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Im Test! Shenmue I & II HD

TitelShenmue I & II
Japan21. August 2018
Sega
Nordamerika21. August 2018
Sega
Europa21. August 2018
Sega
SystemPS4, Xbox One, PC
Getestet fürPS4
EntwicklerSega
GenresAction-Adventure
Texte
Nordamerika Deutschland
VertonungJapan Japan

Die Neunziger. Ein wildes Kapitel der Videospielgeschichte mit zahlreichen Spielen, die durch ihre Pionierrollen für immer verändert haben, was Fans und Käufer von Videospielen erwarten dürfen. Sei es ein Super Mario 64, in welchem sich der Klempner erstmals durch eine dreidimensionale Spielwelt bewegt oder das im First-Person-Segment neue Maßstäbe setzende Half-Life für PCs. Ein weiteres, für seine Zeit zumindest faszinierendes Videospiel stellte seiner Zeit Sega mit Shenmue. Nach nun über zwei Dekaden und rechtzeitig vor der Veröffentlichung von Shenmue III bringt Sega den ersten und zweiten Teil als Shenmue I & II für PCs, PlayStation 4 sowie Xbox One auf den Markt. Ob die HD-Versionen der Titel überzeugen und trotz ihres Alters noch aktuell wirken, erfahrt ihr in unserem Test!

In den späten Neunzigern hatten es neue Videospiel-IPs nicht allzu leicht. Titel wie Super Mario 64, Final Fantasy VII, Ocarina of Time oder Metal Gear Solid, welche retrospektiv durchaus als Flaggschiff-Spiele bezeichnet werden können, repräsentierten ihre jeweiligen Konsolen und stellten diese im bestmöglichen Licht dar. Damals, als Microsoft vorwiegend damit beschäftigt war Software zu programmieren, schickte Sega mit Sega Dreamcast eine dritte Heimkonsole ins Rennen.

Die im Nachhinein aus unterschiedlichen Gründen kommerziell nicht allzu erfolgreiche Konsole hatte dabei auch einige Schmuckstücke, die bei Fans nach wie vor bekannt sind und teilweise auf andere Konsolen migriert sind. Spiele wie Soul Calibur, Rez, Jet Set Radio, Skies of Arcadia oder das wahrlich verrückte Crazy Taxi bereicherten die Konsole mit einzigartigen Erlebnissen. Ein weiteres erinnerungswürdiges Erlebnis lieferte Shenmue. Mit der faszinierenden, offenen Spielwelt stellen Fans der Spiele Shenmue I & II als wegweisende Open-World-Spiele dar.

In Shenmue eingetaucht, eröffnet sich der grundlegende Plot bereits innerhalb der ersten Spielminuten. Dampft man die Geschichte in Shenmue auf wenige Sätze ein, wäre vermutlich von einer klassischen Rache-Story die Rede. Shenmue wird durch den Mord an Iwao Hazuki durch den mysteriösen Lan Di eröffnet, bei welchem Ryo Hazuki, Iwaos Sohn, hilflos zusehen muss. Nach dem Mord an Iwao Hazuki schnappt sich Lan Di einen ebenso mysteriösen Spiegel und macht sich davon. Man muss wahrlich kein Meisterdetektiv sein um zu erkennen, wie sich die grobe Laufrichtung in Shenmue entwickeln wird. Nachvollziehbar. Nach einigen Tagen der Ruhe beschließt Ryo, ihr ahnt es, die Fährte aufzunehmen, um den Mord an seinem Vater zu rächen. In modernen Videospielen würde es direkt losgehen. Actiongeladene, schnelle Kämpfe würden sich die Hand mit Zwischensequenzen geben. Hier macht Shenmue den Unterschied. Die Story entwickelt sich ab diesem Zeitpunkt unfassbar langsam und die Spuren, die Ryo anfangs verfolgen kann, sind spärlich. So liegt es an euch, weitere Hinweise zu sammeln. Dafür bewegt ihr euch durch Yokosuka und befragt Einwohner, ob diesen ein dunkler Wagen aufgefallen wäre.

Nach und nach fügen sich die mühsam gesammelten Hinweise zusammen und Ryo hat das nötige Werkzeug zusammen, um seine Rachepläne fortzuführen. Bei der Suche nach Hinweisen fällt bereits auf, wie lebendig die Spielwelt in Shenmue ist. Die Einwohner Yokosukas haben einfach ihr eigenes Leben und wenn ihr etwas von ihnen wollt, müsst ihr euch an deren Zeitpläne halten. So sieht es nämlich aus! Ihr möchtet einen Laden besuchen? Ja, dann bitte zu den Öffnungszeiten!

Das innerhalb der ersten Spielstunden von Shenmue hervorgerufene Gefühl ist vergleichbar mit dem, wenn man in eine neue Stadt zieht. Ihr müsst euch erst einmal einen Überblick verschaffen, durch wiederholte Fußwege feststellen, welche der Wege wichtig sind und euch überhaupt wichtige Adressen merken. Im ersten Moment interessant, zeigt Shenmue an dieser Stelle auf, wie sich Videospiele wirklich entwickelt haben. Eine Karte der Region, Wegpunkte, eine Navigation, das immer wieder diskutierte „An die Hand nehmen“ der Spieler: keine Spur! So erfrischend das neue Alte auch sein mag, das Tempo ist unabhängig vom Zeitalter fast schon barbarisch. Es ist kurz nach Zwei und ihr habt ein Date mit einem der NPCs am nächsten Tag um 14:00 Uhr? Überlegt euch am besten, wie ihr die Zeit bis dahin verbringt, denn überspringen lässt sich im Regelfall nichts. Zwar lassen sich mit einigen Nebengeschichten, der einen oder anderen Entdeckungsreise durch Yokosuka oder mit alten Sega-Arcade-Spielen Zeit vertrödeln, jedoch entschuldigt keine Ablenkung der Welt die Abstinenz eines Zeitsprung-Features. Hinzu kommt, dass zahlreiche NPCs und Gebäude ausschließlich existieren, um die Spielwelt in Shenmue weiter auszubauen und lebendiger wirken zu lassen.

Im weiteren Spielverlauf kommt es wenig überraschend zu Kämpfen und auch an der Stelle merkt man Shenmue sein Alter an. Während Kämpfe gegen einzelne Widersacher verhältnismäßig problemfrei laufen, sind Kämpfe gegen multiple Gegner durchaus problematisch. Durch die bereits mit Ecken und Kanten vorliegende Steuerung sind Kämpfe gegen mehrere Gegner problematisch, auch, weil euer Protagonist gelegentlich nicht genau weiß, wer auf den Deckel bekommen soll. Kombiniert mit einer suboptimalen Kameraführung werden Kämpfe schnell anstrengend. So ist es nicht allzu tragisch, dass Kämpfe in Shenmue eine Seltenheit darstellen.

In der HD-Version zu Shenmue kommen insbesondere Charaktere mit deutlich schärferen Texturen daher. Auch Objekte in Hintergründen sind deutlicher wahrzunehmen. Wie dem auch sei, die Plastizität und der Realismus bestimmt sich schlussendlich durch die Anzahl der Polygone und was das angeht, hilft das Aufarbeiten der Texturen leider wenig. Dass Shenmue grafisch gut gealtert ist, wäre zu viel gesagt, allerdings ist die Darstellung absolut tragbar und Shenmue somit, hinsichtlich der visuellen Ausgestaltung, auch nach zwanzig Jahren durchaus erträglich. Allgemeine Animationen der Körper wie beispielsweise bei Laufbewegungen können sich durchaus sehen lassen und sind wenig störend.

Viel deutlicher lassen sich Defizite in Gesichtsregungen wahrnehmen. Dazu muss fairerweise gesagt werden, dass gute Gesichtsanimationen eine Sache der letzten Jahre sind und Motion-Capturing-Verfahren überhaupt wirklich gute Gesichtsanimationen ermöglicht haben. Entsprechend wird Shenmue an dieser Stelle kein Vorwurf formuliert. Gut und gerne lassen sich jedoch Vorwürfe hinsichtlich der auditiven Seite formulieren. Während der Soundtrack zu Shenmue selbst grundsätzlich zu glänzen weiß, ist die Tonausgabe milde ausgedrückt unterdurchschnittlich. Während der Inhalt der Dialoge sicher zum Charme beiträgt, kommt die allgemeine Tonausgabe ausgesprochen kratzig und qualitativ minderwertig daher. Wieso hinsichtlich der Tonspuren keine Aufarbeitung möglich war, ist nicht nachvollziehbar.

Das etwa zwei Jahre später veröffentlichte Shenmue II erschien seiner Zeit, wie bereits der Vorgänger, auf vier satten Dreamcast-CDs. Die Geschichte in Shenmue II knüpft an das Ende des Erstlings an und Spieler finden sich, nach den im Erstling überwundenen Hürden, im Hafen von Hongkong wieder. In der chinesischen Metropole angekommen, unternimmt Ryo den Versuch Meister Lishao Tao zu finden. Vorerst bleibt es jedoch beim Versuch, da Ryo wenige Minuten nach seiner Ankunft in China ausgeraubt und vermöbelt wird. Willkommen im Reich der Mitte!

»Shenmue II ist eine Weiterentwicklung und liefert durchaus die erwartete Steigerung zu Shenmue I.«

Innerhalb der ersten Spielstunde fällt bereits auf, dass das Tempo in Shenmue II keineswegs so mühselig vor sich hinplätschert wie im Vorgänger. Dabei hat sich an der Prämisse nicht viel geändert: In der Rolle des jungen Ryo machen sich Spieler auf den Weg die Gegend zu erkunden und führen weiterhin Gespräche mit zahlreichen NPCs um an Hinweise zu kommen. Das große Aber bildet zum einen eine Funktion zu warten und Zeit verstreichen zu lassen und zum anderen die verbesserte Führung im Spiel selbst. Mit Shenmue II hat das Team um Yu Suzuki, kreativer Leiter während der Entwicklung der Shenmue-Spiele, aus den Fehlern des Erstlings gelernt. So ist die Entwicklung der Geschichte nicht mehr allzu stark von der Uhrzeit abhängig, was nicht ausschließlich an der Möglichkeit Zeit verstreichen zu lassen liegt, sondern auch am besseren Design der Missionen. Das Kampfsystem ist sich treu geblieben, allerdings legt Shenmue II fast weniger Wert auf die wenigen Kämpfe als der Erstling.

Bereits das Design der Spielwelt in Shenmue I wusste zu überzeugen und Shenmue II stellt sich ähnlich dar. Ryo in Hongkong ist visuell nach heutigen Maßstäben sicher keine beeindruckende Tech-Demo. Das Potential seiner Zeit hohe Wellen geschlagen zu haben hat Shenmue II nicht zuletzt durch die detaillierte Ausgestaltung der Spielwelt. Shenmue II ist visuell eine Weiterentwicklung und liefert durchaus die erweiterte Steigerung zu Shenmue I. Hinsichtlich des Tons kämpft Shenmue II mit ähnlichen Problemen. Dabei fällt jedoch auf, dass die Stimmausgabe an einigen Stellen besser ist als an anderen.

Für beide Spiele gilt, dass diese mit 30 Bildern pro Sekunde laufen. Abstürze oder Einbrüche der Wiederholrate konnten nicht festgestellt werden – lediglich um das Aufploppen entfernter Objekte hat man sich nicht gekümmert. Die Steuerung ist durchschnittlich gut gealtert: Spieler werden vermutlich nicht auf schwerwiegende Probleme mit der Steuerung stoßen. Zeitgleich ist zu erwähnen, dass eine Steuerung, so sanft und flüssig wie in aktuellen Titeln, absolut unrealistisch ist.

Fazit

»Es ist nicht schwer zu erkennen, wieso die Shenmue-Spiele zu ihrer Zeit für Begeisterung sorgten. Eine faszinierende, schön ausgearbeitete, lebendige offene Spielwelt in der Qualität war um die Jahrtausendwende unüblich und Shenmue womöglich nahezu revolutionär. Abhängig von der Definition von Open-World-Spielen kann Shenmue vielleicht sogar unterstellt werden, als Pionier im Bereich dreidimensionaler Open-World-Abenteuer fungiert zu haben. Das Spielerlebnis mit Hilfe kleiner Verbesserungen auszustatten um beispielsweise die Wartezeiten im Erstling zu reduzieren, hat man versäumt. Entsprechend ist Frust, speziell durch die forcierten Wartezeiten, durchaus möglich. In gewisser Weise sind Shenmue I & II sicher faszinierend und eine Art Geschichtsbuch für Enthusiasten. Ob der gemeine Videospieler auf seine Kosten kommt, ist allerdings zu bezweifeln. Ecken und Kanten in der auditiven Ausführung trüben das Erlebnis zusätzlich.«

 

Martial-Arts-Racheplot, den der Hauptcharakter mit eisernem Willen verfolgt. Der eine oder andere Plot-Twist ist vertreten.
Third-Person-Exploration trifft es vermutlich am besten. Zeitweise kommt Point-and-Click-Feeling auf.
Schärfere Texturen, detaillierte Spielwelt. Für ein fast zwei Jahrzehnte altes Spiel ist Shenmue doch ganz nett anzusehen.
Dialoge sind kitschig, tragen aber zum Charme bei. Die Tonausgabe überzeugt nicht: Blecherne, kratzende Töne erwarten den Spieler.

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