Titel | Marvel vs. Capcom: Infinite |
21. September 2017 | |
Capcom | |
19. September 2017 | |
Capcom | |
19. September 2017 | |
Capcom | |
System | PlayStation 4, PC, Xbox One |
Getestet für | PlayStation 4 |
Entwickler | Capcom |
Genres | Fighting, Kampfspiel |
Texte | |
Vertonung |
Während der Comicverlag und Animationsfilm-Produzent Marvel im Laufe der letzten Dekade und nicht zuletzt durch die Übernahme durch die Walt Disney Company zu einer wahren Größe am Hollywoodhimmel avanciert ist, hat sich bei Capcom im Laufe der Jahre vergleichsweise wenig verändert. Neben Neuauflagen zu Resident Evil, der Fortsetzung von Devil May Cry und dem Fortbestehen von Genrehelden wie Monster Hunter erschien im Februar des vergangenen Jahres mit Street Fighter V ein neuer Ableger zum Prügler unserer Kindheit. Sollte der Groschen noch nicht gefallen sein: unser heutiges Intermezzo dreht sich um Marvel vs. Capcom. Mit Marvel vs. Capcom: Infinite veröffentlicht Capcom nach rund fünf Jahren einen weiteren Teil des Crossover-Kampfspiels. Wie sich Marvel und Capcom im Tag-Team-Fight schlagen, erfahrt ihr in unserem Test!
Den heutzutage fast antik anmutenden Arcade-Automaten wurde mit X-Men vs. Street Fighter bereits 1996 ein Crossover-Prügler spendiert. Während das Spielgeschehen dem des bereits 1987 erschienenen Street-Fighter-Arcade-Spiels gleicht, unterschied sich bereits der erste Ableger des Crossover-Kampfspiels durch Tag-Team-Kämpfe: statt mit einem Charakter steigen Spieler gleich mit einem Team aus zwei Kämpfern in die Arena! Dass sich seit den 90ern einiges getan hat, ist selbstredend – geblieben sind neben der 20 Jahre anhaltenden Partnerschaft zwischen Marvel und Capcom auch die rasanten Tag-Team-Kämpfe!
Hinsichtlich der verfügbaren Modi überrascht Infinite wenig: im Vergleich zu Street Fighter V gibt es hier seit Anbeginn einen Story-Modus und auch der für Kampfspiele übliche Arcade-Modus steht zur Verfügung. Der Story-Modus schickt den Spieler in einen Kampf gegen Ultron Sigma: einer Fusion aus Commander Sigma aus Mega Man X und Ultron. Mit nicht allzu edlen Zielen zwei Universen miteinander verschmelzen zu wollen und jegliches organisches Leben auszulöschen, stellt sich Ultron Sigma als neuen Gott dar. Der Eingang in den Story-Modus führt durch Xgard, einer Fusion aus Asgard und Abel City.
Das Close-up auf Captain Americas Schild verwirrt spätestens, als dahinter klobige, blaue Roboterbeinchen erscheinen: das muss Mega Man sein! Mega Man torpediert nachfolgend den Schild des Kapitäns in ein Geschwader anfliegender Blechsoldaten. Der erste Kampf wird offensichtlich in blau geführt! So teilen sich Captain America und Mega Man die Manege für einen ersten Kampf von vielen. Bereits nach kurzer Zeit wird klar, dass es sich beim Story-Modus um durch Cutscenes getrennte Kämpfe gegen die Schergen Ultrons handelt, die der Spieler mit unterschiedlichen und mehr oder weniger zusammenpassenden Teamkombinationen überstehen muss. Während Chun Li und Captain Marvel sowie Hulk und Ryu wunderbare Teams abgeben, ist, um ein Beispiel zu nennen, die Kombination aus Thor und Arthur aus Ghosts ’n Goblins doch etwas witzig anzusehen. Neben Ultron Sigmas Drohnenarmee sind im Laufe der Story auch hochkarätige Widersacher wie Nemesis, Dormammu oder Morrigan zu bezwingen. Der zwischen vier und fünf Stunden andauernde Geschichtsmodus wartet mit dem einen oder anderen witzigen Dialog auf, wirkt schlussendlich aber doch zu nackt und charakterlos, als dass er vollends überzeugen könnte. Die Herzstücke eines Kampfspiels stellen aber ohnehin die Auswahl an Kämpfern und das Gameplay selbst dar.
Ein Blick auf den Kader offenbart dreißig spielbare Charaktere, die allerdings nicht in voller Gänze als neu bezeichnet werden können. Ohne Berücksichtigung der DLC-Charaktere Black Panther, Black Widow, Winter Soldier, Sigma und Monster Hunter, gehören Gamora, Captain Marvel, Ultron, X und Jedah Dohma zu den Newcomern in Infinite. Hervorzuheben ist allerdings, dass nahezu alle Rückkehrer zumindest geringfügig überarbeitet wurden und mit neuen Mitteln um das Kampfgeschehen zu dominieren ausgestattet sind. Dabei wurde nicht nur Wert auf in vorherigen Ablegern benachteiligte Charaktere gelegt, sondern auch auf Charaktere wie Dormammu, die bereits in vorherigen Spielen als stark galten.
Dabei ist zu erwähnen, dass das grundsätzliche Spielverhalten der Charaktere nicht verändert wurde: Hulk fühlt sich, trotz der neuen Möglichkeit von Wänden zu springen, immer noch an wie der Incredible Hulk und ist weit entfernt von einem quirligen Leichtgewicht wie beispielsweise Gamora. Die Bandbreite der Charaktere erstreckt sich dabei über flinke und agile Kämpfer wie unter anderem Spider-Man, Strider Hiryu oder Arthur bis hin zu schwergewichtigen Kampfmaschinen wie den bereits genannten Hulk, Mike Haggar, Nemesis oder Thanos. Definitiv ärgerlich ist die Tatsache, dass durch fehlende Lizenzen Kämpfer aus dem Universum der X-Men gänzlich abwesend sind. Freunde von Wolverine, Magneto, Cyclops, Mystique oder Storm haben hier leider das Nachsehen. Die Möglichkeit, durch die Abstinenz der Mutantenbande weitere einzigartige Charaktere aus beiden Universen in Infinite zu vereinen, wurde leider versäumt.
Für Puristen steht im eher spartanischen Hauptmenü neben dem Online-Modus auch der traditionelle Arcade-Modus zur Verfügung. In zweieinhalb-dimensionalen Kampfschauplätzen kommen Freunde schnellen, bunten und aggressiven Gameplays voll auf ihre Kosten. Insbesondere Neulinge finden sich durch die einfache Bedienung schnell zurecht und selbst für Button-Masher sind Siegeszüge kein weit hergeholtes Szenario. Eine Neuerung, die das Gameplay dabei maßgeblich beeinflusst, ist die Möglichkeit, den Teampartner jederzeit per Tastendruck ins Kampfgeschehen miteinzubeziehen. Dadurch lassen sich individuelle Kombinationen erzeugen, die frischen Wind in die aus der Kampfspielwelt bekannten, ellenlang verketteten Kombinationen bringen.
Die Entscheidung, die Anzahl der Kämpfer in den Teams von drei auf zwei zu reduzieren, wird durch die Einführung der Infinity Stones gemildert: nach der Auswahl der Kämpfer wird einer aus sechs Infinity Stones gewählt. Diese lassen sich während des Kampfes einsetzen und können, richtig eingesetzt, spielentscheidend wirken. Jeder der sechs Steine hat zwei unterschiedliche Effekte. Besteht das Team aus zwei flinken aber wenig widerstandsfähigen Kämpfern, ist beispielsweise der Soul Stone zu empfehlen: durch eine der Fähigkeiten lässt sich ein bereits besiegter Kämpfer wiederbeleben, damit dieser wieder am Kampfgeschehen teilnehmen kann. Bei langsamen Kämpfern ohne die Fähigkeit Projektile abzufeuern empfiehlt sich hingegen der Reality Stone, welcher bei Aktivierung ein den Gegner verfolgendes Projektil abfeuert. Durch die Infinity Stones können Teams trotz derselben Kämpfer absolut unterschiedlich gespielt werden.
Durch verkürzte Kombinationen fühlt sich das Kampfgeschehen grundsätzlich mehr wie ein Kampf im klassischen Sinne an als das mühevolle Abwarten eines gegnerischen Fehltritts um die eigene 50-Hit-Kombination abzufeuern. Häufig spielt das Positionieren in der Arena kombiniert mit schnellen Reflexen eine größere Rolle als den Fehltritt des Gegners auszunutzen. Um überhaupt erst einmal Charaktere kennenzulernen, wurde Infinite mit einem Missionsmodus bestückt. Der Missionsmodus bietet die Möglichkeit durch das Ausführen von Kombinationen die Offensive der 30 Kämpfer besser kennenzulernen. Die dort erlernten Fähigkeiten sind zu großen Teilen praktisch anwendbar und so gehört der Modus während des Lernprozesses einzelner Kämpfer vielleicht sogar mehr zur Pflicht als zur Kür. Erst im weiteren Verlauf der Missionen sind Doppelsprünge zwischen Kombinationen und fast fingerbrechende Kombinationen auf dem Gamepad gefragt.
Selbst vor den im Missionsmodus erlernten Kombinationen lohnt sich ein Blick in die Online-Arena. Neben den bereits erwähnten Ranglistenkämpfen können auch herkömmliche Kämpfe geführt werden. Die Gegnersuche gestaltet sich dabei nicht immer einfach: phasenweise lässt sich selbst nach dem Reduzieren der Anforderungen an Region und Verbindungsqualität einfach kein Widersacher finden. Nach der Paarung mit einem Gegenspieler können die erlernten Kampfkünste gemessen werden. Das bisher auf der Prioritätenliste eher unten angesiedelte Problem des Balancings macht sich im Online-Modus stark bemerkbar: die Server sind überbevölkert mit einer geringen Variation an Kämpfern.
Technisch reiht sich Infinite im Mittelfeld ein. Zwar passiert wahnsinnig viel auf dem Bildschirm und die Effekte sind allesamt präzise, allerdings fehlt es dem gesamten Endprodukt an Feinschliff. Insbesondere die Charaktermodelle selbst sind teilweise zu stark überzeichnet und können nicht vollends überzeugen. Der pseudorealistische, zu plastische Ansatz die Charaktere darzustellen verdirbt insbesondere bei einigen Marvel-Charakteren den Charme. Auch wenn echte Hingucker wie Nemesis ebenso vertreten sind, ist der allgemeine Eindruck eher unbefriedigend. Das setzt sich ebenfalls in der Menügestaltung fort, die für einen solchen Titel doch sehr dumpf und emotionslos ausgefallen ist. Wahre Schätze lassen sich allerdings in den Kampfschauplätzen finden, die nahezu allesamt zu überzeugen wissen und eine mehr als nur grundsolide Manege für bahnbrechende Kämpfe liefern. Auch bei der auditiven Untermalung floss offensichtlich mehr Herzblut ein. Soundeffekte und Musik sind stets punktgenau und wissen zu großen Teilen zu überzeugen. Insbesondere Charaktere mit mechanischen Bestandteilen oder Laserwaffen sind auditiv befriedigend.
Current-Gen-Fusion zweier Universen
Die Geschichte dient alleine dem Zweck alle Charaktere in einer Situation zusammenzuführen. | |
Das Kampfgeschehen ist ausgewogen, schnell und weiß insbesondere durch die Tag-Team-Mechanik zu überzeugen! | |
Hier hat Marvel vs. Capcom abgebaut. Eine Serie, die sich insbesondere durch Visuals profiliert, erlaubt sich hier einen Schnitzer. | |
Auditiv weiß Infinite zu überzeugen. Soundeffekte und die musikalische Untermalung passen durchweg. | |
Weitere Charaktere werden als DLC nachgereicht. |