das diese Bedrohung in Schach halten kann, ist Licht. Scheint gerade keine Sonne, ist ein Vorankommen ohne Feuer undenkbar. Dies ist auch die Quelle einiger Rätsel, denen sich die Helden unserer Geschichte stellen müssen. Ein Fehltritt und es ist vorbei. Versucht man nämlich das Meer von Ratten ohne Beleuchtung zu überqueren, dann verwandeln einen die tausenden kleinen Nagezähnchen innerhalb weniger Sekunden in ein Skelett.
Das gilt natürlich auch für die Soldaten, die sich Amicia und Hugo in den Weg stellen. Nicht einmal die schwere Panzerung ihrer Rüstung schützt die Männer vor dem schier grenzenlosen Hunger der Ratten. Dies eröffnet der großen Schwester ganz neue Möglichkeiten, sich gegen ihre Kontrahenten zu wehren. So reicht manchmal schon ein gezielter Schuss auf die Lampe einer Patrouille. Auch Hugo ist nicht komplett wehrlos, aber das würde jetzt Spoiler-Territorium betreten.
Mehr ist manchmal mehr
Insgesamt bietet A Plague Tale unterhaltsame Rätsel, nervenaufreibende Verfolgungsjagden und spannende Schleichpassagen. Gleichzeitig ist einem freie Hand gelassen, ob man eher rabiat spielt und die Schleuder häufig auf den Kopf seiner Feinde richtet, oder man geduldig von Wiese zu Wiese kriecht.
A Plague Tale hat keinen justierbaren Schwierigkeitsgrad. Wer die Herausforderung jedoch steigern möchte, kann an den Einstellungen für Immersion herumschrauben. Das Spiel wird gleich aufregender, wenn man weniger optische Hilfen hat, Feinde und Items zu orten oder die Zielhilfe eingeschränkt ist.
Trotzdem wäre an einigen Stellen mehr Flexibilität ganz nett gewesen. Zu oft bekommt man das Gefühl, dass es nur eine Möglichkeit gibt, um voranzukommen. Offenere Level bei den Stealth-Einheiten hätten mehr taktische Planung abverlangt und sicherlich zu kreativen Lösungswegen und abwechslungsreicherem Gameplay geführt.
Krisen schweißen zusammen
A Plague Tale ist ein streng lineares Spiel mit starkem Fokus auf Handlung und Charaktere. Genau hier liegen auch die großen Stärken des Spiels. Neben einer fesselnden Geschichte mit realistischen Anleihen und fantastischen Elementen, sind es die beiden Hauptfiguren, die es wirklich herausragend machen. Sie fühlen sich zum größten Teil echt an, machen eine stetige Entwicklung durch, zeigen Schwäche und machen Fehler.
Manche Charaktermomente zwischen Bruder und Schwester fühlten sich in den ersten Stunden des Spiels etwas überstürzt und schnell abgehandelt an, aber schon bald lässt sich die Story viel mehr Zeit, um die Beziehung der beiden glaubwürdig wachsen zu lassen. Am Anfang sind sie sich noch sehr fremd und man merkt, ihr Umgang miteinander ist unbeholfen und kühl. Mit der Zeit lernen sie sich aber kennen und verstehen. Sie reifen an den Herausforderungen und schrecklichen Erlebnissen, die sie gemeinsam durchleben und rücken immer näher zusammen. Man glaubt Amicia jede Silbe, wenn sie verzweifelt nach ihrem Bruder schreit und Hugo jedes liebe Wort, das er an seine Schwester richtet.
Neue Freunde, neue Feinde
Auch die Personen, die den beiden Helden auf ihrer Reise begegnen, sind interessante Charakterköpfe mit ganz eigenen Motiven und Eigenheiten. Selbstverständlich sind sie nicht so ausgefleischt wie Hugo und Amicia, aber sie fügen sich wunderbar in die Geschichte ein und holen ganz neue Facetten aus den beiden Protagonisten heraus.
Eher negativ fielen die „Bösewichte“ von A Plague Tale auf. Hinsichtlich ihrer Antriebsquellen und Interessen sind diese zwar nicht so flach, wie sie auf den ersten Blick scheinen, dennoch ist alles, was man wirklich von ihnen sieht, näher an einem Cartoon-Fiesling als an einem komplexen Antagonisten.
Wunderschönes Mittelalter…
Goldene Herbstwälder, grau-braune Städte im Regen, riesige Kathedralen und schneebedeckte Ruinen – A Plague Tale präsentiert eine wunderschöne Welt voller Details und atemberaubender Schönheit. Gleichzeitig gelingt es dem Titel, die grausamen Seiten in Szene zu setzen. Beispielsweise in Form eines leichenbedeckten Schlachtfeldes in der Dämmerung oder eines der gigantischen Rattennester, welche aus ekelerregendem biologischen Material zusammengesetzt sind. Ob hübsch oder hässlich, die Atmosphäre ist immer dicht und die Welt scheint oft regelrecht lebendig.
Besonders die endlosen Ratten-Horden vermitteln mit der schieren Menge der Tiere und dem ständigen Gewusel ein Gefühl der Paranoia und Hilflosigkeit. Sie sind einfach überall und wagt man sich auch nur einen Schritt zu weit aus dem Licht, schnellen die ersten Nager schon in Richtung Füße, bereit, Amicia bis zu den Knochen abzuknabbern.
…mit ein paar kleinen Pestbeulen.
Wenn man ganz genau hinsieht, ist das Rattengewirr natürlich nicht perfekt. Sich ständig wiederholende Bewegungsabläufe, verrückt zitternde Einzeltiere, die sich in einer Ecke verfangen haben oder abgehackte Animationen gehören dazu. Angesichts der schieren Menge an Ratten ist das aber zu erwarten und diese kleinen Schönheitsfehler tun der Gesamtwirkung des Schwarms keinen Abbruch.
Da fallen die Gesichtsanimationen der Charaktere schon mehr ins Gewicht. Die Menschen und besonders die beiden Hauptfiguren sehen toll aus und auch die Bewegungen wirken flüssig und natürlich. Die Mimik ist allerdings ziemlich steif, teilweise wirken die Gesichter wie eingefroren. Manche Szenen verlieren dabei einfach an emotionaler Tiefe und muten eher seltsam an.
Von sanfter Musik zu schrillem Quieken
Die musikalische Untermalung von A Plague Tale ist zwar eher unauffällig, aber stets passend und bietet eine gute Begleitung zu allem, was sich auf dem Bildschirm abspielt. Auch die Soundkulisse ist immer stimmig und haucht der Welt Leben ein. Ein besonderes Lob gebührt hier den Ratten, die mit ihrem verrückten Gequieke und Gefiepe eine absolute Kulisse des Wahnsinns und der Bedrohung erschaffen.
Das Spiel glänzt mit hervorragenden Sprechern, zumindest kann man das für die englische Sprachausgabe sagen, in der das Spiel getestet wurde. Die Stimmen haben sogar alle einen mehr oder weniger hörbaren französischen Akzent. Wem das nicht authentisch genug ist, der kann auch die französische Sprachausgabe wählen. Unter anderem gibt es sogar die Option, die Personen auf deutsch erklingen zu lassen.
Fazit
»A Plague Tale: Innocence entführt den Spieler in eine wunderschöne Welt, die einem immer wieder ihre hässliche Fratze offenbart. In einem Moment steckt Hugo seiner Schwester eine Blume ins Haar und einen Wimpernschlag später wird ein Soldat bei lebendigem Leibe von einer Meute Ratten zerrissen. Der Titel bietet eine faszinierende Mischung aus Liebe und Grausamkeit, Schönheit und Ekel.
Auch wenn A Plague Tale durchaus mit seinem Gegnerdesign und seiner Optik zu beeindrucken weiß, setzt das Spiel nicht auf Bombast und große Showdowns. Es sind besonders die kleinen Momente, die sich besonders und wichtig anfühlen. Wenn man abseits des Weges Zeuge von Hugos kindlicher Neugier wird oder einen Gegenstand findet, der uns die Realität der Vergangenheit näher bringt. Auch eine flüchtige, heitere Interaktion zwischen Figuren, die einen ganz kurz vergessen lässt, in welcher furchtbaren Situation die Kinder stecken, so subtil diese auch sein mag, fühlt sich einfach wertvoll an.
Klar ist diese Welt aber nicht perfekt: Steife Mimik, mäßige Bösewichte und fehlender kreativer Freiraum im Gameplay trüben immer wieder mal den Gesamteindruck. Dieser eben genannte Gesamteindruck ist aber trotzdem sehr gut und hier werden zehn bis vierzehn Stunden gut getaktete Action mit aufregenden Schleich-Einlagen geboten. Allen voran machen den Titel aber eine interessante Story und gut geschriebene Charaktere mit glaubwürdiger Entwicklung so spielenswert.«
Das Geschwisterpaar Hugo und Amicia verlieren von einem auf den anderen Tag alles und müssen sich auf der Flucht vor der Inquisition durch das pestgeplagte Spätmittelalter kämpfen. | |
Neben ein paar kleineren Denksportaufgaben geht es spielerisch hauptsächlich darum, möglichst unauffällig ins nächste Areal zu schleichen. Hier und da kommt es auch zu spannenden Verfolgungsjagden. | |
Die detailreiche Welt bietet in all ihren Facetten einen beeindruckenden Anblick, einzig die starren Gesichter der in ihr lebenden Menschen wirken irritierend und unpassend. | |
Passende, wenn auch unauffällige Musik, begleitet das Spiel in all seinen Richtungen. Auch das Sounddesign und die Sprecher schneiden sehr gut ab. | |
Es gibt einige Gegenstände zu finden, die Hintergrundwissen zum Spätmittelalter vermitteln. Genauso gibt es ein paar optionale Charaktermomente, die man auslösen kann, wenn man nicht sofort zum nächsten Checkpoint stürmt und sich auf seinem Weg etwas umsieht. |